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Richtige Schlafdauer? Zu wenig Schlaf bei Kindern und Jugendlichen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Schlafen unsere Kinder zu wenig für die Anforderungen des Schulalltags?

Forschungszentrum Demografischer Wandel der Frankfurt UAS untersucht Einfluss von zu wenig Schlaf bei Kindern und Jugendlichen auf die Gefahr von Verletzungen und auf die Konzentration 

Prof. Dr. Andreas Klocke und Dr. Sven Stadtmüller vom FZDW der Frankfurt UAS.
Prof. Dr. Andreas Klocke und Dr. Sven Stadtmüller vom FZDW der Frankfurt UAS.
Kevin Rupp/Frankfurt UAS
 
  • Kinder, die an Schultagen weniger als acht Stunden schlafen, leiden häufiger unter Konzentrationsproblemen. 
  • Auch weisen sie ein erhöhtes Risiko auf, sich im Schulkontext zu verletzen. 

Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Forschungszentrums Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Die Wissenschaftler/-innen werteten hierfür Daten aus, die sie im Rahmen ihrer Längsschnittstudie „Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter“ (GUS) erhoben haben. In der GUS-Studie, die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gefördert wird, werden rund 10.000 Schüler/-innen an zirka 150 weiterführenden Regelschulen seit der 5. Schulklasse jährlich nach erlittenen Verletzungen im schulischen Umfeld, nach ihrem Gesundheitszustand und -verhalten, aber auch nach mentalen Gesundheitsproblemen und ihrem Schlafverhalten befragt. Dabei wird in der Studie die wiederholte Teilnahme derselben Schüler-/innen angestrebt, um die individuelle Entwicklung verfolgen zu können. Mittlerweile liegen die Ergebnisse der ersten vier Erhebungen vor.

Zu allen vier Befragungszeitpunkten wurden die Schüler/-innen gebeten anzugeben, wann sie an Schultagen für gewöhnlich ins Bett gehen und am Morgen wieder aufstehen. Auf diese Weise können die Forscher/-innen für jedes Schulkind die individuelle Schlafdauer an Schultagen berechnen. Dabei wird ersichtlich, dass sich die mittlere Schlafdauer der Heranwachsenden innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren um eineinhalb Stunden verringert hat: Schliefen die Kinder im Alter von etwa 11 Jahren (5. Jahrgangsstufe) im Mittel noch rund 9 Stunden und 45 Minuten, so waren es in der 8. Jahrgangsstufe lediglich noch 8 Stunden und 15 Minuten. Das liegt im Wesentlichen daran, dass in der 5. Jahrgangsstufe noch weit mehr als die Hälfte der befragten Schüler/-innen (57 Prozent) angab, vor 21 Uhr ins Bett zu gehen. Drei Jahre später waren es nur noch etwas mehr als sechs Prozent.

Auch wenn die „richtige“ Schlafdauer von Kind zu Kind verschieden ist, so sieht eine Empfehlung der National Sleep Foundation für den Großteil der Heranwachsenden in der Altersgruppe der 11- bis 14-Jährigen, die die GUS-Studie betrachtet, eine optimale Schlafdauer von mindestens acht Stunden vor. Während in der 5. Jahrgangsstufe noch 98,5 Prozent der befragten Schüler-/innen eine solche Schlafdauer aufweisen, waren es drei Jahre später nur noch rund 70 Prozent.

Die GUS-Daten zeigen zugleich, wie sich zu wenig Schlaf auf die Heranwachsenden auswirkt.

So gab in der 8. Jahrgangsstufe von jenen befragten Schülerinnen und Schülern, die an Schultagen weniger als acht Stunden schlafen, mehr als jedes dritte Schulkind (37,8 Prozent) an, in der vorangegangenen Woche an mehr als zwei Tagen Konzentrationsprobleme gehabt zu haben. Bei jenen Schülerinnen und Schülern, die acht Stunden oder mehr schlafen, beträgt der entsprechende Wert dagegen lediglich 24,0 Prozent. Zu wenig Schlaf geht auch mit einem erhöhten Risiko einher, sich im schulischen Umfeld zu verletzen: Schüler-/innen, die an Schultagen mindestens acht Stunden schlafen, berichteten zu 19,2 Prozent, sich innerhalb der letzten 12 Monate im Schulkontext verletzt zu haben – also z.B. im Schulsport, auf dem Schulhof oder auf dem Schulweg. Heranwachsende, die weniger als acht Stunden schlafen, weisen hingegen mit 24,6 Prozent einen signifikant höheren Wert auf.

„Unsere Daten zeigen ein sehr klares Bild:

  • Zu wenig Schlaf wirkt sich negativ auf die Schulkinder aus“, bilanziert der Direktor des FZDW und Studienleiter Prof. Dr. Andreas Klocke. 

Die Forscher/-innen bringen mit einem späteren Schulbeginn eine Möglichkeit ins Spiel, die Schlafzeit der Schüler/-innen zu erhöhen.

  • Eine Studie in den USA habe jüngst gezeigt, dass Jugendliche tatsächlich länger schlafen (und nicht später ins Bett gehen), wenn die Schule später startet. 

In den verbleibenden beiden Erhebungen möchte das Team herausfinden, ob ein späterer Schulbeginn auch im Sinne der Schulkinder ist.

Hierfür werden sie mit zwei Fragen konfrontiert, die erfassen sollen, welche Unterrichtszeit die Jugendlichen bei sechs bzw. acht Stunden Unterricht bevorzugen würden.

„Wahrscheinlich möchten die meisten Jugendlichen am frühen Schulbeginn festhalten, um am Nachmittag mehr Freizeit zu haben“, vermutet Dr. Sven Stadtmüller, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZDW. „Gleichzeitig ist es aber auch denkbar, dass es sich gerade bei Jugendlichen, die eher zu den Spätaufstehern zählen oder die einen weiten Schulweg zurücklegen müssen, anders verhält.“ Mit den Ergebnissen wird im Juni 2019 gerechnet.


Mehr zur Längsschnittstudie Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter (GUS) unter: https://fzdw.de/projekte/gus/

Die ausführliche Analyse findet sich im aktuellen Newsletter Nr. 8 zum GUS-Projekt unter https://fzdw.de/projekte/gus/newsletter.

Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW):

Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) an der Frankfurt University of Applied Sciences untersucht mit einem interdisziplinären Zugang die Folgen und Herausforderungen des demografischen Wandels. Hintergrund ist die niedrige Geburtenrate und die gleichzeitige Steigerung der Lebenserwartung in Deutschland. Dies hat schon in naher Zukunft eine deutliche Alterung und später auch eine Schrumpfung der Bevölkerung zur Folge. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind vielfältig und zeigen sich zuvorderst auf der kommunalen Ebene. Das FZDW möchte anwendungsbezogen wissenschaftliche Beiträge zur Gestaltung und Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels in Hessen und in Deutschland aufzeigen.
Weitere Informationen zum FZDW unter: http://www.fzdw.de.

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Zielgerichtete Tumortherapie:

Medizin am Abend Berlin Fazit: Protein UBQLN4 beeinflusst DNA-Reparatur

Die Arbeitsgruppe um Univ.-Prof. Dr. Christian Reinhardt, Klinik I für Innere Medizin, hat ein Protein identifiziert, das den Reparaturweg von DNA-Schäden maßgeblich beeinflusst und einen neuen Ansatzpunkt für eine zielgerichtete Tumortherapie ermöglicht. 

Die Ergebnisse wurden am 03.01.2019 in der renommierten Fachzeitschrift Cell veröffentlicht. 
 (v.l.) Dr. Ron Jachimowicz und Univ.-Prof. Dr. Christian Reinhardt
 (v.l.) Dr. Ron Jachimowicz und Univ.-Prof. Dr. Christian Reinhardt  Uniklinik Köln
 
Tagtäglich wird unsere DNA sowohl durch äußere als auch innere Faktoren beschädigt. 

  • Bei der Entscheidung, wie Brüche in der DNA behoben werden sollen, müssen Zellen zwischen zwei unterschiedlichen Reparaturwegen wählen.
  • Der eine Reparaturweg ist für die Zelle zwar mühelos aber störanfällig, der andere aufwändig und nicht immer möglich. 
  • Das Urteil ist wichtig, denn eine falsche Entscheidung könnte weitere DNA-Schäden verursachen und zur Entstehung von Krebs führen.

Wissenschaftler der Uniklinik Köln fanden nun heraus, dass das Protein UBQLN4 die Entscheidung über das Einschlagen beider Reparaturwege maßgeblich steuert.

Der Verlust dieses Proteins begünstigt die fehlerfreie Reparatur, das übermäßige Vorhandensein unterdrückt diese. 

Die Abhängigkeit einer intakten, fehlerfreien Reparatur wird bereits heute in der Behandlung von Tumoren klinisch eingesetzt.

Mutationen in Genen der fehlerfreien Reparatur (z.B. BRCA1 oder BRCA2), die häufig in Ovar- und Mamma-Karzinomen auftreten, führen zu einem sehr guten Ansprechen auf PARP1-Inhibitoren.

„In zahlreichen aggressiven Tumoren der Lunge, der Haut, aber auch bei bösartigen Tumoren des Nervengewebes von Kindern haben wir eine erhöhte Menge von UBQLN4 in den Krebszellen gefunden“, sagt Dr. Ron Jachimowicz, Erstautor dieser Studie, die nun im renommierten Fachjournal Cell erschienen ist.

„Die daraus resultierende Hemmung der fehlerfreien Reparatur bietet uns möglicherweise einen molekularen Ansatzpunkt, um diese aggressiven Tumore in Zukunft mit PARP1-Inhibitoren effektiver zu behandeln.“

Das internationale Forscherteam bestehend aus Wissenschaftlern der Länder Spanien, Israel, USA und Deutschland wurde durch die Identifikation mehrerer, von Geburt an erkrankter Kinder auf das Protein UBQLN4 aufmerksam.

„Die Genanalyse ergab, dass bei diesen Kindern eine einzelne Mutation für das Vorliegen ihrer Erkrankung verantwortlich ist.

Diese Mutation im UBQLN4-Gen führte zum kompletten Verlust des Proteins“, sagt Prof. Reinhardt, Leiter dieser Studie. „UBQLN4 ist ein kleines Protein welches dabei hilft, andere Proteine zum Proteasom, der Abbaufabrik der Zelle, zu bringen“, so Prof. Reinhardt weiter. Um den genauen Mechanismus von UBQLN4 in der Reparatur von DNA-Schäden zu verstehen, verursachte sein Team absichtlich DNA-Schäden in isolierten Zellen der Patienten, als auch in genetisch veränderten Zellen und verfolgte die Reparatur der DNA-Schäden im Detail.

  • „Wir konnten beobachten, wie der Verlust von UBQLN4 in der Zelle zu einer massiven Anreicherung von Proteinen führte, die an der fehlerfreien Reparatur beteiligt sind“, sagt Dr. Jachimowicz. 
Als direkte Ursache identifizierten die Wissenschaftler eine Interaktion von UBQLN4 mit dem Schlüsselprotein MRE11, das sobald es aktiviert wurde, den Startschuss für die fehlerfreie Reparatur gibt. 

„Ab dem Punkt ist der Prozess unumkehrbar. Wird dieser Reparaturweg gestartet, kann der fehleranfällige Weg nicht mehr ausgeführt werden“, so der Wissenschaftler.

Das Forscherteam konnte zeigen, dass UBQLN4 an MRE11 bindet und zu seinem Abbau führt.

Fehlt UBQLN4 jedoch in der Zelle, kommt es zu einer übermäßigen MRE11 Aktivierung und zu einer übermäßigen Auslösung der fehlerfreien Reparatur. 

Die fehlerfreie Reparatur kann allerdings nicht in diesem Ausmaß in jeder Zelle korrekt ausgeführt werden.

Die DNA-Schäden bleiben unrepariert und die Zelle geht schließlich in den Zelltod über.


„Wir waren nicht besonders überrascht als wir feststellten, dass aggressive Tumore vermehrt UBQLN4 produzieren und so möglicherweise durch die Hemmung der fehlerfreien Reparatur weitere Mutationen ansammeln“, sagt Prof. Reinhardt.

„Unsere Studie zeigt, dass UBQLN4 ein entscheidender Faktor in der Regulation der DNA-Schadensantwort ist. 

Die Arbeit weist auch auf die aufregende Möglichkeit hin, den vermeintlichen Überlebensvorteil von aggressiven Tumorzellen durch die erhöhte Menge an UBQLN4 als Achillesferse für die gezielte Therapie mit den bereits klinisch zugelassenen PARP1-Inhibitoren zu nutzen.“

Die Arbeiten an diesem Projekt wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Else-Kröner Forschungskolleg maßgeblich gefördert.

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Originalpublikation:
Zitation: Jachimowicz et al., UBQLN4 Represses Homologous Recombination and Is Overexpressed in Aggressive Tumors, Cell (2019),
DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2018.11.024

Beeinträchtigung der Gedächtnisfunktion: Schlaganfall wg. Durchblutungsstörung

Medizin am Abend Berlin Fazit: Nach Schlaganfall: Mehr neue Nervenzellen, aber gestörte Funktion im Hippocampus

  • Die Reifung von Nervenzellen im Hippocampus, die sich nach einem Schlaganfall verstärkt aus Vorläuferzellen bilden, läuft beschleunigt ab und ihre Verknüpfung ist fehlerhaft. 
Das ist das Ergebnis einer jetzt im Journal of Neuroscience veröffentlichten Studie von Neurologen des Universitätsklinikums Jena. 

  • Das könnte eine Erklärung für eine beeinträchtigte Gedächtnisfunktion und die Neigung von epileptischen Anfällen bei Schlaganfallpatienten sein, auch wenn diese Gehirnregion nicht unmittelbar von der Durchblutungsstörung betroffen ist. 

Nach einem Schlaganfall vermehrt gebildete Nervenzellen sind nicht ausgereift und fehlerhaft vernetzt, so Dr. Albrecht Kunze (l.) und Mihai Ceanga vom Uniklinikum Jena.
Nach einem Schlaganfall vermehrt gebildete Nervenzellen sind nicht ausgereift und fehlerhaft vernetzt, so Dr. Albrecht Kunze (l.) und Mihai Ceanga vom Uniklinikum Jena.
Michael Szabó/UKJ
 
Die Entdeckung versprach völlig neue Möglichkeiten für die Behandlung von Schlaganfallpatienten:

Auch im erwachsenen Gehirn werden aus Vorläuferzellen kontinuierlich neue Nervenzellen gebildet, und in experimentellen Studien konnte nach einem Schlaganfall sogar eine Verstärkung dieser Zellreifung nachgewiesen werden.

Die neuen Nervenzellen, so die Hoffnung, könnten bei der Regeneration der vom Sauerstoffmangel geschädigten Region und deren Funktion eine wesentliche Rolle spielen. 

  • Diese Hoffnung wurde jedoch durch die Erkenntnis getrübt, dass die Neuronenbildung nur im Hippocampus stattfindet, einer tief sitzenden und evolutionär sehr alten Hirnregion mit zentralen Funktionen für Gedächtnis und Emotion. 
  • In der Großhirnrinde jedoch, die zumeist von Schlaganfällen betroffen ist und in der alle höheren Funktionen des Gehirns wie Sprechen oder Verstehen angelegt sind, sind keine neuen Nervenzellen nachweisbar, auch nicht nach einer Schädigung.
Neue Neuronen eher störend als hilfreich

Neurologen des Universitätsklinikums Jena müssen das Reparaturpotential der neuen Neuronen nach einem Schlaganfall weiter relativieren.

In einer aufwändigen tierexperimentellen Studie untersuchten sie, wie die Neuronen nach einem induzierten Schlaganfall im Hippocampus heranreifen. 

„Mithilfe elektrophysiologischer Messungen konnten wir zeigen, dass Entwicklung und Funktion der neuen Nervenzellen gestört ist, wohingegen ihre Zellgestalt unbeeinträchtigt bleibt.

Sie werden beschleunigt in das neuronale Netzwerk eingebaut, während sie noch ‚unerfahren und übererregbar‘ sind“, so Mihai Ceanga, Assistenzarzt an der Klinik für Neurologie und Erstautor der Studie.

  • In der Folge gibt es nach einem Schlaganfall vermehrt übererregbare unreife Neuronen im Hippocampus, die dessen Funktion stören können.

„Dieser Befund könnte erklären, warum wir in Verhaltensstudien nach einem Schlaganfall eine Beeinträchtigung des Hippocampusabhängigen Gedächtnisses beobachten, auch wenn die Schädigung in der Hirnrinde lokalisiert ist und der Hippocampus vom Sauerstoffmangel gar nicht unmittelbar betroffen.

Die bei Schlaganfallpatienten erhöhte Anfälligkeit für epileptische Anfälle passt ebenfalls zu dem Ergebnis“, wertet der Neurologe Dr. Albrecht Kunze die von ihm geleitete Studie und ergänzt: 

„Für Schlaganfallpatienten in der Rehabilitation könnte demzufolge ein gezieltes Training hilfreich sein, das die Vernetzung im Hippocampus unterstützt.

Hier besteht jedoch noch weiterer Forschungsbedarf.“

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Dr. Albrecht Kunze
Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 9323496
E-Mail: Albrecht.Kunze@med.uni-jena.de

Dr. Uta von der Gönna Universitätsklinikum Jena
Bachstraße 18
07743 Jena
Deutschland
Thüringen


Telefon: 03641/ 93 42 93
Fax: 03641/ 93 30 13
E-Mail-Adresse: pr-dekanat@med.uni-jena.de

Originalpublikation:
Mihai Ceanga, et al. Stroke accelerates and uncouples intrinsic and synaptic excitability maturation of mouse hippocampal DCX+ adult-born granule cells, Journal of Neuroscience, 2018, DOI: http://www.jneurosci.org/lookup/doi/10.1523/JNEUROSCI.3303-17.2018

 

Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS): Therapie mit Computerspiel Tetris

Medizin am Abend Berlin Fazit: Posttraumatische Belastungsstörung: Flashbacks durch das Spielen von Tetris abschwächen

Eine Intervention, die das Spielen des Computerspiels Tetris beinhaltet, könnte Menschen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) helfen, unwillkürlich wiederkehrende bildliche Erinnerungen an die traumatischen Erlebnisse abzuschwächen. 

Zu diesem Schluss kommt ein Team der Ruhr-Universität Bochum zusammen mit einer Forscherin des Karolinska Institutet in Schweden nach einer Studie mit 20 Patientinnen und Patienten mit PTBS. 

Nach der Intervention ging die Anzahl an sogenannten Flashbacks für die belastenden Ereignisse zurück. 

Bochumer Forscherteam: Aram Kehyayan (links) und Henrik Kessler
Bochumer Forscherteam: Aram Kehyayan (links) und Henrik Kessler
© RUB, Marquard 
Das Team um Prof. Dr. Henrik Kessler und Dr. Aram Kehyayan von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im LWL-Universitätsklinikum Bochum berichtet über die Ergebnisse gemeinsam mit Prof. Dr. Emily Holmes vom Karolinska Institutet im Journal of Consulting and Clinical Psychology, online veröffentlicht Ende Dezember 2018.

Zu wenig Therapieplätze

  • Eines der gravierendsten Symptome der PTBS sind unwillkürlich wiederkehrende bildliche Erinnerungen an die traumatischen Erlebnisse. 

„Die PTBS lässt sich mit den verfügbaren Therapien gut behandeln“, sagt Henrik Kessler, Oberarzt und Traumatherapeut. „Allerdings gibt es viel mehr Patientinnen und Patienten als Therapieplätze.“ Deswegen suchen die Forscher nach Methoden außerhalb der konventionellen Behandlungen, die die Symptome lindern können.

Vor rund zehn Jahren fand Emily Holmes mit ihrem Team heraus, dass das Computerspiel Tetris durch Horrorfilme ausgelöste Flashbacks bei gesunden Personen unterdrücken kann, wenn es kurz nach dem Betrachten des Filmes gespielt wird. 

In der aktuellen Studie testeten die Wissenschaftler, ob dieser Effekt auch Patienten mit PTBS helfen kann, bei denen die Ursache der belastenden Erinnerungen oft Jahre zurückliegt.

Spezielle Intervention

An der Studie nahmen 20 Patientinnen und Patienten mit komplexer PTBS teil, die zu einer regulären Therapie für sechs bis acht Wochen stationär in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie waren. Neben den üblichen Einzel- und Gruppentherapien absolvierten sie eine spezielle Intervention.  

Sie schrieben eine ihrer belastenden Erinnerungen auf ein Blatt. Dann zerrissen sie den Zettel – ohne über den Inhalt zu sprechen – und spielten anschließend für 25 Minuten Tetris auf einem Tablet.

Die Patienten gaben stets mehrere verschiedene Flashbacks an, zum Beispiel Gewalterfahrungen in unterschiedlichen Situationen, deren Auftreten sie über die Wochen in ein Tagebuch notierten. Pro Intervention, die von Woche zu Woche stattfand, fokussierten sie immer nur den Inhalt eines spezifischen Flashbacks.

Weniger Flashbacks

Nur die Häufigkeit des Flashbacks, dessen Inhalt in der Woche fokussiert wurde, ging spezifisch in den Tagen und Wochen nach der Intervention zurück. Für die noch nicht fokussierten Flashbackinhalte blieb die Anzahl der Flashbacks relativ konstant. Über die Wochen wurden so nacheinander verschiedene Flashbackinhalte fokussiert, deren Häufigkeit zeitgenau jeweils in der Folge sank. Insgesamt ging die Anzahl der Flashbacks für die jeweils fokussierte Situation um durchschnittlich 64 Prozent zurück. Flashbacks, deren Inhalt nie fokussiert wurde, gingen nur um elf Prozent zurück. Die Intervention wirkte insgesamt bei 16 der 20 getesteten Patienten.

Vermutete zugrunde liegende Mechanismen der neuen Intervention

Die Forscher nehmen an, dass der Erfolg der Methode auf folgendem Mechanismus beruht:

Wenn Patienten sich detailliert ein Bild der belastenden Erinnerung machen, aktiviert das vermutlich Gebiete für räumlich-bildliche Verarbeitung im Gehirn; vergleichbare Areale könnten auch für das Spielen von Tetris bedeutsam sein. Beide Aufgaben benötigen also vergleichbare und begrenzte Ressourcen, es kommt zur Interferenz.

Immer wenn ein Patient den Inhalt eines Flashbacks bewusst wiedererinnert, wird die damit verbundene Gedächtnisspur kurzzeitig labil.

  • Wenn in dieser Zeit eine Interferenz stattfindet, könnte die Gedächtnisspur abgeschwächt wieder eingespeichert werden, vermuten die Wissenschaftler.

Weitere Studien in Arbeit

„In unserer Studie wurde die Intervention zwar von einem Teammitglied begleitet, aber dieses hat keine aktive Rolle eingenommen und die verschriftlichten traumatischen Erinnerungen nicht gelesen“, erklärt Kessler.

„Unsere Hoffnung ist, dass wir eine Behandlung ableiten können, die Menschen auch allein durchführen könnten, wenn kein Therapieplatz verfügbar ist. 

Die Intervention kann jedoch eine komplexe Traumatherapie nicht ersetzen, sondern lediglich ein zentrales Symptom, die Flashbacks, lindern.“

Die Forscher weisen außerdem darauf hin, dass weitere Untersuchungen mit Kontrollbedingungen und an einer deutlich größeren Anzahl Patienten notwendig sind, um die Wirksamkeit der Methode zu bestätigen. Diese Studien führt das Team um Kessler und Kehyayan aktuell durch. Außerdem gehen sie in Grundlagenstudien den genauen Mechanismen des Effekts bei gesunden Menschen weiter auf den Grund.

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Prof. Dr. Henrik Kessler
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
LWL-Universitätsklinikum
Ruhr-Universität Bochum
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E-Mail: henrik.kessler@rub.de

Dr. Julia Weiler Ruhr-Universität Bochum


Originalpublikation:
Henrik Kessler, Emily A. Holmes, Simon E. Blackwell, Anna-Christine Schmidt, Johanna M. Schweer, Anna Bücker, Stephan Herpertz, Nikolai Axmacher, Aram Kehyayan: Reducing intrusive memories of trauma using a visuospatial interference intervention with inpatients with Posttraumatic Stress Disorder (PTSD), in: Journal of Consulting and Clinical Psychology, 2018, DOI: 10.1037/ccp0000340

PTBS Ereignisse + Schlafstörungen + Erinnerungslücken: Besser Schlaf-Therapie

Medizin am Abend Berlin Fazit: Trauma, schlechter Schlaf und Belastungssymptome hängen eng zusammen

Schlafprobleme könnten entscheidenden Einfluss darauf haben, dass Menschen nach schwer belastenden Erlebnissen eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. 

Hierfür haben Trauma-Forscherinnen der Universität des Saarlandes in einer Schlafstudie Hinweise gefunden. 

  • Die Ergebnisse der Forschergruppe von Psychologie-Professorin Tanja Michael sprechen dafür, dass traumatische Ereignisse Schlafstörungen auslösen, die ihrerseits gedächtnisbezogene Symptome wie Flashbacks – also das ständige Wiedererleben des Traumas – oder Erinnerungslücken verursachen. 

Mit ihren Ergebnissen wollen die Forscherinnen gezielt Trauma-Therapien verbessern und diese um eine Schlaf-Therapie ergänzen. 

 Die Arbeitsgruppe der Trauma-Expertin und Psychotherapeutin Prof. Tanja Michael forscht, um Trauma-Therapien wirksamer zu machen.
Die Arbeitsgruppe der Trauma-Expertin und Psychotherapeutin Prof. Tanja Michael forscht, um Trauma-Therapien wirksamer zu machen. Foto: privat

 
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert ab Januar 2019 mit rund 215.000 Euro ein entsprechendes Projekt, in dem die Arbeitsgruppe erforscht, ob der Schlaf Gedächtnisprozesse während erfolgreicher Trauma-Therapien verstärkt.

Menschen, die extreme körperliche Gewalt, einen Terroranschlag, Unfall, Krieg oder sonst Erschütterndes erlebt haben, schaffen es mitunter nicht, das Erlebte zu verarbeiten. 

Bei der posttraumatischen Belastungsstörung wird für die Betroffenen die Erinnerung zum Problem. 

Belanglose Kleinigkeiten – ein Geruch, ein T-Shirt in bestimmter Farbe – lösen ohne Vorwarnung Flashbacks aus:

Plötzlich und mit Wucht erleben sie das Schreckliche wieder und wieder – mehrmals am Tag. „Typisch ist auch, neben Symptomen wie zwanghaftes Grübeln oder Reizbarkeit, dass Betroffene sich an wesentliche Teile des Geschehens nicht vollständig erinnern können“, erklärt Psychologie-Professorin und Trauma-Therapeutin Tanja Michael, die an der Universität des Saarlandes die Lehr- und Forschungsambulanz für Psychologische Psychotherapie leitet. Offenbar ist bei Trauma-Folgestörungen also das Gedächtnis beeinträchtigt.

Dem wollten die Saarbrücker Trauma-Forscherinnen näher auf den Grund gehen.

Die Ergebnisse ihrer Schlafstudie sprechen dafür, dass Trauma, schlechter Schlaf und die Entstehung der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) eng zusammenhängen:

Sie fanden Hinweise, dass ein traumatisches Ereignis Schlafstörungen hervorrufen kann und dass die Schlafqualität wiederum Auswirkungen darauf hat, dass sich PTBS-Symptome entwickeln. 

„Siebzig bis über neunzig Prozent der Patienten mit posttraumatischen Belastungsstörungen leiden an Ein- und Durchschlafstörungen, das ist aus früheren Studien bekannt“, erklärt Roxanne Sopp. Die promovierte Psychologin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team von Tanja Michael. Der Schlaf spielt generell eine entscheidende Rolle bei der Gedächtnisbildung.

„Insbesondere beim Abspeichern ins Langzeitgedächtnis und für das Konsolidieren des Gedächtnisses hat der Schlaf ausschlaggebende Funktion“, erläutert Roxanne Sopp.

Um das Zusammenspiel von Trauma, Schlafstörungen und gedächtnisbezogenen Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung näher zu beleuchten, konfrontierten die Forscherinnen Probanden mit „traumatischen“ Filminhalten. In ihrer experimentellen Studie untersuchten sie, wie sich diese Filminhalte, die eine Art „kleines“, zeitlich begrenztes Trauma auslösen, bei den Testpersonen auf die Schlafqualität und auf spontane, belastende Erinnerungen auswirken. 32 Probanden, allesamt robuste Schläferinnen und Schläfer ohne Schlafschwierigkeiten, verbrachten eine Nacht im Schlaflabor der Saar-Uni – beobachtet von den Forscherinnen, die mit Gehirnstrom-Messungen (EEG) über ihren Schlaf wachten. Eine Gruppe sah vor dem Zubettgehen den Trauma-Film, die Kontrollgruppe einen neutralen, nicht belastenden Film.

„Die Schlafdauer war in der Trauma-Gruppe reduziert, der Non-Rem-Schlaf signifikant reduziert und die Wachphasen in der Nacht waren länger“, fasst Roxanne Sopp zusammen. Die Probanden der Trauma-Gruppe führten im Anschluss mehrere Tage ein Tagebuch und dokumentierten, wie oft sie an Szenen des Films dachten und wie belastend sie dies empfanden. Außerdem beantworteten sie Fragebögen, in denen typische Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung wie Flashbacks abgefragt wurden. Die Ergebnisse werteten die Forscherinnen zusammen mit den Gehirnstrom-Messungen aus.



Dr. Roxanne Sopp
 Dr. Roxanne Sopp Foto: privat

Sie fanden deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang:

„Mehr Schlaf, weniger Symptome“, bringt es Roxanne Sopp auf den Punkt.

  • „Je mehr REM-Schlafphasen die Probanden hatten, desto weniger Flashbacks hatten sie nach Schlüsselreizen und sie empfanden diese auch als weniger belastend. Das spricht für einen Zusammenhang von Schlaf und PTBS-Symptomen.“

Diese Erkenntnisse wollen die Forscherinnen jetzt in die psychotherapeutische Behandlung von Patienten mit posttraumatischen Belastungsstörungen einfließen lassen.

Ziel ist es insbesondere, die Konfrontationstherapie, eine der erfolgreichsten Trauma-Behandlungsmethoden, weiter zu verbessern.

  • Im Rahmen solcher Therapien wollen sie gezielt Schlaftherapien einsetzen, um die Gedächtnisbildung zu unterstützen. 

„Die Störung der Gedächtnisprozesse, die dafür verantwortlich ist, dass das traumatische Ereignis für die Betroffenen ständig wieder zur Gegenwart wird, ist zentraler Ansatzpunkt der Konfrontationstherapie.

Zugleich erschwert diese Störung aber auch den Therapieprozess und damit die Wirksamkeit der Therapie.

Hier setzen wir mit unserer Forschung an“, erklärt Roxanne Sopp.

„Um perspektivisch die Wirksamkeit der Konfrontationstherapie zu verbessern, untersuchen wir, ob der Schlaf Gedächtnisprozesse verstärkt, die während erfolgreicher Trauma-Therapien stattfinden.“ 

Diese Forschung wird die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördern.

Die Ergebnisse ihrer Schlafstudie veröffentlichen die Wissenschaftlerinnen im Fachblatt „Sleep Medicine“. https://doi.org/10.1016/j.sleep.2018.10.030
Originalpublikation: „REM theta activity predicts re-experiencing symptoms after exposure to a traumatic film“, M. Roxanne Sopp, Alexandra H. Brueckner, Sarah K. Schäfer, Johanna Lass-Hennemann & Tanja Michael.

Hintergrund
Die Arbeitsgruppe der Trauma-Expertin und Psychotherapeutin Tanja Michael forscht, um Trauma-Therapien wirksamer zu machen. Die Psychologie-Professorin leitet an der Saar-Uni die Lehr- und Forschungsambulanz für Psychologische Psychotherapie und hat für ihre Forschung bereits mehrere internationale Preise erhalten.

https://www.uni-saarland.de/lehrstuhl/michael/team/tanja-michael.html


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Prof. Tanja Michael: Tel. 0681 302-71000, E-Mail: t.michael@mx.uni-saarland.de
Dr. Roxanne Sopp, Tel.: +49 681 302 71035, E-Mail: roxanne.sopp@uni-saarland.de

Campus A2 3
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Deutschland
Saarland 

Claudia Ehrlich
Telefon: 0681/302-64091
Fax: 0681/302-2609
E-Mail-Adresse: presse.ehrlich@univw.uni-saarland.de

Originalpublikation:
Die Ergebnisse ihrer Schlafstudie veröffentlichen die Wissenschaftlerinnen im Fachblatt „Sleep Medicine“. https://doi.org/10.1016/j.sleep.2018.10.030

Originalpublikation: „REM theta activity predicts re-experiencing symptoms after exposure to a traumatic film“, M. Roxanne Sopp, Alexandra H. Brueckner, Sarah K. Schäfer, Johanna Lass-Hennemann & Tanja Michael.

Osteoporose-assoziierte Knochenbrüche

Medizin am Abend Berlin Fazit: Versorgung von Osteoporose-Patienten verbessern

Mediziner am LMU-Klinikum München werden vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit 3,2 Millionen Euro gefördert. 
 
Jährlich gibt es in Deutschland mehr als 700.000 Osteoporose-assoziierte Knochenbrüche.

Die Behandlungs- und Folgekosten belaufen sich auf über neun Milliarden Euro.

  • Ein hoher Prozentsatz der Patienten mit osteoporotischen Frakturen erleidet in den Folgemonaten und -jahren weitere Brüche – zumeist in Folge banaler Stürze. 

Die Teilnahme an einer Osteoporose-Therapie kann 30 bis 80 Prozent dieser sogenannten Folgefrakturen verhindern. 

Leider ist die standardisierte Abklärung und Therapie der Grunderkrankung Osteoporose bei Patienten in Deutschland derzeit noch sehr wenig verbreitet. 

Weniger als 10 Prozent der betroffenen Patienten erhalten eine derartige Therapie.

Die Gründe dafür sind vielfältig.

Ein häufiges Problem ist die Überleitung des Patienten vom stationären in den ambulanten Sektor.  

Aber auch fehlendes Wissen über die Grunderkrankung sowie mangelnde Krankheitseinsicht der Patienten sind nicht selten Gründe für die ausbleibende Therapie.

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachHinweis: Laborwerte Osteoporose  


Um diese Versorgungslücke zu schließen hat ein Konsortium unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Böcker und PD Dr. Christian Kammerlander von der Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums der Universität München einen Antrag zum Aufbau eines Sektor übergreifenden Versorgungssystems beim Innovationsfonds des Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gestellt.

Das Konsortium setzt sich zusammen aus Vertretern der gesetzlichen Krankassen (TK, DAK-Gesundheit, IKK Classic, AOK Bayern), der Akademie der Unfallchirurgie der deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (AUC; Prof. Dr. J. Sturm), der Managementfirma PVM (Hr. Trinemeier) und dem Health Services Management der LMU München (Prof. Dr. L. Sundmacher). Im November hat das Konsortium die Nachricht erhalten, dass das System mit knapp 3,2 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren gefördert wird.


In dem Projekt ‚FLS-CARE‘ (Fracture Liaison Services) stellt ein Netzwerk aus Ärzten, Pflegekräften und Physiotherapeuten sicher, dass die im Krankenhaus begonnene Abklärung und Therapie der Osteoporose in der ambulanten Struktur weiter durchgeführt wird. 

Die Koordination der Überleitung der Patienten übernimmt dabei eine Pflegekraft. 
Zur Osteoporosetherapie wird auch ein Sturzpräventionsprogramm inklusive Hausbesuch durchgeführt. 
Eine Sektor übergreifende IT-Plattform unterstützt das Projekt.

Insgesamt sollen 1.200 Patienten nach Hüftfraktur an 18 Zentren in Bayern eingeschlossen werden. 

Im Erfolgsfall kann ‚FLS-CARE‘ die Häufigkeit von Folgebrüchen und Stürzen verringern und somit sowohl zu einer geringeren Sterblichkeit und höheren Lebensqualität der Patienten führen als auch die Behandlungskosten senken.

Der Innovationsfonds des G-BA
Der G-BA hat den Auftrag, neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen, zu fördern. Zu diesem Zweck wurde der Innovationsfonds gegründet. Übergeordnetes Ziel des Innovationsfonds ist eine qualitative Weiter-entwicklung der Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland. Erfolgreich getestete, neue Versorgungsformen sollen nach Abschluss der Förderphase in die Regelversorgung überführt werden.

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Prof. Dr. Wolfgang Böcker
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Ihr Belohnungsanreiz 2019? Essen im Mund und Magen-Darm-Trakt...

Medizin am Abend Berlin Fazit: Gedopt durch Nahrung

Die Ausschüttung von Dopamin reguliert unser Essverhalten

Wenn es um die Nahrungsaufnahme geht, dann sind wir nur noch bedingt Herr unserer selbst. 

  • Am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln konnten Wissenschaftler zeigen, dass unser Magen-Darm-Trakt im ständigen Austausch mit dem Gehirn steht und mit Belohnungsreizen unser Verlangen nach Essen kontrolliert. 

Der Botenstoff Dopamin wirkt im Gehirn als Belohnungssignal bei der Nahrungaufnahme.
Der Botenstoff Dopamin wirkt im Gehirn als Belohnungssignal bei der Nahrungaufnahme.
GettyImages
 
  • Als wichtigster Botenstoff des Belohnungssystems im Gehirn wird Dopamin ausgeschüttet, wenn zum Beispiel lang angestrebte Ziele erreicht werden und ein Verlangen oder die unmittelbare Aussicht auf Belohnung uns zu einer Handlung motivieren. 

In aufwendigen Studien sind Forschungsgruppenleiter Marc Tittgemeyer und Heiko Backes der Frage nachgegangen, wie die Nahrungsaufnahme im Körper eigentlich kontrolliert wird. 

Die Wissenschaftler haben freiwilligen Studienteilnehmern Milchshakes angeboten und parallel dazu mit einer neuartigen Methode die Ausschüttung von Dopamin im Gehirn gemessen.

Die Messergebnisse zeigen, dass das Gehirn bereits die ersten Dopamin-Moleküle ausschüttet, wenn die Teilnehmer den Shake im Mund schmecken. 

Sobald das Getränk den Magen erreicht, wird erneut Dopamin freigesetzt. 

„Frühere Experimente mit Mäusen haben ergeben, dass es dem Gehirn gemeldet wird, wenn Nahrung den Magen erreicht. 

Unsere Ergebnisse zeigen, dass dies auch beim Menschen geschieht und, darüberhinaus, welche Hirnareale dabei beteiligt sind“, erklärt Tittgemeyer.

Die Forscher haben zudem einen Zusammenhang zwischen dem subjektiven Verlangen und der Dopamin-Ausschüttung festgestellt:

Die Gehirne von Teilnehmern, die ein besonderes Verlangen nach einem Milchshake hatten, setzten mehr Dopamin frei, wenn das Getränk im Mund war.

Sobald es aber den Magen erreichte, wurde weniger Dopamin ausgeschüttet.

„Unsere Daten zeigen, dass unser Verlangen eng mit Dopamin verbunden ist. 
  • Bleibt die zweite, durch den Magen vermittelte Dopamin-Freisetzung aus, essen wir möglicherweise weiter, bis diese erfolgt“, erläutert Backes.

Die Nahrungsaufnahme dient in erster Linie der Versorgung des Körpers mit Energie und Nährstoffen.

Idealerweise stehen Energieverbrauch und Nahrungsaufnahme im Gleichgewicht.

Nahrung besitzt allerdings auch einen Belohnungswert:

„Wenn die Belohnungssignale stärker als das Gleichgewichtssignal sind essen wir mehr als notwendig. 
  • Dies kann dann zu Übergewicht und Fettleibigkeit führen“, sagt Backes.

Lässt sich Fettleibigkeit also durch die Kontrolle der Dopamin-Freisetzung verhindern?

„So leicht ist das leider nicht“ antwortet Tittgemeyer.

„Wie unsere Körpersignale unsere Handlungen beeinflussen, und wie man z.B. durch kognitive Kontrolle darauf Einfluss nehmen kann, das ist noch nicht wirklich verstanden.

Da ist noch einiges an Forschung nötig.“

Die Forschungsarbeit wurde in Kooperation dem CECAD durchgeführt.

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Heiko Backes
Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung
Tel: +49(0)221 4726 440
E-Mail: backes@sf.mpg.de

Marc Tittgemeyer
Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung
Tel: +49(0)221 4726 215
E-Mail: tittgemeyer@sf.mpg.de

Dr. Annegret Burkert Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung



Gleueler Straße 50
50866 Köln
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
E-Mail-Adresse: info@sf.mpg.de

Dr. Maren Berghoff
Telefon: 022137970207
E-Mail-Adresse: maren.berghoff@sf.mpg.de



Originalpublikation:
Sharmili Edwin Thanarajah, Heiko Backes, Alexandra G. DiFeliceantonio, Kerstin Albus, Anna Lena Cremer, Ruth Hanssen, Rachel N. Lippert, Oliver A. Cornely, Dana M. Small, Jens C. Brüning, Marc Tittgemeyer: Food intake recruits orosensory and post-ingestive dopaminergic circuits to affect eating desire in humans. Cell Metabolism, 2019.

TOP-CAVE-Rettungsstellen-KANZEL: Unverträglichkeit von Rind, Schwein, Lamm oder Wild? Allergische Symptome?

Medizin am Abend Berlin Fazit: Wenn das Steak zur Gefahr wird

Ein deutsch-luxemburgisches Forschungsteam hat unter wesentlicher Beteiligung des Luxembourg Institute of Health (LIH) einen neuen Test für eine seltene Allergie entwickelt: 

das alpha-Gal-Syndrom. 
 
  • Betroffene zeigen zwei bis sechs Stunden nach dem Verzehr roten Fleischs – zum Beispiel von Rind, Schwein, Lamm oder Wild – allergische Symptome.
  • Zwar konnte die Allergieneigung bisher schon durch einen Nachweis spezieller Antikörper gegen alpha-Gal und Hauttests nachgewiesen werden. 
Um das Risiko einer starken, klinisch relevanten allergischen Reaktion zu bestimmen, war jedoch ein sogenannter oraler Provokationstest nötig, also der langsam gesteigerte Verzehr desjenigen Nahrungsmittels, das im Verdacht steht, die Allergie auszulösen. 

Das aufwändige und riskante Verfahren muss unter ärztlicher Beobachtung durchgeführt werden.

Das deutsch-luxemburgische Forschungsteam konnte es nun weitestgehend durch einen Bluttest ersetzen. 
  • Bei dem Bluttest werden bestimmte weiße Blutkörperchen, die Basophilen, durch zugesetzte künstliche Allergene stimuliert. 
Je stärker die Reaktion der Basophilen, desto stärker geben sie anschließend ein Fluoreszenz-Signal ab, das die Forscher messen können.

Medizin am Abend Berlin Zusatzfachthema: Blutausstrich  

Eine starke Reaktion der Basophilen auf geringste Allergenmengen ist ein klarer Hinweis auf das alpha-Gal-Syndrom. 

Seine Ergebnisse hat das Team bestehend aus Dr. Christiane Hilger und Prof. Markus Ollert vom LIH, Dr. Martine Morisset und Dr. Françoise Codreanu-Morel vom Centre Hospitalier (CHL), Dr. Jörg Fischer von der Eberhard Karls Universität Tübingen sowie den federführend Beteiligten Jana Mehlich, Prof. Bernadette Eberlein und Prof. Tilo Biedermann von der Technischen Universität München in dem renommierten Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlicht (https://doi.org/10.1016/j.jaci.2018.06.049). Die Erstautorin des Artikels, Jana Mehlich, hat außerdem einen Nachwuchsförderpreis der Deutschen Gesellschaft für Allergie und Klinische Immunologie (DGAKI) im Rahmen des Deutschen Allergologiekongresses verliehen bekommen.

Der Biss in ein saftiges Steak vom Grill – nicht nur für Vegetarier eine Horror-Vorstellung: 

2009 haben US-amerikanische Wissenschaftler festgestellt, dass Menschen gegen Fleisch von Säugetieren eine Allergie entwickeln können. 
Insbesondere wenn sie zuvor von einer Zecke gebissen wurden und darauf starke Entzündungsreaktionen zeigten, haben sie ein erhöhtes Risiko für diese Nahrungsmittelunverträglichkeit.
Symptome wie Hautrötungen, Atemnot oder sogar allergische Schockzustände sind dann mögliche Folgen von Fleischverzehr.

Unmittelbarer Auslöser für diese seltenen, als alpha-Gal-Syndrom bezeichneten Reaktionen ist ein ganz spezieller Zuckerstoff, die Galaktose-alpha-1,3-Galaktose, kurz alpha-Gal. Alpha-Gal sitzt auf der Oberfläche von Zellen von Säugetieren wie Rind, Schwein, Lamm oder Wild. 

  • Menschliche Zellen besitzen den Zuckerstoff hingegen nicht. 

Gelangt alpha-Gal nach einer Fleischmahlzeit in das Blut, kann es zu einer allergischen Reaktion kommen. Allerdings nicht – wie beispielsweise bei Apfel-Allergikern – sofort beim Kauen der Nahrung, sondern meist mit einer Zeitverzögerung von zwei bis sechs Stunden.  

Deshalb sind die Allergie-Symptome nicht immer leicht mit dem Fleischverzehr in Verbindung zu bringen.

Das Team von Wissenschaftlern und Klinikern aus Luxemburg und Deutschland hat nun einen Test weiterentwickelt, mit dem das alpha-Gal-Syndrom deutlich besser als bisher diagnostiziert werden kann.

Durch den Nachweis von speziellen Antikörpern gegen alpha-Gal kann man zwar eine sogenannte Sensibilisierung auf alpha-Gal zeigen; das tatsächliche Risiko einer allergischen Reaktion konnte so allerdings bisher nicht erfasst werden.

„Bislang musste ein Provokationstest durchgeführt werden: Die Betroffenen aßen unter ärztlicher Überwachung Fleisch in immer größeren Mengen, bis es zur allergischen Reaktion kam“, sagt die am Projekt federführend beteiligte LIH-Wissenschaftlerin Dr. Christiane Hilger, Projekt-Leiterin der Abteilung Molekulare und Translationale Allergologie: „Wegen der Zeitverzögerung war der Test sehr aufwändig und nicht ohne Risiken.“

Für ihre Arbeit analysierten die Forscher das Verhalten einer bestimmten Art menschlicher Immunzellen, der Basophilen. In verschiedenen Studien konnte nämlich gezeigt werden, dass diese Zellen interessant für die weiterführende allergologische Diagnostik sind. Sie reagieren stark auf verschiedene Allergene, auch auf den Zuckerstoff alpha-Gal, wenn eine Allergie vorliegt. Die Wissenschaftler haben deshalb einen Test weiterentwickelt, welcher unter anderem das Allergen alpha-Gal und bestimmte fluoreszierende Marker enthält.

Letztere sind bei Allergen-Stimulation der weißen Blutkörperchen (Basophilen-Aktivierungstest) verstärkt nachweisbar, wie Dr. Hilger erläutert:

„Dem Patienten wird eine Blutprobe entnommen, die mit den Substanzen des Test-Kits in Kontakt gebracht wird. Anschließend werden die Basophilen in einer so genannten Durchfluss-Zytometrie untersucht. Haben sie stark auf das alpha-Gal reagiert, leuchten sie in dem Untersuchungsgerät wegen der fluoreszierenden Marker deutlich auf. Bei Probanden, die keine allergische Reaktion zeigen, finden wir hingegen kein oder ein deutlich schwächeres Fluoreszenz-Signal.“

Um ihren neuen Ansatz zu überprüfen, hat das Forscherteam Blutproben von mehr als 50 Personen untersucht. Mit klarem Ergebnis, wie Prof. Bernadette Eberlein feststellt: „Am Fluoreszenz-Signal konnten wir sehr deutlich die Personen erkennen, die eine Fleisch-Allergie entwickelt und ein hohes Risiko einer allergischen Reaktion bei Fleischverzehr haben. Der Test wird dazu beitragen, dass die Zahl der Provokationstests deutlich reduziert werden kann.“

Für die Wissenschaftler des LIH, des CHL, der Universität Tübingen und der Technischen Universität München ist die Arbeit damit aber noch nicht zu Ende: „Wir wissen noch sehr wenig über die Ursachen und die immunologischen Grundlagen des alpha-Gal-Syndroms“, sagt Hilger: „Zwar wurde beobachtet, dass insbesondere Menschen die Fleischallergie entwickeln, die nach einem Zeckenbiss besonders starke Entzündungsreaktionen haben. Welche Substanzen im Speichel der Zecken diese Reaktion auslösen und was im Immunsystem dabei genau geschieht, wollen wir jetzt mit unseren Forschungsarbeiten herausfinden.“ Dieses weiterführende Projekt der Kollaborationspartner wird mit Mitteln des Fonds National de la Recherche (FNR) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des CORE Förderinstruments finanziert.

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Dr. Christiane Hilger
Department of Infection and Immunity
Luxembourg Institute of Health
E-mail: christiane.hilger@lih.lu

Dr Malou Fraiture Luxembourg Institute of Health
1A-B, rue Thomas Edison
1445 Strassen
Luxemburg

Dr Malou Fraiture

Telefon: +35226970895
E-Mail-Adresse: malou.fraiture@lih.lu

Originalpublikation:
Jana Mehlich, Jörg Fischer, MD, Christiane Hilger, PhD, Kyra Swiontek, MSc, Martine Morisset, MD, PhD, Françoise Codreanu-Morel, MD, Maximilian Schiener, Simon Blank, PhD, Markus Ollert, MD, Ulf Darsow, MD, Tilo Biedermann, MD, Bernadette Eberlein, MD: The basophil activation test differentiates between patients with alpha-gal syndrome and asymptomatic alpha-gal sensitization. Journal of Allergy and Clinical Immunology (2018).

Geriatire-Sturzgefahr: Erblindet: Dichte der Rezeptoren für Botenstoffe: Gedächtnisbildung

Medizin am Abend Berlin Fazit: Wie das Gehirn reagiert, wenn man blind wird

Wenn Mäuse kurz nach der Geburt aufgrund eines Gendefekts erblinden, hat das weitreichende Auswirkungen sowohl auf die Organisation der Großhirnrinde als auch auf die Gedächtnisleistung. 

Zu diesem Schluss kommen Forscherinnen und Forscher der Ruhr-Universität Bochum in einer Studie, die sie am 7. Dezember 2018 online in der Zeitschrift „Cerebral Cortex“ veröffentlichten. 
  • In allen Bereichen der Großhirnrinde, die Informationen der Sinne verarbeiten, veränderte sich die Dichte der Rezeptoren für Botenstoffe, die die Erregung regulieren und an der Gedächtnisbildung beteiligt sind. 
  • Auch der Hippocampus, eine Struktur, die für das Gedächtnis entscheidend ist, war betroffen. 
 
An der Studie waren Mirko Feldmann, Daniela Beckmann, Prof. Dr. Ulf Eysel und Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan aus der Abteilung für Neurophysiologie maßgeblich beteiligt.

Andere Sinne schärfen sich nach dem Erblinden


Infolge des Erblindens werden andere Sinne empfindlicher: 

Der Tastsinn, das Gehör und der Riechsinn werden präziser. 

Damit können blinde Menschen sich genau orientieren und durch eine Umgebung navigieren, trotz fehlender visueller Informationen.

Diese Adaptation braucht allerdings Zeit und Übung.

Die Veränderungen werden durch die sogenannte synaptische Plastizität ermöglicht.

  • Der Begriff beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, sich über das Kindesalter hinaus anzupassen und Erinnerungen zu bilden. 
  • Ob eine adaptative Reorganisation des Gehirns stattfindet, können Forscher anhand der Dichte von Neurotransmittern ermitteln, die für die synaptische Plastizität wichtig sind.

Anpassung ist Kraftakt für das Gehirn


Die Bochumer Forscherinnen und Forscher untersuchten an Mäusen, was nach dem Erblinden im Gehirn passiert. Sie erfassten, in welchen Hirnbereichen sich die Dichte der für die Plastizität relevanten Neurotransmitter änderte, und verglichen die Ergebnisse mit den Gehirnen von gesunden Mäusen. Außerdem testeten sie, wie gut die erblindeten Mäuse mithilfe ihrer anderen Sinne in Orientierungstests abschnitten, um Rückschlüsse auf die Gedächtnisleistung der Tiere ziehen zu können.

  • Nach dem Erblinden veränderte sich die Dichte von Neurotransmitterrezeptoren im Hippocampus, der wichtigsten Gedächtnisstruktur des Gehirns. 
  • In den folgenden Monaten veränderte sich die Dichte der Neurotransmitter auch im visuellen Cortex, in dem die Informationen des Sehsinns eingehen, und zusätzlich in den Arealen der Großhirnrinde, die die Informationen der anderen Sinne verarbeiten.

Die Orientierungsaufgabe forderte den Hippocampus der Mäuse.

Die erblindeten Tiere schnitten schlechter ab als die gesunden.

Außerdem war die synaptische Plastizität im Hippocampus in dieser Zeit beeinträchtigt.

„Unmittelbar nach dem Erblinden versucht das Gehirn, die fehlenden Signale zu detektieren, indem es seine Empfindlichkeit für visuelle Signale steigert“, erklärt Denise Manahan-Vaughan, die die Studie geleitet hat.

Wenn das nicht gelingt, beginnt der Prozess der gesamten Reorganisation der sensorischen Areale, die durch Veränderungen der Dichte und Funktion von Neurotransmitterrezeptoren im Gehirn unterstützt werden.

Das ist anstrengend für das Gehirn, und während dieser Phase wird die Fähigkeit des Hippocampus, r ä u m l i c h e Erfahrungen zu speichern, offenbar erschwert“, so Manahan-Vaughan weiter.

Förderung

Die Studie wurde durch den Sonderforschungsbereich 874 (SFB 874) der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Der SFB 874 „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“ besteht seit 2010 an der Ruhr-Universität Bochum. Die Forscherinnen und Forscher beschäftigten sich mit der Frage, wie sensorische Signale neuronale Karten generieren, und daraus komplexes Verhalten und Gedächtnisbildung resultiert.

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Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan
Abteilung für Neurophysiologie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 22042
E-Mail: denise.manahan-vaughan@rub.de

Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Postfach 10 21 48
44780 Bochum
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
E-Mail-Adresse: info@ruhr-uni-bochum.de

Dr. Julia Weiler

Dr. Barbara Kruse
Telefon: 0234/32-22133
Fax: 0234/32-14136
E-Mail-Adresse: barbara.kruse@presse.ruhr-uni-bochum.de

Originalpublikation:
Mirko Feldmann, Daniela Beckmann, Ulf T. Eysel, Denise Manahan-Vaughan: Early loss of vision results in extensive reorganization of plasticity-related receptors and alterations in hippocampal function that extend through adulthood, in: Cerebral Cortex, 2018, DOI: 10.1093/cercor/bhy297

Untersucher-CAVE: Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Botenstoff Chemerin (Adipokin)

Medizin am Abend Berlin Fazit: Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch besser erkennen und verstehen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. 

Vor allem ältere Menschen sind davon betroffen. 

Neben der Lebenserwartung können kardiovaskuläre Krankheiten auch die Lebensqualität enorm einschränken. 

DIfE-Forschenden ist es nun gelungen, einen neuen Marker zu identifizieren: 

Das Protein Chemerin gibt Einblicke in die teilweise noch unbekannten Mechanismen der Krankheitsentstehung und könnte künftig dazu genutzt werden, das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. noch früher und präziser zu bestimmen. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachLink: Leberverfettung  

Die Ergebnisse der Studie veröffentlichte das Forscherteam in der aktuellen Ausgabe des Journal of the American College of Cardiology. 

Dr. Krasimira Aleksandrova leitet die Senior Scientist Group Ernährung, Immunität und Metabolismus am DIfE
Dr. Krasimira Aleksandrova leitet die Senior Scientist Group Ernährung, Immunität und Metabolismus am DIfE Foto: Till Budde/DIfE
 
  • Chemerin ist ein Botenstoff (Adipokin), der hauptsächlich im Fettgewebe sowie in Leber, Nieren und Pankreas gebildet wird. 
  • Er trägt dazu bei, dass sich die zunächst gleichartigen, undifferenzierten Zellen des Fettgewebes für bestimmte Aufgaben in Funktion und Gestalt spezialisieren. 
  • Zudem lockt Chemerin Immunzellen zu verletztem Gewebe, die dort sofort Entzündungen auslösen und auf diese Weise Infekte abwehren. 

Das Signalprotein ist somit Teil der feinregulierten Alarmanlage des Körpers. 


„Gerät das System aus den Fugen, drohen Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall“, erklärt Dr. Krasimira Aleksandrova, die am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) untersucht, wie das Zusammenspiel von Ernährung, Körperzusammensetzung und Immunsystem altersbedingte Erkrankungen beeinflusst.

Missing Link

Die genauen Zusammenhänge von Entzündungsreaktionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bisher nicht vollständig aufgeklärt.

Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, analysierte das Team um Aleksandrova die Blutproben von insgesamt 2.500 Männern und Frauen. Basis der Untersuchungen bildeten die Daten der Potsdamer EPIC-Studie mit über 27.500 Studienteilnehmern.

  • Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten erstmals, dass die Konzentration von Chemerin im Blut bereits vor Einsetzen von Herzinfarkten und Schlaganfällen erhöht ist. 
  • Somit könnte Chemerin künftig als Indikator genutzt werden, um das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen genauer hervorzusagen. 
„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass das Signalprotein Chemerin sowohl für Entzündungsprozesse als auch für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt. 

Diese Spur sollte unbedingt weiterverfolgt werden.

Das Verstehen um die genauen Funktionen von Chemerin könnte künftig die Suche nach neuen Präventionstherapien und Medikamenten verbessern“, sagt Aleksandrova.

Literatur

Original-Publikation

Eichelmann F, Schulze MB, Wittenbecher C, Menzel J, Weikert C, Di Giuseppe R, Biemann R, Isermann B, Fritsche A, Boeing H, Aleksandrova K: Chemerin as a Biomarker Linking Inflammation and Cardiovascular Diseases. Journal of the American College of Cardiology Jan 2019, 73 (3) 378-379; DOI: 10.1016/j.jacc.2018.10.058 [http://www.onlinejacc.org/content/73/3/378]

Ähnlicher Artikel

Menzel J, Biemann R, Aleksandrova K, Schulze MB, Boeing H, Isermann B, Weikert C: The cross-sectional association between chemerin and bone health in peri/pre and postmenopausal women: results from the EPIC-Potsdam study. Menopause. 2018 May; 25(5): 574–578 [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5908253/]

Hintergrundinformationen

EPIC-Potsdam-Studie

Die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam-Studie ist eine prospektive Kohortenstudie. Zwischen 1994 und 1998 wurden 27.548 Frauen und Männer zwischen 35 und 65 Jahren rekrutiert. Sie haben Fragebögen zu ihren Ernährungsgewohnheiten, ihrem Lebensstil sowie ihrem gesundheitlichen Status ausgefüllt. Diese Befragung wurde ca. alle 3 Jahre wiederholt. Die EPIC-Potsdam-Studie ist Teil einer der größten Langzeitstudien weltweit mit insgesamt ca. 521.000 Studienteilnehmern aus zehn europäischen Ländern. Ziel ist, den Einfluss der Ernährung auf die Entstehung von Krebs und anderen chronischen Erkrankungen zu erforschen.

Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).


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Sonja Schäche
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E-Mail: sonja.schaeche@dife.de

Dr. Krasimira Aleksandrova
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Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
Tel.: +49 33200 88-2712
E-Mail: krasimira.aleksandrova@dife.de

Originalpublikation:
Eichelmann F, Schulze MB, Wittenbecher C, Menzel J, Weikert C, Di Giuseppe R, Biemann R, Isermann B, Fritsche A, Boeing H, Aleksandrova K: Chemerin as a Biomarker Linking Inflammation and Cardiovascular Diseases. Journal of the American College of Cardiology Jan 2019, 73 (3) 378-379; DOI: 10.1016/j.jacc.2018.10.058
[http://www.onlinejacc.org/content/73/3/378]

Menschlicher Frontalkortex: Kognitive Kontrolle - Wiederholungsfehler wg. Frontalhinrläsionen und Parietalkortex

Medizin am Abend Berlin Fazit: Führt das Ignorieren von negativem Feedback zu rigidem Verhalten?

Publikation in Nature Communications

In unserem Alltag können wir einfach zwischen verschiedenen Rollen und Zielen wechseln. 

  • Diese Flexibilität im Verhalten wird durch den menschlichen Frontalkortex ermöglicht, der für Exekutivfunktionen und kognitive Kontrolle zuständig ist und so die Balance und die Konflikte zwischen unterschiedlichen Zielanforderungen reguliert. 

Ein Verlust dieser Fähigkeit führt zu sogenannten Wiederholungsfehlern („perseverative errors“) und ist ein Zeichen für ein rigides Festklammern an vergangenen Zielen. 
 
Die zugrunde liegenden Defizite in der Informationsverarbeitung sowie deren neuronale Grundlagen wurden jetzt von einem Forschungsteam im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) untersucht und in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Eine von Dr. Jan Gläscher aus dem Institut für Systemische Neurowissenschaften des UKE geleitete Arbeitsgruppe hat in Kooperation mit US-Forschern vom California Institute of Technology und der University of Iowa Patientinnen und Patienten mit Hirnläsionen untersucht.

Sie verwendeten dabei den „Wisconsin Card Sorting Test“, der weltweit am häufigsten verwendete neuropsychologische Test, um Defizite in der kognitiven Kontrolle und der Verhaltensflexibilität zu diagnostizieren. 

Dabei müssen die Patienten Karten mit einfachen Symbolen auf verschiedene Stapel sortieren, wobei ihnen das Sortierkriterium (Farbe, Anzahl oder Symbol) nicht bekannt ist.

Dieses erlernen sie durch das Feedback nach jedem Durchgang.

Nach einer Weile ändert sich unangekündigt das Sortierkriterium, und die Patienten müssen nun flexibel zum anderen Kriterium wechseln.

Patienten mit ausgedehnten Frontalhirnläsionen schaffen diesen Wechsel in den Zielkriterien nicht oder nur sehr langsam und begehen Wiederholungsfehler („perseverative errors“).

Mittels detaillierter mathematischer Modellierung konnten die Forscher nun genau beschreiben, wie die Informationsverarbeitung im Gehirn dieser Patienten gestört ist. 

Offenbar wird das negative Feedback bei einem Fehler nicht ausreichend wahrgenommen und ignoriert. 

Dadurch erkennen die Patienten aber nicht, dass sich die Zielanforderungen (Sortierkriterium) geändert haben – sie sortieren weiter nach dem vergangenen Kriterium und begehen Wiederholungsfehler. 

In der Analyse der Läsionskarten der Patienten, die auf den strukturellen MRT-Bildern beruht, zeigte sich:

Sowohl die Untergewichtung des negativen Feedbacks als auch die Wiederholungsfehler gingen vor allem mit Schädigungen des rechten Frontal- und Parietalkortex sowie der darunter liegenden Faserverbindungen einher. 

  • Diese Erkenntnisse deuten an, dass eine starke Fokussierung auf negatives Feedback und mögliche negative Konsequenzen von Verhalten dazu führen könnten, dass sich diese Patienten im Alltag flexibler auf neue Ziele einstellen können.

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Originalpublikation:
Gläscher J., Adolphs R. & Tranel D (2019). Model-based lesion mapping of cognitive control using the Wisconsin Card Sorting Test. Nature Communications Volume 10, 20. DOI: 10.1038/s41467-018-07912-5

Sie wollen weniger Suizide/Selbstötungen? Dann Restriktionen.......

Medizin am Abend Berlin Fazit: Studie zur Gesetzgebung: Restriktionen helfen gegen Waffengewalt

Je strenger das Waffenrecht, desto kleiner sind die Fallzahlen von Mord und Suizid, zeigen LMU-Forscher in einem Vergleich westeuropäischer Staaten. 
 
Die Diskussion wird breit geführt und nach jedem Amoklauf, nach jedem Schulmassaker in den USA flammt sie wieder auf:

Was tun gegen die Waffengewalt? 

Könnte ein restriktiveres Waffenrecht die Welle der Gewalt eindämmen, so lautet die allfällige Frage, und die Zahl von Morden und Suiziden mit Schusswaffen verringern?

Für die USA bejahen Studien dies.

  • Doch wie steht es in westeuropäischen Ländern, in denen Waffengewalt insgesamt eine deutlich geringere Rolle spielt? 

Hat auch hier ein strengeres Waffenrecht einen positiven Effekt und könnte dafür sorgen, dass weniger Menschen sich oder andere erschießen?

Eindeutig ja, sagen die Politikwissenschaftler Dr. Steffen Hurka und Professor Christoph Knill vom Geschwister-Scholl-Institut der LMU.

Die LMU-Forscher haben dafür die Regulierungen in 16 verschiedenen Ländern Europas und die Zahlen von Morden und Selbsttötungen mit und ohne Schusswaffen miteinander verglichen.

Um die Werte miteinander in Beziehung setzen zu können, berichtet Steffen Hurka, haben sie zunächst für jedes der Länder einen sogenannten gun control index errechnet.

Nach einem arithmetischen Verfahren stuften die Wissenschaftler dafür das Waffenrecht der einzelnen Staaten nach verschiedenen Faktoren ein.

Ist Waffenbesitz in den untersuchten Staaten verboten, erlaubt oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig?

Welche persönlichen Voraussetzungen muss ein Waffenhalter erfüllen?

Welche sonstigen Anforderungen stellt das Gesetz an ihn?

Muss er eine Waffe beispielsweise in einem abgeschlossenen Schrank lagern?

Als besonders strikt gilt danach Großbritannien, als vergleichsweise liberal dagegen Finnland und die Schweiz. 

Diese länderspezifischen Werte haben die Forscher daraufhin jeweils mit den Fallzahlen der Jahre zwischen 1980 und 2010 in Beziehung gesetzt. 
  • Dabei zeigte sich, dass bei strengerer Gesetzgebung und damit einer geringeren Verfügbarkeit von Waffen die Zahl von Morden und Suiziden deutlich niedriger ausfiel. 
  • Das galt im Übrigen nicht nur für die mit einer Schusswaffe verübten Taten, sondern für alle Fälle von Mord und Suizid.

Regulation & Governance 2019

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Dr. Steffen Hurka
Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft
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TOP-CAVE-Spezial: Intensivstation: Stressbedingte Magengeschwüre

Medizin am Abend Berlin Fazit: Neue Daten zur Ulkus-Prophylaxe auf Intensivstationen

Patienten auf Intensivstationen scheinen ein besonderes Risiko für stressbedingte Magengeschwüre zu haben. 

Diese können zu lebensbedrohlichen Blutungen führen. 

  • Eine neue Studie [1] untersuchte, ob die Ulkus-Prophylaxe mit Pantoprazol die Mortalität bei neurochirurgischen/neurologischen Intensivpatienten senken kann. 

Wie sich zeigte, ist das nicht eindeutig der Fall, obwohl weniger Blutungen unter der Medikation auftraten. 

Neurologische Experten sprechen sich daher für ein individualisiertes Vorgehen aus. 
 
  • Stress – so auch ausgeprägter Krankheits- und Behandlungsstress – erhöht unter anderem die Magensäureproduktion. 

In der Folge können Magen-/Darmgeschwüre (Ulzera) entstehen. 


Ein besonderes Risiko scheint auch bei Patienten nach Schädel-Hirn-Traumen zu bestehen [2].

Solche Ulzera können lebensbedrohliche Blutungen verursachen, die eine gefürchtete Komplikation auf neurologischen/neurochirurgischen Intensivstationen (ITS) darstellen.

  • Weitere Risikofaktoren für Ulkusblutungen auf Intensivstationen:
  • Polytraumen, 
  • Verbrennungen, 
  • künstliche Beatmung, 
  • Blutgerinnungsstörungen, 
  • Schock,
  • Sepsis, 
  • Kortikoidtherapie, 
  • frühere Magen-Darm-Blutungen,
  • /Geschwüre,
  • Leber
  • Nierenversagen [2].

Zur Prophylaxe wird Intensiv-Patienten oft ein Säurehemmer verabreicht, um die Magensäureproduktion zu senken und damit den pH-Wert zu erhöhen. 

  • „Viele frühere Studien zeigten, dass die medikamentöse Anhebung des Magen-pH-Wertes das Auftreten von Magen-Darm-Blutungen deutlich senken kann“, erklärt Prof. Dr. med. Dr. Hagen Huttner, Universitätsklinikum Erlangen. 

Daher wird eine medikamentöse Stressulkus-Prophylaxe auch in einigen Leitlinien, z.B. den „Surviving Sepsis Campaign: international guidelines for management of sepsis and septic shock: 2016“ [3] empfohlen.

Insgesamt sind Ulkusblutungen auf ITS-Stationen jedoch selten (1,5% [2]), und es besteht zunehmender Konsens, dass keinesfalls alle Intensivpatienten routinemäßig einer solchen Prophylaxe bedürfen.  
  • Neuere Studien zeigten außerdem, dass eine Verminderung der Magensäure andere Komplikationen fördern kann [2], da die Magensäure ihre schützende Funktion vor bakterieller Besiedlung des oberen Magen-Darmtraktes nicht mehr erfüllen kann. 
So können pathogene Erreger, die sonst im sauren Magenmilieu abgetötet würden, unter einer Säureblockade zu schweren Infektionen des Dickdarms führen (Clostridien-Kolitis) oder auch zu Lungenentzündungen, wenn es zu einem Übertritt von Magensekret ins Bronchialsystem kommt. 

„Nutzen und Risiken der Ulkus-Prophylaxe mit Säureblockern werden daher kontrovers diskutiert“, so Prof. Huttner.

Ergebnisse einer neuen prospektiven, doppelblinden, randomisierten Studie
Eine prospektive, doppelblind randomisierte Studie versuchte nun, die Datenlage zum Thema weiter zu verbessern [1]. Die europäische Multicenterstudie (33 Zentren aus Dänemark, Finnland, Niederlande, Norwegen, Schweiz und Großbritannien) analysierte 3.298 Patienten, die wegen akuter Erkrankungen auf Intensivstationen behandelt wurden und die zusätzlich mindestens einen Risikofaktor für gastrointestinale Blutungen aufwiesen (z. B. Kreislaufschock, künstliche Beatmung, Blutgerinnungsstörung oder blutgerinnungshemmende Therapie, Lebererkrankung, Dialyse wegen Nierenversagen). Die Patienten erhielten 1:1 randomisiert 40 mg/Tag Pantoprazol i.v. oder Placebo für die Dauer des ITS-Aufenthaltes. Primäres Untersuchungsziel war die 90-Tages-Mortalität, sekundäres waren Komplikationen (als Endpunkt-Kombination: Gastrointestinale Blutung, Lungenentzündung, Clostridien-Infektion, Herzinfarkt).

Nach 90 Tagen waren 510 Patienten (31,1 %) der Pantoprazol-Gruppe und 499 (30,4%) der Placebogruppe verstorben. Die mediane Aufenthaltsdauer der Patienten auf der Intensivstation betrug 6 Tage, die mediane Dauer der Pantoprazol-Prophylaxe lag bei 4 Tagen. Während des ITS-Aufenthaltes gab es mindestens ein klinisch schweres Ereignis (kombinierter Endpunkt) bei 21,9% unter Pantoprazol und bei 22,6% unter Placebo. Klinisch bedeutsame Magen-Darm-Blutungen hatten 4,2% Patienten der Placebogruppe und 2,5% der Patienten in der Pantoprazol-Gruppe (RR: 0,58). Sonstige Nebenwirkungen, Komplikationen bzw. schwere unerwünschte Ereignisse waren in den Gruppen ähnlich häufig.

Therapieentscheidung nach individueller Risikoabschätzung
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Studie nicht ausreichend gepowert war, um zu zeigen, dass die Gabe von Pantoprazol das Risiko für gastrointestinale Blutungen bei Risikopatienten senkte, und die Intervention nicht zu einer Reduktion der Mortalität führte. Unter Pantoprazol kam es aber auch nicht zur Zunahme des Risikos für Lungenentzündungen oder Clostridien-Infektionen – wie zuvor berichtet und befürchtet. Prof. Huttner kommentiert: „Aus den Studienergebnissen lassen sich keine allgemeinen Behandlungsempfehlungen ableiten. Voraussetzung für die Therapieentscheidung sollte immer eine individuelle Risikoabschätzung darstellen.

Die Ulkus-Prophylaxe erscheint sinnvoll, wenn mehrere der beschriebenen Risikofaktoren zusammenkommen oder bei kritisch kranken Patienten, die über Wochen oder gar Monate auf der Intensivstation behandelt werden müssen.“

Publikationen
[1] Krag M, Marker S, Perner A et al. Pantoprazole in Patients at Risk for Gastrointestinal Bleeding in the ICU. N Engl J Med 2018 Oct 24. doi: 10.1056/NEJMoa1714919. [Epub ahead of print]
[2] „NeuroIntensiv“, Stefan Schwab et al. 2015 Springer-Verlag
[3] Rhodes A, Evans LE, Alhazzani W et al. Surviving Sepsis Campaign: international guidelines for management of sepsis and septic shock: 2016. Intensive Care Med 2017; 43: 304 -77

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Originalpublikation:
Krag M, Marker S, Perner A et al. Pantoprazole in Patients at Risk for Gastrointestinal Bleeding in the ICU. N Engl J Med 2018 Oct 24. doi: 10.1056/NEJMoa1714919. [Epub ahead of print]

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