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Dr. Rachel Lippert: Der Hypothalamus Stoffwechsel: Fett- und zuckerreiche Kost (Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Expressionsmuster von Schlüsselrezeptoren im Hypothalamus aufgedeckt

  • Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Peptidhormone aus dem Darm weitreichende Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben. 
  • Indem sie an entsprechende Rezeptoren im Gehirn binden, können sie unter anderem die Nahrungsaufnahme modulieren und Stoffwechselparameter verändern. 

Welche Rolle diese Peptidrezeptoren in kritischen Entwicklungsphasen spielen, ist bislang jedoch kaum erforscht. Wissenschaftlerinnen der Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise am DIfE sind dieser Frage nachgegangen und haben die Expressionsmuster von Schlüsselrezeptoren im Hypothalamus der Maus untersucht. Ihre neu gewonnenen Erkenntnisse wurden im Journal PLOS One veröffentlicht.

  • Der Hypothalamus ist eine Schlüsselregion im Gehirn, die den Stoffwechsel steuert. 
  • Es ist bereits bekannt, dass diese Gehirnregion während der Entwicklung durch Veränderungen in der mütterlichen Ernährung beeinflusst wird, insbesondere durch fett- und zuckerreiche Kost. 
  • Die zugrundeliegenden Mechanismen sind bisher jedoch kaum erforscht.

Drei Rezeptoren mit bedeutenden Funktionen

Vor diesem Hintergrund hat das Team um Dr. Rachel Lippert, Leiterin der Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise, im Mausmodell drei Hauptrezeptoren für Peptidhormone aus dem Darm und ihre Regulierung im Hypothalamus während der ersten drei Lebenswochen untersucht. Diese Entwicklungsphase bei Mäusen entspricht in etwa dem letzten Trimester der Schwangerschaft im Zusammenhang mit der Gehirnentwicklung beim Menschen.

Bei den untersuchten Rezeptoren handelte es sich um den Gastric inhibitory polypeptide receptor (GIPR), den Glucagon-like peptide-1 receptor (GLP1R) und den Cholecystokinin receptor 2 (CCK2R). Alle drei Rezeptoren spielen eine wichtige Rolle bei der Glukosehomöostase, der Nahrungsaufnahme und der Energiebilanz. 

Zudem haben sie als potenzielle therapeutische Ziele für die Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes an Popularität gewonnen.

Den Grundzustand erfassen

Bevor man jedoch untersuchen kann, wie sich die Peptidhormone aus dem Darm und deren Rezeptoren im Hypothalamus unter bestimmten Ernährungsbedingungen verändern, muss zunächst der Grundzustand festgestellt werden. Entsprechend haben die Muttertiere in diesem Versuch eine standardmäßige Ernährung erhalten und ihre Nachkommen wurden mit Muttermilch gesäugt. Zu fest definierten Zeitpunkten innerhalb der ersten drei Lebenswochen haben die Forscherinnen den Nachkommen Gewebe aus dem Hypothalamus entnommen, um die Expressionsmuster der drei Rezeptoren zu bestimmen. „Erst wenn wir verstehen, wie sich diese Rezeptoren während der Entwicklung verändern, können wir die nächsten Fragen hinsichtlich ihrer Rolle bei der Bildung neuronaler Netzwerke stellen", betont Lippert, die mit diesen Ergebnissen die erste Publikation ihrer 2020 gegründeten Nachwuchsgruppe veröffentlicht hat.

Spezifische Expressionsmuster erkennbar

  • Entgegen der Erwartungen der Forscherinnen zeigte die GIPR-Expression einen signifikanten Abfall während der Entwicklung. 
  • Im Gegensatz dazu nahm die GLP1R-Expression während der frühen postnatalen Entwicklung stetig zu.  
  • Bei der Expression von CCK2R während der postnatalen Periode erkannten die Wissenschaftlerinnen ein geschlechtsspezifisches Muster. 
  • Während die CCK2R-Expression bei männlichen Mäusen im Laufe der Entwicklung signifikant anstieg, blieb sie bei weiblichen Mäusen nahezu konstant. 
  • Das deutet auf eine unterschiedliche Rolle dieses Rezeptors bei den Geschlechtern hin. 
  • „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das sich entwickelnde Gehirn auf periphere Stoffwechselsignale reagiert. 
  • Das zeigt sich durch eine dynamische Regulation der untersuchten Rezeptoren während der frühen Entwicklung im Gehirn", betont Erstautorin Dr. Lídia Cantacorps.

Zusammenhänge aufgedeckt

In einem weiteren Schritt untersuchten die Wissenschaftlerinnen die potenziellen Zusammenhänge zwischen der Rezeptorexpression und physiologischen Parametern wie Körpergewicht und Blutzuckerspiegel.  

Während sich beim Blutzuckerspiegel keine signifikanten Korrelationen nachweisen ließen, zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Rezeptorexpression und Körpergewicht. 

Sowohl GLP1R als auch CCK2R waren positiv mit dem Körpergewicht korreliert, während die GIPR-Expression eine signifikante negative Korrelation aufwies.

Einfluss der Ernährung zukünftig im Fokus

Diese umfassende Analyse macht deutlich, wie komplex das Zusammenspiel von Peptidhormonen aus dem Darm und ihren Rezeptoren während der Hirnentwicklung ist. 

Die Entdeckung der entwicklungsbedingten Dynamik dieser Rezeptoren ebnet den Weg für ein tieferes Verständnis, wie zirkulierende Darmhormone, die von der Mutter stammen, die Gehirnentwicklung des Nachwuchses beeinflussen. 

„Unsere Erkenntnisse tragen dazu bei, dass wir zukünftig den Einfluss ungesunder Ernährungsweisen der Mutter auf die Zirkulation der Peptidhormone aus dem Darm auf das Wachstum und die Gehirnentwicklung des Nachwuchses untersuchen können“, erklärt Lippert. 

Zudem bergen die Ergebnisse ein enormes Potenzial zur Verfeinerung therapeutischer Strategien und Interventionen zur Behandlung von Stoffwechselstörungen und bieten Einblicke in die komplexe Wechselbeziehung zwischen Stoffwechsel und Hirnentwicklung.

Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) innerhalb des NeuroCure-Exzellenzclusters und vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) gefördert.

Hintergrundinformationen zu den drei Rezeptoren

  • Der Gastric inhibitory polypeptide receptor (GIPR) wird in Bauchspeicheldrüse, Magen, Herz, Niere, Leber, Fettgewebe und Gehirn exprimiert. 
  • Er fungiert als Signalvermittler in der Darm-Hirn-Achse. 
  • Während die Aktivierung des Rezeptors in der Bauchspeicheldrüse die Insulinfreisetzung stimuliert, sorgt sie im Gehirn für eine reduzierte Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust.

Der Glucagon-like peptide-1 receptor (GLP1R) wird in Bauchspeicheldrüse, Lunge, Magen, Herz, Niere und Gehirn exprimiert. Er ist an der Kontrolle des Blutzuckerspiegels beteiligt, indem er in der Bauchspeicheldrüse die Insulinfreisetzung stimuliert.

Die Aktivierung des Rezeptors im Hypothalamus sorgt für eine reduzierte Nahrungsaufnahme.

  • Der Cholecystokinin receptor 2 (CCK2R) ist im Gehirn, insbesondere im Hypothalamus, stark ausgeprägt. 
  • Er fungiert als Signalvermittler in der Darm-Hirn-Achse und ist an Verdauung, Emotionen und Gedächtnisregulation beteiligt.


Hintergrundinformation zur Nachwuchsgruppe

Die Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise unter der Leitung von Dr. RNahrungsauswahl und Ernährungsverhalten)Rachel Lippert verstärkt seit Februar 2020 den Forschungsschwerpunkt III ( am DIfE. Das Team möchte herausfinden, wie sich neuronale Schaltkreise, die an der Steuerung der Energiehomöostase beteiligt sind, innerhalb komplexer Netzwerke im Gehirn entwickeln und wie sie funktionieren. 

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Dr. Rachel Lippert
Leiterin der Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise
Tel.: +49 33 200 88 - 2470
E-Mail: rachel.lippert@dife.de

Susann-C. Ruprecht Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

Arthur-Scheunert-Allee 114/116
14558 Nuthetal, OT Bergholz-Rehbrücke
Deutschland
Brandenburg

Dr. Ina Henkel
E-Mail-Adresse: ina.henkel@dife.de

Susann-C. Ruprecht
Telefon: 033200882335
Fax: 0332008872335
E-Mail-Adresse: susann.ruprecht@dife.de 
Originalpublikation:

Cantacorps, L., Coull, B. M., Falck, J., Ritter, K., Lippert, R. N.: Gut-derived peptide hormone receptor expression in the developing mouse hypothalamus. PLoS One 18(8):e0290043 (2023). [Open Access]
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0290043


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

https://www.dife.de/forschung/neuronale-schaltkreise/ Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise


Vitamin D-Supplementierung: Regelmäßige Vitamin D3 Einnahme - Thema Krebserkrankung: Darm-, Brust-, Pankreas-, Leber- und Prostatakrebs

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Niedrigere Entzündungsmarker unter Vitamin D-Supplementierung

Nach derzeitiger Studienlage geht die Vitamin D-Einnahme mit einer verringerten Krebssterblichkeit einher. 

  • Könnten entzündungshemmende Effekte des Vitamins die Ursache dafür sein? 

Eine am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) durchgeführte Metaanalyse ergab nun: 

  • Die Vitamin D-Einnahme senkt bei Menschen, die an Krebs oder Krebsvorstufen leiden, die Serumspiegel eines wichtigen Entzündungsmarkers.

Vitamin-D-Mangel ist weltweit verbreitet und kommt besonders häufig bei Krebspatienten vor. 

Ob eine Vitamin D-Supplementierung die Entstehung von Krebs verhindern bzw. die Prognose von Krebskranken verbessern kann, wurde bereits in zahlreichen Studien untersucht. 

  • Nach derzeitiger Studienlage senkt eine regelmäßige Vitamin D3-Einnahme die Wahrscheinlichkeit, an einer Krebserkrankung zu versterben, um ca. zwölf Prozent.


Die biologischen Mechanismen, über die Vitamin D den Ausgang einer Krebserkrankung beeinflusst, sind noch weitgehend ungeklärt. 

Es gibt Hinweise auf einen Einfluss des Vitamins auf entzündungsfördernde Signalwege. 

  • „Hohe Spiegel an Entzündungsmarkern sind bei Krebspatienten häufig mit einem ungünstigen Ausgang der Erkrankung verbunden. 
  • Dies gilt insbesondere für Darm-, Brust-, Pankreas-, Leber- und Prostatakrebs. 
  • Es erscheint daher plausibel, dass eine Vitamin D-Supplementierung den entzündungsfördernden Prozessen entgegenwirkt und damit den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen kann“, sagt Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

Um diese Vermutung zu prüfen, führten Wissenschaftler um Brenner nun erstmals eine systematische Literaturrecherche durch, bei der sie Studien zur Wirkung einer Vitamin D-Supplementierung auf verschiedene Entzündungsmarker zusammenfassten. Die Forscherinnen und Forscher berücksichtigten dabei acht Studien. Die insgesamt 592 eingeschlossenen Teilnehmer, die an Krebs oder an Krebsvorstufen litten, waren per Zufall dem Vitamin D-Arm oder dem Placebo-Arm zugewiesen worden.

  • Die DKFZ-Forscher fanden bei Studienteilnehmern unter Vitamin D-Substitution deutlich niedrigere Serumspiegel des entzündungsfördernden Tumor-Nekrosefaktors alpha (TNF alpha). 

Dieser Botenstoff wird bei so gut wie allen Entzündungen ausgeschüttet und aktiviert eine Vielzahl verschiedener Immunzellen. 

  • Für zwei weitere wichtige Botenstoffe, Interleukin 6 und CRP, beobachteten die Forscher ebenfalls niedrigere Spiegel unter Vitamin D-Substitution, jedoch waren die Effekte bei den insgesamt noch sehr begrenzten Patientenzahlen nicht statistisch signifikant.

Eine Einschränkung bisheriger Studien ist, dass alle Patienten die gleiche Dosis erhielten unabhängig von ihrem Ausgangs-Vitamin D-Spiegel. 

In einer gezielten, dem individuellen Bedarf angepassten Vitamin D-Supplementierung sieht Hermann Brenner ein noch deutlich größeres Potenzial. 

Hierzu führt sein Team derzeit in Zusammenarbeit mit zahlreichen Kliniken in Deutschland eine große randomisierte Studie durch. 

Erste Ergebnisse haben bereits gezeigt, dass mit einer solchen personalisierten Vitamin D-Supplementierung der Vitamin D-Mangel sehr zuverlässig ausgeglichen werden kann.

Durch sorgfältige längerfristige Nachbeobachtung einer noch deutlich größeren Zahl von Patienten untersuchen die Forscher nun, wie sich dieser neue Ansatz auf das Entzündungsgeschehen, die Lebensqualität und die Prognose der Patienten auswirkt. Erste Ergebnisse hierzu werden im kommenden Jahr vorliegen.

* Der für den Vitamin D-Mangel genutzte Schwellenwert des 25-Hydroxyvitamin D-Spiegels im Blut lag bei 30 nmol/L (= 12 ng/ml).
Zählt man Personen mit einer weniger gravierenden Vitamin D-Unterversorgung (25-Hydroxyvitamin D-Spiegels im Blut < 50 nmol/L (= 20 ng/ml)) hinzu, weisen etwas mehr als die Hälfte der Deutschen zumindest eine Unterversorgung auf.
Es gibt jedoch auch Leitlinien, die andere Schwellenwerte benutzen.
Da der Vitamin D-Spiegel im Blut v.a. von der Besonnung der Haut abhängt, schwankt dieser Prozentsatz zudem stark mit den Jahreszeiten.
Tafirenyika Gwenzi, Anna Zhu, Petra Schrotz-King, Ben Schöttker, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner: Effects of vitamin D supplementation on inflammatory response in patients with cancer and precancerous lesions: systematic review and meta-analysis of randomized trials.
Clinical Nutrition 2023, DOI: https://doi.org/10.1016/j.clnu.2023.05.009

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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Dr. Sibylle Kohlstädt
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
www.dkfz.de


Originalpublikation:

Tafirenyika Gwenzi, Anna Zhu, Petra Schrotz-King, Ben Schöttker, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner: Effects of vitamin D supplementation on inflammatory response in patients with cancer and precancerous lesions: systematic review and meta-analysis of randomized trials.
Clinical Nutrition 2023, DOI: https://doi.org/10.1016/j.clnu.2023.05.009



Prof. Dr. med. Jan G. Hengstler: Leber und Galle und Darm und Blut und Pfortader (CAVE: Lebererkrankungen mit Gallenstau)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Funktionelle Bildgebung zeigt, wie Darm- und Lebererkrankungen sich wechselseitig beeinflussen

  • Mehreren Lebererkrankungen liegt zugrunde, dass die in der Leber produzierte Galle nicht wie vorgesehen in den Darm abgegeben wird. 
  • Somit kommt es zu einem Rückstau der Galle, was zur Schädigung des Lebergewebes führen kann. 

Über das Zusammenspiel von Leber und Darm haben die Arbeitsgruppen von Prof. Trautwein (Uniklinik RWTH Aachen) und Prof. Hengstler (Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund) eine überraschende Entdeckung gemacht. 

  • Eine Lebererkrankung mit Gallenstau verläuft dann milder, wenn zusätzlich zu der Lebererkrankung noch eine Erkrankung des Darms hinzukommt. 

Das Team entdeckte, dass ein entzündeter Darm die Leber dazu bringt, weniger Gallensäuren zu produzieren.

  • Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine cholestatische (Cholestase = „Stillstand der Galle“) Lebererkrankung, die durch eine chronische Entzündung und eine fortschreitende Vernarbung der Gallenwege gekennzeichnet ist. 
  • Bis zu 80 Prozent der PSC-Erkrankten leiden gleichzeitig an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, insbesondere Colitis ulcerosa. 

Es wird angenommen, dass sie die Entwicklung und das Fortschreiten der PSC fördert. 

Da es keine wirksamen medikamentösen Therapien gibt, die den natürlichen Verlauf der PSC verändern, kommt es in vielen Fällen zu einer Leberzirrhose – dann bleibt die Lebertransplantation als letzte Therapieoption.

Colitis ulcerosa lindert cholestatische Lebererkrankung durch Unterdrückung der Gallensäuresynthese

Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten Studie zeigen, dass eine lokale, zum Darm gehörende Entzündung, die durch das Molekül Dextransulfat (DSS) ausgelöst wird, große Veränderungen in den zur Leber gehörenden Signalwegen herbeiführt. 

So konnten die Teams aus Dortmund und Aachen eine Hochregulierung der Entzündungswege und überraschenderweise eine Unterdrückung der Gallensäuresynthese und des Gallensäuretransports feststellen. 

Damit identifiziert die Studie einen molekularen Regelkreis, durch den die Entzündung im Darm den Gallestau reduziert und damit das Fortschreiten der Erkrankung unterdrückt.

Der entdeckte molekulare Mechanismus könnte in Zukunft genutzt werden, um die Produktion von Gallensäuren zu bremsen, wenn die Leberzellen ohnehin schon mit diesen Substanzen überladen sind. 

Der Beitrag des IfADo-Teams bestand in einer speziellen funktionellen Bildgebung, mit welcher die Konzentrationen an Gallensäuren und weiteren Metaboliten im Gewebe dargestellt und analysiert werden können.

Erkrankungen der Leber beeinflussen auch andere Organe

  • Die Leber ist das größte Organ des Menschen und für mehr als 500 spezifische Funktionen im Organismus zuständig, zum Beispiel für die Entgiftung von giftigen Substanzen. 
  • Erkrankungen der Leber haben auch einen negativen Einfluss auf Zellen und andere Organe, besonders auf das Gehirn, die Niere und Immunfunktionen. 
  • Die Leber arbeitet außerdem eng mit dem Darm zusammen. 
  • Sie gibt über die Galle Botenstoffe in den Darm ab und empfängt umgekehrt auch Signale vom Darm über das Blut der Pfortader.
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Prof. Dr. med. Jan G. Hengstler
Leiter des Forschungsbereichs Toxikologie
Telefon: +49 231 1084-348
E-Mail: hengstler@ifado.de

Anne Gregory Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund

Ardeystraße 67
44139 Dortmund
Deutschland
Nordrhein-Westfalen

Telefon: 0231 - 1084 239
E-Mail-Adresse: gregory@ifado.de
Originalpublikation:

Gui, W., Hole, M.J., Molinaro, A. et al. Colitis ameliorates cholestatic liver disease via suppression of bile acid synthesis. Nat Commun 14, 3304 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-38840-8


Prof. Dr. Stefan Schreiber: Chronisch entzündliche Erkrankungen von Haut, Darm, Gelenken und Lunge - Entzündungsmedizin - http://www.bestramed.de/

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Präzisionsmedizin bei chronischer Entzündung wird jetzt klinisch verfügbar

Beim internationalen klinischen Symposium des Exzellenzclusters PMI vom 1. und 2. Juli wurden mit 46 internationalen Experten diagnostische und therapeutische Fortschritte diskutiert

Die gute Nachricht ist: 

Für chronisch entzündliche Erkrankungen von Haut, Darm, Gelenken und Lunge gibt es heute eine Vielzahl sehr wirksamer Therapien. 

Das Problem ist, für den einzelnen Patienten die beste individuelle Therapie aus der Fülle an Optionen auszuwählen. 

Ein Patentrezept hierfür konnten auch die 46 eingeladenen Referentinnen und Referenten beim 8. Internationalen klinischen Symposiums des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) nicht geben. Aber sie gewährten Einblick in ihre Entscheidungsprozesse und teilten den aktuellen Stand der Forschung mit den etwa 500 Teilnehmern, die am 1. und 2. Juli ins Audimax der Kieler Universität gekommen waren oder die Fachtagung live im Internet verfolgten. Sie erlebten einen Dialog zwischen vier medizinischen Fächern (Darm, Haut, Lunge und Rheuma), die alle vier zu einer bestmöglichen Therapie ihrer Patientinnen und Patienten beitragen.

Gezielte Immuntherapien – hohe Wirksamkeit, weniger Nebenwirkungen

Die Fortschritte in der Entzündungsmedizin sind gewaltig. 

Früher waren Ärztinnen und Ärzte froh, wenn sie bei ihren Patientinnen und Patienten mit Rheuma, Schuppenflechte, Morbus Crohn oder Asthma zum Beispiel Gelenkbeschwerden, Hautauschlag, Durchfall oder Atemnot lindern konnten. 

Heute kann und will man mehr. 

Ziel ist eine komplette Krankheitskontrolle, damit Komplikationen und Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herzinfarkt oder Krebs gar nicht erst entstehen. 

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zum Beispiel ist die vollständige Kontrolle des Krankheitsprozesses und nicht nur die Besserung das neue Ziel. 

„Wir machen im Moment durch eine bessere Anwendung von Biologika aber auch durch die Vielzahl neuer “gezielter” Therapien, die gerade zugelassen werden, so viele Fortschritte wie bei keiner anderen Erkrankungsgruppe“, betont Professor Stefan Schreiber, der Sprecher des Exzellenzclusters PMI und Direktor des Instituts für klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Direktor der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. 

Mit zielgerichteten Therapien sei es möglich, das Immunsystem nur in dem Bereich auszubremsen, wo eine Fehlfunktion vorliege. „Wir müssen Immunreaktionen nicht mehr komplett unterbinden, um die Entzündungen zu reduzieren. 

Dadurch haben wir deutlich mehr Wirkung bei weniger Nebenwirkung“, ergänzt Professorin Bimba F. Hoyer, Rheumatologin an der Medizinischen Fakultät der CAU und Leiterin des Exzellenzzentrums für Entzündungsmedizin am UKSH, Campus Kiel.

Neue Medikamente – mehr Anspruch an die Wirkung

Seit dem Frühjahr des Jahres stehen erneut neue Tablettentherapien zur Verfügung, die das Immunsystem sehr gezielt beeinflussen. Bereits im Herbst kommen noch weitere Substanzen dazu. Für die langfristige Gesundheit von Patienten ist deren früher Einsatz im Krankheitsverlauf entscheidend, darüber waren sich die Expertinnen und Experten einig. Klar ist aber auch, die Therapie ist kompliziert und für den einzelnen Facharzt oder die einzelne Fachärztin ist das hierfür erforderliche Wissen kaum zu überblicken. Die moderne Entzündungsmedizin muss daher ein Gemeinschaftswerk sein. In Therapiekonferenzen mit vielen Professionen sollten solche Therapien ausgewählt und begleitet werden. Die Bildung eines Entzündungszentrums (mit allen Disziplinen unter einem Dach) und die gemeinsame Therapiekonferenz, die bereits vor Jahren am UKSH gegründet worden, sind Grundpfeiler einer modernen Entzündungsmedizin. Gerade die neuen Medikamente, die derzeit zugelassen werden, erfordern eine besondere Expertise für einen optimalen Einsatz.

Die Zukunft: Biomarker zur Therapiesteuerung

Entscheidend für den Erfolg dieser gezielteren Immuntherapien ist, dass bekannt ist, was genau im einzelnen Patienten die Entzündung antreibt und welcher Immunmechanismus gestört ist. 

In diesem Bereich gibt es noch viel Forschungsbedarf. Das wurde auch während des Symposiums klar. Schreiber: „Zukünftige wissenschaftliche Studien müssen viel mehr als jetzt das Individuum in den Mittelpunkt stellen. Ziel muss sein, für jeden Patienten seine oder ihre beste Therapie zu finden.“ Bisher erfolgt die Wahl der Therapie vor allem anhand der vorherrschenden klinischen Symptome, Begleiterkrankungen, dem Nebenwirkungsprofil der verschiedenen Medikamente oder Gegenanzeigen, der Anwendungsform (Tablette, subkutane Injektion oder Infusion) und auch der Therapiekosten.  

Es fehlen objektive und eindeutige Kriterien, die im Einzelfall für oder gegen eine bestimmte Therapieform sprechen.

 „Wir sind in einer schwierigen Situation und brauchen dringend Biomarker zur Therapiesteuerung“, betonte Professor Denis Poddubnyy, Leiter der Rheumatologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der zusammen mit Kollegen aus der Dermatologie und der Gastroenterologie darüber gesprochen hat, was in Sachen Biomarker zu erwarten ist. 

Auch in aktuellen Forschungen des Exzelllenzclusters wird nach solchen Markern gesucht, etwa in Gewebeproben der Darmschleimhaut, in Blutproben oder in der bakteriellen Besiedlung - dem Mikrobiom - von Haut, Darm oder Lunge, um Subtypen der Krankheiten zu definieren.

Erfolg durch fachübergreifende Zusammenarbeit

Ein anderer wichtiger Aspekt in der Entzündungsmedizin setzt sich zunehmend durch: der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen. 

Die Entzündung stoppt nicht an Organgrenzen. 

  • Ein gutes Beispiel ist die Schuppenflechte (Psoriasis), die häufig auch zur Entzündung von Sehnen und Gelenken (Psoriasis-Arthritis) führt. 
  • Egal wo sich die Entzündung anfangs bemerkbar macht, sie bleibt selten auf diesen Bereich beschränkt. 

Und am Ende gibt es häufig gemeinsame Stoffwechselstörungen, die dann das Leben begrenzen. 

Daher war auch das Cluster-Symposium als interdisziplinäre Tagung angelegt. Das Konzept kam sehr gut an. „Wir sollten mehr solcher interdisziplinären Panels haben und voneinander lernen“, sagte etwa Professor Costantino Pitzalis von der London School of Medicine. „Es war wunderbar.“

Der Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen/Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) wird von 2019 bis 2025 durch die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert (ExStra). 

Er folgt auf den Cluster Entzündungsforschung „Inflammation at Interfaces“, der bereits in zwei Förderperioden der Exzellenzinitiative (2007-2018) erfolgreich war. An dem neuen Verbund sind rund 300 Mitglieder in acht Trägereinrichtungen an vier Standorten beteiligt: Kiel (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Muthesius Kunsthochschule, Institut für Weltwirtschaft und Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik), Lübeck (Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein), Plön (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie) und Borstel (Forschungszentrum Borstel - Leibniz Lungenzentrum).

Ziel ist es, die vielfältigen Forschungsansätze zu chronisch entzündlichen Erkrankungen von Barriereorganen in ihrer Interdisziplinarität verstärkt in die Krankenversorgung zu übertragen und die Erfüllung bisher unbefriedigter Bedürfnisse von Erkrankten voranzutreiben. 

Drei Punkte sind im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Behandlung wichtig und stehen daher im Zentrum der Forschung von PMI: 

die Früherkennung von chronisch entzündlichen Krankheiten, die Vorhersage von Krankheitsverlauf und Komplikationen und die Vorhersage des individuellen Therapieansprechens.

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Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen
Wissenschaftliche Geschäftsstelle, Leitung: Dr. habil. Susanne Holstein
Postanschrift: Christian-Albrechts-Platz 4, D-24118 Kiel
Telefon: (0431) 880-4850, Telefax: (0431) 880-4894
Twitter: PMI @medinflame

Kerstin Nees
Telefon: (0431) 880 4682
E-Mail: kerstin.nees@hamburg.de
https://precisionmedicine.de
 

Prof. Dr. Stefan Schreiber
Klinik für Innere Medizin I, UKSH
Institut für Klinische Molekularbiologie, CAU Kiel, UKSH
Tel. 0431/500-15101
s.schreiber@mucosa.de

c/o Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Christian-Albrechts-Platz 4
24118 Kiel
Deutschland
Schleswig-Holstein

E-Mail-Adresse: info@inflammation-at-interfaces.de

Frederike Buhse
Telefon: 0431-8804682
E-Mail-Adresse: fbuhse@uv.uni-kiel.de

c/o Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Christian-Albrechts-Platz 4
24118 Kiel
Deutschland
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Prof. Denis Burdakov: Die Aminosäuren - den Appetit zügeln (nicht-essenziellen Aminosäuren)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Allgegenwärtige Nährstoffe hemmen Appetit und fördern Bewegung

Forschende der ETH Zürich zeigen in Versuchen bei Mäusen, dass nicht-​essenzielle Aminosäuren appetithemmend wirken und den Bewegungsdrang fördern. 

Ihre Forschung gibt Einblick in den neuronalen Mechanismus, der diese Verhaltensweise steuert.

Proteine können den Appetit hemmen. 

  • Eine proteinreiche Ernährung kann daher Personen helfen, ihr Gewicht zu reduzieren. 

Nicht zuletzt deshalb ist eine solche Ernährung in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. 

Forschende der ETH Zürich haben nun in Mäusen einen neuen Mechanismus aufgezeigt, über welchen die Bausteine der Proteine – die Aminosäuren – den Appetit zügeln. 

  • Dabei geht es um die sogenannten nicht-​essenziellen Aminosäuren.

Unser Körper kann von den 21 Aminosäuren, die er benötigt, deren 9 nicht selbst herstellen. 

  • Sie werden essenzielle Aminosäuren genannt, und wir müssen sie zwingend über die Nahrung aufnehmen. 

Daher fokussierte sich die Ernährungsforschung bisher auf diese. 

Die anderen 12 Aminosäuren gelten als nicht-​essenziell.
Der Körper kann sie durch die Veränderung anderer Moleküle selbst herstellen.

Bei Mäusen gezeigt

Dass sowohl essenzielle als auch nicht-​essenzielle Aminosäuren den Appetit hemmen können, ist seit Längerem bekannt. 

Für die nicht-​essenziellen ist der Wirkmechanismus bisher jedoch noch nicht in lebenden Organismen nachgewiesen worden. Forschende unter der Leitung von Denis Burdakov, Professor für Neurowissenschaften an der ETH Zürich, haben nun zum ersten Mal in einem Lebewesen gezeigt, dass die nicht-​essenziellen Aminosäuren das Gehirn auf eine Weise beeinflussen, die appetitzügelnd und bewegungsfördernd wirkt.

Die Wissenschaftler fütterten Mäusen zunächst entweder eine Mischung aus verschiedenen nicht-​essenziellen Aminosäuren oder eine Zuckerlösung mit gleich vielen Kalorien (Kontrollgruppe). Anschliessend konnten beide Mäusegruppen einen Milchshake trinken, den sie normalerweise lieben. Während die Kontrollgruppe ausgiebig davon trank, mieden die Mäuse, die zuvor mit nicht-​essenziellen Aminosäuren gefüttert wurden, den Milchshake. Sie machten sich stattdessen in ihrem Gehege auf die Suche nach einer alternativen Nahrung.

Ursprung in der Evolutionsgeschichte

Mit weiteren Versuchen konnten die Forschenden den Mechanismus entschlüsseln, bei dem spezialisierte Nervenzellen im Gehirn – Orexin-​Neuronen – die Hauptrolle spielen. 

Proteine, welche die Mäuse über die Nahrung aufnehmen, werden im Darm in ihre Aminosäuren verdaut, welche dort ins Blut gelangen. 

Über das Blut werden sie auch ins Gehirn transportiert. 

Die Orexin-​Neuronen im Hypothalamus besitzen Rezeptoren, welche spezifisch die nicht-​essenziellen Aminosäuren erkennen. 

Als Reaktion setzen sie einen neuronalen Schaltkreis in Gang, der die beschriebenen Verhaltensänderungen bewirkt.

Der Ursprung dieses Mechanismus dürfte in der Evolutionsgeschichte liegen. 

«Heute stehen uns von allen Nährstoffen genügend zur Verfügung, und wir haben für die Nahrungsaufnahme ausreichend Zeit. 

Während der Urgeschichte, als sich dieser Mechanismus entwickelt hat, dürfte das anders gewesen sein», sagt Paulius Viskaitis, Postdoc in Burdakovs Gruppe und Erstautor der Studie. 

  • «Damals war es für ein Individuum vorteilhaft, sich nur kurz mit einer Nahrungsquelle zu beschäftigen, die vor allem aus nicht-​essenziellen Aminosäuren bestand.» 
  • Wird durch das Essen von nicht-​essenziellen Aminosäuren der Bewegungsdrang gefördert, macht sich das Tier auf die Suche nach anderen Nahrungsquellen, die möglicherweise mehr essenzielle Nährstoffe enthalten und für das Individuum wichtiger sind.

Die Forschungsergebnisse seien auf den Menschen und andere Tiere übertragbar, betont Viskaitis. 

Denn der Mechanismus betreffe eine evolutionsgeschichtlich sehr alte Hirnregion, die in allen Säugetieren und vielen weiteren Wirbeltieren gleichermassen vorkomme. 

Personen, die abnehmen möchten, könne man eine Diät mit besonders vielen nicht-​essenziellen Aminosäuren trotzdem nicht ohne Weiteres empfehlen, sagt der ETH-​Wissenschaftler. Ernährungsempfehlungen müssten individuell erfolgen und gesundheitliche Aspekte mitberücksichtigen.

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Denis Burdakov, Professor für Neurowissenschaften an der ETH Zürich
denis.burdakov@hest.ethz.ch
+41 44 655 74 52

Lina Ehlert Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

Rämistr. 101
8092 Zürich
Schweiz
Zürich

E-Mail-Adresse: lina.ehlert@hk.ethz.ch
Originalpublikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982222003372?via%3Dihub

 

Dr. Manuela Götzberger: Akute Pankreatitis (AP) - chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung: Genaue Differentialdiagnostik

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: S3-Leitlinie zur Pankreatitis: Ultraschall spielt bei einer entzündeten Bauchspeicheldrüse eine zentrale Rolle

Die akute Pankreatitis (AP) ist mit jährlich rund 50.000 Krankenhauseinweisungen eine der häufigsten Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes – Tendenz steigend. 

Etwa jeder fünfte Betroffene hat einen komplizierten – bis hin zum lebensbedrohlichen – Verlauf und muss mit lebenslangen Beeinträchtigungen rechnen. 

  • Bei einer akuten oder chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung ist daher eine frühzeitige und exakte Diagnose für die weitere Behandlung essenziell. 

Mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) ist kürzlich die erste umfassende S3-Leitlinie zur Pankreatitis in Deutschland erschienen. 

Dabei spielt der Ultraschall eine zentrale Rolle.

  • Zu den verschiedenen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse gehören die akute, chronische, kindliche und autoimmune Pankreatitis sowie die Pankreatitis auf dem Boden von zystischen oder soliden Tumoren der Bauchspeicheldrüse. 

„Eine genaue Differenzialdiagnostik ist sehr wichtig, um die in ihrer Symptomatik häufig ähnlich erscheinenden, aber unterschiedlichen Krankheitsbilder exakt voneinander abzugrenzen“, führt DEGUM-Experte Professor Dr. med. Albrecht Neeße aus Göttingen aus. 

„Mit der neuen S3-Leitlinie liegt uns erstmals eine umfassende Handlungsempfehlung vor, die alle Erscheinungsformen der Pankreatitis gemäß der aktuellen wissenschaftlichen Studienlage berücksichtigt und deren klinischer Bewertung durch ein großes Expertengremium vornimmt.“

Ursache für eine Pankreatitis sind meist Gallensteine, Alkohol- und Nikotinmissbrauch, ein metabolisches Syndrom, Tumore, genetische Veränderungen oder Medikamente. 

  • Eine entzündete Bauchspeicheldrüse macht sich durch sehr starke Schmerzen im Oberbauch bemerkbar. 

Chronische Entzündungen der Bauchspeicheldrüse führen häufig zu lebenslangen Verdauungsstörungen, Schmerzen oder Diabetes mellitus. 

„Etwa jeder dritte Patient mit einer chronischen Pankreatitis kann seinen Beruf nicht mehr ausüben“, mahnt Neeße, Co-Autor der Leitlinie. „Eine frühe Diagnose und Therapie hat also auch eine hohe sozio-ökonomische Bedeutung.“

Als besonders hilfreich in der Diagnostik und Therapie hat sich die Bildgebung etabliert, die in der neuen Leitlinie eine große Aufwertung erfährt: „Insbesondere dem transabdominellen Ultraschall und der Endosonografie (EUS=endoskopischer Ultraschall) kommen darin eine herausragende Stellung zu“, sagt Dr. med. Manuela Götzberger, Sprecherin des DEGUM-Arbeitskreises Endosonografie. 

Bei der Detektion von Gallengangssteinen, die die häufigste Ursache für eine akute Pankreatitis sind, sollte der EUS die erste Wahl sein. 

„Im Vergleich zu anderen Bildgebungsverfahren kann dieser auch kleine Steine im Gallengang sichtbar machen, die meist der Auslöser der Entzündungsprozesse sind.
Diese Methode wird ebenso bei Komplikationen der Pankreatitis als erste Interventionsmethode gewählt wie zur Drainage von infizierten Nekrosearealen oder Pseudozysten“, erklärt die Gastroenterologin aus München.

Bei einem ersten Verdacht auf eine akute oder chronische Pankreatitis ist der Ultraschall durch die Bauchwand (transabdominelle Sonografie) Mittel der Wahl. Denn er ist leicht und schnell verfügbar, kostengünstig, nicht-invasiv, ohne Strahlenbelastung und kann risikofrei wiederholt werden. „Bei der diagnostischen Abklärung von Kindern ist er besonders wertvoll, da möglichst Strahlenbelastungen und Narkosen zu vermeiden sind“, betont Neeße.

Diese schonende Methode hat jedoch einen Nachteil: 

Durch die schlecht zugängliche Lage der Bauchspeicheldrüse und aufgrund von Luftüberlagerungen oder auch bei ausgedehnten Verkalkungen kann das Organ so oft nicht oder nicht ausreichend visualisiert werden.

 „Für mehr Zuverlässigkeit sind daher erfahrene Ultraschall-Expertinnen und -Experten, auch mit Erfahrung in der Anwendung von Ultraschallkontrastmittel ausschlaggebend“, so DEGUM-Präsident Professor Dr. med. Josef Menzel aus Ingolstadt.

  • Er empfiehlt daher analog zur S3-Leitlinie, die Versorgung von Pankreatitis-Patientinnen und -patienten in Spezialzentren mit besonderer Expertise – insbesondere bei schweren, komplexen Verläufen.


Die DEGUM setzt sich seit ihrer Gründung für die Zertifizierung von Ultraschallern, Kliniken und Zentren ein, um die Qualitätsstandards in der Ultraschallversorgung in Deutschland zu gewährleisten.

Quellen:
• S3-Leitlinie Pankreatitis: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-003.html
• Loosen, S.H. et al., Current epidemiological trends and in-hospital mortality of acute pancreatitis in Germany: a systematic analysis of standardized hospital discharge data between 2008 and 2017, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34820807/ DOI: 10.1055/a-1682-7621

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Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
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Professor Dr. Wolfgang Kummer: Die Bürstenzellen der Gallenblase

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Bürstenzellen wittern Erreger und wehren sich

Die Gallenblase schützt sich vor Infektionen, indem spezialisierte Zellen rechtzeitig Substanzen aufspüren, die von bakteriellen Erregern ausgeschüttet werden; die Zellen sondern dann Stoffe ab, die Abwehrreaktionen der Gallenblase hervorrufen. 

Dieses Szenario schließt eine mittelhessische Forschungsgruppe aus Experimenten, mit denen sie erstmals untersucht hat, welche Funktion die Bürstenzellen der Gallenblase bei der Verteidigung gegen Bakterien erfüllt. 

Das Team um Professor Dr. Burkhard Schütz von der Philipps-Universität Marburg und Professor Dr. Wolfgang Kummer von der Justus-Liebig-Universität Gießen berichtet im Fachblatt „Science Immunology“ über ihre Ergebnisse. 

Ein Team um Wolfgang Kummer, Maryam Keshavarz und Burkhard Schütz (von links) untersuchte, welche Funktion Bürstenzellen der Gallenblase bei der Abwehr bakterieller Infektionen erfüllen. Ein Team um Wolfgang Kummer, Maryam Keshavarz und Burkhard Schütz (von links) untersuchte, welche Funktion Bürstenzellen der Gallenblase bei der Abwehr bakterieller Infektionen erfüllen.

  • Die Gallenblase speichert die Gallenflüssigkeit zwischen den Mahlzeiten und entleert sich bei Bedarf in den Zwölffingerdarm; sie ist somit den Mikroben des Darms ausgesetzt.

 „Dieser Umstand erhöht den Bedarf an antibakteriellen Faktoren“, erklärt Wolfgang Kummer, einer der Leitautoren der aktuellen Studie. 

„Welche Funktion hierbei den Bürstenzellen der Gallenblase zukommt, war bislang unbekannt“, ergänzt Mitverfasser Burkhard Schütz.

Die beiden Forscher nutzten die Kooperationsmöglichkeiten des Forschungscampus Mittelhessen, um die Bürstenzellen der Maus zellbiologisch zu charakterisieren. 

Wodurch werden die Zellen angeregt? 

Wie reagieren sie darauf? 

Um dies herauszufinden, stimulierte das Team in einem ersten Schritt die Zellen mit blauem Licht im Mausmodell und studierte, welche Auswirkung dies hat. Im zweiten Schritt ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, was die Aktivität der Bürstenzellen hervorruft.

„Wir haben die kurzkettige Fettsäure Propionat als diejenige Substanz ausgemacht, die Bürstenzellen aktiviert“, berichtet Dr. Maryam Keshavarz aus Kummers Labor, die Erstautorin des Fachaufsatzes. 

Bei Propionat handelt es sich um eines der häufigsten, natürlich vorkommenden Stoffwechselprodukte von Darmbakterien.

  • „Unsere Daten zeigen, dass durch die Anregung der Zellen der Botenstoff Acetylcholin ausgeschüttet wird, was sich positiv auf die Schleimausscheidung der Gallenblase auswirkt“, führt Schütz aus. 
  • Erhöhte Schleimproduktion kennt man seit langem als Verteidigungsmechanismus einer infizierten Gallenblase.


Die Bürstenzellen sondern außerdem Leukotriene ab; diese Botenstoffe wirken kontrahierend auf die Muskulatur der Gallenblase. 

„Dies führt dazu, dass sie sich entleert und gegenüber dem Dünndarm verschließt“, erläutert Kummer.

In der Zusammenschau zeigen die Daten, dass Bürstenzellen als Sensoren für Stoffwechselprodukte dienen, die von Bakterien im Darm stammen. 

Die Zellen setzen bei Gefahr einen Abwehrmechanismus in Gang, um das ungewollte Aufsteigen von Mikroorganismen zu verhindern. 

„Inwieweit diese Forschungsergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, muss nun in weiteren Untersuchungen geklärt werden“, sagt Schütz.

Professor Dr. Wolfgang Kummer ist Leiter der Arbeitsgruppe „Kardiopulmonale Neurobiologie“ am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen. Professor Dr. Burkhard Schütz leitet einen Projektbereich am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Philipps-Universität Marburg. Neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Gießen und Marburg beteiligten sich Arbeitsgruppen aus Bad Nauheim, Frankfurt und München an der Studie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte das zugrundeliegende wissenschaftliche Projekt finanziell, das aus dem LOEWE-Schwerpunkt „Non-Neuronale Cholinerge Systeme“ hervorgegangen ist.

Die wissenschaftliche Arbeit zu Infektionen und Entzündungen gehört zu den Profilbereichen des Forschungscampus Mittelhessen (FCMH). 

Der FCMH ist eine hochschulübergreifende Einrichtung der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen, deren Aufgabe in der Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung und Forschungsinfrastruktur liegt.

Originalveröffentlichung: Maryam Keshavarz & al.: Cysteinyl leukotrienes and acetylcholine are biliary tuft cell cotransmitters, Science Immunology 2022 

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Johannes Scholten Philipps-Universität Marburg

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Dr. Sofia Forslund: Diabetesmedikament Metformin: „Wirt-Mikrobiom Faktoren in Herz-Kreislauferkrankungen“

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Herz und Darm sind unzertrennlich

Ein Herz-Kreislauf-Leiden beeinflusst das Leben im Darm. 

Umgekehrt gilt das Gleiche: 

Die Keime des Darms wirken sich auf den Verlauf der Krankheit aus. 

Welche Chancen und Risiken das bietet und welche Rollen Arzneien dabei spielen, berichtet ein Team um die MDC-Forscherin Sofia Forslund in „Nature“. 

 Medikamente können die Darmmikroben auf unterschiedliche Weise beeinflussen.

 Medikamente können die Darmmikroben auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Isabel Romero Calvo EMBL

Vor ein paar Jahren machte Dr. Sofia Forslund eine unerwartete Entdeckung. 

Gemeinsam mit dem damaligen Team um Professor Peer Bork vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg stellte die schwedische Bioinformatikerin fest, dass das Diabetesmedikament Metformin das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller im Darm lebenden Keime, verändert.  

  • Wie Forslund herausfand, war der Einfluss dieses sehr oft verordneten Arzneimittels auf die Darmflora sogar stärker als der Diabetes selbst. 

Der Effekt galt als so überraschend, dass die Wissenschaftlerin ihre Arbeit in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichen konnte.

Bessere Therapien sind das Ziel

„Unsere jetzt publizierte Studie baut auf dieser Entdeckung auf“, sagt Forslund, die seit dem Jahr 2018 am Berliner Max-Delbrück-Centrum für Dr. Sofia Forslund Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) die Arbeitsgruppe „Wirt-Mikrobiom Faktoren in Herz-Kreislauferkrankungen“ leitet. 

„Wir wollten herausfinden, wie sich kardiometabolische Erkrankungen und das Mikrobiom gegenseitig beeinflussen, welche Rolle die verordneten Medikamente und auch Antibiotika dabei spielen und wie sich die beobachteten Effekte künftig womöglich nutzen lassen, um die jetzigen Behandlungsmöglichkeiten zu verfeinern und zu verbessern.“ Denn viele erwünschte, aber auch unerwünschte Wirkungen von Medikamenten würden im Körper ganz offenbar indirekt erzielt, und zwar über die Veränderung des Mikrobioms, sagt die Wissenschaftlerin.

Forslund ist die Erstautorin der erneut in „Nature“ publizierten Arbeit. Daneben waren auch diesmal das Heidelberger Team des Mikrobiom-Forschers und Letztautors der Studie Peer Bork sowie weitere Gruppen aus mehreren europäischen Ländern, insbesondere aus Deutschland, Frankreich und Dänemark, beteiligt. Finanziert wurde das im Jahr 2012 gestartete Forschungsprojekt mit dem Namen MetaCardis (Metagenomics in Cardiometabolic Diseases), an dem unter anderem klinische Mediziner*innen, Bioinformatiker*innen und Systembiolog*innen mitgewirkt haben, von der Europäischen Union. Zu den kardiometabolischen Erkrankungen zählen zum Beispiel Herz-Kreislauf-Leiden wie die weit verbreitete koronare Herzerkrankung und Typ-2-Diabetes.

Unerwartete Effekte auf das Leben im Darm


Sofia Forslund und das MetaCardis-Team analysierten die Daten von 2.173 europäischen Patient*innen mit einer kardiometabolischen Erkrankung mithilfe verschiedener, zum Teil neu entwickelter statistischer Methoden. Damit konnten die Forscher*innen die Auswirkungen von Arzneimitteln und Krankheiten getrennt voneinander betrachten. „So haben wir herausgefunden, dass Medikamente die Signaturen von Krankheiten maskieren und potenzielle Biomarker oder therapeutische Ziele verbergen können“, sagt Peer Bork. „Eines der wichtigsten Ergebnisse unserer Arbeit ist die Erkenntnis, dass Medikamente – sowohl Antibiotika als auch Nicht-Antibiotika – die molekularen Merkmale des Mikrobioms und des Wirts in einem ähnlichen Ausmaß verändern, wie es die Krankheit und der Lebensstil, etwa die Ernährung und der Faktor Rauchen, zusammen tun“, erklärt Sofia Forslund. Das Ausmaß der beobachteten Veränderungen sei zudem abhängig von der Höhe der Medikamentendosis gewesen.

„Wir wissen, dass das Mikrobiom den Gesundheitszustand eines Patienten widerspiegeln und eine Reihe von Biomarkern zur Beurteilung des Schweregrads von Krankheiten liefern kann. 

Es wird jedoch oft übersehen, dass die zur Behandlung einer Krankheit eingesetzten Medikamente auch den Zustand des Mikrobioms beeinflussen“, fügt Rima Chakaroun hinzu, eine der Hauptautor*innen der Studie und Wissenschaftlerin am Universitätsklinikum Leipzig. Dr. Chakaroun ist derzeit Postdoktorandin am Wallenberg-Labor der Universität Göteborg. „Darüber hinaus haben wir herausgefunden, dass gleichzeitig eingenommene Medikamente sich in ihrer Wirkung auf das Mikrobiom gegenseitig verstärken können“, sagt Forslund. 

Manche Arzneien haben dabei einen durchaus positiven Effekt. So konnten die Wissenschaftler*innen beispielsweise zeigen, dass die gleichzeitige Gabe von Betablockern und Diuretika, die beide gegen Bluthochdruck eingesetzt werden, im Darm mit einer steigenden Zahl von Bakterien der Gattung Roseburia assoziiert ist. 

  • Diese Keime wirken im Körper antientzündlich, indem sie Ballaststoffe abbauen und daraus kurzkettige Fettsäuren herstellen, die vor entzündlichen Prozessen schützen. 
  • „Solch unerwartete Effekte von Medikamenten könnten sich künftig medizinisch nutzen lassen“, sagt Forslund.


Antibiotika zerstören die Mikroben-Vielfalt

  • Einmal mehr haben die Forscher*innen zudem zeigen können, dass insbesondere wiederholte Gaben von Antibiotika die Vielfalt der Mikroben im Darm nachhaltig zerstören. 

„Und ganz offenbar wirkt sich der Untergang der Darmkeime auch negativ auf die Entstehung und den Verlauf kardiometabolischer Erkrankungen aus“, sagt Forslund. 

  • Antibiotika sollten daher nach Möglichkeit immer nur dann verordnet werden, wenn es aus medizinischer Sicht unumgänglich sei. 

Auch sei es wichtig, Möglichkeiten zu erforschen, um die zerstörerischen Wirkungen der Antibiotika abzumildern. Diese beschränken sich nicht auf Herz-Kreislauferkrankungen. „Abgesehen von kardiometabolischen Erkrankungen verschlimmert der Verlust der Darmkeime viele andere chronische Krankheiten und schwächt die Wirksamkeit ihrer Behandlung ab“, sagt Co-Autor Professor Stanislav Dusko Ehrlich von MetaGenoPolis, einer Forschungseinheit für Mikrobiomanalyse am INRAE, dem französischen Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt. Stanislav Dusko gehört zu den Forschenden, die 2013 in „Nature“ aufgedeckt haben, dass die Menschen in den Industrieländern ihre mikrobielle Vielfalt im Darm einbüßen.

„Außerdem muss man bei der Konzeption von Biomarker-Studien vorsichtig sein“, sagt Forslund. „Wenn ein bestimmtes biologisches Merkmal, das sich für die Diagnose oder Prognose einer Erkrankung eignen soll, nicht wegen der Krankheit, sondern nur aufgrund der Behandlung existiert, ist es womöglich kein guter Biomarker.“ Hier müsse man gut zwischen den einzelnen Effekten unterscheiden. Dazu seien weitere computergestützte Analysen erforderlich. „Die entsprechende Software entwickeln wir am MDC permanent weiter“, sagt Forslund.

Folgestudien sollen die Ergebnisse validieren

„Wichtig sind nun Folgeuntersuchungen, die unsere Erkenntnisse über den Einfluss von Medikamenten auf das Mikrobiom überprüfen“, sagt Forslund. Um wirklich kausale und nicht nur zufällige Zusammenhänge zu erkennen, seien unter anderem Studien hilfreich, bei denen einzelne Probandengruppen über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet würden. Ein Beispiel dafür ist die BeLOVE-Studie (Berlin Longterm Observation of Vascular Events, auf Deutsch: Berliner Langzeitbeobachtung vaskulärer Ereignisse), die derzeit Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Berlin Institutes of Health (BIH) und des MDC, darunter auch Sofia Forslund, gemeinsam durchführen. Dafür sollen insgesamt 10.000 Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen rekrutiert werden.

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den MDC-Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 60 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organübergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das MDC fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC ) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am MDC arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete MDC zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin. 

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Dr. Sofia Forslund
Leiterin der AG Wirt-Mikrobiom-Faktoren in Herz-Kreislauferkrankungen
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
sofia.forslund@mdc-berlin.de

Jana Ehrhardt-Joswig  

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft

Robert-Rössle-Str. 10
13125 Berlin
Deutschland
Berlin

E-Mail-Adresse: jana.ehrhardt-joswig@mdc-berlin.de
Originalpublikation:

Sofia K. Forslund (2021): Combinatorial, additive and dose-dependent drug microbiome associations, in: Nature, DOI: 10.1038/s41586-021-04177-9


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

http://mdc-berlin.de - Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)

https://www.mdc-berlin.de/de/forslund - AG Forslund, Wirt-Mikrobiom Faktoren in Herz-Kreislauferkrankungen