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Julia Sacher: PMS, das prämenstruelle Syndrom + schwerere Form, prämenstruelle Dysphorie - PMDS

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Depression vor den Tagen: Serotonin-Transporter im Gehirn erhöht

WissenschaftlerInnen um Julia Sacher vom MPI CBS und Osama Sabri vom Universitätsklinikum Leipzig haben in einer aufwendigen Patientinnen-Studie herausgefunden, dass sich der Transport des Botenstoffs Serotonin im Gehirn bei Frauen mit prämenstrueller dysphorischer Störung (PMDS) kurz vor der Menstruation erhöht. 

  • Ihre Ergebnisse bilden die Grundlage für eine gezieltere Therapie dieser schweren Form einer depressiven Verstimmung, bei der die Patientinnen nur für wenige Tage Antidepressiva nehmen müssen. 

 Die WissenschaftlerInnen haben zu verschiedenen Zykluszeitpunkten Aufnahmen vom Gehirn der Frauen mit Positronen-Emissions-Tomografie (PET) gemacht.

Die WissenschaftlerInnen haben zu verschiedenen Zykluszeitpunkten Aufnahmen vom Gehirn der Frauen mit Positronen-Emissions-Tomografie (PET) gemacht. MPI CBS

  • PMS, das prämenstruelle Syndrom, ist mittlerweile vielen ein Begriff – einige Tage vor ihrer Menstruation leiden rund 50 Prozent aller Frauen daran. 
  • Die schwerere Form, prämenstruelle Dysphorie genannt, trifft hingegen acht Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter und geht mit körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen oder Brustschmerzen als auch psychisch-emotionalen Symptomen einher, unter anderem Depressionen, 
  • Kontrollverlust, Reizbarkeit, Aggressivität und Konzentrationsstörungen. 

Viele Frauen mit PMDS können dadurch ihrem Alltag und Beruf nicht mehr nachgehen.

  • Es wird angenommen, dass PMDS bei betroffenen Frauen vor allem durch eine Überempfindlichkeit auf die normalen Veränderungen der Sexualhormone Östrogen und Progesteron verursacht wird, da deren Konzentrationen in der zweiten Hälfte des Zyklus und nach dem Eisprung stark schwanken.

 „Wir wissen, dass Östrogen und Progesteron Einfluss auf den Serotoninspiegel haben, welcher sich wiederum direkt auf die Stimmung auswirkt. Bei den Patientinnen mit PMDS scheint die Antwort des Gehirns auf diese Veränderungen im Zyklus falsch reguliert zu werden.“, erklärt Studienleiterin Julia Sacher. Gemeinsam mit den KollegInnen aus der Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Leipzig hat sie sich daher genauer angesehen, welche Rolle der Botenstoff Serotonin bei PMDS-Patientinnen im Gehirn spielt.

„Wir haben 30 Patientinnen und 29 gesunde Studienteilnehmerinnen über mehrere monatliche Zyklen hinweg untersucht und zu verschiedenen Zykluszeitpunkten Aufnahmen vom Gehirn mit Positronen-Emissions-Tomografie (PET) gemacht. 

  • Dabei haben wir herausgefunden, dass vor der Menstruationsblutung die Serotonin-Transporter-Dichte im Gehirn erhöht ist und damit einen Verlust von diesem Botenstoff im synaptischen Spalt begünstigt, der die affektiven Symptome bei den betroffenen Frauen auslösen kann. 

Dieser Befund ist überraschend, weil man bisher dachte, der Serotonin-Transporter sei ein individuelles Merkmal, das sich in einer derartig kurzen Zeitspanne von zwei Wochen nicht verändert - normalerweise geht man von nur geringfügigen Veränderungen alle 10 Jahre aus.“      

Der kurze Veränderungszeitraum kann nun in der Therapie der Symptome von PMDS besser genutzt werden, indem die Patientinnen gezielt über nur wenige Tage Antidepressiva nehmen müssen, die einen Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer als Wirkstoff enthalten. 

Bislang gingen die meisten Therapie-Empfehlungen von einer längeren Einnahme aus.

Die WissenschaftlerInnen haben zu verschiedenen Zykluszeitpunkten Aufnahmen vom Gehirn der Frauen mit Positronen-Emissions-Tomografie (PET) gemacht.

  • Auch mit dem Essverhalten lässt sich prinzipiell der Serotoninspiegel beeinflussen, sagt Julia Sacher. 
  • „Vorläufer-Substanzen von Serotonin, wie z.B. Tryptophan finden sich beispielsweise in Käse, Geflügel, Soja-Bohnen, Tofu, Nüssen und dunkler Schokolade. 
  • Gerade im Winter, wo die verminderten Sonnenstunden und das trübe Wetter noch zusätzlich zur Verschlechterung der Stimmung beitragen können, macht es Sinn, beim Essen etwas darauf zu achten. 

Auch mit einer Tageslichtlampe kann positiv auf den Serotonin-Haushalt eingewirkt werden. 

Allerdings erreicht man durch diese Maßnahmen nicht die Konzentrationen, die durch eine medikamentöse Therapie erreicht werden. 

Hier müsste in zukünftigen Studien noch genauer erforscht werden, wie man über Ernährung und Licht-Therapie gezielt PMDS beeinflussen kann.“ 

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Julia Sacher, Rachel G. Zsido, Claudia Barth, Franziska Zientek, Michael Rullmann, Julia Luthardt, Marianne Patt, Georg A. Becker, Pablo Rusjan, A. Veronica Witte, Ralf Regenthal, Abhay Koushik, Juergen Kratzsch, Beate Decker, Petra Jogschies, Arno Villringer, Swen Hesse, Osama Sabri
 
„Increase in serotonin transporter binding in patients with premenstrual dysphoric disorder across the menstrual cycle: a case-control longitudinal neuroreceptor ligand PET imaging study“
In: Biological Psychiatry
https://www.biologicalpsychiatryjournal.com/article/S0006-3223(23)00005-7/fullte...


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https://www.cbs.mpg.de/2089401/20230127


Prof. Jochen Schmitt: Chronische Erkrankungen nach Post-Covid - Autoantikörper + Autoimmunerkrankungen

Medizin am Abend  Berlin - MaAB-Fazit: Post-COVID: Versichertendaten zeigen Assoziation mit Autoimmunerkrankungen

  • Nach einer überstandenen COVID-19-Infektion leiden Betroffene deutlich häufiger an einer Autoimmunerkrankung als Menschen ohne COVID-19-Diagnose. 

Das ergeben Analysen von umfangreichen Krankenversicherungsdaten. 

Bei Menschen mit einer SARS-COV-2-Infektion, nachgewiesen durch einen PCR-Test, kamen 15,05 Diagnosen auf 1.000 Versichertenjahre. 

Dagegen waren dies bei Menschen ohne SARS-COV-2-Infektion nur 10,55 Diagnosen. 

  • Insbesondere Entzündungen der Blutgefäße (Vaskulitiden) wie Morbus Wegner, Morbus Behcet oder Arteriitis temporalis wiesen die größten Assoziationen mit COVID-19 auf. 
An der Studie sind mehrere gesetzliche Krankenkassen beteiligt. 

Die Koordination übernehmen das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der Dresdner Hochschulmedizin und das Robert Koch-Institut.

„Dies ist eine der ersten großen kontrollierten Kohortenstudien zu COVID-19 und Autoimmunerkrankungen. 

Die umfangreiche Datengrundlage unserer Partner erlaubt uns, Aussagen zu bleibenden Folgen der COVID-19-Pandemie zu treffen. 

In allen Alters- und Geschlechtsgruppen traten Autoimmunkrankheiten in der Zeit nach der Infektion signifikant häufiger auf“, sagt Prof. Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden. 

 Prof. Dr. Jochen Schmitt (links) und Falko Tesch sind die  Autoren der Studie „Incident autoimmune diseases in association with a SARS-CoV-2 infection: A matched cohort study“

 Prof. Dr. Jochen Schmitt (links) und Falko Tesch sind die Autoren der Studie „Incident autoimmune diseases in association with a SARS-CoV-2 infection: A matched cohort study“ Marc Eisele Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Um die Zusammenhänge zwischen COVID-19 und den Erkrankungen zu verstehen, sei weitere Forschung notwendig. „Künftige Analysen sollten einen Fokus auf chronische Erkrankungen legen, die in der Pandemie entstanden sind. Zudem ist es wichtig, die Krankheitslast, die uns womöglich lange erhalten bleibt, zu quantifizieren.“

  • Unter Post-COVID werden längerfristige, mindestens drei Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion fortbestehende oder neu hinzukommende Krankheitssymptome und gesundheitliche Einschränkungen zusammengefasst. 

Bislang ist es eine offene Forschungsfrage, welche Symptome Post-COVID umfassen kann und wie viele Menschen davon betroffen sind. Um sich diesen Fragen zu nähern, sind kontrollierte Studien notwendig. Darin müssen Personen nach gesicherter SARS-CoV-2-Infektion ausreichend lange und im Vergleich zu einer gut definierten Kontrollgruppe auf ihren Gesundheitszustand hin nachbeobachtet werden.

Datenbasis der vorliegenden Studie sind Abrechnungsdaten der Jahre 2019 bis Juni 2021 von 38,9 Millionen gesetzlich Versicherten. Diese stammen von der AOK PLUS, der BARMER, der DAK-Gesundheit, der IKK classic, der Techniker Krankenkasse sowie aus der Forschungsdatenbank der InGef, über die ein wesentlicher Teil der Daten von Betriebskrankenkassen einbezogen wurde. In die Analyse gingen Daten von 640.000 Personen mit labormedizinisch nachgewiesener COVID-19-Erkrankung im Jahr 2020 ein, darunter 76.000 mit vorbestehender Autoimmunerkrankung. Für jede infizierte Person schlossen die Forschenden drei nichtinfizierte Versicherte in die Studie ein, die hinsichtlich Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen, der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Nachbeobachtungszeit vergleichbar waren. Infizierte und Nicht-Infizierte wurden hinsichtlich 41 vorab festgelegter Erkrankungen verglichen, die drei bis 15 Monate nach Infektions- bzw. Einschlussdatum neu dokumentiert wurden. Davon wiesen 30 eine hinreichend große Inzidenz auf, um Schätzwerte auszuweisen.

Es wird bereits länger spekuliert, dass die durch Virusinfektionen, wie SARS-CoV2, verursachten Autoantikörper bei einem Teil der Infizierten eine Autoimmunerkrankung auslösen können. 

Diese Ergebnisse beziehen sich hier auf die Nachverfolgung jener Betroffenen mit einer Infektion des Wildtyps des Virus. 

Erkenntnisse über andere Varianten des Virus bestehen aktuell nicht. 

„Das Ergebnis der Studie zeigt eindrücklich, welche wichtigen Erkenntnisse wir aus Patientendaten gewinnen können. Die Hochschulmedizin Dresden ist sehr froh, starke Partner an ihrer Seite zu wissen, die uns bei dieser Arbeit unterstützen. Ergebnisse aus solchen Studien helfen nicht nur der Medizin, sondern kommen vor allem den Patientinnen und Patienten in der Diagnostik und Therapie zugute“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden.

Die Studie ist Teil des vom Robert Koch Institut geleiteten und vom Bundesgesundheitsministeriums geförderten Projektes „Postakute gesundheitliche Folgen von COVID-19“ https://rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Long-COVID/Projekt-Post....

Sie schließt an eine vor kurzem bei PLOS Medicine veröffentlichen Studie an, welche sich mit einer Vielzahl von mit COVID-19 assoziierten Symptomen beschäftigte.

https://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1004122#s....

Bisher ist nur eine andere Kohortenstudie aus England als Preprint veröffentlich worden. Diese weist für eine kürzere Beobachtungszeit der Personen und 11 ausgewählte Erkrankungen ein Überschussrisiko für eine neue Autoimmunerkrankung von 0,72 auf 1000 Personenjahre, statt 4,50 wie in dieser Studie, auf.

https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.10.06.22280775v1.full

Die Ergebnisse wurden als Preprint veröffentlicht („Incident autoimmune diseases in association with a SARS-CoV-2 infection: A matched cohort study “,
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2023.01.25.23285014v1

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Die Ergebnisse wurden als Preprint veröffentlicht („Incident autoimmune diseases in association with a SARS-CoV-2 infection: A matched cohort study “,
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2023.01.25.23285014v

https://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1004122#s... 

 
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.10.06.22280775v1.ful


Die Mitralklappe - Prothese: Mitralklappeninsuffizienz

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Herzgesundheit: MHH bietet innovatives Verfahren zum Mitralklappenersatz

Interdisziplinäres Team aus Herzchirurgen und Kardiologen macht gute Erfahrungen mit einer Prothese, die über die Herzspitze implantiert wird 

Mit Hilfe eines stabförmigen Introducers bringen die Experten die Mitralklappen-Prothese ins Herz

Mit Hilfe eines stabförmigen Introducers bringen die Experten die Mitralklappen-Prothese ins Herz Anna Junge / MHH 

Die Mitralklappe ist eine unserer vier Herzklappen. Schließt sie nicht richtig, sprechen Fachleute von Mitralklappeninsuffizienz. Die Erkrankung ist die zweithäufigste Herzklappenerkrankung im Erwachsenenalter. Je nach Ursache und Schweregrad gibt es verschiedene Behandlungsmethoden – von Medikamenten bis hin zur Reparatur oder zum Ersatz der Klappe. Ein innovatives Verfahren ist die Implantation einer Mitralklappen-Prothese über die Herzspitze. Es eignet sich besonders für Patientinnen und Patienten im fortgeschrittenen Alter oder mit Vorerkrankungen. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) wendet die neue Behandlungsmethode als einzige Klinik in der Region Hannover an. Umgesetzt wird das Verfahren von einem interdisziplinären Team der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, der Klinik für Kardiologie und Angiologie und der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin.

Rückstauung des Blutes in die Lunge
Herzklappen funktionieren wie Ventile: Sie sorgen dafür, dass der Herzmuskel das Blut in die richtige Richtung pumpt. So gelangt sauerstoffarmes Blut in die Lunge und sauerstoffreiches Blut aus der Lunge in den Körper. Die aus zwei Klappensegeln bestehende Mitralklappe befindet sich zwischen dem linken Vorhof und der linken Hauptkammer des Herzens. Ist sie undicht, kann es zu Rückstauungen des Blutes in die Lunge und auf Dauer zu schweren Schädigungen des Herzens und anderer Organe kommen. Um die Klappenfunktion wieder herzustellen, ist die sogenannte Herzklappenrekonstruktion, also eine Reparatur, eine Behandlungsoption. „Bei Patientinnen und Patienten, für die eine große Operation ein zu hohes Risiko darstellt, weil sie beispielsweise sehr alt oder vorerkrankt sind, hat sich in den vergangenen Jahren die katheterbasierte Reparatur bewährt“, erklärt Professor Dr. Tibor Kempf von der Klinik für Kardiologie und Angiologie. Ein Beispiel dafür ist das MitraClip-System. „Bei dem System wird mithilfe eines Katheters über die Leistenvene ein Clip eingesetzt, der das vordere mit dem hinteren Mitralsegel verbindet und so die Undichtigkeit reduziert“, erläutert Professor Kempf.

Klappenersatz statt Reparatur
Doch es gibt immer wieder Patientinnen und Patienten, für die das MitraClip-System nicht optimal ist. „Darüber hinaus besteht auf lange Sicht das Risiko, dass die Insuffizienz zurückkehrt“, berichtet Privatdozent Dr. Fabio Ius von der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie. Hier setzt das innovative Verfahren an – die Implantation einer Mitralklappen-Prothese durch den transapikalen Zugang. „Transapikal“ bedeutet „über die Herzspitze“. Das interdisziplinäre MHH-Team arbeitet dabei mit der künstlichen Tendyne-Klappe der Firma Abbott, die im Vorhinein jeden Eingriff mithilfe patientenbezogener Bilddaten simuliert und plant. Den Zugang zum Herz schaffen die Experten über einen sechs bis acht Zentimeter langen Schnitt zwischen den Rippen unter dem linken Brustansatz. Über die Öffnung bringen sie mit einem sogenannten Introducer, ein spezielles Katheter-System, die Prothese durch die Herzspitze an ihren Zielort zwischen dem linken Vorhof und der linken Hauptkammer des Herzens. „Wir legen die Prothese in die alte Mitralklappe und öffnen sie dort. Wenn die optimale Position erreicht ist und die neue Klappe gut arbeitet, können wir den Introducer wieder entfernen“, erklärt Dr. Ius. Die Prothese wird mit einer Sehne gehalten, die durch die linke Herzkammer führt und außen in einem an der Herzspitze festsitzenden Pad mündet. Der gesamte Prozess wird mit Hilfe von Bildgebung kontrolliert und gesteuert: Dafür nimmt ein Kardiologe ein Schluckecho vor. „Dabei gewinnen wir über die Speiseröhre hochauflösende Ultraschallaufnahmen der Herzstrukturen. Gleichzeitig nutzen wir auch Röntgenaufnahmen, um eine exakte Einsicht in die Vorgänge zu haben“, erläutert Dr. Dominik Berliner von der Klinik für Kardiologie und Angiologie.

Viele beteiligte Fachrichtungen und Professionen
Der Eingriff muss vom Team sehr gut vorbereitet werden, dauert für den Patienten oder die Patientin im OP-Saal aber nur etwa zwei Stunden. Nach einem Tag auf der Intensivstation folgt normalerweise eine Woche auf der Normalstation. Dann schließt sich ein Aufenthalt in einer Reha-Klinik an. Dr. Fabio Ius sieht das neue Verfahren für bestimmte Patientinnen und Patienten als gute Alternative zum MitraClip-System. „Die Erfahrungen zeigen, dass bei bestimmten Patienten ein anhaltender und vollständiger Ersatz der Mitralklappe erzielt werden kann“, sagt er. Die Mitralklappen-Prothese kann ohne den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine implantiert werden und eignet sich daher besonders für ältere oder vorerkrankte Menschen.
Der Kardiologe Professor Kempf und der Herzchirurg Dr. Ius sind froh, die neue Behandlungsmethode in der MHH anbieten zu können. „Solche Innovationen sind nur umsetzbar, wenn verschiedene Fachrichtungen und Professionen gut zusammenarbeiten“, betont Dr. Ius. An einer Implantation einer Mitralklappen-Prothese über die Herzspitze sind jeweils Fachärzte oder -ärztinnen aus der Herzchirurgie, der Kardiologie und der Anästhesie, Herzkatheterlabor- und OP-Pflegekräfte sowie ein Kardiotechniker beteiligt.

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Privatdozent Dr. Fabio Ius, ius.fabio@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-6588 und bei Professor Dr. Tibor Kempf, tibor.kempf@mh-hannover.de, Tel. (0511) 532-4503.

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Prof. Philip Wenzel: Herzinfarkte mit weniger Folgeschäden - Zirkulierende Monozyten bei der Blutentnahme suchen - Differentialblutbild veranlassen

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Folgeschäden nach Herzinfarkt verringern

Ein DZHK-Forschungsteam der Universitätsmedizin Mainz hat einen neuen Signalweg des Gerinnungssystems gefunden, der die Narbenbildung nach einem Herzinfarkt steuert. 

Gelänge es, diesen Signalweg zu hemmen, könnten Herzinfarkte mit weniger Folgeschäden ausheilen. 

Prof. Philip Wenzel vom DZHK-Standort Rhein-Main im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz.

Prof. Philip Wenzel vom DZHK-Standort Rhein-Main im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz. Peter Pulkowski, Universitätsmedizin Mainz

  • Bei einem Herzinfarkt ist Eile geboten. 
  • Weil das Herzgewebe nicht ausreichend durchblutet wird, beginnt es abzusterben. 

Erfolgt bereits kurz nach dem Ereignis eine Revaskularisation, wird also das verschlossene Gefäß wieder geöffnet, kann ein Infarkt fast folgenlos ausheilen.  

Vergehen jedoch mehr als 24 Stunden, ist das Gewebe nicht mehr zu retten und der Körper beginnt mit der „Aufräumarbeit“. 

  • Fresszellen des Immunsystems räumen tote Zellen ab, was mit heftigen Entzündungen verbunden ist. 
  • Schließlich wandern Bindegewebszellen ein und bilden Narbengewebe.


Auch entfernte Bereiche des Infarkts betroffen

  • Die überschießende Entzündung und Narbenbildung kann dabei auch die Randbereiche des Infarkts betreffen und sogar auf weiter entfernte Regionen des Herzens übergreifen. 

„Diese Menschen entwickeln oft eine besonders schwere Form der ischämischen Herzschwäche.  

Die Herzkammer ist dann ballonartig aufgebläht und die Pumpfunktion global stark eingeschränkt“, sagt Prof. Philip Wenzel vom DZHK-Standort Rhein-Main im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz. 

Er und sein Team am dortigen Centrum für Thrombose und Hämostase sind der Frage nachgegangen, was dabei eigentlich passiert und ob sich dieser überschießende bindegewebige Umbau des Herzens verhindern lässt.

Fibrose kann durch Hemmung von Gerinnungssignalweg gestoppt werden

Die Wissenschaftler untersuchten Herzgewebe von Patientinnen und Patienten, die infolge eines Infarktes eine langanhaltende ischämische Herzschwäche entwickelt hatten und fanden vermehrt Proteine, die an Gerinnungs- und Fibroseprozessen beteiligt sind, wie sie auch bei einem akuten Infarkt vorkommen. Als Vergleich diente ihnen Gewebe von gesunden Spendern, beispielsweise aus Organen, die nicht transplantiert werden konnten.

  • Sie fanden heraus, dass an der Signalübertragung der Entzündungsprozesse auch bestimmte Entzündungszellen, die Monozyten beteiligt sind. 

Wenn die Forscher auf den Monozyten die Signalübertragung des Gerinnungsfaktors Tissue Factor und seines Rezeptors PAR2 blockierten, bildete sich weniger Wachstumsfaktor TGF-ß1 und in Folge weniger überschießende Fibrose. 

Dies führte im Mausmodell zu weniger Herzschwäche, besserer Herzleistung und weniger Sterblichkeit.

Bekanntes Medikament verbessert Pumpleistung

Auch ein lang bekanntes, gerinnungshemmendes Medikament namens NaPC2 kann den neu gefundenen Signalweg hemmen und wäre damit aus Sicht von Wenzel ein Wirkstoffkandidat, mit dem sich die chronische ischämische Herzschwäche behandeln oder sogar verhindern ließe.

„Bei den Mäusen haben wir einen eindeutigen Effekt auf die Pumpleistung gesehen, diese war dank des Medikaments nur halb so stark eingeschränkt.“ 

Ließe sich das auf den Menschen übertragen, wäre das der Unterschied, ob ein Herzinfarkt-Opfer mit verzögerter Wiederdurchblutung eine schwere Herzschwäche entwickelt und kleinste Anstrengungen nicht mehr bewältigen kann. 

Oder ob der Betroffene in der Lage wäre, voll ins Leben zurückzukehren und seinen Alltag selbständig zu verrichten, so Wenzel.

„Wir haben festgestellt, dass Patientinnen und Patienten mit subakutem Herzinfarkt, also verzögerter Behandlung nach Beschwerdebeginn, eine pathologische Aktivierung des pro-fibrotischen Signalwegs schon in den zirkulierenden Monozyten in der Blutbahn aufweisen. 

  • Hier haben wir möglicherweise einen Biomarker an der Hand, der uns helfen könnte, Personen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer schweren Herzschwäche nach Infarkt zu identifizieren“.


Die Forscher wollen die Signalwege weiter im Detail untersuchen und herausfinden, welche Patienten besonders von einer Therapie profitieren würden.

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Professor Philip Wenzel, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Zentrum für Kardiologie - Kardiologie I, wenzelp(at)uni-mainz.de

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Christine Vollgraf
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Sarah Mempel
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Originalpublikation:

Garlapati V, Molitor M, Michna T, Harms GS, Finger S, Jung R, Lagrange J, Efentakis P, Wild J, Knorr M, Karbach S, Wild S, Vujacic-Mirski K, Münzel T, Daiber A, Brandt M, Gori T, Milting H, Tenzer S, Ruf W, Wenzel P. Targeting myeloid cell coagulation signaling blocks MAP kinase/TGF-β1 driven fibrotic remodeling in ischemic heart failure. J Clin Invest. 2022 Dec, https://doi.org/10.1172/JCI156436


Die vorzeitige Alterung des Herzens und wie diese Kardiomyopathien

Medizin am Abend  Berlin - MaAB-Fazit: Wenn das Herz vorzeitig altert

Wissenschaftlerinnen aus dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg decken grundlegende Mechanismen auf, wie genetische Veränderungen in Kernhüllenproteinen zu Herzmuskelerkrankungen führen und welche Rolle gestörte Reparaturmechanismen der Zellkernhülle bei der vorzeitigen Zellalterung sowie bei der Entwicklung von Fibrose bei Kardiomyopathien spielen können. 

Die Biomedizinerin Ruping Chen hat sich auf die Erforschung von Alterungsprozessen spezialisiert. Im DZHI untersucht sie die vorzeitige Alterung des Herzens und wie diese Kardiomyopathien verursacht, konkret geht es um Mechanismen von LEMD2-Mutatationen.

Die Biomedizinerin Ruping Chen hat sich auf die Erforschung von Alterungsprozessen spezialisiert. Im DZHI untersucht sie die vorzeitige Alterung des Herzens und wie diese Kardiomyopathien verursacht, konkret geht es um Mechanismen von LEMD2-Mutatationen. Kirstin Linkamp Kirstin Linkamp / UKW

Wie können wir das Altern verlangsamen? 

Und wie lassen sich typische Alterserkrankungen verhindern? 

Einen Baustein zur Erkenntnis von Alterungsprozessen im Herzen haben jetzt Ruping Chen und Brenda Gerull aus dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) am Uniklinikum Würzburg geliefert. 

  • Die Wissenschaftlerinnen forschen schon seit längerem an Mutationen im Kernmembranprotein LEMD2. Genetische Veränderungen im LEMD2-Protein führen ähnlich wie Mutationen im Lamin-Protein zu vorzeitigen Alterungskrankheiten, die, wenn sie das Herz betreffen, bereits in jungen Jahren progressive Herzschwäche und schwere Herzrhythmusstörungen verursachen können. Spezifische Therapien gibt es bislang nicht.


Mutation führt zu Einstülpungen der Zellkernmembran

Um die komplexen Mechanismen aufzudecken, die das Herz durch die Genmutation früher altern lassen, hat Ruping Chen die humane LEMD2-Mutation namens p.L13R sowohl im Maus- als auch im Zellkulturmodell näher untersucht. 

Erste molekulare und zelluläre Veränderungen am Herzen der Mäuse konnte die Biomedizinerin schon nach wenigen Wochen beobachten. Nach neun Monaten haben die Mäuse schließlich einen klinischen Phänotyp entwickelt, der dem bei jungen Menschen, die diese Mutation tragen, sehr ähnlich ist: Die zunehmende Steifheit begünstigt den fibrotischen Umbau und führt in der Konsequenz zu Herzschwäche und schweren Arrhythmien.

Doch warum altert das Herz durch die Mutation vorzeitig? 

  • „Wir haben in elektronenmikroskopischen Aufnahmen des Zellkerns gesehen, dass die Mutation zu Einstülpungen der eigentlich rundlichen Zellkernmembran führt, was wiederum die Funktionen des Zellkerns stört. 
  • Es kommt zu Rupturen in der Kernhülle und zur Erschöpfung der zelleigenen Reparaturmechanismen. 
  • Die Zellkernmembran wird löchrig und damit kommt es zu DNA Schäden. 
  • Die Zelle kann ihre natürlichen Reparaturfunktionen nicht mehr vollständig gewährleisten“, erklärt Ruping Chen.


Gestörter Reparaturmechanismus begünstigt vorzeitige Zellalterung

Zum Hintergrund: 

  • Schätzungen zufolge wird die DNA in jeder Zelle unseres Körpers täglich bis zu einer Million Mal geschädigt. 

Der gesunde Mensch verfügt jedoch über einen guten Reparaturmechanismus, denn unser Genom enthält die Anleitung für sämtliche zellulären Prozesse im Körper, auch für Reparaturen. 

Das heißt, unsere DNA erkennt die Schäden und repariert sie.  

Mit zunehmenden Alter, durch Umwelteinflüsse und ungesunde Lebensweisen lassen diese Funktionen jedoch nach, die Schäden mutieren in unserem Genom, der Altersprozess wird beschleunigt, es kommt zu Krankheiten.

„Wir konnten mit unseren Untersuchungen nun Signalwege postulieren, deren Aktivierung eine vorzeitige Zellalterung und damit verbunden Entzündung und Fibrose fördert“, resümiert Brenda Gerull, Leiterin des Departements Kardiovaskuläre Genetik am DZHI. 

„Letztlich erweitert unsere Arbeit zum LEMD2 mechanistische Erkenntnisse, die auch bei anderen Kardiomyopathien aber auch im natürlichen Alterungsprozess eine Rolle spielen könnten.“ Die Studie, die in Kooperation mit der Medizinischen Klinik I am Uniklinikum Würzburg und dem Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg durchgeführt wurde, hat jetzt das Fachjournal Circulation Research veröffentlicht: https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.122.321929 . Zur Publikation gibt es in der Ausgabe vom 20. Januar 2023 (Volume 132, Issue 2) zudem ein Editorial: https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.122.322352

Die Untersuchungen von Ruping Chen wurden von der Deutschen Stiftung für Herzforschung und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie finanziell unterstützt, Brenda Gerull erhielt Förderungen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des SFB 1525 und des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung.

Möglichkeiten für therapeutische Interventionen


In den nächsten Schritten möchten die Wissenschaftlerinnen verschiedene Möglichkeiten der therapeutischen Interventionen testen und hierbei unter anderem ein humanes Modell nutzen, so genannte induzierte pluripotente Stammzellen. 

Ferner sollen die Aktivierung der Bindegewebszellen, der so genannten Fibroblasten, näher untersucht werden, da sie neben den Herzmuskelzellen, den so genannten Kardiomyozyten eine wichtige Rolle beim Fortschreiten der Erkrankung spielen.

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Originalpublikation:

https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.122.321929

Mechanistic Insights of the LEMD2 p.L13R Mutation and Its Role in Cardiomyopathy
Ruping Chen, Simone Buchmann, Amos Kroth, Anahi-Paula Arias-Loza, Michael Kohlhaas, Nicole Wagner, Gianna Grüner, Alexander Nickel, Alexandra Cirnu, Tatjana Williams, Christoph Maack, Süleyman Ergün, Stefan Frantz and Brenda Gerull
Originally published4 Jan 2023 https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.122.321929 Circulation Research. 2023;132:e43–e58


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Prof. Dr. Henry Völzke: Alle Risiken und Nebenwirkungen des menschlichen Lebens

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Vorpommern: Alkohol- und Tabakkonsum rückläufig, aber Fettleibigkeit und Diabetes nehmen stark zu

- 10.000 Frauen und Männer unterstützen Gesundheitsprojekt SHIP
- Forschungsergebnisse verbessern medizinische Versorgung weltweit
- Seit 2021 insgesamt 328 Haustiere der Probanden untersucht

Seit 1997 werden Erwachsene aus Vorpommern in dem weltweit umfangreichsten Langzeitstudienprojekt SHIP (Study of Health in Pomerania/Leben und Gesundheit in Vorpommern) regelmäßig medizinisch und zahnmedizinisch untersucht, um den Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Krankheiten besser zu verstehen. 

Heute wurde im Greifswalder SHIP-Untersuchungszentrum der 10.000. Studienteilnehmer begrüßt.

„Für das international stark nachgefragte Gesundheitsprojekt ist das ein Meilenstein“, betonte der Studienleiter Prof. Dr. Henry Völzke vom Institut für Community Medicine an der Universitätsmedizin Greifswald. 

 „Wir sind allen teilnehmenden Frauen und Männern in Vorpommern sehr dankbar für ihre Bereitschaft, unser Projekt zu unterstützen. 

Nur durch dieses persönliche Engagement konnten wir erfolgreich forschen und zahlreiche Verbesserungen in der medizinischen Versorgung erzielen.“

Über die Jahre hat sich SHIP zu dem Projekt mit dem umfangreichsten Untersuchungsprogramm in einer großflächigen Region entwickelt. Die erste Studie (SHIP-START-0) von 1997 ist bereits viermal intensiv nachuntersucht worden (SHIP-START-0,-1,-2,-3,-4). So sind einige Probandinnen und Probanden der ersten Bevölkerungsgruppe bereits fünfmal gründlich durchgecheckt worden. Die Folgeuntersuchungen finden jeweils ungefähr alle fünf Jahre statt.
Die zweite Studie aus dem Jahr 2008 (SHIP-TREND-0) wurde auch schon zum zweiten Mal untersucht (Trend-0-1). Vor zwei Jahren startete die dritte Bevölkerungsstudie (SHIP-NEXT-0) in den Landkreisen Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald. Zusätzlich zu vielen neuen Untersuchungen wird seitdem erstmals auch die Gesundheit der Haus- und Nutztiere der Teilnehmenden einbezogen. Das Fördervolumen der aktuellen Studienwelle mit der dritten SHIP-Bevölkerungsgruppe beträgt 8,8 Millionen Euro bei einer Laufzeit von vier Jahren.

„Das SHIP-Projekt hat neue Maßstäbe gesetzt und war einer der zentralen Faktoren bei der Einwerbung des William B. Kannel Center for Community Medicine“, hob der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Dr. Karlhans Endlich, hervor. „Der Forschungsneubau von nationaler Bedeutung mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 65,6 Millionen Euro, der in vier Jahren eingeweiht werden soll, wird die epidemiologische, die Präventions- und die Versorgungsforschung am Wissenschaftsstandort Greifswald weiter stärken. Schon jetzt sind fast alle Kliniken und Institute der Universitätsmedizin in die exzellente Forschung eingebunden. Gemeinsam konnten wir auch die schwierigste Phase der Studie während der Coronapandemie meistern.“ Das Forschungszentrum wird nach dem amerikanischen Wissenschaftler William B. Kannel (1923-2011) benannt, der über viele Jahre die Framingham-Studie, das erste Bevölkerungsprojekt weltweit, leitete.

Langzeitstudien decken Risiken und Nebenwirkungen auf

Seit dem Jahr 2000 wurden 1.580 wissenschaftliche Publikationen mit SHIP-Daten international veröffentlicht. Nahezu alle Risiken und Nebenwirkungen des menschlichen Lebens können mit der umfangreichen Langzeitstudie aufgedeckt und erforscht werden. 

  • Mit Hilfe von SHIP erhobenen Daten wurden beispielsweise Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und komplexe Zusammenhänge zwischen Übergewicht, Depression und Hirnstrukturen gefunden und beschrieben. 
  • Im Fokus stand ebenso der Einfluss von Zahnerkrankungen auf die Allgemeingesundheit. 
  • Dabei konnte nachgewiesen werden, dass entzündlicher Zahnfleischschwund aufgrund von Parodontitis unter anderem das Risiko für einen Herzinfarkt und Demenz erhöht. 
  • Festgestellt wurde auch, dass sich psychische Erkrankungen wie Depressionen und schwere seelische Traumata auf die allgemeine Gesundheit auswirken.
  • Darüber hinaus haben Untersuchungen von SHIP-Teilnehmenden im zeitlichen Verlauf gezeigt, dass im Zehn-Jahres-Zeitraum der Alkohol- und Tabakkonsum zwar zurückgegangen ist, aber Fettleibigkeit und Diabetes in Vorpommern deutlich zugenommen haben. 

Im Rahmen nationaler und internationaler Kooperationsprojekte, in denen auch SHIP-Daten eingeflossen sind, wurden unter anderem Risikogene für Gicht, Fettleber, Nierenkrankheiten oder Schilddrüsenfehlfunktion entdeckt. 

Auswertungen belegten ferner berufliche Einflüsse auf die Gesundheit, beispielsweise durch Strahlungs- und Asbestbelastung, Schichtarbeit oder dauerhaften Stress.

„Von Anfang an war uns wichtig, dass unsere Forschungsergebnisse sowohl der Wissenschaft als auch der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden“, unterstrich Studienleiter Prof. Dr. Henry Völzke. 

„Möglichst vielen Menschen weltweit soll unsere Arbeit zugutekommen.“
Stolz sind die Greifswalder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass ihre Erfahrungen und die etablierten Prozessabläufe des SHIP-Projektes auch in Brasilien (SHIP-Brazil), in Polen (PLUS Bialystok) und in der bundesweiten NAKO Gesundheitsstudie sowie in vielen weiteren epidemiologischen Großprojekten berücksichtigt worden sind.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Im Zusatzuntersuchungsmodul „One Health“ (Eine Gesundheit) werden seit Mai 2021 erstmalig auch Hunde, Katzen, Geflügel und Tauben sowie das Zusammenleben von Menschen und Tieren mit untersucht. Dabei soll erforscht werden, welchen Einfluss die Tierhaltung auf die körperliche und seelische Gesundheit des Menschen hat und inwiefern die Haltungs- und Fütterungsbedingungen des Tieres das Übertragungsrisiko von Infektionserregern verringern können. Bislang wurden 328 Tiere bei 173 Vor-Ort-Terminen von einer Tierärztin untersucht, darunter 107 Hunde, 157 Katzen, 64 Geflügel und Tauben. „Diese und weitere neue Untersuchungen innerhalb der dritten SHIP-Kohorte werden den Erkenntnisgewinn in der komplexen Beziehung zwischen Menschen und Tier nochmals deutlich erhöhen und auf eine neue Stufe heben“, erklärten die Leiterin des Greifswalder Untersuchungszentrums, Dr. Nicole Werner, und die One-Health-Projektkoordinatorin Dr. Birgit Schauer. Das umfasse auch die neuen Module mit einem intraoralen 3D-Scanner, um den Ober- und Unterkiefer sowie deren Lage zueinander zu dokumentieren, und eine Messung von Blickbewegungen mit einer Eye-Tracking-Kamera. Diese soll Aufschluss über die Reaktion der Teilnehmer auf unterschiedlich emotionale Bilder geben. Weitere neue Untersuchungen sind das Kopfschmerz-Interview, die Hirnstimulation, die Überwachung der Schlafaktivitäten sowie die Untersuchungen der Hände und Füße.
„Im ersten Quartal dieses Jahres kommt eine weitere Untersuchung dazu“, kündigte Dr. Nicole Werner an. „Gegenwärtig laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, um den Teilnehmenden künftig auch die Untersuchung des Hörvermögens (Audiometrie) und der Verständlichkeit von Sprache (Sprachaudiometrie) in der Audiometriekabine der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, Kopf- und Halschirurgie der Universitätsmedizin Greifswald anbieten zu können. Die erste Untersuchungswelle von SHIP-NEXT-0 wird noch rund drei Jahre Zeit in Anspruch nehmen.

10 Fakten zur SHIP-Studie

1.
24.266 Blutproben, 21.007 Urinproben, 6.913 MRT-Untersuchungen, 19.213 Herz-Ultraschalls und 21.026 Schilddrüsen-Ultraschalls wurden bislang gemacht und ausgewertet.

2.
Kurze Wege - regionale Untersuchungszentren gab es bislang in Stralsund, Tribsees, Anklam und Wolgast, um den Probanden die Anfahrt zu erleichtern.

3.
Das insgesamt bis zu zwölfstündige Untersuchungsprogramm setzt sich aus einem Kernprogramm und Zusatzuntersuchungen zusammen. Dazu kommen Interviews, Befragungen und verschiedene thematische Fragebögen zum Selbstausfüllen.

4.
SHIP-Untersuchungen sind nur mit Einladung möglich; die Teilnehmenden werden nach dem Zufallsprinzip über die Einwohnermeldeämter ausgewählt und angeschrieben. Die Teilnahme ist freiwillig.

5.
Knapp 38 Prozent aller per Zufallsprinzip ausgesuchten menschlichen Probanden halten zumindest ein Tier der untersuchten Tierarten (Katzen, Hunde, Geflügel).

6.
Die Tiere der Probanden werden durch Tierärztinnen in ihrer häuslichen Umgebung untersucht. Zudem werden von den Tieren Abstriche und Blutproben genommen. Ergänzt werden diese Untersuchungen durch tierspezifischen Fragebögen und einem Vor-Ort-Interview.

7.
Die SHIP-Langzeitstudien tragen zur Bestimmung wichtiger Referenzwerte für Laboranalysen, körperliche Belastbarkeit und Organgrößen bei. Mit modernen bioinformatischen Verfahren werden aus den umfangreichen Informationen relevante Gesundheitsindikatoren herausgefiltert.

8.
In die SHIP-Datenerhebung fließen auch Erkenntnisse der infektionsepidemiologischen Studie „SHIP-COVID“ ein, die im November 2020 mit 1.000 Probanden gestartet worden ist.

9.
Zum Greifswalder Untersuchungsteam gehören zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Studienschwestern, Interviewerinnen, Zahnmedizinische Fachangestellte) sowie wechselnde Zahnärztinnen und Zahnärzte aus der Unizahnklinik Greifswald.

10.
Die Abteilung SHIP/Klinisch-Epidemiologische Forschung am Institut für Community Medicine unterstützt mit mittlerweile 88 Mitarbeitenden (ohne Studierende) die SHIP-Datenerhebungen. Das Institut ist die größte Forschungseinheit der Universität Greifswald. SHIP-Daten werden mit nahezu allen Instituten und Kliniken der Universitätsmedizin Greifswald ausgewertet.

Überblick der Teilnehmenden je SHIP-Studienwelle 1997-2023

START
ab 1997
4.308 (+ vier Folgeuntersuchungen 3.300/2.333/1.718/1.182)

TREND
ab 2008
4.420 (+ eine Folgeuntersuchung 2.507)

NEXT
ab 2021
1.272

10.000 Probandinnen/Probanden (20-79 Jahre*)

*Folgeuntersuchungen finden auch im höheren Alter statt.

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Universitätsmedizin Greifswald
Institut für Community Medicine
Abteilung SHIP/Klinisch-Epidemiologische Forschung
Leiter: Prof. Dr. med. Henry Völzke
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T +49 3834 86-75 41
E ship-next@uni-greifswald.de
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Christian Arns
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Constanze Steinke  Universität Greifswald


Prof. Dr. Anja Lührmann: Chronische Form des Q-Fiebers

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wie Fresszellen mit einem Stoffwechselprodukt den Erreger des Q-Fiebers bekämpfen

Das Q-Fieber führt zu Lungenentzündungen, in seiner chronischen Form greift es gleich mehrere Organe an. 

Die Therapie mit Antibiotika ist langwierig und wirkt nur begrenzt. 

Aber welche Faktoren in unserem Immunsystem schützen vor chronischem Q-Fieber? 

Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Uniklinikums Erlangen untersucht – und ein Stoffwechselprodukt entdeckt, das die Vermehrung des Erregers hemmt.

Das Projekt wurde vom Sonderforschungsbereich 1181 „Schaltstellen zur Auflösung von Entzündung“ an der FAU gefördert, der die molekularen Mechanismen untersucht, wie Entzündung aufgelöst wird und warum dies bei chronisch entzündlichen Erkrankungen nicht funktioniert.

Das Bakterium Coxiella burnetii befällt vor allem Schafe und Ziegen, bei denen es in hoher Konzentration in der Plazenta vorkommt und beim Lammen freigesetzt wird. 

Inhalieren Menschen das Bakterium, kann es eine schwere Lungenentzündung auslösen, das sogenannte akute Q-Fieber. 

Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen von Q-Fieber, der bisher größte zwischen 2007 und 2010 in den Niederlanden mit mehr als 4000 Erkrankten.

Wie schützt das Immunsystem vor chronischem Q-Fieber?

Die Bakterien vermehren sich in den Makrophagen, den sogenannten Fresszellen, die als wichtiger Bestandteil des Immunsystems Eindringlinge wie Viren oder Bakterien vernichten. 

Meist führt die Immunreaktion zu einer Abtötung der Bakterien und einer Auflösung der Entzündungsreaktion innerhalb von wenigen Wochen. 

Bei einem Teil der Patientinnen und Patienten entwickelt sich jedoch eine chronische Form des Q-Fiebers, die verschiedene Organe angreift, insbesondere die Herzinnenhaut und das Gefäßsystem. 

Eine langwierige, nur begrenzt wirksame Behandlung mit Antibiotika folgt. 

Bisher ist nicht ausreichend geklärt, welche immunologischen Faktoren den Schutz vor chronischem Q-Fieber vermitteln.

Stoffwechselprodukt Itaconat hemmt das Wachstum von Coxiella burnetii


In einer kürzlich im Fachjournal EMBO Molecular Medicine veröffentlichten Forschungsarbeit gelang es der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Roland Lang in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Anja Lührmann, beide Mikrobiologisches Institut – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene des Uniklinikums Erlangen der FAU, nachzuweisen, dass die Produktion des Stoffwechselprodukts Itaconat durch infizierte Makrophagen einen wesentlichen Abwehrmechanismus gegen Coxiella burnetii darstellt.

Analysen mit Makrophagen im Mausmodell ergaben, dass diese nach Infektion mit Coxiella burnetii ein bestimmtes Enzym (Aconitatdecarboxylase 1, kurz ACOD1) produzieren, das zur Herstellung von Itaconat führt. Fehlt den Makrophagen das ACOD1-Gen, um das Enzym herzustellen, wird kein Itaconat produziert – es kommt zur ungehemmten Vermehrung von Coxiella burnetii. Dagegen führten die Zugabe von Itaconat zu Makrophagen in der Kulturschale sowie die Behandlung von infizierten Mäusen, denen das ACOD1-Gen fehlte, mit Itaconat zu einer Kontrolle des Bakterienwachstums. In einer Bakterienkultur hemmte Itaconat direkt die Vermehrung von Coxiella burnetii.

Interessanterweise produzierten Makrophagen des Menschen im Vergleich zu denen von Mäusen deutlich geringere Mengen von Itaconat und erlaubten das Wachstum von Coxiella burnetii. 

Eine Behandlung mit Itaconat hemmte aber auch hier die Vermehrung der Bakterien.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass aufgrund der begrenzten Behandlungsoptionen mit Antibiotika der ACOD1-Itaconat Signalweg ein interessanter Kandidat für neue Ansätze zur Therapie des chronischen Q-Fiebers ist“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Roland Lang.
Weiterführende Links

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Prof. Dr. Roland Lang
Mikrobiologisches Institut – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene
Tel.: 09131/85-22979
roland.lang@uk-erlangen.de

Blandina Mangelkramer  Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Schlossplatz 4
91054 Erlangen
Deutschland
Bayern

Originalpublikation:

Originalarbeit: Kohl L, Siddique N, Bodendorfer B, et al. Macrophages inhibit Coxiella burnetii by the ACOD1-itaconate pathway for containment of Q fever. Embo Mol Med 2022: 

https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202215931


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

https://www.sfb1181.forschung.fau.de/

 
http://Im SFB 1181 „Schaltstellen zur Auflösung von Entzündung“ an der FAU gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachbereichen der Medizin und der Biologie den grundlegenden Mechanismen der Auflösung der Entzündungsreaktion auf die Spur und testen diese auf ihre klinische Bedeutung.

 

Dr. med. Ezin Deniz, M.D: Postoperatives Vorhofflimmern (POAF) 

Medizin am Abend Berlin - MaANB-Fazit: Vorhofflimmern nach Herz-OP: Forschung zu neuem Therapieansatz

Vorhofflimmern tritt oft nach einer Herzoperation auf. 

Ob sich das durch lokal eingebrachte Arzneien während der OP vermeiden lässt, untersucht eine Ärztin der Medizinischen Hochschule Hannover mit Forschungsförderung der Herzstiftung

  • Bis zu 60 Prozent der Patienten entwickeln nach einem Eingriff am Herzen ein sogenanntes postoperatives Vorhofflimmern (POAF). 
  • Das Herz schlägt unregelmäßig und zu schnell. 
  • Die Betroffenen fühlen sich oftmals müde und benommen, leiden an Brustschmerzen bis hin zu Luftnot und Ohnmacht. 
  • Sehr häufig tritt das Phänomen nach einer kombinierten Bypass- und Klappenersatz-Operation auf; in vier bis fünf Prozent der Fälle sogar nach Eingriffen, die nicht am Herzen erfolgt sind. 

„Jeder dritte Patient kann vom postoperativen Vorhofflimmern betroffen sein“, betont Dr. med. Ezin Deniz, M.D., Ärztin in der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). 

„Es gehört zu den häufigsten Komplikationen nach einer Herz-Operation und tritt in der Regel innerhalb der ersten vier Tage nach dem Eingriff auf.“ 

In einem von der Deutschen Herzstiftung mit 65.744 Euro geförderten Forschungsprojekt will die Medizinerin einen neuen Therapieansatz untersuchen, um postoperatives, das heißt nach dem Eingriff auftretendes, Vorhofflimmern zu verhindern.  

Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, erhöht sich durch Vorhofflimmern um das Fünffache. 

„Umso wichtiger sind innovative Forschungsvorhaben, die dazu beitragen, Vorhofflimmern auch als Komplikation einer Herzoperation und die damit verbundenen Risiken für die Patienten zu verhindern. Dr. Deniz leistet hierbei mit ihrem Forschungsvorhaben an der MHH einen wichtigen Beitrag“, betont Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Die Herzstiftung fördert im Rahmen einer Sonder-Forschungsförderinitiative mit rund 1 Mio. Euro 14 innovative Forschungsvorhaben zu Vorhofflimmern, eines davon ist die Studie von Dr. Deniz. Infos: www.herzstiftung.de/forschung-vorhofflimmern

Längerfristige Folgen des postoperativen Vorhofflimmerns
Meistens handelt es sich bei den Betroffenen um Menschen, die über 65 Jahre alt sind und bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden. 

Bei rund 40 Prozent von ihnen ist das POAF eine Woche später verschwunden, 90 Prozent verspüren nach sechs Wochen keinerlei Symptome mehr.  

Das Problem jedoch sind die längerfristigen Folgen des postoperativen Vorhofflimmerns. 

„Einige Studien haben gezeigt, dass die Betroffenen ein höheres Risiko für postoperative Störungen der Lungen- und Nierenfunktion oder Schlaganfall haben“, sagt Dr. Deniz, „und zwar auch die Patienten, die sechs Wochen nach der OP kein POAF mehr haben.“

Ein Drittel der Betroffenen entwickelt Herzinsuffizienz

  • Das Risiko, in späteren Jahren nach dem erstmaligen postoperativen Vorhofflimmern ein entweder dauerhaftes oder wiederholt anfallsartig auftretendes Vorhofflimmern und infolgedessen eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, ist sogar um das Fünffache erhöht. 

Das haben Kontrolluntersuchungen von Betroffenen fünf Jahre nach dem Eingriff ergeben. 

„Ein Drittel von ihnen entwickelt eine Herzinsuffizienz“, sagt die MHH-Ärztin und Forscherin. 

Denn durch das Vorhofflimmern verändern sich die Herzmuskelzellen. 

Sie senden störende elektrische Signale aus und bringen den Herzschlag durcheinander, was wiederum das Vorhofflimmern verstärkt. 

„Auf diese Weise entsteht eine gefährliche Abwärtsspirale“, erklärt Dr. Deniz.

Systemische Gabe von Antiarrhythmika mit Nebenwirkungen verbunden
Um ein postoperatives Vorhofflimmern und die daraus resultierenden Folgen abzuwenden, gibt es bislang keine allgemeingültigen Therapien. Aktuell identifizieren die behandelnden Ärzte vor einer Herzoperation anhand von Scores Risikopatienten. Scores sind Punktwerte, die aufgrund von Erfahrungswerten von Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Vorhofflimmern ermitteln. Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) empfehlen bei Patienten mit Vorhofflimmern die Gabe von bestimmten Antiarrhythmika. Das sind Arzneien, die die elektrische Herztätigkeit wieder normalisieren sollen. „Dieser präoperative, das heißt vor der OP erfolgende, systemische Einsatz kann bei Patienten erwogen werden, die ein sehr hohes Risiko bergen, ein POAF zu entwickeln“, erklärt die Herzspezialistin Dr. Deniz. Denn die Medikamente wirken systemisch, das heißt auf den gesamten Körper und können mit gravierenden Nebenwirkungen verbunden sein. „Wir wägen es sehr genau ab, bevor wir vorbeugend Antiarrhythmika einsetzen.“

Neuer Therapieansatz mit lokal aufgebrachter Arznei
Dr. Deniz und ihre Kollegen wollen jetzt in einer Pilotstudie untersuchen, ob sich bestimmte lokal auf das Herz aufgebrachte Antiarrhythmika dabei bewähren, Vorhofflimmern bei den Betroffenen zu vermeiden. 

  • Es geht dabei um die Arzneistoffe Amiodaron und Sotalol, die sich zur Behandlung von Vorhofflimmern als besonders wirksam erwiesen haben. 

„Nationale und internationale Studien haben gezeigt, dass die lokale Anwendung von Antiarrhythmika im Tiermodell effektiv wirkt und die Nebenwirkungen signifikant niedriger sind“, unterstreicht Dr. Deniz, die die Studie leitet. „Diese Ergebnisse müssen wir in den klinischen Alltag bringen.“

Medikament wirkt bis zum vierten Tag nach Eingriff
150 Patienten im Alter ab 18 Jahren sind für die Pilotstudie, die im März beginnen soll, geplant. 

Bedingung für die Teilnahme an der Studie ist: 

Keine sichtbaren strukturellen Veränderungen am Herzen. 

Die Studienteilnehmer erhalten das jeweilige Medikament oder ein Placebo unmittelbar während der Herzoperation direkt sowie den zweiten und dritten Tag nach dem Eingriff über den Wundschlauch in den Herzbeutel. 

„Somit kann das Medikament bis zum vierten Tag nach der Operation wirken, also genau in dem Zeitraum, in dem das POAF meistens auftritt“, erläutert die Ärztin. 

Die erste Folgestudie dann soll Patienten mit einer Herzschädigung einschließen. 

„Aber das dauert noch ein paar Jahre. 

Erst einmal müssen wir prüfen, ob dieses Verfahren in der Klinik effizient, sicher und machbar ist“, so Dr. Deniz.

Zu den Vorhofflimmer-Forschungsprojekten der Herzstiftung:


www.herzstiftung.de/forschung-vorhofflimmern

 

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Deutsche Herzstiftung e.V.
Michael Wichert (Ltg.) / Pierre König
Tel. 069 955128-114/-140
E-Mail: presse@herzstiftung.de
www.herzstiftung.de

Bockenheimer Landstr. 94-96
60323 Frankfurt
Deutschland
Hessen

Pierre König

Telefon: 069 / 955128-140
Fax: 069 / 955128-313
E-Mail-Adresse: koenig@herzstiftung.de

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http://www.herzstiftung.de/forschung-vorhofflimmern - Forschungsförderung zu Vorhofflimmern

http://www.herzstiftung.de/vorhofflimmern - Infos für Patienten