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CAVE-Untersucher: Status der Botenstoffe z.B. Parathormon, PTH - chronische Nierenerkrankungen

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit:  Chronische Nierenerkrankung: Unterschiedliche biologische Eigenschaften des Nebenschilddrüsenhormons durch Oxidation

Wissenschaftler warnen vor Fehleinschätzungen bei der Therapiesteuerung, da gebräuchliche iPTH-Assays nicht zwischen bioaktivem und inaktivem Hormon unterscheiden.

Viele Funktionen des menschlichen Körpers werden über Hormone reguliert. 

Krankheitszustände können diese Botenstoffe beeinflussen. 

In der klinischen Praxis wird der Status bestimmter Botenstoffe genutzt, um Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zu ziehen und daraus die weitere Therapie abzuleiten. 

  • Ein Beispiel aus der gängigen Praxis ist die Erfassung des Nebenschilddrüsenhormons (Parathormon, PTH) bei der chronischen Nierenerkrankung, da bekannt ist, dass die Konzentration des PTH mit abnehmender Nierenfunktion progressiv ansteigt.


Eine Forschergruppe aus der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), um Professor Dr. med. Berthold Hocher, konnte schon vor einigen Jahren zeigen, dass PTH bei nierenkranken Patienten oxidiert wird, und dass dies zum Funktionsverlust des Hormons führt. 

In ihrer aktuellen Arbeit gingen die Forscher der Frage nach, inwieweit die Oxidation von PTH den Krankheitsverlauf beeinflusst und ob der Zustand von PTH – ob oxidiert oder nicht-oxidiert – für die Therapieentscheidung relevant sein könnte.

Die Forscher untersuchten dazu das Zusammenspiel von PTH und einem weiteren Hormon, des von Knochenzellen produzierten Fibroblasten-Wachstumsfaktors 23 (FGF 23), bei nierenkranken Patienten. 

Beide Hormone spielen eine wesentliche Rolle in der Regulation des Kalzium- und Phosphathaushaltes.  

  • Störungen in diesem System verursachen Knochenerkrankungen, aber insbesondere auch eine Verkalkung von Blutgefäßen – eine wesentliche Ursache von Gefäßschäden und der hohen Sterblichkeit von nierenkranken Patienten.


In den meisten früheren Studien waren PTH und der FGF 23-Serumspiegel eng miteinander korreliert und es wird vermutet, dass FGF 23 und PTH sich gegenseitig in einer negativen Rückkopplungsschleife regulieren. Bei diesen Studien wurde allerdings nicht zwischen oxidiertem und nicht-oxidiertem PTH unterschieden.

Die Mannheimer Arbeitsgruppe konnte in der Zellkultur zeigen, dass nur nicht-oxidiertes PTH, nicht aber oxidiertes PTH, die Synthese von FGF 23 stimuliert. Mit diesem Befund stimmen auch die klinischen Daten aus zwei unabhängigen Kohortenstudien überein. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass nur das nicht-oxidierte PTH Teil dieses wichtigen hormonellen Regelkreises ist.

Die Wissenschaftler machten eine weitere, in diesem Zusammenhang wichtige Beobachtung: 

Sie konnten nachweisen, dass der in vielen Lehrbüchern beschriebene deutliche Anstieg des Nebenschilddrüsenhormons PTH bei abnehmender Nierenfunktion hauptsächlich auf einen Anstieg des oxidierten, inaktiven PTH zurückzuführen ist, wohingegen das biologisch aktive, nicht-oxidierte PTH, nur mäßig ansteigt.

„Wir müssen die Eignung der in der klinischen Routine gebräuchlichen iPTH-Assays für darauf fußende Therapieentscheidungen kritisch hinterfragen“, warnt Professor Hocher. 

Denn: Die iPTH-Assays erlauben keine Unterscheidung zwischen bioaktivem (nicht-oxidiertem) und inaktivem (oxidierten) PTH, sondern messen lediglich das Gesamt-PTH. 

„Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass diese Assays zu einer Fehleinschätzung der Menge an wirklich wirksamem Hormon führen und eine korrekte Therapiesteuerung damit nicht möglich ist. In der Zukunft sollten nur PTH-Assays Verwendung finden, die ausschließlich das bioaktive PTH messen.“

Die Bedeutung der vorliegenden Ergebnisse könnte weit über das Verständnis der biologischen Eigenschaften von PTH hinausgehen. 

Denn viele Peptidhormone haben ebenso wie PTH Aminosäuren in ihrer Aminosäuresequenz, die unter Bedingungen des oxidativen Stresses oxidiert werden können. 

Wenn die Oxidation die biologischen Eigenschaften auch dieser Hormone verändert, könnte dies ähnliche Folgen haben wie es für PTH gezeigt wurde: F

Funktionsverlust der oxidierten Hormone und Fehleinschätzung der Menge an wirksamem Hormon.

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Prof. Dr. med. Berthold Hocher
Leiter der Arbeitsgruppe für experimentelle und translationale Nephrologie
Universitätsmedizin Mannheim
V. Medizinische Klinik
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167 Mannheim
Telefon 0621/383-5172
Berthold.Hocher@medma.uni-heidelberg.de

Dr. Eva Maria Wellnitz Universitätsmedizin Mannheim

Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
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Deutschland
Baden-Württemberg

Telefon: 0621 / 383-71115
Fax: 0621 / 383-71103
E-Mail-Adresse: eva.wellnitz@medma.uni-heidelberg.de
Originalpublikation:

Relationship between GFR, intact PTH, oxidized PTH, nonoxidized PTH as well as FGF23 in patients with CKD
Shufei Zeng, Uwe Querfeld, Martina Feger, Dieter Haffner, Ahmed A. Hasan, Chang Chu, Torsten Slowinski, Thomas Bernd Dschietzig, Franz Schäfer, Yingquan Xiong, Bingbing Zhang, Steffen Rausch, Katarina Horvathova, Florian Lang, Bernhard Karl Krämer, Michael Föller, Berthold Hocher
The FASEB Journal. 2020;00:1–13.
DOI: https://doi.org/10.1096/fj.202000596R


Fibroblasten-Narben-Regeneration - Wundheilungen

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Im Einsatz für eine Welt ohne Narben

Hinter jeder Narbe steht eine Geschichte. 

Manchmal ist diese mit einer dramatischen Erfahrung verbunden: 

Schwere Verletzungen, Operationen oder chronische Erkrankungen. 

Wenn es nach Dr. Yuval Rinkevich ginge, würden wir anstelle von Narben vielmehr über Regeneration sprechen, also der spurenlosen Wundheilung. 

Damit dies eines Tages Wirklichkeit wird, untersucht Rinkevich mit seinem Team am Helmholtz Zentrum München jeden einzelnen Aspekt der Wundheilung von Säugetieren, beginnend beim Embryo bis hin zum hohen Erwachsenenalter. 

Yuval Rinkevich erklärt, wie er sich eine Welt ohne Narben vorstellt. 

Mikrocarrier (grün und blau), die mit humanen Mesothelzellen (rot) bedeckt sind und in vitro Adhäsionen bilden. Gestresste Mesothelzellen binden sich über Zell-Zell-Kontakte aneinander und verkleben die Mikrocarrier miteinander.
Mikrocarrier (grün und blau), die mit humanen Mesothelzellen (rot) bedeckt sind und in vitro Adhäsionen bilden. Gestresste Mesothelzellen binden sich über Zell-Zell-Kontakte aneinander und verkleben die Mikrocarrier miteinander. Helmholtz Zentrum München
 
Narben gehören zum natürlichen Wundheilunsgprozess des Körpers nach einer Verletzung. 

Warum wollen wir sie vermeiden?
Rinkevich: Das stimmt schon, Narben können Lebensretter sein. Egal, ob wir uns in den Finger schneiden oder eine schwere Verbrennung erleiden – unser Körper muss offene Wunden schnell schließen.  

Nichtdestotrotz ist Narbengewebe deshalb ungünstig, weil es nicht vollständig funktional ist. Je schwerwiegender die Narbe, umso geringer ihre Funktion.

Brandopfer können beispielsweise oftmals ihren Arm oder ihre Finger nicht mehr richtig bewegen, da sie vernarbte Gewebe auf ihrer Haut darin hindert.

Narben im Inneren unseres Körpers, auf Organen, können sogar zum Organversagen führen.

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachLink: Laboruntersuchungen  

Dann hilft nur noch eine Transplantation. Könnten wir dieses Problem lösen, würde das vielen Patientinnen und Patienten sehr helfen. Operationen könnten mit viel geringeren Komplikationen und deutlich schneller durchgeführt werden. Vielleicht wären dann sogar Operationen möglich, die man heute aufgrund der starken Vernarbung noch nicht machen kann.

Neue Narben vermeiden ist das eine. Aber könnte man bestehende Narben auch „rückgängig“ machen? 
 
Rinkevich: Eines Tages wird dies hoffentlich möglich sein! Wenn Narbengewebe mit der umliegenden Haut wieder in Einklang gebracht werden und genauso empfindlich sein könnte, wäre dies ein gewaltiger Schritt. Dann könnten wir Personen mit schwerer Vernarbung dabei helfen, ihren Tastsinn zurückzubekommen. Momentan fokussieren wir uns in unserer Forschungsarbeit darauf, die richtige Balance zwischen schneller Wundschließung und der Regeneration des verletzten Gewebes zu finden.  

Dabei beschäftigen wir uns insbesondere mit Verwachsungen im Bauchraum, soggenannten abdominalen Adhäsionen. Meistens bilden sich diese Verwachsungen, die aus Bändern von faserigem Narbengewebe bestehen, nach einer Operation und können dazu führen, dass Organe im Bauchraum zusammenkleben. Dies schränkt die Bewegungsfreiheit der Organe ein und ist zum Beispiel die Hauptursache für Unfruchtbarkeit bei Frauen und für postoperative Komplikationen.

Operationen im Bauchraum könnten also wesentlich einfacher und schneller durchgeführt werden, wenn es keine Narbenbildung gäbe! Aus den Kliniken hören wir immer wieder von stundenlangen Verzögerungen bei Bauchoperationen nur wegen der Entfernung von Verwachsungen. Eine Lösung würde nicht nur das Leben der Patientinnen und Patienten, sondern auch das der Chirurginnen und Chirurgen deutlich vereinfachen.

Wie könnten wir die Bildung von Narben verhindern?
Rinkevich: Wenn wir erst einmal vollständig verstehen, wie Narben natürlich entstehen, können wir diesen Prozess vielleicht manipulieren und herunterfahren oder ganz blockieren. Hier ist ein Beispiel:

  • Wir wissen, dass sich Narben bilden, wenn Fibroblasten, also ein bestimmter Zelltyp des Bindegewebes, zur verletzten Stelle in der Haut wandern. 
  • Wenn wir jung sind, haben diese Fibroblasten eine regenerative Funktion. 

So heilen Wunden viel besser.

Wenn wir jedoch älter werden, bilden Fibroblasten mehr Narben. 

Bereits vor zwei Jahren ist es uns gelungen, Fibroblasten von sehr jungen Mäusen in die Wunden älterer Mäuse zu transplantieren.

Das Ergebnis:

deutlich weniger Narbenbildung.

Wenn wir dies auf den Menschen übertragen könnten, wäre das ein Durchbruch für die regenerative Medizin – nicht nur bei der Narbenbildung, sondern auch bei chronischen Erkrankungen wie der Lungenfibrose.

Je mehr wir über Narbenbildung lernen, desto besser.

Vor kurzem haben wir den anatomischen Ursprung der Fibroblasten, nämlich die Faszie, entdeckt. Dieses Wissen eröffnet uns neue Möglichkeiten und wird uns enorm dabei helfen, unser Ziel zu erreichen.

Helmholtz Zentrum München
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Forschungszentrum die Mission, personalisierte medizinische Lösungen zur Prävention und Therapie von umweltbedingten Krankheiten für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.500 Mitarbeitende und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands mit mehr als 40.000 Mitarbeitenden in 19 Forschungszentren.

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Dr. Yuval Rinkevich
Helmholtz Zentrum München
Institut für Lungenbiologie
Comprehensive Pneumology Center
Email: yuval.rinkevich@helmholtz-muenchen.de

Verena Schulz
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Ingolstädter Landstr.1
85764 Neuherberg
Deutschland
Bayern
Telefon: 089-3187-43902
E-Mail-Adresse: verena.schulz@helmholtz-muenchen.de
Originalpublikation:
Fischer et al., 2020: Post-surgical adhesions are triggered by calcium-dependent membrane bridges between mesothelial surfaces. Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-020-16893-3
Correa-Gallegos et al., 2019: Fascia is a repository of mobile scar tissue. Nature, DOI: 10.1038/s41586-019-1794-y

 

Das Herz und sein Organisationsgrad: Die Muskelkontraktion

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wie das Herz altert

Alter gehört zu den größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) haben nun erforscht, was tief im Herzen passiert, wenn es altert. 

Dafür haben sie in abertausenden alten und jungen Herzzellen untersucht, welche Gene in ihnen aktiv sind. 

Ihr Ergebnis: 
  • Im Alter verliert das Herz seinen hohen Organisationsgrad. 
  • Insbesondere Bindegewebszellen, die Fibroblasten, geraten zunehmend außer Kontrolle. 

Dr. Sascha Sauer
Dr. Sascha Sauer David Ausserhofer / MDC
 
„Wir haben uns angeschaut, was im gesunden Herz passiert, wenn es unter standardisierten Bedingungen altert“, sagt Dr. Sascha Sauer vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin. Die Ergebnisse offenbaren, wo das alternde Herz besonders verletzlich ist und liefern damit auch eine mögliche Grundlage für neue therapeutische Ansatzpunkte.

Die Wissenschaftler setzten eine neue Methode ein, die Einzelzelltranskriptionsanalyse. Sie ermöglicht es, für jede Zelle gesondert zu analysieren, welche Gene in ihr abgelesen werden. Insgesamt rund 28.000 Herzzellen von jungen und alten Mäusen haben die Berliner Forscher zusammen mit der Arbeitsgruppe von Prof. Stefanie Dimmeler, Goethe Universität Frankfurt, auf diese Weise untersucht. Damit entstand ein umfassender Zellatlas der Genaktivität in alten Herzen von Säugetieren.

Gene arbeiten nicht mehr so synchron

Die größten Unterschiede zwischen Jung und Alt waren bei Bindegewebszellen, den sogenannten Fibroblasten, zu beobachten. In Fibroblasten aus Herzen von jungen Mäusen waren in jeder Zelle jeweils Gene ähnlich aktiv. Bei den älteren Mäusen sah das von Zelle zu Zelle nicht mehr so einheitlich aus. „Betrachtet man wenige Zellen ist das Muster noch halbwegs in Ordnung“, berichtet Sauer. 
  • „Doch all die kleinen Abweichungen führen insgesamt dazu, dass die alten Zellen sich mehr und mehr unterscheiden und somit nicht mehr so gut zusammenarbeiten. 
  • Dadurch gerät das hochkomplexe System Herz etwas durcheinander.“

In der äußersten Schicht des Herzens, dem Epikard, fanden Sauer, Dimmeler und Kollegen in alten Herzen zudem eine Gruppe von Bindegewebszellen, in denen Gene aktiv waren, die zur Verkalkung führen.

 „Es ist zwar bekannt, dass im Alter die Gefäße zunehmend verkalken, aber dass im gesunden Herzen ein bestimmter Subtyp von alternden Fibroblasten dazu beiträgt, ist neu“, so Sauer.
 Parallele Analyse der Genaktivität von einzelnen Zellen in miniaturisierten Formaten
Parallele Analyse der Genaktivität von einzelnen Zellen in miniaturisierten Formaten
David Ausserhofer / MDC

Wie das Herz altert

Schlechter Einfluss

  • In alten Herzen senden Fibroblasten außerdem bestimmte Eiweiße, die sogenannten Serpine, an Endothelzellen aus. 

Diese Zellen kleiden die Blutgefäße von innen aus. 

  • Die Serpine bewirken, dass sich die Endothelzellen schlechter zusammenfinden, was negative Folgen für die Blutgefäßauskleidung haben kann. 

Setzten die Forscher Antikörper gegen die Serpine ein, konnten sie die negativen Effekte auf die Endothelzellen wieder rückgängig machen.

Die Wissenschaftler vermuten, dass das Zusammenspiel von Fibroblasten und Endothelzellen tatsächlich noch viel komplexer ist.

Denn auch weitere für die Zellkommunikation zuständige Gene sind in alten Fibroblasten anders reguliert als in jungen.

Hohe Spezialisierung geht verloren

Bei den Herzmuskelzellen fanden die Forscher erst dann altersbedingte Unterschiede, als sie speziell nach Genen schauten, die für die Muskelkontraktion wichtig sind.

Diese Gene verhielten sich in alten Herzmuskelzellen sehr variabel.

Andere Gene, die zum Beispiel für Stoffwechselwege codieren und in allen Zellen identisch sind, waren in alten und jungen Herzmuskelzellen hingegen gleichermaßen aktiv.

„Wenn man sich grob vorstellt, wie sich ein Organismus entwickelt, dann treten hoch spezialisierte Zellen eher später auf.

Und was spät kommt, verliert man anscheinend wieder früh, beziehungsweise sind gerade die spät ausgeprägten Spezialisierungen sehr anfällig im Alter“, sagt Sauer.

Sauer und sein Team wollen nun herausfinden, wodurch die Genaktivität in den einzelnen Zellen im Alter so variabel wird.

Dafür betrachten sie Marker auf der DNA, sogenannte Methylierungen, die darüber entscheiden, ob ein Gen abgelesen wird oder nicht.

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Dr. Sascha Sauer
 Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), Sascha.Sauer@mdc-berlin.de

Originalpublikation:
Transcriptional heterogeneity of fibroblasts is a hallmark of the aging heart. Vidal R, Wagner JUG, Braeuning C, Fischer C, Patrick R, Tombor L, Muhly-Reinholz M, John D, Kliem M, Conrad T, Guimarães-Camboa N, Harvey R, Dimmeler S, Sauer S. JCI Insight. 2019 Nov 14;4(22). pii: 131092. DOI:10.1172/jci.insight.131092


Potsdamer Str. 58
10785 Berlin
Deutschland
Berlin

Christine Vollgraf

Telefon: 030 3465 52902
E-Mail-Adresse: christine.vollgraf@dzhk.de

Heterotaxie: Herzdefekte

Medizin am Abend Berlin - MaAB - Fazit: Heterotaxie: 

Wenn das Herz nicht am richtigen Fleck sitzt

  • Manchmal passieren bei der Embryonalentwicklung Fehler und die eigentlich asymmetrische Anordnung der Organe im menschlichen Körper gerät durcheinander. 

Solche Heterotaxiepatienten leiden oft an schweren Herzfehlern. 

Nun haben Forschende der Universität Ulm die molekularen Ursachen dieser Herzdefekte untersucht. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Hygienefachpersonal 

Insgesamt scheinen die "Zellkraftwerke" Mitochondrien eine entscheidende Rolle zu spielen. 

Prof. Melanie Philipp und PD Dr. Martin Burkhalter nutzen für ihre Forschung unter anderem Zebrafische
Prof. Melanie Philipp und PD Dr. Martin Burkhalter nutzen für ihre Forschung unter anderem Zebrafische Foto: Eberhardt/Uni Ulm


Im menschlichen Körper haben alle Organe ihren vorbestimmten Platz. Gerät diese asymmetrische Anordnung während der Embryonalentwicklung durcheinander („Heterotaxie“), drohen schwere Fehlbildungen wie Herzdefekte. 

Forschende der Universität Ulm haben nun mit internationalen Kollegen die genetischen und molekularen Ursachen von Herzdefekten bei solchen Heterotaxiepatienten untersucht.

In der Fachzeitschrift „The Journal of Clinical Investigation“ nehmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insbesondere die Zellkraftwerke („Mitochondrien“) in den Blick.

  • Dafür, dass das Herz und andere Organe nicht nur sprichwörtlich am rechten Fleck sitzen, sorgen Zilien. 
  • Mittlerweile gilt es als wissenschaftlich gesichert, dass diese antennenartigen Gebilde auf der Oberfläche bestimmter Zellen sehr früh in der Entwicklung die spätere asymmetrische Anordnung der menschlichen Organe regulieren.

Doch bei einem geringen Anteil der Bevölkerung (1: 15 000) läuft bei der Embryonalentwicklung etwas schief.

  • Im optimalen Fall sind alle Organe spiegelbildlich verortet, wodurch keine gesundheitlichen Probleme entstehen. 
  • Allerdings kann die Anordnung der Organe auch komplett durcheinander geraten und Betroffene entwickeln eine sogenannte Heterotaxie: 
Solche Patienten leiden oft an schweren Herzfehlern, die in vielen Fällen unmittelbar nach der Geburt operiert werden müssen.

Nun haben Forschende um Professorin Melanie Philipp und PD Dr. Martin Burkhalter Hinweise gefunden, dass die „Zellkraftwerke“ Mitochondrien einen entscheidenden Einfluss auf die Bildung von Zilien haben. Somit scheinen sie bei der Entstehung heterotaxieassoziierter Herzfehler eine Rolle zu spielen.

Bei Mitochondrien handelt es sich um Organellen, die Zellen unter anderem mit Energie versorgen.
  • Konkret konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass Heterotaxiepatienten eine erheblich geringere Anzahl an Mitochondrien in ihren Blutzellen aufweisen. 

Darüber hinaus haben sie bei den Betroffenen häufiger eine schwere Genmutation nachgewiesen, die zu einer beeinträchtigten Mitochondrienfunktion im Vergleich zu gesunden Probanden führt.

Auch im Zebrafischmodell bestätigte sich der Einfluss der Zellkraftwerke bei der Entwicklung von Asymmetrie- und Herzdefekten: „Zebrafischembryonen, in denen Mitochondrien gehemmt oder verstärkt aktiv sind, weisen signifikant häufiger Fehlbildungen des Herzens auf als Kontrollgruppen“, erklärt Melanie Philipp, die viele Jahre am Ulmer Institut für Biochemie und molekulare Biologie geforscht hat, und nun an die Universität Tübingen gewechselt ist.

Aber wie wirken Zilien und Mitochondrien bei der Entwicklung von Asymmetriedefekten zusammen? Mittels Elektronenmikroskopie hat die internationale Forschergruppe tatsächlich eine physische Verbindung in Form einer Mikrotubuli-Brücke zwischen den Zellkraftwerken und Zilien nachgewiesen.

Darüber hinaus konnten sie in Fibroblasten der Haut von Heterotaxiepatienten und Zebrafischembryonen zeigen, dass die Zilienlänge invers mit der Mitochondrienfunktion korreliert: 

Zellen, die eine geringere Mitochondrienfunktion haben, weisen demnach längere Zilien auf.

Ihre Funktionsfähigkeit ist jedoch im Vergleich zu normal langen Zilien deutlich eingeschränkt.
Und auch Zebrafisch-Embryonen, bei denen genetische Veränderungen von Heterotaxiepatienten nachgestellt werden, bilden sowohl Asymmetrie- als auch Ziliendefekte aus. Aus der Summe dieser Ergebnisse ziehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen klaren Schluss: „Während der Embryonalentwicklung und lange bevor sich ein Herz gebildet hat, haben Mitochondrien einen entscheidenden Einfluss auf Zilien und die spätere Herzentwicklung.“

Diese Erkenntnisse könnten die Diagnostik von heterotaxieassoziierten Herzfehlern vereinfachen und womöglich eines Tages zu neuen Therapien von sogenannten Ziliopathien beitragen – etwa durch die Manipulation von Mitochondrien.

Aber nicht nur Patienten mit defekten Zilien dürften von diesen Erkenntnissen profitieren:

„Menschen, die erblich bedingt nur schlecht funktionierende Mitochondrien haben, können Erkrankungen entwickeln, die bisher dysfunktionalen Zilien zugeordnet wurden“, so Martin Burkhalter.

Das neu gewonnene Wissen erleichtert daher nicht nur das Erkennen von ‚mitochondrialen’ Erkrankungen, sondern gibt diesen Patienten auch eine mögliche Erklärung für einzelne Symptome ihrer Erkrankung.

Die Forschenden von den Universitäten Ulm, Indiana (Indianapolis, USA), Lissabon (Universidade Nova de Lisboa), vom Netzwerk Angeborene Herzfehler (gefördert durch das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung Berlin, DZHK) sowie von den Universitätskliniken Hamburg-Eppendorf und Münster sind von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und durch das Boehringer Ingelheim Ulm University Biocenter (BIU) gefördert worden. Weiterhin unterstützten die „National Institutes of Health“(NHS) und die University of Indiana das Forschungsprojekt.

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Prof. Dr. Melanie Philipp
Universität Tübingen (zuvor: Universität Ulm)
Department für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Pharmakogenomik
Abteilung für Pharmakogenomik
melanie.philipp@uni-tuebingen.de
07071/29 73082


Helmholtzstraße 16
89081 Ulm
Deutschland
Baden-Württemberg


Annika Bingmann
Telefon: 0731-50 22121
E-Mail-Adresse: annika.bingmann@uni-ulm.de

Originalpublikation:
Martin D. Burkhalter, Arthi Sridhar, Pedro Sampaio, Raquel Jacinto, Martina S. Burczyk, Cornelia Donow, Max Angenendt, Competence Network for Congenital Heart Defects Investigators, Maja Hempel, Paul Walther, Petra Pennekamp, Heymut Omran, Susana S. Lopes, Stephanie M. Ware, and Melanie Philipp. Imbalanced mitochondrial function provokes heterotaxy via aberrant ciliogenesis. The Journal of Clinical Investigation 2019.
https://doi.org/10.1172/JCI98890

Zelluläre und angiogene Tumor-Dormanz: Tumorzellen ruhen nur vorübergehend

Medizin am Abend Berlin Fazit: Trügerischer Schlaf – auf der Spur ruhender Tumorzellen

Wissenschaft untersucht Dormanz-Mechanismen / Beobachtung des Wachstumsstillstands oder Aufwecken – zwei unterschiedliche Strategien in der Diskussion / Neueste Erkenntnisse auf der 102. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (24.-26.5.2018) 

Frau Prof. Dr. rer. nat. Susanne Sebens, Institut für Experimentelle Tumorforschung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Foto: ©S. Sebens 2017. Frau Prof. Dr. rer. nat. Susanne Sebens, Institut für Experimentelle Tumorforschung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Foto: ©S. Sebens 2017. 
  • Patienten mit bösartigen Tumorerkrankungen können Phasen durchlaufen, in denen Tumorzellen im Körper vorhanden sind, aber keine sichtbare Neubildung von Tumoren feststellbar ist. 
Diesen Zustand bezeichnet die Wissenschaft mit dem englischen Begriff Dormancy oder dem vom Lateinischen abgeleiteten Dormanz. 


„Manche Tumoren ruhen über lange Zeit“, erklärt Prof. Dr. rer. nat. Susanne Sebens, Direktorin am Institut für Experimentelle Tumorforschung in Kiel.

„Nach einer ersten erfolgreichen Therapie kann es Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis es zu einem Rezidiv oder zur Bildung von Metastasen kommt.

Tumorzellen aus dem Ursprungstumor können dort verbleiben oder in andere Organe oder Körperregionen wandern.

Mit der Zeit verändern sie ihre biologischen Eigenschaften so weit, dass sie bösartiger werden, anfangen sich unbegrenzt zu teilen und zu einem sichtbaren Tumor auswachsen. 

Bei Brust- und Prostatakrebs sind zwischen 20 und 45 Prozent der Patienten von einem solchen Krankheitsverlauf betroffen.“


Die Forschung untersucht aktuell die Rahmenbedingungen von Dormanz und die Gründe, warum plötzlich wieder Tumorzellen gebildet werden, die sich vermehrt teilen bzw. Metastasen bilden.

Zelluläre und angiogene Dormanz


Zelluläre und angiogene Dormanz sind zwei der bekannten Mechanismen, die dafür sorgen, dass Tumorzellen vorübergehend ruhen. 
  • „Bei der zellulären Dormanz gehen einzelne Zellen in Wachstumsarrest und teilen sich nicht länger. 
„Hervorgerufen werden kann dieses reversible Ruhestadium zum Beispiel durch Faktoren wie Interferon-gamma, die von der Mikroumgebung freigesetzt werden“, erläutert die Biologin.
  • Bei der angiogenen Dormanz ist eine unzureichende Anzahl an Blutgefäßen vorhanden, um den Tumor mit Nährstoffen und Sauerstoff für seinen Wachstumsprozess zu versorgen. 
„In der angiogenen Dormanz werden keine neuen Gefäße für die Versorgung ausgebildet, wodurch der Tumor in einer symptomlosen und klinisch nicht relevanten Größe verharrt“, sagt Prof. Sebens. 

 „Das Verhältnis zwischen gefäßbildenden und hemmenden Botenstoffen kann sich aber ändern, was dann zum Auswachsen des Tumors führt.“

Entzündliche Veränderungen spielen zentrale Rolle


Welche Faktoren den Wechsel vom Ruhestadium zu unbegrenztem, aggressivem Wachstum bedingen, muss weiter erforscht werden.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass entzündliche Veränderungen im Gewebe eine zentrale Rolle dabei spielen. 

Prof. Sebens: 
„Die Mikroumgebung des Tumors, also unter anderem das Vorhandensein spezieller Proteine oder spezifischer Zelltypen wie Fibroblasten, entscheidet auf vielfältige Weise darüber, wie sich Tumore entwickeln und ob ruhende Tumorzellen wieder ‚aufgeweckt‘ werden.“

Ruhende Tumorzellen können somit einerseits als Krebs ohne Erkrankung bezeichnet werden, stellen aber andererseits auch eine Gefahr für Rezidive oder Metastasenbildung dar.
Daher ist man sich noch nicht sicher, ob es therapeutisch vorteilhafter ist, ruhende Tumorzellen lediglich zu beobachten oder diesen Prozess zu unterbrechen.
„Tumor-Dormanz ist dadurch gekennzeichnet, dass die Zellen nicht auf Chemotherapien ansprechen“, so die Kieler Biologin.
„Wenn der Prozess unterbrochen wird, also beispielsweise durch bestimmte Botenstoffe wie VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) oder Interleukin-6 das Zellwachstum angeregt wird, können möglicherweise Chemotherapien besser wirksam sein.
Noch fehlen aber klinische Daten, um hier Entscheidungen zum Wohl des Patienten zu treffen.“

Neueste Forschungsergebnisse und innovative Ansätze zum Thema Dormanz ist eine der Themen der 102. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie vom 24. bis 26. Mai 2018 in Berlin.
Im Fokus des Kongresses stehen drei Themenschwerpunkte: Tumorevolution und -heterogenität, seltene Erkrankungen sowie digitale Medizin.
Weitere Informationen unter www.pathologie-kongress.com

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Lungenepithelzellen: Chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD

Medizin am Abend Berlin Fazit:  COPD - warum die Lunge nicht mehr heilt?

Bei einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) verliert die Lunge der Betroffenen ihre Fähigkeit, Schäden selber zu beheben. 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), haben nun einen begründeten Verdacht, woran das liegen könnte. 

Im ‚Journal of Experimental Medicine‘ machen sie das Molekül Wnt5a dafür verantwortlich. Ein Erklärvideo mit der Studienleiterin finden Sie unter

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachVideo


Das Molekül Wnt5a ist verantwortlich dafür, dass bei COPD Patienten Strukturen der Lunge (hier dargestellt das Lungenbläschen-Epithel in Grün und Immunzellen in rot) nicht mehr heilen. Das Molekül Wnt5a ist verantwortlich dafür, dass bei COPD Patienten Strukturen der Lunge (hier dargestellt das Lungenbläschen-Epithel in Grün und Immunzellen in rot) nicht mehr heilen.
Quelle: Helmholtz Zentrum München
 
  • Chronischer Husten ist meist das erste Anzeichen einer COPD. 
  • Im weiteren Verlauf kommen eine Verengung der Atemwege und oft ein Lungenemphysem hinzu. 

Das bezeichnet eine nicht umkehrbare Erweiterung und Schädigung der Lungenbläschen. „Der Körper ist nicht in der Lage, die zerstörten Strukturen wieder zu reparieren“, erklärt Dr. Dr. Melanie Königshoff, Leiterin der Abteilung Lungenreparatur und Regeneration (LRR) am Comprehensive Pneumology Center (CPC) des Helmholtz Zentrums München. Sie und ihr Team haben es sich zur Aufgabe gemacht, zu verstehen, wie es dazu kommt.

„In unserer aktuellen Arbeit konnten wir zeigen, dass sich bei einer COPD die Botenstoffe verändern, mit denen die Zellen der Lunge untereinander kommunizieren“, so Königshoff. Konkret stellten die Wissenschaftler fest, dass vermehrt das Molekül Wnt5a produziert wird und den für die Reparatur zuständigen klassischen (der Fachmann sagt kanonischen) Wnt/beta-Catenin-Signalweg stört.*

„Unsere Arbeitshypothese war, dass die Balance zwischen verschiedenen Wnt Botenstoffen im Rahmen einer COPD nicht mehr im Gleichgewicht ist“, so Dr. Hoeke Baarsma, LRR-Wissenschaftler und Erstautor der Studie. 

Entsprechend suchten die Forscher nach möglichen Störsignalen. „Wir fanden sowohl im präklinischen Modell als auch in Gewebeproben von Patienten, dass insbesondere das nicht kanonische Molekül Wnt5a deutlich öfter und in einer veränderten Form in COPD-Geweben vorkommt.“

Auch führten für COPD typische Reize wie etwa Zigarettenrauch, den Autoren zufolge, zu einer vermehrten Produktion von Wnt5a und in der Folge zu einer verschlechterten Regeneration der Lunge.

Im nächsten Schritt konnten die Forscher zeigen, woher das irrläufige Signal stammt: „Es wird von bestimmten Zellen des Bindegewebes produziert, den sogenannten Fibroblasten“, so Baarsma. 
  • Behandelte man Lungenepithelzellen mit dem von den Fibroblasten ausgeschiedenen Wnt5a, so verloren diese ihre Fähigkeit zur Wundheilung. 
Anders herum konnten die Wissenschaftler durch einen gegen Wnt5a gerichteten Antikörper in zwei verschiedenen Versuchsmodellen die Lungenzerstörung verlangsamen und die Lungenfunktion besser aufrechterhalten.

  • „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die klassische Signalweitergabe des Wnt/beta-Catenin-Signalwegs durch den Liganden Wnt5a gestört wird. Das ist ein gänzlich neuer Mechanismus im Zusammenhang mit COPD und könnte zu neuen therapeutischen Ansätzen führen, die dringend zur Behandlung benötigt würden“, ordnet Studienleiterin Königshoff die Ergebnisse ein.

Weitere Informationen

* Der Wnt-Signalweg ist einer von vielen Wegen zur Weitergabe von Signalen, durch die Zellen auf äußere Veränderungen reagieren können. Der Signalweg ist nach seinem Hauptakteur „Wnt“ benannt, einem Signalprotein, das als lokaler Vermittler eine wichtige Funktion bei der Entwicklung verschiedener tierischer Zellen einnimmt. An der kanonischen (klassischen) Weiterleitung der Signale sind zahlreiche Proteine beteiligt, darunter als zentraler zellulärer Botenstoff beta-Catenin

Wirkt Wnt - wie hier beschrieben - durch andere Botenstoffe, so spricht man von einem nicht-kanonischen Signalweg, dieser kann den kanonischen Signalweg negativ beeinflussen.

Hintergrund: Die Abteilung von Melanie Königshoff ist Teil des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL). Dr. Hoeke Baarsma arbeitet als Postdoktorand im Rahmen des Helmholtz Postdoctoral Fellowship Programms (PFP), was durch die Helmholtz Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren geförderten wird.


Dr. Dr. Melanie Königshoff und Dr. Hoeke Baarsma
Dr. Dr. Melanie Königshoff und Dr. Hoeke Baarsma  Quelle: Helmholtz Zentrum München

Original-Publikation: Baarsma, HA et al. (2016): Non-canonical WNT-5A signaling impairs 1 endogenous lung repair in COPD. Journal of Experimental Medicine, doi: 10.1084/jem.20160675

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. http://www.helmholtz-muenchen.de

Die Abteilung Lung Repair and Regeneration gehört dem Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Die Abteilung LRR untersucht neue Mechanismen um Reparaturprozesse der Lungen besser zu verstehen und so neue therapeutische Ansätze zu entwickeln. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung neuer Methoden um die Lücke zwischen der präklinischen Forschung und deren Anwendung am Patienten zu verringern. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL). http://www.helmholtz-muenchen.de/lrr

Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) ist ein nationaler Verbund, der Experten auf dem Gebiet der Lungenforschung bündelt und Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung verzahnt. Standorte sind Borstel/Lübeck/Kiel/Großhansdorf, Gießen/Marburg/Bad Nauheim, Hannover, Heidelberg und München. Ziel des DZL ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz Antworten auf offene Fragen in der Erforschung von Lungenkrankheiten zu finden und damit einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie zu leisten. http://www.dzl.de

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Plötzlichen Herztod von Sportlern - Erbkrankheit arrhytmogene Kardiomyopathie

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Zellmechanismen hinter plötzlichem Herztod von Sportlern aufgedeckt

Die Erbkrankheit arrhytmogene Kardiomyopathie, bei der die Herzmuskulatur nach und nach durch Fettgewebe ersetzt wird, betrifft in Italien im Schnitt einen von 7000 Menschen, in manchen Regionen sogar einen von 2000. 

Bisher war unklar, wie genau es zur charakteristischen Fettansammlung kommt. 

Wissenschaftlern des Centro Cardiologico Monzino in Mailand und des EURAC-Zentrums für Biomedizin gelang es jetzt zu zeigen, dass Vorläuferzellen des Bindegewebes (Fibroblasten) verantwortlich sind: 

Sie verwandeln sich im Laufe der Zeit in Fettzellen. Die vom Mailänder Forschungszentrum koordinierte Studie wurde soeben in der renommierten Fachzeitschrift European Heart Journal veröffentlicht. 
 
Vor allem die Muskulatur der rechten Herzkammer ist von der Verfettung betroffen, die zu zunehmender Herzinsuffizienz führt und bei jungen Menschen und Sportlern häufige Ursache des plötzlichen Herztods unter Belastung ist – der im Spiel zusammengebrochene italienische Fußballprofi Piermario Morosini war ein prominenter Fall.

  • Ist die Krankheit weit fortgeschritten, kann der Patient nur durch eine Transplantation gerettet werden. 

„Jetzt wo wir die Zellen identifiziert haben, die für die Ansammlung von Fett verantwortlich sind, können wir gezielter in Richtung einer Behandlung dieser schweren Krankheit forschen“, erklärt Alessandra Rossini, die an der EURAC für die Studie verantwortlich ist.

Im Zentrum für Biomedizin sind schon pharmakologische Studien in Gang, um ein Medikament zu finden, das die Degenerierung der Fibroblasten verlangsamen oder stoppen kann. 

  • Fibroblasten sind nicht ausdifferenzierte Zellen des Bindegewebes; diese noch nicht spezialisierten Zellen, die in großer Zahl vorkommen, können sich in Knochen-, Muskel- oder Fettzellen verwandeln. 

Dass diese Zellen bei der arrhythmogenen Kardiomyopathie der Ursprung der exzessiven Fettansammlung im Herzen sind, konnten die Forscher sowohl durch In-Vitro-Untersuchungen als auch durch den Vergleich von gesundem und krankem Herzmuskelgewebe nachweisen.


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Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose - IPF

Medizin am Abend Fazit: Neuer Ansatz zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose entdeckt

Forschern am Helmholtz Zentrum München ist es mit einem internationalen Team gelungen, einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung der Idiopathischen Lungenfibrose, einer gefährlichen chronischen Lungenerkrankung, zu identifizieren. Sie erarbeiteten einen neuen Mechanismus der Fibroseentstehung, der eine wichtige Rolle bei der Ausbildung dieser Erkrankung spielt. Diese neuen Erkenntnisse wurden im führenden Fachjournal American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht. 

Bild: Staab-Weijnitz, Eickelberg Bild: Staab-Weijnitz, Eickelberg Copyright: HMGU
 
Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) gehört zu den chronischen Lungenerkrankungen, für die es bis heute keine kausale Therapie gibt.

Zwar weiß man, dass das Lungeninterstitium, also das Bindegewebe zwischen den Lungenbläschen im unteren Teil der Lunge, befallen wird. Es bilden sich dort Ansammlungen von Gewebe, insbesondere von Kollagen, die wie Vernarbungen wirken, welche die Elastizität der Lunge vermindern und die Lungenfunktion allmählich einschränken. 

Patienten mit IPF haben eine extrem schlechte Prognose, sie überleben im Mittel nur 2 bis 3 Jahre nach Diagnose der Krankheit.

Auswertung von Patientendaten

Prof. Dr. Oliver Eickelberg und Dr. Claudia Staab-Weijnitz vom Comprehensive Pneumology Center (CPC) am Helmholtz Zentrum München und ihren Kollegen vom Klini-kum der Universität München und der Yale University School of Medicine ist es nun gelungen, einen neuen Ausgangspunkt zu finden, an dem eine Therapie ansetzen könnte. Zentraler Punkt der Forschungsarbeiten war die Suche nach den Entstehungsmechanismen der IPF. Dazu werteten die Forscher Daten von deutschen Patienten, sowie die einer US-amerikanischen IPF-Kohorte (“Lung Tissue Research Consortium”) aus.

Sie stellten dabei fest, dass in den Lungen von Erkrankten erhöhte Mengen des Proteins FKBP10 zu finden sind. Wenn es gelingt, die Produktion oder die Aktivität dieses Proteins zu hemmen, könnte sich daraus ein neuer Therapieansatz ergeben. 

Es zeigte sich nämlich, dass die Herunterregulierung dieses Proteins in IPF-Fibroblasten* die Kollagensynthese verminderte. 

Damit stellt FKBP10 ein potentielles neues Zielmolekül für die individualisierte Therapie der IPF dar“, sagt Claudia Staab-Weijnitz.

„In Zukunft könnten die Ergebnisse außerdem zu neuen Therapiemöglichkeiten auch für die Behandlung anderer fibrotischer** Erkrankungen führen.“

Neue Wege zum Verständnis der Krankheitsursache

Eickelberg hat die Erforschung der IPF zu einem seiner wissenschaftlichen Schwerpunkte gemacht. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe untersucht er die Entstehungsmechanismen, um Therapien zu entwickeln, die die Ursachen der Erkrankung beheben – und sie so wirklich zu heilen. Kurzfristig geht es zunächst jedoch darum, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern und die Symptome zu lindern. „Mein größter Wunsch ist es, dazu beizutragen, eine wirkungsvolle Therapie, welche das Fortschreiten der IPF komplett verhindert, an den Patienten zu bringen“, sagt Eickelberg. „Diese Ansätze werden am besten in internationalen Verbünden verwirklicht. So entstand diese Ko-operation als direkte Folge eines Aufenthaltes von Prof. Dr. Kaminski (Yale) am CPC durch einen Helmholtz International Fellow Award (HIFA).“

„Mit unserem translationalen Ansatz wollen wir dazu beitragen“, sagt Eickelberg, „das Leid der Patienten mit Lungenerkrankungen zu mildern. “ Im Falle der IPF wollen die Forscher nun ein Drug Screening-Assay etablieren und klinische Studien mit einem FKBP10-Inhibitor, also einem Wirkstoff, der die Bildung oder Aktivität von FKBP10 hemmt, beginnen.

Weitere Informationen

Hintergrund


*Fibroblasten: Es handelt sich dabei um bewegliche, im Bindegewebe vorkommende Zellen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Synthese der extrazellulären Matrix, also des Bindegewebes zwischen den Zellen. Zu den Produkten von Fibroblasten gehört hauptsächlich das Kollagen, das zusammen mit den ebenfalls gebildeten Proteoglykanen für eine erhöhte Festigkeit der extrazellulären Matrix sorgt.

**Fibrotische Erkrankungen gehen mit einer Wucherung des Bindegewebes einher.

Original-Publikation:

Staab-Weijnitz C. A. et al. (2015). FK506-Binding Protein 10 is a Potential Novel Drug Target for Idiopathic Pulmonary Fibrosis, American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine [Epub ahead of print]

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.200 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören.

Das Institut für Lungenbiologie (iLBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Das iLBD führt mit der Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).

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Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg - Tel.: 089-3187-2238 - Fax: 089-3187-3324 - E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de

Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Lungenbiologie, Comprehensive Pneumology Center - E-Mail: oli-ver.eickelberg@helmholtz-muenchen.de

Location Neuherberg: Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg, Tel.: +49-89-3187-4666
Location Großhadern: Max-Lebsche-Platz 31, 81377 München

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://Link zur Original-Publikation:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26039104

http://Webseite des Comprehensive Pneumoloy Center:
http://www.helmholtz-muenchen.de/ilbd/index.html

360° TOP-Thema: Herpes Viren: Schwere Lungenentzündung / Gehirnentzündung

Medizin am Abend Fazit:   Herpesviren in Aktion

Wie Herpesviren die Molekularbiologie menschlicher Zellen in Unordnung bringen: Wissenschaftler aus Würzburg, Cambridge und München präsentieren in „Nature Communications“ neue Ergebnisse. Sie stellen damit frühere Erkenntnisse der Virenforschung in Frage. 
 
Wenn eine Erkältung im Anmarsch ist, merken das viele Leute daran, dass ihre Lippen anfangen zu jucken. Grund dafür ist das Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1). Es verursacht beim Menschen die harmlosen Lippenbläschen, doch es kann auch lebensbedrohlich werden.  

So führt das Virus zum Beispiel bei Patienten auf Intensivstationen zu schweren Lungenentzündungen.

Bei Gesunden kann es spontan eine Gehirnentzündung verursachen, die häufig irreversible Gehirnschäden nach sich zieht.

Das Erbmaterial des Virus besteht aus DNA, wie beim Menschen. Sobald es in menschliche Zellen eingedrungen ist, schleust es sein Erbgut in den Zellkern ein. Dort befindet sich die molekulare Maschinerie, mit der genetische Information von der DNA abgelesen und in RNA-Moleküle umgeschrieben wird. Diese RNA bestimmt dann, welche Proteine von der Zelle gebildet werden.

Im Zellkern übernimmt das Virus innerhalb weniger Stunden nach der Infektion die vollständige Kontrolle über diese Maschinerie. Es nutzt sie dazu, um die eigenen Proteine von der Zelle produzieren zu lassen und sich massenhaft zu vermehren. Die Bildung zelleigener Proteine wird so schnell zur Nebensache. Am Ende stirbt die Wirtszelle ab und entlässt Tausende neuer Viren, die wieder andere Zellen infizieren.

Ablesen der menschlichen DNA wird gestört

Virologen um Professor Lars Dölken von der Uni Würzburg stellen jetzt in Kooperation mit dem Bioinformatik-Team von Professorin Caroline Friedel (LMU München) neue Details aus diesem Prozess vor. Ihre Arbeiten sind im Journal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Die Forscher haben in Zellkulturen analysiert, wie eine Infektion menschlicher Bindegewebszellen (Fibroblasten) mit HSV-1 zeitlich verläuft und was dabei mit der Gesamtheit der RNA-Moleküle in den Zellen passiert. Dabei setzten sie eine neue Methode ein. Mit ihr können sie zu bestimmten Zeiten nach dem Beginn der Infektion die gebildeten RNA-Moleküle selektiv aufreinigen und mit Hochdurchsatz-Sequenzierung untersuchen.

Schon drei bis vier Stunden nach der Infektion konnten die Wissenschaftler einen völlig unerwarteten Effekt beobachten: Der Ablesevorgang an der menschlichen DNA stoppt nicht mehr an den vorgesehenen Stellen, sondern läuft einfach weiter, und das oft über mehrere benachbarte Gene hinweg.  

So entstehen massenhaft unbrauchbare RNA-Produkte, die nicht mehr ordnungsgemäß zu Proteinen weiterverarbeitet werden.

Die DNA des Virus wird dagegen völlig korrekt abgeschrieben. So verhindert das Virus wahrscheinlich Abwehrreaktionen der Wirtszelle und erhöht die Produktion seiner eigenen Proteine.

Hunderte Gene werden geweckt, bleiben aber stumm

Der neu entdeckte Mechanismus kann den Anschein erwecken, dass das Virus sehr viele Gene in der Zelle zusätzlich aktiviert – was aber nicht stimmt. „Experimentelle Daten wurden daher in der Vergangenheit wahrscheinlich falsch interpretiert“, so die Schlussfolgerung der Forscher. Ihren Erkenntnissen zufolge sind Hunderte von zellulären Genen, die von den Viren scheinbar aktiviert werden, selbst acht Stunden nach der Infektion nicht in Proteine übersetzt. „Abweichend von anderen Studien fanden wir zudem keinen Hinweis darauf, dass die Viren die Weiterverarbeitung der RNA im Zellkern, das so genannte Splicing, generell hemmen“, so Dölken. Stattdessen komme es zu ungewöhnlichen Splice-Vorgängen, die bisher so noch nicht beschrieben waren.

Das Forschungsteam aus Würzburg, Cambridge und München hat mit dieser Arbeit einen methodischen Meilenstein gesetzt: Mit einem einzigen experimentellen Ansatz ist es möglich, die Gesamtheit der Veränderungen beim Ablesen und der Weiterverarbeitung der RNA sowie deren Auswirkungen auf die Proteinproduktion zu erfassen.

„Wide-spread disruption of host transcription termination in HSV-1 infection“, Andrzej J. Rutkowski, Florian Erhard, Anne L’Hernault, Thomas Bonfert, Markus Schilhabel, Colin Crump, Philip Rosenstiel, Stacey Efstathiou, Ralf Zimmer, Caroline C. Friedel, Lars Dölken. Nature Communications, 20. Mai 2015, DOI: 10.1038/ncomms8126


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Prof. Dr. Lars Dölken, Institut für Virologie und Immunbiologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, T (0931) 31-88185, lars.doelken@vim.uni-wuerzburg.de

Prof. Dr. Caroline Friedel, Institut für Informatik (Bioinformatik), Ludwig-Maximilians-Universität München, T (089) 2180-4056, Caroline.Friedel@bio.ifi.lmu.de
Robert Emmerich Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Behandlungsmöglichkeiten von schmerzreichen Gelenk- und Knochenerkrankungen

Medizin am Abend Fazit: Arthritis: Zusammenwirken von Gehirn und Immunsystem

Wissenschaftler aus Jena, Erlangen, Nürnberg und Berlin erforschen bessere Behandlungsmöglichkeiten für chronisch schmerzende Knochen- und Gelenkerkrankungen. Sie untersuchen dabei, wie dass Gehirn die Immunprozesse beeinflusst, die die krankhaften Veränderungen in den Gelenken bewirken, und wie das Immunsystem zur Entstehung der Schmerzen beiträgt. Ziel ist es, die Wechselwirkungen zwischen nerven- und Immunsystem besser zu verstehen und therapeutisch nutzbar zu machen. Der Förderbescheid für den Verbund „Neuroimmunologie und Schmerz“ wurde heute (27.4.2015) von Stefan Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, übergeben. 


Die Wissenschaftlerin Dr. Sylvia Müller bearbeitet im Durchflusszytometrielabor eine  immunologische Fragestellung des Verbundes.
 Die Wissenschaftlerin Dr. Sylvia Müller bearbeitet im Durchflusszytometrielabor eine immunologische Fragestellung des Verbundes. Foto: Michael Szabo, UKJ
 
Europaweiten Studien zufolge leidet etwa jeder fünfte Erwachsene an chronischen Schmerzen, meist im Rücken oder den Gelenken. Neben der individuellen Belastung für die Betroffenen stellt das ein enormes gesundheitsökonomisches Problem dar. Ein jetzt gestarteter Verbund von Immunologen, Schmerzforschern, Orthopäden und Rheumatologen verfolgt mit einem translationalen Ansatz das Ziel, die Behandlung solcher chronischer Schmerzen zu verbessern.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den auf vier Jahre angelegten Forschungsverbund mit insgesamt 3,8 Millionen Euro. „Wir unterstützen den Aufbau interdisziplinärer Forschungsverbünde zu Erkrankungen des Bewegungsapparats. Ziel der Verbünde ist es, gemeinsam Behandlungsmethoden und Präventionsansätze zu verbessern. Entscheidend ist, dass die Forschungsergebnisse rasch in der Patientenversorgung ankommen“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Stefan Müller, heute (27.4.2015) bei der Übergabe des Förderbescheides in Jena.


Stefan Müller (li.) überreichte den Förderbescheid an den Verbundkoordinator Prof. Dr. Hans-Georg Schaible.
 Stefan Müller (li.) überreichte den Förderbescheid an den Verbundkoordinator Prof. Dr. Hans-Georg Schaible. Foto: Michael Szabo, UKJ


„Bei schmerzreichen Gelenk- und Knochenerkrankungen wie Arthritis und Rheuma, aber auch bei Osteoporose beeinflusst das Nervensystem das Krankheits- und Entzündungsgeschehen. Die Krankheitsprozesse und das Immunsystem haben wiederum langfristig einen prägenden Einfluss auf Schmerzempfinden und Schmerzgedächtnis“, erklärt Prof. Dr. Hans-Georg Schaible, Neurophysiologe am Universitätsklinikum Jena, der den Verbund koordiniert. „Diese Wechselwirkung von Nerven- und Immunsystem wollen wir besser verstehen und auf Ansatzpunkte für die bessere Behandlung der chronischen Schmerzen untersuchen.“

Ein Teilprojekt in Erlangen erfasst beispielsweise die schmerzbedingte Hirnaktivität bei chronischer Arthritis mittels Magnetresonanzbildgebung. Die Wissenschaftler wollen dabei herausfinden, ob sich diese Schmerzaktivität im Gehirn ändert, wenn Entzündungsbotenstoffe blockiert werden. Eventuell lassen sich durch die Neutralisation dieser Zytokine sogar Veränderungen der Hirnstruktur, die durch den chronischen Arthritisschmerz eingetreten sind, rückgängig machen.

Ob und wie schnell sich die Hirnaktivität bei der medikamentösen Neutralisation der Entzündungsstoffe ändert, erlaubt möglicherweise auch eine Voraussage darüber, ob sich so der ansonsten in den betroffenen Gelenken fortschreitende Krankheitsprozess langfristig aufhalten lässt.

Der Projektteil der Immunologen am Uniklinikum Jena beschäftigt sich mit den Mechanismen der Arthritis, insbesondere mit der Steuerung von Fibroblasten und Osteoklasten durch das autonome Nervensystem. Diese Zellen sind maßgeblich an der fortschreitenden Gelenkerstörung beteiligt. „Wir wissen, dass die Aktivität von Lymphozyten und Makrophagen als wichtigen Zellen des Immunsystems vom autonomen Nervensystem moduliert werden. Noch ist unbekannt, ob das bei nsynovialen Fibroblaste und Osteoklasten auch der Fall ist“, beschreibt Prof. Dr. Thomas Kamradt seinen Ansatz. „Von der gezielten Beeinflussung der neuronalen Prozesse und der Kombination mit Wirkstoffen gegen die Entzündung und gegen den Gewebeabbau versprechen wir uns eine bessere Behandlung der Arthritis.“

Weitere Teilprojekte untersuchen zum Beispiel die Rolle des peripheren Nervensystems bei der Heilung von Knochenbrüchen, die typisch sind für Osteoporose, oder, wie das körpereigene Opioidsystem bei Arthritis reguliert wird. Zum Verbund gehört auch eine klinische Studie, die an der Charitè durchgeführt wird.

Darin wollen die Berliner Rheumatologen testen, ob Entzündungsgrad und Schmerzen bei Arthritispatienten durch eine Gabe von Morphin direkt in das betroffene Gelenk gelindert werden können.

Das Forschungsprogramm der Wissenschaftler baut auf den Ergebnissen früherer gemeinsamer Kooperationen auf und zielt auf die Überführung im Labor gewonnener Erkenntnisse in klinische Projekte. „Wir arbeiten daraufhin, dass die Wechselwirkungen von Nerven- und Immunsystem bei muskoloskelettalen Erkrankungen größeren Eingang in umfassende klinische Studien finden“, so Professor Schaible.


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Hans-Georg Schaible
Institut für Physiologie I,
Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641-938810
E-Mail: Hans-Georg.Schaible[at]med.uni-jena.de

Dr. Uta von der Gönna Universitätsklinikum Jena