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Chronische Nierenerkrankungen - CKD

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Chronische Nierenkrankheit (CKD): Sex- und Gender-spezifische Einflüsse immer mitdenken

Frauen mit einer chronischen Nierenkrankheit (CKD) erhalten eine schlechtere medizinische Versorgung als Männer: 

weniger Früherkennung, 

weniger Medikamente,

weniger Dialysen. 

Dies zeigen aktuelle klinische Studien (1, 2). 

Für diese Unterschiede sei nicht allein das verschiedene biologische Geschlecht ausschlaggebend. 

Vielmehr stünden hier Genderaspekte wie Unterschiede in Wahrnehmung und Umgang mit Erkrankungen im Zentrum, sagt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN).

In Europa und den USA leiden etwa 10 bis 15 % der erwachsenen Bevölkerung an chronischer Nierenerkrankung (CKD) (1). 

Die CKD ist eine schwere Erkrankung, bei der die Nierenfunktion immer weiter abnimmt. 

Im Endstadium (G5) hat die Niere ihre Funktion unwiederbringlich verloren, Betroffene sind dann auf eine regelmäßige Blutreinigung per Dialyse oder eine Nierentransplantation angewiesen.  

  • Auslöser einer CKD können Infekte, regelmäßige Einnahme von bestimmten Schmerzmedikationen (sogenannte NSAR), Autoimmunerkrankungen, eine genetische Veranlagung und vor allem Diabetes mellitus und Bluthochdruck sein. 

„Zur Früherkennung und Behandlung gehören regelmäßige Untersuchungen etwa auf das Protein Albumin im Urin, die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (eGFR) sowie eine stadiengerechte adäquate medikamentöse Therapie“, sagt Professor Dr. med. Julia Weinmann-Menke, der DGfN.

„Wir sehen derzeit mehr Frauen als Männer mit erniedrigter Nierenfunktion“, erklärt Weinmann-Menke, die Leiterin der Klinik für Nephrologie, Rheumatologie und Nierentransplantation (NTX) und der SLE-Ambulanz am Universitätsklinikum Mainz ist. 

Dennoch erhalten an einer CKD erkrankte Frauen eine schlechtere Versorgung als Männer, wie eine schwedische Studie zeigen konnte (4). 

Von der Diagnostik über die fachspezifische Betreuung bis hin zur medikamentösen Therapie deckte die Untersuchung deutliche Defizite in der Behandlung von CKD-betroffenen Frauen im Vergleich zu Männern auf. 

„Besonders bedenklich ist, dass die Versorgung von Frauen über einen 18-monatigen Nachbeobachtungszeitraum hinsichtlich nahezu aller Versorgungsmaßnahmen schlechter ausfiel als bei Männern“, so die Nieren-Expertin. 

So war bei ihnen die Wahrscheinlichkeit geringer, dass wichtige Marker von Nierengesundheit bestimmt wurden, selbst wenn Risikofaktoren wie Diabetes oder Hypertonie vorlagen. 

Diese Unterschiede traten auch bei Frauen mit bestätigter CKD bei der Wiederholungsuntersuchung auf. Zudem erhielten Frauen in der genannten Studie seltener eine Behandlung mit adäquaten Medikamenten wie RAS-Hemmern und Statinen.

Über diesen Missstand berichtete auch eine große kanadische Studie mit über 46.000 CKD-Patientinnen und -Patienten. Die Untersuchung des Canadian Primary Care Sentinel Surveillance Network (CPCSSN) zeigte, dass chronisch nierenerkrankte Männer häufiger eine leitliniengerechte Therapie erhalten als Frauen (5). „Bis Betroffene endlich die richtige Diagnose und dann auch eine leitliniengerechte Therapie erhalten, haben die Nieren möglicherweise schon teilweise ihre Funktion verloren“, gibt Weinmann-Menke zu bedenken. Schon länger sei bekannt, dass für Frauen die Gefahr eines verspäteten Dialysebeginns und damit einhergehend das Sterblichkeitsrisiko vor Dialysebeginn höher ist als bei Männern (6).

Gendersensibilität: bei CKD überlebenswichtig

Diese Unterschiede ließen sich nicht allein mit dem verschiedenen biologischen Geschlecht (englisch: „sex") erklären, so Weinmann-Menke. „Ausschlaggebend sind Gender-Aspekte, also vor allem soziale Faktoren, die das Verhalten von Patientinnen und Patienten sowie das der behandelnden Ärzteschaft beeinflussen.“

Körperliche Beschwerden von Frauen würden häufiger als bei Männern als psychische Signale gedeutet und entsprechend anders behandelt, nennt Weinmann-Menke ein Beispiel. 

Auch das Geschlecht der Behandelnden selbst spiele eine Rolle.

Es gebe zu wenig Wissen und Awareness im Hinblick auf geschlechtssensible Medizin, kritisiert sie. In klinischen Studien etwa würden auch heute noch die Ergebnisse zu selten nach geschlechtsspezifischen Aspekten analysiert. Zudem waren früher Frauen häufig von vorneherein aus den Probandenkollektiven ausgeschlossen. Viele der damals getesteten Medikamente sind aber heute noch im klinischen Einsatz. „Wenn das biologische Geschlecht bei der Betrachtung von Krankheiten nicht einfließt, wird der Einfluss bei ‚typisch männlichen' Krankheiten unterschätzt und bei Krankheiten, die häufiger bei Frauen auftreten, überschätzt“, stellt die Mainzer Expertin fest. Gleichzeitig empfiehlt auch die internationale KIDIGO-Leitlinie (3), dass Sex- und Gender-spezifische Einflüsse bei Diagnostik, Therapie und Prognose berücksichtigt werden sollten. Hierzu zählen sowohl Geschlechts(sex)-abhängige Unterschiede in Genetik, Physiologie, Immunologie und Anatomie als auch Gender-Unterschiede (Identität, Rollenverhältnisse, Beziehungen).

Umdenken für eine bessere Versorgung aller Nierenerkrankten

Die Anwendung von sogenannten Gender Scores könnte helfen, den Einfluss von kulturellen, gesellschaftlichen und psychologischen Faktoren auf die Versorgung nicht nur von CKD-Patienten zu erkennen, so Weinmann-Menke weiter. „Die Erfassung des biologischen Geschlechts gehört deshalb in die klinische Routine und in prospektive Studien“, betont auch Dr. med. Nicole Helmbold, Generalsekretärin der DGfN. „Die Zahl der Menschen mit CKD wird in den nächsten Jahren weltweit und in Deutschland stark zunehmen (7, 8).“ Umso wichtiger sei es, jetzt alle Potenziale bezüglich Prävention, Früherkennung und Therapie auszuschöpfen und den Wissensstand durch eigene Daten und Forschungsvorhaben in Deutschland zu verbessern. „Daher setzen wir uns für die Einrichtung eines Deutschen Zentrums für Nierengesundheit ein. Hierunter ist ein Forschungsnetzwerk zu verstehen, das die Forschung - auch zu diesem Thema - weiter vorantreibt“, so Helmbold.

Quellen:

(1) Stracke, S., Töpfer, P., Ittermann, T. et al. Geschlechtsunterschiede in der ambulanten Versorgung von Menschen mit chronischer Nierenkrankheit. Nephrologie 19, 34–40 (2024). https://doi.org/10.1007/s11560-023-00698-8

(2) Lösment, A., Kuhlmann, M.K. Geschlechtsspezifische Aspekte bei Dialysepatient:innen. Nephrologie 19, 28–33 (2024). https://doi.org/10.1007/s11560-023-00697-9

(3) KDIGO 2024, Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease, Volume 1045,|Ussue 4S, April 2024.https://kdigo.org/wp-content/uploads/2024/03/KDIGO-2024-CKD-Guideline.pdf

(4) Swartling O, Yang Y, Clase CM et al. (2022) Sex differences in the recognition, monitoring, and management of CKD in health care: an observational cohort study. Journal of the American Society of Nephrology 33:1903-1914

(5) Bello AK, Ronksley PE, Tangri N et al. (2019) Quality of chronic kidney disease management in Canadian primary care. JAMA network open 2:e1910704-e1910704

(6) Hecking M, Bieber BA, Ethier J, Kautzky-Willer A, Sunder-Plassmann G, Säemann MD, Ramirez SP, Gillespie BW, Pisoni RL, Robinson BM, Port FK. Sex-specific differences in hemodialysis prevalence and practices and the male-to-female mortality rate: the Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS). PLoS Med. 2014 Oct 28;11(10):e1001750. doi: 10.1371/journal.pmed.1001750. PMID: 25350533; PMCID: PMC4211675

(7) Kovesdy CP: Epidemiology of chronic kidney disease: an update 2022. Kidney Int Suppl (2011) 2022; 12: 7–11 https://doi.org/10.1016/j.kisu.2021.11.003

(8) Foreman KJ, Marquez N, Dolgert A, et al.: Forecasting life expectancy, years of life lost, and all-cause and cause-specific mortality for 250 causes of death: reference and alternative scenarios for 2016–40 for 195 countries and territories. Lancet 2018; 392: 2052–90 DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(18)316

Terminhinweis:

16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN)
Motto: „Neue Nephrologie“

Termin: 26. – 29. September 2024
Ort: ECC Berlin (Estrel Congress Center)
Adresse: Sonnenallee 225, 12057 Berlin
www.nephrologie-kongress.de 

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Prof. Markus van der Giet: Die Therapie einer beginnenden hypertonieassoziierten, chronischen Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neue ESH-Leitlinie: Bei Hochdruckpatientinnen und -patienten muss regelmäßig die Albumin-Kreatinin-Ratio erhoben werden

Die Vermeidung von hypertonieassoziierten Folgekrankheiten steht im Zentrum der neuen Bluthochdruckleitlinie der „European Society of Hypertension“ (ESH). 

  • Besonders hervorgehoben wird die Sekundärprävention im Hinblick auf die chronische Nierenkrankheit (CKD). 
  • Die Leitlinie empfiehlt, bei Erstdiagnose der Hypertonie die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) und – das ist neu – auch die Albuminurie zu erheben. 

Letztere ermögliche erst eine „echte“ CKD-Früherkennung. 

  • Bei Hypertoniepatientinnen und -patienten ohne Nierenschädigungen bei Erstdiagnose sollen die Untersuchungen alle drei Jahre wiederholt werden. 

Bei jenen, die bei Erstdiagnose Nierenschädigungen aufweisen, engmaschiger.

Die neuen Hypertonie-Leitlinien der „European Society of Hypertension“ (ESH), die „2023 ESH Guidelines for the Management of Arterial Hypertension“ [1], setzen einen Fokus auf die Vermeidung von Folgeschäden der Hypertonie. 

Empfohlen wird ein umfassendes Screening nach hypertonie-assoziierten Folgeschäden, darunter auch Nierenschäden.

„Wenn man bedenkt, dass Hypertonie nach Diabetes mellitus die häufigste Ursache für eine chronische Nierenkrankheit ist und etwa ein Drittel aller Dialysefälle auf das Konto von Bluthochdruck gehen, wird das Potenzial der Sekundärprävention durch die Früherkennung und rechtzeitige Therapie der Hypertonie deutlich“, erklärt Prof. Markus van der Giet, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. 

„Es ist gut, dass die Leitlinie nun die Erhebung der Nierenparameter fest in das Patienten-Work-up von Menschen mit Hypertonie integriert hat.“

  • Die neuen Leitlinien empfehlen bei Erstdiagnose der Hypertonie die Erhebung der Nierenfunktion (eGFR nach EPI-CKD-Formel), einen Ultraschall der Nieren sowie die Bestimmung des Albuminverlusts über die Niere im spontanen Morgenurin. 

Prof. Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN), zeigt sich besonders erfreut über die Empfehlung zur Urinuntersuchung: „Die Leitlinie hebt hervor, dass die eGFR und die Albumin-Kreatinin-Ratio zwei unabhängige Risikofaktoren sind. 

Bisher wurde die Erhebung der Albumin-Kreatinin-Ratio im Urin nur vorgenommen, wenn die eGFR bereits eingeschränkt und die Nieren schon geschädigt waren. 

Eine erhöhte Albuminurie zeigt aber schon frühzeitig und auch unabhängig von der eGFR einen Nierenschaden an und ist somit ein echter Früherkennungsmarker. Die DGfN setzt sich seit Jahren dafür ein, diesen Marker auch in die allgemeinen Check-up-Untersuchungen zu integrieren – bisher vergeblich. Wir werten die aktuelle Leitlinie so, dass sich hier nun endlich ein Paradigmenwechsel abzeichnet.“

Sowohl Prof. Weinmann-Menke als auch Prof. van der Giet betonen aber, dass die Therapie einer beginnenden hypertonieassoziierten, chronischen Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis erfolgen kann. 

„Oft ist allein die medikamentöse Blutdrucksenkung ausreichend, um das Fortschreiten der Nierenschädigung zu stoppen.“ 

  • Eine Überweisung zur Nephrologin/zum Nephrologen ist nach Ansicht beider erst zu empfehlen, wenn die Nierenfunktion unter 60 ml/min/1,73 m2 liegt oder Blut im Urin ist, das nicht durch eine urologische Erkrankung erklärbar ist, nennenswerte Mengen Eiweiß im Urin sind,
  • der Blutdruck auch mit drei Medikamenten nicht zu kontrollieren ist, die Nierenfunktion rasch abnimmt oder ein begründeter Verdacht auf eine spezifische Nierenerkrankung vorliegt (z. B. eine polyzystische Nierenerkrankung).

In den neuen ESH-Leitlinien ist auch ein Kapitel zur Blutdruckeinstellung bei Menschen mit chronischer Nierenkrankheit (CKD) zu finden. 

Bei CKD-Patientinnen und -Patienten ohne Albuminurie sollte der Blutdruck in den Bereich 130/70–139/79 mmHg abgesenkt werden. 

Bei Vorliegen einer Albuminurie über 150 mg/Tag wird eine Senkung auf unter 130/80 mmHg empfohlen.

Bei Hypertoniepatientinnen und -patienten, die bei Erstdiagnose keine hypertonieassoziierten Organschädigungen aufweisen, empfehlen die Leitlinien alle drei Jahre die erneute Durchführung der Screeninguntersuchungen. Bei Patientinnen und Patienten mit vorbestehenden Schädigungen sollte das Screening engmaschiger erfolgen, wobei die Leitlinien keine genauen Zeitangaben machen. „Wir Nephrologinnen und Nephrologen empfehlen bei Hypertoniepatientinnen und -patienten mit leichten Nierenschädigungen die jährliche Erhebung der eGFR und der Albumin-Kreatinin-Ratio. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Zeitfenster für den Einsatz moderner Medikamente wie z. B. SGLT2-Inhibitoren, die den Nierenfunktionsverlust wirksam aufhalten können, nicht verpasst wird. Denn diese Medikamente dürfen initial nur verschrieben werden, wenn die eGFR noch nicht unter 25 ml/min/1,73 m2 liegt“, sagt Prof. van der Giet.

Das abschließende Fazit des Experten lautet: 

„Die neuen Leitlinien sind im Hinblick auf die Sekundärprävention ein Meilenstein und werden dazu beitragen, dass weniger Menschen infolge ihrer Hypertonie schwer nierenkrank werden und einer Nierenersatztherapie bedürfen.“

[1] 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA) and the International Society of Hypertension (ISH). J Hypertens. 2023 Jun 21. doi: 10.1097/HJH.0000000000003480. Epub ahead of print. PMID: 37345492.
https://journals.lww.com/jhypertension/Abstract/9900/2023_ESH_Guidelines_for_the...

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Chronische Nierenkrankheit: Prognostischer Marker zur Fortschreitung der CKD

Medizin am Abend Berlin Fazit: Neuer Marker sagt möglicherweise voraus, ob eine Nierenkrankheit voranschreitet

11 von 100 Menschen sind von einer chronischen Nierenkrankheit betroffen. 

Bei der Mehrzahl der Betroffenen schreitet die Erkrankung aber nicht weiter voran, bei einigen Patienten kommt es allerdings zu einer rasanten Verschlechterung, wenn nicht frühzeitig therapiert wird. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Apotheke vor Ort 

Das bisherige Dilemma: 

  • Es ist kaum sicher vorherzusagen, bei welchem Patienten die Nierenkrankheit progredient verläuft und bei welchem nicht. 

Das Universitätsklinikum des Saarlands publizierte nun wegweisende Daten, denen zufolge das DKK3 (Dickkopf 3)-Protein ein verlässlicher prognostischer Marker für eine fortschreitende Nierenkrankheit ist. 
 
Etwa 11% der Bevölkerung sind von einer chronischen Nierenkrankheit (Grad 1-5) betroffen [1], doch es müssen nicht alle behandelt werden. Höheres Alter geht häufig mit einer Einschränkung der Nierenfunktion einher, ohne dass diese klinisch relevant ist.

  • Aber natürlich möchte man nicht, dass die Nierenfunktion unbemerkt kontinuierlich weiter abfällt. 

Daher erfolgt in der Regel, wenn Grad 3 der Nierenerkrankung erreicht ist (GFR unter 60 ml/min/1,73 m2 liegt), eine engmaschigere Kontrolle bei Hausarzt und bei Bedarf (z.B., wenn andere Krankheitszeichen wie Eiweiß oder Blut im Urin hinzukommen) auch eine Überweisung zum Nierenspezialisten (Nephrologen).

Ein bislang großes Problem war, dass man kaum unterscheiden konnte, bei welchen Patienten eine leichtgradige Nierenfunktionseinschränkung stabil bestehen bleibt und somit weitgehend unkritisch ist – und bei welchen Patienten hingegen die Funktion des Organs rasant abnimmt und früher oder später zur Dialysepflichtigkeit führt.

Nach Lehrbuch ist das klassische Bild einer fortschreitenden chronischen Nierenkrankheit (CKD) zwar durch eine höhergradige Eiweißausscheidung im Urin (Albuminurie/Proteinurie) und Nierenfunktionsverlust gekennzeichnet, aber bei vielen Patienten, beispielsweise bei Patienten mit Zystennieren oder Diabetes mellitus, kommt es oft gar nicht zu einer Albuminurie/Proteinurie, häufig nicht einmal bis zum Erreichen des Endstadiums der Nierenkrankheit, wenn die Patienten nicht mehr ohne Nierenersatztherapie (Dialyse oder Transplantation) leben können [2, 3]. 
  • Aus dem Universitätsklinikum des Saarlands kommt nun eine bahnbrechende Entdeckung, ein Biomarker, mit dessen Hilfe Nierenpatienten identifiziert werden können, bei denen die Erkrankung voranschreitet und die einer intensiven Therapie bedürfen.
  • Das pathomorphologische Korrelat einer fortschreitenden Nierenkrankheit ist die tubulointerstitielle Fibrose, eine „Vernarbung“ des Nierengewebes, deren Entstehungs-mechanismen intensiv erforscht wurden. 
Es sind u.a. DKK (Dickkopf)-Proteine, die die Signalkette, die zur Fibrose führt, anstoßen. 

Das profibrotische Glykoprotein DKK3 wird unter Stressbedingungen von bestimmten Nierenzellen (renalen Tubuluszellen) abgesondert. 

In tierexperimentellen CKD-Modellen und bei Patienten mit einer sicher nachgewiesenen chronischen Nierenkrankheit fand sich eine starke Korrelation zwischen der DKK3-Konzentration im Urin und der Ausprägung einer tubulointerstitiellen Fibrose [4].

Neue Daten der Homburger Arbeitsgruppe, die auf dem europäischen Nierenkongress in Kopenhagen präsentiert wurden [5], zeigten nun, dass DKK3 auch als Marker der CKD-Progression verwendet werden kann.

Evaluiert wurde der Marker an 575 Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen verschiedener Ursachen, an 96 Teilnehmern der STOP-IGAN-Studie und an 481 Teilnehmern einer Querschnittsstudie in der Allgemeinbevölkerung.

Der mediane DKK3-/Kreatinin-Quotient war bei CKD-Patienten signifikant höher als in der Allgemeinbevölkerung (431 vs. 33 pg/mg). Außerdem korrelierten die DKK3-Konzentrationen im Urin signifikant mit der CKD-Progression. Eine DKK3-Konzentration >1.000 pg/mg Kreatinin ging mit einem mittleren jährlichen GFR-Verlust von 2,4% einher (p=0,007) und eine Konzentration >4.000 pg/mg Kreatinin mit einem Verlust von 7,6% (p<0.001), und zwar unabhängig von der eGFR und Albuminurie. Am untersuchten Studienkollektiv der STOP-IgAN-Studie konnte gezeigt werden, dass während der sechsmonatigen Run-in-Phase DKK3-Konzentrationen im Urin von über 1.000 pg/mg Kreatinin sogar mit einen eGFR-Abfall von 12,2% (95% CI: -16.9 to -7.4%; p<0,003) assoziiert waren.

Auch zeigte sich, dass danach, in den ersten sechs Monaten der Behandlungsphase, ein Anstieg von DKK3 im Urin mit einem signifikanten eGFR-Abfall einherging (p=0,001), stabile oder fallende DKK3-Konzentrationen hingegen auf einen eher günstigen Verlauf der Nierenkrankheit hindeuteten.

  • „Unsere Studie zeigte, dass DKK3 im Urin die Patienten identifizieren kann, die ein hohes Risiko für das Fortschreiten der Nierenerkrankung haben. 

Damit haben wir einen Biomarker, der Hochrisiko-Nierenpatienten erkennt und eine gezielte Versorgung ermöglicht“, erklärt Studienleiter, Professor Danilo Fliser, Homburg/Saar.

Zur Bestimmung von DKK3 steht ein ELISA-Test zur Verfügung, die Bestimmung bieten viele größere Labore an und die Kosten werden bereits von vielen Krankenkassen übernommen.

Professor Jan C. Galle, Lüdenscheid, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, ergänzt: „Wenn sich diese Studienergebnisse im klinischen Alltag bestätigen, ist DKK3 ein Meilenstein für die Nephrologie. 

Derzeit haben wir das Problem, dass zwar elf von 100 Menschen eine Nierenkrankheit aufweisen, diese aber nicht bei allen behandelt werden muss. 

Das führt dazu, dass Nierenkrankheiten oft auf die leichte Schulter genommen und nicht engmaschig beobachtet werden. 

Es rutschen dann immer wieder auch Patienten durch, bei denen die Nierenkrankheit rasant voranschreitet.

Wir Nephrologen sehen regelmäßig Patienten, bei denen wir mit der Dialysebehandlung anfangen müssen, die aber bis vor wenigen Monaten oder gar Wochen nicht einmal wussten, dass ihre Nieren krank sind. 

  • Wäre das früher bekannt gewesen, hätte man bei diesen Patienten das Fortschreiten der Erkrankung medikamentös verlangsamen und die Dialysepflichtigkeit deutlich hinausschieben können. 

Ein Frühmarker wie DKK3 würde helfen, die Patienten, die einer Therapie bedürfen, frühzeitig zu erkennen, und die Einleitung einer effizienten nephrologischen Primärprävention zu ermöglichen.“

[1] GBD 2013 Mortality and Causes of Death Collaborators. Lancet. 2015 Jan 10;385(9963):117-71
[2] Eckardt KU, Alper SL, Antignac C et al. Kidney Int 2015; 88(4): 676-83
[3] Porrini E, Ruggenenti P, Mogensen CE et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2015; 3(5): 382-91
[4] Federico G, Meister M, Mathow D et all JCI Insight 2016; 1(1): e84916
[5] Stephen Zewinger, Thomas Rauen, Michael Rudnicki et al. DKK3 IN URINE IDENTIFIES PATIENTS WITH PROGRESSIVE CHRONIC KIDNEY DISEASE. ERA-EDTA Congress 2018. Publication Number: LB06

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360° TOP - Hinweis: Chronische Nierenerkrankung - CKD: Nordostdeutschland - Vorpommern

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Prävalenz der chronischen Nierenerkrankung europaweit am höchsten in Vorpommern?

So das Ergebnis einer aktuell im JASN publizierten Studie. DGfN unterstreicht die Forderung nach einem Register. 
 
  • Etwa 10% der europäischen Bevölkerung ist von einer chronischen Nierenerkrankung („chronic kidney disease“/CKD) – sei es nun leichtgradig oder im Endstadium mit Bedarf einer Nierenersatztherapie (Dialyse oder Nierentransplantation) – betroffen.
Bislang ging man davon aus, dass die Verteilung zwischen einzelnen europäischen Regionen relativ homogen sei. 

Eine aktuelle Studie [1], die in der Zeitschrift JASN, dem Organ der amerikanischen Nierenfachgesellschaft und weltweit das renommierteste Journal dieses Fachs, publiziert wurde, zeigt nun deutliche Unterschiede in der Verteilung auf. Die Arbeitsgruppe um Dr. Katharina Brück vom „Academic Medical Center“ in Amsterdam hatte insgesamt 19 Bevölkerungsstudien aus 13 europäischen Ländern, darunter auch die sogenannte „SHIP-Studie“ [2] („Study of Health in Pomerania“, eine prospektive epidemiologische Kohortenstudie der erwachsene Bevölkerung in der Region Vorpommern), analysiert – und kam zu einem überraschenden Ergebnis:

  • Die europaweit höchste CKD-Prävalenz liegt in Nordostdeutschland, also in Vorpommern, vor. 
Während die CKD-Prävalenz (alle Stadien) in Norwegen lediglich 3,3% betrug, ergab die Analyse von Brück et al. einen Anteil von 17,3% in Nordostdeutschland. Selbst wenn man nur die späteren und damit klinisch relevanten CKD-Stadien 3-5 in Betracht zog, blieb Vorpommern Spitzenreiter: Dann war immer noch ein Anteil von 5% der Bevölkerung betroffen, während der Anteil in z.B. Mittelitalien mit nur 1% am niedrigsten lag.

„Diese Daten sind beunruhigend“, erklärt Prof. Dr. Jan Galle, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN).

„Bekannt ist, dass die chronischen Erkrankungen in Mecklenburg-Pommern ansteigen – bedingt durch Abwanderung, schwache Geburtenrate und resultierende Überalterung der Bevölkerung [2].

Doch laut der Autoren der Studie soll der Unterschied in der CKD-Prävalenz unabhängig von Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Fettleibigkeit bestehen – alles sind prädisponierende Faktoren für eine chronische Nierenerkrankung und treten häufiger bei älteren Menschen auf .“

Die Studienautoren führen Gründe wie genetische Faktoren und Unterschiede in der Gesundheitsversorgung, insbesondere hinsichtlich bestehender Präventions- und Früherkennungsprogramme an, räumen aber auch methodische Schwächen ein: Die 19 in die Analyse einbezogenen Bevölkerungsstudien sind sehr heterogen und wendeten u.a. auch unterschiedliche Methoden für die Bestimmung von Kreatinin und Albuminurie an.

„Es ist ein großes Manko, dass es in Deutschland kein umfassendes, bundesweites CKD-Register gibt. Wir können diese Daten nicht validieren – und haben auch keinen Vergleich, wie es in den anderen Bundesländern aussieht. Letztlich kennen wir nicht einmal die genaue Zahl der Dialysepatienten in Deutschland, sondern rechnen sie vage anhand zehn Jahre alter Daten hoch. Dabei ist eine genaue Erfassung wichtig für die Einschätzung der Inzidenz und die Ermittlung des zukünftigen Versorgungsbedarfs – selbst Länder wie Litauen, Griechenland oder Rumänien sind diesbezüglich weiter als wir und haben Dialyse-Register!“

Literatur
[1] Brück K, Stel VS, Gambaro G et al. CKD Prevalence Varies across the European General Population. Published online before print December 23, 2015
http://jasn.asnjournals.org/content/early/2015/12/20/ASN.2015050542.abstract

[2] John U, Greiner B, Hensel E, et al.: Study of Health in Pomerania (SHIP): A health examination survey in an east German region. Objectives and design [Study of Health in Pomerania (SHIP) – Ein Gesundheitssurvey in einer ostdeutschen Region: Ziele und Design]. Soz Praventivmed 2001; 46: 186–94

[3] Siewert U, Fendrich K, Doblhammer-Reiter F et al. Versorgungsepidemiologische Auswirkungen des demografischen Wandels in Mecklenburg-Vorpommern. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(18): 328-34
http://www.aerzteblatt.de/archiv/74604/Versorgungsepidemiologische-Auswirkungen-...

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