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Prof. Dr. Christian Oliver Paschereit: Virenbehaftete Atemluft - Maskendisziplin der Berliner Fahrgäste

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: TU Berlin und Charité untersuchen Aerosolausbreitung in ÖPNV-Fahrzeugen


Gute Luft in Bus und Bahn

TU Berlin und Charité untersuchen im Auftrag der BVG quantitativ Aerosolausbreitung in ÖPNV-Fahrzeugen ● Lüftung sowie geöffnete Fenster und Türen reduzieren Aerosolkonzentration in den unterschiedlichen Fahrzeugtypen um bis zu 80 Prozent ● Trennscheiben in den Bussen verhindern effektiv die Ausbreitung der Aerosole vom Fahrgastraum zum Fahrerarbeitsplatz ● 

Zusätzlicher Positiveffekt von Masken nicht Teil der Untersuchung

Die Fahrt mit den Öffentlichen in Berlin bleibt auch während der Corona-Pandemie sicher – für Fahrgäste und Fahrpersonal. Das belegt eine aktuelle Studie des Fachgebiets Experimentelle Strömungsmechanik der Technische Universität Berlin sowie des Labors für Biofluidmechanik der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ein Team von Wissenschaftler*innen um Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Paschereit und PD Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher hatten im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) experimentell die Ausbreitung von Aerosolen in verschiedenen Berliner U-Bahnen, Trams und Bussen untersucht.

Hierfür nutzten die Forscher*innen künstlichen Theaternebel sowie Aerosolmessungen, bei denen virenbehaftete Atemluft simuliert und von menschenähnlichen Puppen eingeatmet wird. So konnten sie feststellen, dass die Fahrzeuglüftung sowie das gezielte Öffnen von Fenstern und Türen für eine effektive Reduktion der Aerosolkonzentration um bis zu 80 Prozent sorgen. 

  • Bei der Untersuchung nicht einbezogen wurde der zusätzliche, positive Einfluss von medizinischen Masken, wie sie derzeit von den Fahrgästen getragen werden.


Das Volumen eines Busses zum Beispiel entspricht in etwa dem eines mittelgroßen Konferenzraumes.  

  • Das Öffnen der Türen an jeder Haltestelle wäre damit vergleichbar, während einer Besprechung etwa alle eineinhalb Minuten die Fenster zu öffnen. 
  • Zusätzlich sind die Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr oft nur wenige Minuten in den Fahrzeugen unterwegs.


Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Paschereit, Leiter des Fachgebiets Experimentelle Strömungsmechanik an der TU Berlin: „Es hat uns sehr gefreut, dass unsere neu entwickelte Messtechnik dazu beitragen konnte, die Ausbreitung von Aerosolen im öffentlichen Nahverkehr und damit das Ansteckungsrisiko mit SARS-CoV-2 zu beurteilen. Wir konnten hier zeigen, dass die Belüftungsanlagen als auch das Öffnen der Fenster und Türen die Aerosolkonzentration in den betrachteten Verkehrsmitteln sehr deutlich reduzieren.“

PD Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher, Leiter des Labors für Biofluidmechanik an der Charité: „Es war eine spannende Herausforderung, unser Messsystem in den verschiedenen Fahrzeugtypen im Fahrbetrieb einzusetzen. Dass die Messergebnisse so positiv ausgefallen sind, hat uns tatsächlich überrascht, aber natürlich auch sehr gefreut.  

Wie erwartet müssen Maßnahmen ergriffen werden, aber das Öffnen der Fenster und Türen in Kombination mit den Belüftungsanlagen in den Bussen und Zügen reduzieren die Aerosolausbreitung deutlich.“

Eva Kreienkamp, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): „Es freut mich sehr, dass diese Studie nun allen unseren Fahrgästen und Mitarbeiter*innen bestätigt: 

Die Nutzung von Bussen und Bahnen stellt kein erhöhtes Ansteckungsrisiko dar. Mit Maske, Abstand und guter Lüftung sind wir weiterhin gemeinsam sicher unterwegs.“

Dr. Manuela Huetten, leitende Betriebsärztin und Pandemiebeauftragte der BVG: 

„Es war uns ein besonderes Anliegen, dass auch die Wirksamkeit der Trennscheiben in unseren Bussen unter Corona-Aspekten wissenschaftlich überprüft wird. 

Anders als bei U-Bahn und Tram sitzen unsere Fahrpersonale in unseren Bussen nicht in einer Kabine. 

  • Die Studie zeigt, dass die neu eingebauten Trennscheiben effektiv die Ausbreitung von Aerosolen aus dem Fahrgastraum zum Fahrpersonal verhindern und dieses gut abschirmen. 
  • In Kombination mit der Fahrerraumlüftung ergibt sich so aus arbeitsmedizinischer Sicht ein Höchstmaß an Sicherheit am Arbeitsplatz.“
  • Trotz einer Nachfrage von aktuell nur rund 45 Prozent der vergleichbaren Vor-Corona-Zeiträume fahren Busse und Bahnen der BVG weiterhin das volle Angebot, im Schülerverkehr und auf einer Reihe von Buslinien sogar mit zusätzlichen Leistungen. 

So ist besonders viel Platz in den Fahrzeugen. 

Dort, wo technisch möglich, öffnen die Türen der Züge und Busse an allen Haltestellen automatisch. 

Die Erkenntnisse aus der Studie werden nun genutzt, um Lüftung und Fensteröffnung in den einzelnen Fahrzeugen noch gezielter zur Reduktion von möglichen Aerosolkonzentrationen einzusetzen.

Die Fahrgäste in Bus und Bahn sind durch medizinische Masken und regelmäßigen Luftaustausch geschützt. 

Als erstes Bundesland hatte Berlin im April 2020 zur Eindämmung der Corona-Pandemie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Nahverkehr verpflichtend gemacht. 

Seit Januar 2021 ist eine medizinische Maske vorgeschrieben, etwa OP-Masken oder Masken nach dem FFP2- oder KN95-Standard.

Im Juli 2020 führte die BVG als erstes Nahverkehrsunternehmen Deutschlands eine von behördlichen Bußgeldern unabhängige Vertragsstrafe in Höhe von 50 Euro bei Verstößen gegen die Maskenpflicht ein. 

Mit täglich zwischen rund 97 und 99 Prozent ist die „Maskendisziplin“ der Berliner Fahrgäste bereits seit Monaten erfreulich hoch.

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Prof. Dr. Christian Oliver Paschereit
FG Experimentelle Strömungsmechanik, Technische Universität Berlin
Telefon: +49 30 314-79777
E-Mail: oliver.paschereit@tu-berlin.de
http://www.fd.tu-berlin.de

PD Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher
Labor für Biofluidmechanik, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Telefon: +49 30 450553818
E-Mail: ulrich.kertzscher@charite.de
https://biofluidmechanik.charite.de/ 

Stefanie Terp

Technische Universität Berlin

 


Prof. Dr. Alfred Königsrainer: COVID-19 Impfen vor dringend erforderlichen aber planbaren Operationen

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neue Studie belegt Nutzen von COVID-19-Impfungen vor Operationen

Um dem erhöhten Sterblichkeitsrisiko von mit dem Coronavirus infizierten Patientinnen und Patienten bei chirurgischen Eingriffen entgegenzuwirken, hat das Forschungsnetzwerk COVIDSurg eine neue Studie durchgeführt. 

Im Rahmen dieser internationalen Modellierungsstudie konnte das Forschungsteam, an dem auch die Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie des Uniklinikums Tübingen beteiligt ist, nun den Nutzen von COVID-19-Impfungen vor operativen Eingriffen belegen. 

  • Mit den Ergebnissen sprechen sie sich für eine COVID-19-Impfpriorisierung vor dringend erforderlichen aber planbaren Operationen aus. 

Die Ergebnisse sind aktuell im British Journal of Surgery publiziert.

  • Nicht infizierte Patientinnen und Patienten sollten vor einer Operation gegen COVID-19 geimpft werden, um das postoperative Sterberisiko im Zusammenhang mit SARS-CoV-2-Infektionen zu verringern. 

Das belegt eine neue Studie des Forschungsnetzwerks COVIDSurg, die aktuell in der Fachzeitschrift British Journal of Surgery publiziert ist. Dementsprechend sollten Menschen, die auf eine planbare, aber erforderliche Operation warten, ihre Impfung gegen COVID-19 früher als nach der bisherigen Impfreihenfolge vorgesehen, erhalten. 

An dieser internationalen Modellierungsstudie, für die Daten von über 56.000 Patientinnen und Patienten ausgewertet wurden, war auch die Universitätsklinik für Allgemeine Chirurgie in Tübingen beteiligt.

  • Die Studie zeigt, dass sich weltweit 0,6 Prozent bis 1,6 Prozent der Patientinnen und Patienten im Rahmen oder kurz nach einer geplanten Operation mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten. 
  • Das Sterblichkeitsrisiko während des ersten Monats nach einer Operation ist für sie um das vier- bis achtfache erhöht. 
  • Insbesondere bei älteren Personen ab 70 Jahren steigt die Sterblichkeitsrate an: 
  • Hier ist mit einer Mortalität von zwölf Prozent zu rechnen, die nach Eingriffen wegen einer Krebserkrankung sogar noch ansteigt.


Angesichts dieser Risiken berechneten die Forschenden den potenziellen Nutzen einer COVID-19-Impfung bei den zu behandelnden Personen vor geplanten Operationen. 

Insbesondere bei älteren Patientinnen und Patienten, bei denen sich Operationen wegen maligner Tumoren aufschieben lassen oder die über 70 Jahre alt sind, könnten Todesfälle durch eine entsprechende Priorisierung vermieden werden. 

Diesen Berechnungen zufolge müssten, basierend auf den gemittelten globalen Inzidenzraten von 2020, insgesamt 1.840 Personen über 70 Jahren geimpft werden, im Gegensatz dazu aber nur 351 gleichaltrige Patientinnen und Patienten vor Tumoroperationen eine Impfung erhalten, um jeweils einen Todesfall in Verbindung mit COVID-19 zu vermeiden.

  • Die Studienautoren gehen davon aus, dass durch eine globale Impfpriorisierung von Patientinnen und Patienten vor operativen Eingriffen weltweit etwa 60.000 Todesfälle weniger zu verzeichnen wären. 

Insbesondere in Ländern mit geringem oder niedrigem mittlerem Einkommen, in denen sich Maßnahmen zur Eindämmung des Virus (wie Abstrich-Screenings etc.) nicht flächendeckend umsetzen lassen, würden mit dieser Strategie weniger schwere Erkrankungen und Todesfälle auftreten. 

Da bereits seit Beginn der aktuellen Pandemie viele planbare Operationen weltweit verschoben oder abgesagt wurden, bleibt die sichere Versorgung chirurgischer Patientinnen und Patienten eine wichtige Herausforderung. 

Eine Priorisierung ebendieser bei der COVID-19-Impfung könnte somit dazu beitragen, planbare aber erforderliche Operationen sicher abzuarbeiten.

Insbesondere in Weltregionen, in denen vermutlich noch lange Zeit ein Mangel an COVID-19-Impfstoffen herrschen wird, wäre eine entsprechende Priorisierung von Hochrisikogruppen eine wichtige Maßnahme. 

„Die Sicherstellung der chirurgischen Versorgung weltweit ist eine ganz wesentliche Aufgabe für uns als Ärzte und Wissenschaftler. Zu dieser Studie haben deshalb mehr als 15.000 Kolleginnen und Kollegen aus 116 Ländern beigetragen, was eine bisher beispiellose Zusammenarbeit bedeutet“, so Professor Dr. Alfred Königsrainer, klinischer Leiter der Studie in Tübingen und Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie. 

„Entsprechende Daten sollten deshalb von politischen Entscheidungsträgern aufgegriffen werden, um chirurgische Patientinnen und Patienten für COVID-19-Impfungen zu priorisieren und den Rückstand an planbaren Operationen sicher abzuarbeiten“.

Über das Forschungsnetzwerk COVIDSurg
Die COVIDSurg Collaborative ist ein Forschungsnetzwerk, das die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die chirurgische Versorgung untersucht. Am Netzwerk sind zwischenzeitlich über 15.000 Ärztinnen und Ärzte bzw. Forscherinnen und Forscher aus über 100 Ländern der Welt beteiligt. COVIDSurg hat im Oktober 2020 eine der bislang größten Beobachtungsstudien unter dem Titel COVIDSurg-Week zu chirurgischen Risiken im Zusammenhang mit Coronavirus-Infektionen durchgeführt und gleichzeitig chirurgische Vergleichsdaten und Qualitätsindikatoren erhoben, die zukünftig dabei helfen sollen, die chirurgische Versorgung weltweit zu vergleichen und zu verbessern (https://globalsurg.org/surgweek/). 


Erste wegweisende Erkenntnisse zu den Risiken chirurgischer Eingriffe bei Patientinnen und Patienten mit Coronavirus-Infektionen konnten vom Forschungsnetzwerk COVIDSurg bereits im Mai 2020 in der Fachzeitschrift The Lancet publiziert werden (https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31182-X). Zudem wurde kürzlich ein Artikel zur Frage, ab wann planbare chirurgische Eingriffe nach einer Coronavirus-Infektion wieder sicher durchführbar sind, in der Fachzeitschrift Anaesthesia veröffentlicht (https://doi.org/10.1111/anae.15458).

Zu den Personen
Prof. Dr. Alfred Königsrainer und Dr. Markus Quante sind die klinischen Studienleiter in Tübingen, die gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen die COVIDSurg-Studien durchführen und an dieser weltweiten Initiative beteiligt sind.

Dr. Markus Löffler ist Mitglied im nationalen Leitungsgremium der COVIDSurg-Collaborative und unterstützt die Initiative und die Studiendurchführung in Deutschland.

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Universitätsklinikum Tübingen
Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Prof. Dr. Alfred Königsrainer
Tel. 07071 29-86620
alfred.koenigsrainer@med.uni-tuebingen.de

Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Dr. Markus Löffler
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Universität Birmingham
COVIDSurg an der Universität Birmingham
Tony Moran
Leiter Internationale Kommunikation
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t.moran@bham.ac.uk

Hoppe-Seyler-Str. 6
72076 Tübingen
Postfach 2668
72016 Tübingen
Deutschland
Baden-Württemberg

Bianca Hermle
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Claudia Löwe
Telefon: 07071 29-81020
Fax: 07071 29-25024
E-Mail-Adresse: claudia.loewe@med.uni-tuebingen.de 
Originalpublikation:

SARS-CoV-2 vaccination modelling for safe surgery to save lives: data from an international prospective cohort study - COVIDSurg Collaborative; https://doi.org/10.1093/bjs/znab101

 

Prof. Dr. med. Florian Lordick: Palliativmedizinischen Behandlungsbedarf - Arbeitsgemeinschaft Palliativmedizin

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Unheilbarer Krebs: Patienten benötigen frühe palliativmedizinische Unterstützung

Zum ersten Mal in Deutschland wurden unheilbar erkrankte Krebspatienten ab dem Zeitpunkt ihrer Diagnose systematisch nach ihrem palliativmedizinischen Behandlungsbedarf befragt und ein Jahr begleitet. 

  • Die Beobachtungen an 20 Behandlungszentren in ganz Deutschland zeigen, dass die Betroffenen von Beginn an körperlich sowie seelisch stark belastet sind und palliativmedizinische Unterstützung benötigen. 

Die Studie, geleitet aus dem Universitären Krebszentrum Leipzig (UCCL), ist nun in der renommierten Fachzeitschrift „The Oncologist“ veröffentlicht worden.

  • Der Bedarf an unterstützender Behandlung zum frühesten Zeitpunkt nach Diagnosestellung von unheilbarem Krebs und während des Krankheitsverlaufs ist bisher kaum erforscht. 

Deshalb haben Experten des Netzwerks „Arbeitsgemeinschaft Palliativmedizin“ der Deutschen Krebsgesellschaft um Studienleiter Prof. Dr. Florian Lordick, Direktor des Universitären Krebszentrum Leipzig (UCCL), 500 Patienten im Alter zwischen 25 und 89 Jahren dazu befragt. 

Das Besondere: 

Die Betroffenen wurden ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung und vor Therapiebeginn begleitet. Lordick resümiert: 

„Es besteht eine dringende Notwendigkeit für einen frühen Zugang zu unterstützender palliativmedizinischer Versorgung der Betroffenen in vielen Belangen, einschließlich psycho-sozialer Hilfe.“ 

  • Bei der Palliativmedizin steht nicht die Heilung im Vordergrund, sondern der Erhalt von Lebensqualität, Schmerzlinderung, die Behandlung anderer körperlicher Beschwerden und von Problemen psychosozialer und spiritueller Art.
  • Zwei Drittel der Patienten, bei denen unheilbarer Krebs diagnostiziert worden war, berichteten über einen sofortigen, erheblichen körperlichen und seelischen Leidensdruck. 

Die Studie zeichnet ein komplexes Versorgungsbild von 20 Krebsbehandlungszentren aus ganz Deutschland, von der Universität bis zum kommunalen Umfeld, von der ambulanten bis zur stationären Versorgung. Onkologe Lordick erklärt: „Die Erkrankten hatten ein sehr hohes Interesse an der Befragung, obwohl sie sich in einer sehr schwierigen Situation befanden und bei der Studie ihr Inneres ein Stück nach außen kehren mussten. Das hat uns gezeigt, dass ihnen dieses Thema sehr wichtig ist.“

Die Patienten wurden zu Beginn, drei, sechs und zwölf Monate nach der Diagnose unheilbarer Erkrankungen von Lungen- (217), Magen-Darm- (156), Kopf und Hals- (55), gynäkologischem (57) und Hautkrebs (15) befragt. 

Dabei waren die Not der Betroffenen, die Symptombelastung, die Lebensqualität und der unterstützende Pflegebedarf zentrale Themen.

Die Studie belegt, wo der Bedarf der Betroffenen besonders hoch ist. 

Mehr als 30 Prozent der Erkrankten berichteten von Angst und Depressivität kurz nach der Diagnose. 

  • Sehr stark geprägt waren die Beschwerden auch von Energiemangel, Ernährungs- und Verdauungsproblemen sowie Schmerzen. 

Beim Vergleich von Patienten mit verschiedenen Krebserkrankungen zeigten diejenigen mit Magen-, Speiseröhren-, Leber- oder Kopf-Hals-Tumoren über den gesamten Beobachtungszeitraum die höchste Belastung.

Aus den Studienergebnissen lassen sich klare Folgerungen für die Praxis ableiten, sagt Lordick und erklärt: 

„An Krebszentren muss es kompetente palliativmedizinische Angebote sowohl stationärer als auch ambulanter Art geben. 

Diese umfassen auch spezialisierte Ernährungsberatung, Schmerzbehandlung sowie Physiotherapie und psycho-soziale Unterstützung.“ 

Die Ergebnisse unterstrichen die Notwendigkeit, ein flächendeckendes Symptom-Screening sowie frühpalliative medizinische Versorgung einzuführen, schlussfolgert der Experte der Universitätsmedizin Leipzig.

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Prof. Dr. med. Florian Lordick
Universitäres Krebszentrum Leipzig (UCCL) am Universitätsklinikum
Telefon: +49 341 97-12200
E-Mail: direktion.UCCL@medizin.uni-leipzig.de
Web: http://www.krebszentrum-leipzig.de 

Anne Grimm Universität Leipzig

Goethestraße 6
04109 Leipzig
Deutschland
Sachsen  

Carsten Heckmann
Telefon: 0341 / 9735021
E-Mail-Adresse: carsten.heckmann@zv.uni-leipzig.de

Originalpublikation:

Titel der Originalpublikation in "The Oncologist":
"Symptom burden and palliative care needs of patients with incurable cancer at diagnosis and during the disease course", https://doi.org/10.1002/onco.13751


Prof. Dr. Okka Hamer: COVID-Pneumonie - CT und Röntgen als Unterstützung der COVID-Diagnosestellung

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: UKR: Prognose für Verlauf einer COVID-Pneumonie mittels Röntgendiagnostik

SARS-CoV-2 legt das öffentliche Leben weiterhin lahm. 

Doch anders als am Beginn der Pandemie sind die Ärzte und Wissenschaftler nun besser auf die speziellen Anforderungen, die das Virus an die Medizin stellt, vorbereitet. 

Durch den gezielten Einsatz der Computertomografie (CT) unterstützt das Institut für Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) die behandelnden Intensivmediziner und kann anhand der Bilder eine Prognose über den Schweregrad des vom Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Lungenentzündung (Pneumonie) erstellen. 

  • Denn die Radiologische Bildgebung kann pandemische Lungeninfektionen erkennen, bewerten, messen und nachverfolgen. 

 v.li.: Prof. Dr. Okka Hamer, Leiterin Kardiopulmonale Bildgebung, und Prof. Dr. Christian Stroszczynski , Direktor Institut für Röntgendiagnostik.

 v.li.: Prof. Dr. Okka Hamer, Leiterin Kardiopulmonale Bildgebung, und Prof. Dr. Christian Stroszczynski , Direktor Institut für Röntgendiagnostik. Klaus Völcker UKR

Es war und ist zum Teil noch immer eine große Unbekannte. 

Was auf einem Markt im chinesischen Wuhan begann, hat sich rasend schnell zu einer globalen Pandemie entwickelt. Nun, ein Jahr später, hält das Coronavirus SARS-CoV-2 die Welt weiter fest umklammert. Über 2,6 Millionen Menschen haben durch das Virus ihr Leben verloren, und es versterben weiterhin täglich Menschen an den Folgen einer COVID-Pneumonie.

CT und Röntgen als Unterstützung der COVID-Diagnosestellung

Während die erste Welle Politik, Bevölkerung und Mediziner gleichermaßen überraschte, hat sich seitdem gerade das Instrumentarium für die Diagnosestellung und Nachverfolgung einer COVID-19-Erkrankung rasant weiterentwickelt. 

Einen wichtigen Baustein dazu liefern die Computertomografie und die Röntgendiagnostik. 

„In der ersten Welle waren die PCR-Tests noch fehleranfällig und langsamer. 

Da sich die COVID-19-Pneumonie mit einem relativ typischen Bild in der Lunge äußert, konnten wir mit der Röntgenthoraxaufnahme und Computertomografie helfen, die Erkrankung schnell zu diagnostizieren und gleichzeitig das Ausmaß der Lungenbeteiligung zu bestimmen. 

Inzwischen sind die Tests drastisch verbessert, so dass sich die Aufgabe der Bildgebung verändert hat. Wir konzentrieren uns jetzt auf die schwerer erkrankten Patienten, da wir gelernt haben, wie wir mit der Bildgebung einen Beitrag zur Prognoseabschätzung leisten können. Zudem können wir Komplikationen wie eine Lungenembolie erkennen“, erklärt Professor Dr. Okka Hamer, Leiterin der Kardiopulmonalen Bildgebung des Instituts für Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums Regensburg. Die Spezialisten des Instituts befassen sich schon seit Beginn der Pandemie intensiv mit dem gezielten Einsatz von Thorax-CT und Thorax-Röntgen. Auch der erste bundesweit komplett dokumentierte Fall wurde von Professor Hamer und ihrem Team publiziert. Dabei handelt es sich um die erste befundete Fallanleitung unter Berücksichtigung aller medizinischen Begleitumstände.

  • Erfahrungen aus China zeigten, dass auch bei einem negativen PCR-Test und bei typischen klinischen Symptomen die Thorax-CT schon im frühen Stadium einer COVID-19-Erkrankung pneumonische Verdichtungen zeigen kann, die suggestiv für eine COVID-19-Pneumonie sind. 

„Wir können einen entscheidenden Beitrag zum klinischen Management der Behandlung leisten“, sagt Professor Dr. Christian Stroszczynski, Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik des UKR.“ Gerade die CT-Bildgebung hilft uns hier sehr. Durch neue Techniken können wir die Strahlendosis drastisch reduzieren, so dass die Belastung kaum größer ist als bei einer Röntgenthoraxaufnahme. Das UKR hat für die Befundung von COVID-19-Patienten eigens ein modernes Multislice CT von der Bayerischen Staatsregierung zugeteilt bekommen. 

  • „Dank diesem hochauflösenden CT können wir nun noch besser infektiöse und immunvermittelte Entzündungen in der Lunge erkennen“, so Professor Stroszczynski weiter.


Anzeichen für eine COVID-19-Pneumonie in der Bildgebung

  • Eine COVID-19-Pneumonie äußert sich häufig durch ein Mischbild aus sogenanntem Milchglas und Konsolidierungen in der Lunge. 
  • Zusätzlich kann, insbesondere in späteren Stadien der Erkrankung, ein „Crazy Paving“, eine durch glatt berandete Retikulationen überlagerte Milchglastrübung, auftreten. 

„Diese Verdichtungen finden sich bilateral und multifokal in den Mittel- und Unterfeldern der Lunge“, so Professor Hamer. 

„In Abgrenzung zu Pneumonien, die von anderen Erreger verursacht werden, fällt auf, dass die COVID-19-Pneumonie vor allem die Peripherie der Lunge befällt und zumindest anteilig scharf berandet ist, das ist ungewöhnlich.“

Beurteilung und Nachbehandlung von Long-COVID- bzw. Post-COVID-Fällen

Aufgrund der relativ kurzen Zeitspanne seit dem Beginn der Coronavirus-Pandemie, ist es besonders wichtig, möglichst viele Erkenntnisse aus den Aufnahmen der bisher behandelten COVID-19-Patienten zu gewinnen. „Im Augenblick beschäftigen uns aber nicht nur die akut erkrankten Patienten, sondern auch solche, die in der ersten Welle erkrankt waren und immer noch unter zum Teil sehr einschränkenden Langzeitfolgen leiden“, weiß Professor Hamer. „Wir erforschen dieses sogenannte Long-COVID-Syndrom in enger Zusammenarbeit mit den Pneumologen. Dabei gilt es viele Fragen zu beantworten wie etwa: 

„Findet sich bei den Betroffenen ein bildgebendes Korrelat in der Lunge? Können wir hierfür schon in der akuten Phase Hinweise finden? Wie können wir den Patienten helfen?“

Bundesweites universitäres Netzwerk zur Standardisierung von Befundschemata

Um das bewerkstelligen zu können, haben sich unter dem Dach des „Netzwerks Universitätsmedizin“ (NUM) alle Radiologischen Kliniken und Abteilungen der 34 deutschen Universitätsklinika zum Radiological Cooperative Network zur COVID-19-Pandemie (Racoon) zusammengeschlossen. Ziel von Racoon ist eine strukturierte Erfassung radiologischer Daten von COVID-19-Fällen. Das dient zum Datenvergleich, als Entscheidungsgrundlage für epidemiologische Studien, als Lageeinschätzung, als Frühwarnmechanismus wie auch zur Unterstützung bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) in der Röntgendiagnostik, der Automatisierung diagnostischer und bildverarbeitender Schritte. „Wir können so in einem großen Pool alle Daten, natürlich anonymisiert und datenschutzkonform, sammeln und auswerten; ein solches konzertiertes Vorgehen ist einmalig und sicher auch wegweisend für zukünftige Herausforderungen“, ist Professor Hamer von der Zusammenarbeit der Universitätsmedizin überzeugt.

Doch nicht nur bundesweit bringt sich das UKR in die Forschungsarbeit rund um die Erkennung und Auswertung von COVID-19-Pneumonien sowie der daraus resultierenden Super-Infektionen und Lungenembolien ein. „In Regensburg arbeiten wir eng mit den in der Stadt ansässigen Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen sowie mit der Lungenfachklink in Donaustauf zusammen. Dies ermöglicht es uns, die Erkrankung in verschiedenen Stadien umfassend zu untersuchen“, sagt Professor Stroszczynski. Während am UKR nur schwerstkranke, zum großen Teil ECMO-pflichtige COVID-19-Patienten versorgt werden, liefern die wissenschaftlichen Kooperationskliniken Daten von weniger schweren Verlaufsformen der Erkrankung bzw. von der Zeit nach einer schweren Erkrankung und der Rehabilitationsphase. 

Dazu wurde am UKR ein eigenes spezielles Befundschema entwickelt, welches, durch aktuelle Daten gespeist, immer wieder weiterentwickelt wird und auch anderen Kliniken zur Verfügung gestellt wird und selbstverständlich auch in Racoon einfließt. 

Dieses Zusammenspiel in der Long-COVID-Forschung auf regionaler wie auf Bundesebene sichert quantitativ wie qualitativ das wissenschaftliche Arbeiten sowie in erster Linie die Versorgung der Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion. 

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Matthias Dettenhofer Universitätsklinikum Regensburg (UKR)

Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg
Deutschland
Bayern 

Telefon: 0941 944 4200
E-Mail-Adresse: matthias.dettenhofer@ukr.de

 

Prof. Dr. Markus Ammann: Oxidatien Stress: Aerosolen - Sauerstoffradikale - Menschliche Gesundheit und Feinstaub

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Feinstaub ist gefährlicher als gedacht

Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben erstmals die fotochemischen Vorgänge im Innern kleinster Partikel in der Luft beobachtet. 

Dabei entdeckten sie, dass sich in diesen Aerosolen unter alltäglichen Bedingungen zusätzliche Sauerstoffradikale bilden, die der menschlichen Gesundheit schaden können. 

Über ihre Ergebnisse berichten sie heute im Fachjournal Nature Communications. 

 Peter Aaron Alpert analysiert die Vorgänge in feinsten Partikeln in der Luft. Bereits in der Atmosphäre bilden sich darin gesundheitsschädliche Substanzen, nicht erst im menschlichen Körper.

 Peter Aaron Alpert analysiert die Vorgänge in feinsten Partikeln in der Luft. Bereits in der Atmosphäre bilden sich darin gesundheitsschädliche Substanzen, nicht erst im menschlichen Körper. Markus Fischer Paul Scherrer Institut

Dass Feinstaub die Gesundheit gefährden kann, ist bekannt. 

  • Die Partikel mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometern können tief ins Lungengewebe vordringen und sich dort festsetzen. 

Sie enthalten reaktive Sauerstoffverbindungen (ROS), auch "Sauerstoffradikale" genannt, die die Zellen der Lunge schädigen können. Je mehr Partikel in der Luft schweben, desto höher das Risiko. Die Partikel gelangen zwar auch aus natürlichen Quellen wie Wäldern oder Vulkanen in die Luft. Doch menschliche Aktivitäten, beispielsweise in Fabriken und Verkehr, vervielfachen die Menge, sodass bedenkliche Konzentrationen erreicht werden. Das Potenzial des Feinstaubs, Sauerstoffradikale in die Lunge zu bringen oder dort zu erzeugen, ist für verschiedene Quellen bereits untersucht worden. Die PSI-Forschenden haben dazu nun wichtige neue Erkenntnisse gewonnen.

Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass einige ROS im Körper des Menschen entstehen, wenn der Feinstaub sich in der Oberflächenflüssigkeit der Atemwege auflöst. Feinstaub enthält in der Regel chemische Bestandteile, etwa Metalle wie Kupfer und Eisen sowie bestimmte organische Verbindungen. Diese tauschen mit anderen Molekülen Sauerstoffatome aus und es entstehen sehr reaktionsfreudige Verbindungen wie Wasserstoffperoxid (H2O2), Hydroxyl (HO) oder Hydroperoxyl (HO2), die sogenannten oxidativen Stress verursachen. 

  • So greifen sie zum Beispiel die ungesättigten Fettsäuren im Körper an, die dann nicht mehr als Bausteine der Zellen dienen können.
  • Auf solche Vorgänge führen Mediziner Lungenentzündungen, Asthma und diverse andere Atemwegserkrankungen zurück. 
  • Selbst Krebs könnte ausgelöst werden, da die ROS auch die Erbsubstanz DNA schädigen können.

Neue Erkenntnisse dank einmaliger Gerätekombination

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass gewisse ROS-Spezies auch bereits im Feinstaub der Atmosphäre vorliegen und als sogenannte exogene ROS über die Atemluft in unseren Körper gelangen, ohne dass sie sich dort erst bilden müssen. Wie sich nun herausstellt, hat man dabei noch nicht genau genug hingesehen: «Bisherige Studien haben mit Massenspektometern analysiert, woraus Feinstaub besteht», erklärt Peter Aaron Alpert, Erstautor der neuen PSI-Studie. «Dabei erhält man aber keine Informationen über die Struktur der einzelnen Partikel und darüber, was in ihrem Inneren vorgeht.»

Alpert dagegen nutzte die Möglichkeiten des PSI für einen präziseren Blick: «Mit dem brillanten Röntgenlicht der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS konnten wir solche Partikel nicht nur einzeln mit einer Auflösung von unter einem Mikrometer betrachten, sondern sogar in sie hineinschauen, während Reaktionen darin ablaufen.» Dazu verwendete er auch eine neuartige, am PSI entwickelte Zelle, in der sich verschiedenste atmosphärische Umweltbedingungen simulieren lassen. Sie kann Temperatur, Feuchte sowie Gasexposition genau regulieren und eine UV-LED-Lichtquelle ahmt die Sonneneinstrahlung nach. «Diese Kombination – hochauflösendes Röntgenmikroskop und Zelle – gibt es nur einmal auf der Welt», sagt Alpert. Die Studie sei deshalb nur am PSI möglich gewesen. Eng zusammengearbeitet hat er dafür mit dem Leiter der Gruppe Oberflächenchemie am PSI, Markus Ammann. Unterstützt haben ihn ausserdem Forschende um die Atmosphärenchemiker Ulrich Krieger und Thomas Peter an der ETH Zürich, wo zusätzliche Experimente mit in der Schwebe gehaltenen Partikeln gemacht wurden, sowie Experten um Hartmut Hermann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig.

Wie sich gefährliche Verbindungen bilden

Die Forschenden untersuchten Partikel mit organischen Bestandteilen und Eisen. Das Eisen stammt aus natürlichen Quellen wie Wüstenstaub oder Vulkanasche, ist aber auch in Emissionen von Industrie und Verkehr enthalten. Die organischen Bestandteile resultieren ebenfalls aus natürlichen und menschgemachten Quellen. In der Atmosphäre verbinden sich diese Bestandteile zu Eisenkomplexen, die dann unter Sonneneinstrahlung zu sogenannten Radikalen reagieren. Diese wiederum binden allen verfügbaren Sauerstoff und produzieren so die ROS.

Normalerweise würde ein grösserer Teil dieser ROS in der Wärme der Sonne aus den Partikeln in die Luft diffundieren und keine Gefahr mehr bedeuten, wenn wir die Partikel einatmen, die dann weniger ROS enthalten. 

Stimmen die Bedingungen, reichern sich die Radikale jedoch im Inneren der Partikel an und verbrauchen dort binnen Sekunden den gesamten verfügbaren Sauerstoff. 

Und das liegt an der sogenannten Viskosität: 

Feinstaub kann fest wie Stein oder flüssig wie Wasser sein – aber je nach Temperatur und Feuchte auch zähflüssig wie Sirup, Kaugummi oder Schweizer Kräuterzucker. 

«Dieser Zustand des Partikels, so haben wir festgestellt, sorgt dafür, dass die ROS im Partikel gefangenbleiben», sagt Alpert. Und von aussen gelangt auch kein zusätzlicher Sauerstoff hinein.

Besonders erschreckend ist, dass sich durch das Zusammenspiel von Eisen und organischen Verbindungen die höchsten Konzentrationen der ROS bei alltäglichen Wetterbedingungen bilden: 

  • bei mittlerer Luftfeuchte von 50 Prozent und Temperaturen um die 20 Grad, wie sie etwa in Räumen herrschen. 

«Früher dachte man, dass ROS in der Luft – wenn überhaupt – nur dann entstehen, wenn die Feinstaubteilchen vergleichsweise seltene Verbindungen wie Chinone enthalten», sagt Alpert. 

Das sind oxidierte Phenole, die etwa in Farbstoffen von Pflanzen und Pilzen vorkommen. 

Seit Kurzem ist klar, dass viele weitere ROS-Quellen im Feinstaub vorhanden sind. «Wie wir nun feststellten, können diese bekannten ROS-Quellen unter völlig alltäglichen Bedingungen deutlich verstärkt werden.» 

Etwa jedes zwanzigste Partikel ist organisch und enthält Eisen.

Doch damit nicht genug: «Wir gehen davon aus, dass die gleichen fotochemischen Reaktionen auch in anderen Feinstaubpartikeln ablaufen», sagt Forschungsgruppenleiter Markus Ammann. «Wir vermuten sogar, dass nahezu alle Schwebeteilchen in der Luft auf diese Weise zusätzliche Radikale ausbilden», ergänzt Alpert. «Wenn sich dies in weiteren Studien bestätigt, müssen wir dringend unsere Modelle und Grenzwerte bezüglich der Luftqualität anpassen. 

Womöglich haben wir hier einen zusätzlichen Faktor dafür gefunden, dass so viele Menschen scheinbar ohne konkreten Anlass an Atemwegserkrankungen oder Krebs erkranken.»

Markus Ammann an einer der Apparaturen, mit deren Hilfe die Feinstaubuntersuchugen durchgeführt wurden.

Markus Ammann an einer der Apparaturen, mit deren Hilfe die Feinstaubuntersuchugen durchgeführt wurden. Markus Fischer Paul Scherrer Institut


Immerhin haben die ROS – zumal in Zeiten der COVID-19-Pandemie – auch ihr Gutes, wie die Studie ebenfalls nahelegt: 

Sie greifen auch Bakterien, Viren und andere Pathogene an, die auf den Aerosolen sitzen, und machen diese unschädlich. 

Dieser Zusammenhang könnte erklären, warum das Sars-CoV-2-Virus in der Luft bei Raumtemperatur und mittlerer Feuchte am kürzesten überlebt.

Jan Berndorff  -  Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2100 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 400 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.

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Prof. Dr. Markus Ammann
Leiter der Forschungsgruppe Oberflächenchemie
Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 40 49, E-Mail: markus.ammann@psi.ch [Deutsch, Englisch]

Dr. Peter Aaron Alpert
Forschungsgruppe Oberflächenchemie
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Telefon: +41 56 310 39 34, E-Mail: peter.alpert@psi.ch [Englisch]

Dr. Mirjam van Daalen Paul Scherrer Institut (PSI)

5232 Villigen PSI
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Mirjam van Daalen
Telefon: +41 56 310 56 74
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Originalpublikation:

Photolytic Radical Persistence due to Anoxia in Viscous Aerosol Particles
Peter A. Alpert, Jing Dou, Pablo Corral Arroyo, Frederic Schneider, Jacinta Xto, Beiping Luo, Thomas Peter, Thomas Huthwelker, Camelia N. Borca, Katja D. Henzler, Thomas Schaefer, Hartmut Herrmann, Jörg Raabe, Benjamin Watts, Ulrich K. Krieger, Markus Ammann
Nature Communications, 19.03.2021
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-021-21913-x


Professor Dr. Tobias Welte: Europäische Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19- Patientinnen und-Patienten

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Erste europaweite Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19-Erkrankten

MHH-Pneumologe ist Co-Autor und Vertreter für Deutschland 

 Professor Dr. Tobias Welte bei der Vorbereitung einer Medikation.

 Professor Dr. Tobias Welte bei der Vorbereitung einer Medikation. Copyright: Karin Kaiser / MHH.

Mit dem Beginn der Corona-Pandemie startete auch die fieberhafte Suche nach Impfstoffen und wirksamen Medikamenten gegen das Virus SARS-CoV-2. In der Forschung laufen die Aktivitäten auf Hochtouren. Täglich werden hunderte neue wissenschaftliche Arbeiten über das Virus und die Erkrankung COVID-19 veröffentlicht. Jetzt hat die European Respiratory Society (ERS) erstmals eine europäische Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19- Patientinnen und-Patienten herausgegeben. Professor Dr. Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), ist Co-Autor und Vertreter der Leitlinie in Deutschland.

Pragmatische Handlungsanweisungen

Der Schwerpunkt der ERS-Leitlinie liegt auf der medikamentösen Therapie im Krankenhaus.

 „Die Empfehlungen sind für alle Phasen der stationären Therapie sehr eindeutig“, erklärt Professor Welte. 

So wird beispielsweise davon abgeraten, bei hospitalisierten Patienten den Wirkstoff Remdesivir einzusetzen – nach Datenlage der Leitlinie ist er nicht effektiv. Ob Remdesivir in einer sehr frühen Phase der Erkrankung, bei weitgehend symptomfreien Patienten im ambulanten Bereich, eine Rolle spielen kann, ist noch nicht abschließend geklärt“, erläutert Professor Welte. „ In der späten Phase von COVID-19 kann das Immunsystem der Betroffenen fehlerhafte, oft überschießende Entzündungsprozesse auslösen.  

Dagegen wird Cortison angewandt, dies wird in den Leitlinien ausdrücklich empfohlen.  

  • Bei sehr kranken Patientinnen und Patienten wird darüber hinaus aber zusätzlich die Gabe von Antikörpern gegen den Botenstoff Interleukin 6 empfohlen.“


Im gesamten Verlauf der COVID-19 -Erkrankung könne es zu Blutgerinnseln im Kapillarsystem der Lunge kommen, erklärt Professor Welte. „In diesem Fall lautet die Empfehlung, wie üblich ein Mittel zur Blutverdünnung, beispielswiese Heparin, einzusetzen. Ob zusätzlich gerinnungshemmende Wirkstoffe, wie beispielsweise Thrombozyten-Aggregationshemmer wie ASS verabreicht werden sollten, muss noch geklärt werden.“ Neben medikamentösen Empfehlungen enthalten die Leitlinien auch Empfehlungen zur Sauerstoffgabe und Beatmung von COVID-19- Patientinnen und -Patienten. Die Leitlinie ist mit kommentierenden Zwischentexten versehen. Darin sieht der Pneumologe einen großen Vorteil: „Die pragmatischen Handlungsanweisungen sind für alle an der Behandlung Beteiligten verständlich.“

Ständige Aktualisierung

In die ERS-Leitlinie sind nicht nur unzählige veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten eingeflossen, sondern auch Studien, die erst demnächst publiziert werden. Bei der Erstellung der Leitlinien wurde das sogenannte GRADE-System angewandt. Bei dieser Methodik erfolgt eine Qualitätsbewertung der Studien nach ihrer Evidenz, diese Qualität wiederum hat Auswirkungen auf die Stärke einer Empfehlung. Da jeden Tag neue wissenschaftliche Erkenntnisse über das Virus und die Erkrankung gewonnen werden, wird auch die ERS-Leitlinie stetig aktualisiert. Professor Welte rechnet schon in einigen Wochen mit einer neuen Fassung. Er hofft, dass die Leitlinie in möglichst vielen Kliniken implementiert wird. Erfreulicherweise unterscheiden sich die jetzt für Europa herausgegebenen Empfehlungen der ERS in keinem Punkt wesentlich von den kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Deutschen Leitlinien.

Die European Respiratory Society ist die größte wissenschaftliche und klinische Organisation für Lungen- und Bronchialheilkunde in Europa. Die ERS-Leitlinie wurde im European Respiratory journal veröffentlicht.

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Professor Dr. Tobias Welte

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Die Originalarbeit mit dem Titel „Management of Hospitalized Adults with Coronavirus Disease (COVID-19): A European Respiratory Society Living Guideline” finden Sie unter:
https://erj.ersjournals.com/content/early/2021/03/07/13993003.00048-2021

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Dr. Katharina Geißler: Postoperativen Schmerzen - Chronischer Schmerz verhindern

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wenn Schmerzen nach einer OP chronisch werden

Fast zehn Prozent der Operierten klagen auch sechs und zwölf Monate nach einem HNO-Eingriff noch über erhebliche Schmerzbeschwerden und musste Schmerzmittel einnehmen. 

Das ergab eine jetzt in „Scientific Reports“ veröffentlichte Studie des Universitätsklinikums Jena, die erstmals Langzeitdaten zu postoperativen Schmerzen in der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde analysierte. 

  • Dabei war die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung chronischer Schmerzen erhöht, wenn die Patienten bereits am Tag nach der OP an sehr starken Schmerzen litten. 

HNO-Eingriffe wir Mandeloperationen gelten als vergleichsweise schmerzhaft. 10% der Patienten leiden auch ein Jahr danach noch an starken Schmerzen.
HNO-Eingriffe wir Mandeloperationen gelten als vergleichsweise schmerzhaft. 10% der Patienten leiden auch ein Jahr danach noch an starken Schmerzen. Christin Ebert Universitätsklinikum Jena 

  • Wundschmerz zählt zu den häufigsten Folgen einer Operation. 
  • Das Ziel der Akutschmerztherapie direkt nach einer Operation ist es, Ausmaß und Dauer der Schmerzbelastung effektiv zu verringern, denn postoperative Schmerzen können den Genesungsprozess verzögern und zu Komplikationen führen. 
  • Ein häufig unterschätztes Problem ist dabei die Gefahr, dass der Schmerz chronisch wird und die Lebensqualität langfristig beeinträchtigt. 

Diesen Zusammenhang belegt eine aktuelle Auswertung der am Universitätsklinikum Jena angesiedelten Schmerzregister QUIPS und PAIN-OUT, die die weltweit größte Datenbank für postoperative Schmerzen darstellen. 

„Im Sinne eines Qualitätssicherungsprojektes für die Schmerztherapie nach Operationen können wir die Beschwerden nach zahlreichen Operationen standardisiert messen und vergleichen“, so der Leiter der Register, Prof. Dr. Winfried Meißner.

In einer früheren Studie des Registers erwiesen sich kleine und häufige Operationen, darunter auch Eingriffe in der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde wie die Entfernung der Gaumenmandeln oder der Schilddrüse, als vergleichsweise schmerzhaft. 

Nun wurden erstmals Langzeitdaten zum Schmerz nach HNO-Operationen analysiert. 

Etwa 200 Patienten schätzten dazu ihre Schmerzbelastung sowohl am ersten Tag nach dem Eingriff, als auch sechs und zwölf Monate später ein.

„Etwa zehn Prozent der Operierten klagten auch ein Jahr nach dem Eingriff noch über erhebliche Schmerzen im OP-Gebiet und mussten Schmerzmittel nehmen“, fasst Studienkoordinatorin Dr. Katharina Geißler das Ergebnis zusammen. 

„Es kann also auch nach HNO-Operationen, die ja in der Regel eher kleinere Eingriffe darstellen, zu einer Chronifizierung der Schmerzen kommen.“

10% der Operierten klagen Monate auch nach einem HNO-Eingriff noch über erhebliche Schmerzen, so eine Studie des Universitätsklinikums Jena.
10% der Operierten klagen Monate auch nach einem HNO-Eingriff noch über erhebliche Schmerzen, so eine Studie des Universitätsklinikums Jena. Anna Schroll Universitätsklinikum Jena

Die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung chronischer Schmerzen, so ein weiteres Ergebnis der Studie, war erhöht, wenn die Patienten am ersten postoperativen Tag hohe Schmerzwerte berichtet hatten. 

„Damit spielt eine gute Schmerztherapie nach HNO-Operationen nicht nur zur Bekämpfung des Akutschmerzes eine wichtige Rolle, sondern auch zur Prävention der Chronifizierung. 

Zukünftig sollte den chronischen postoperativen Schmerzen und deren Therapie mehr Bedeutung gegeben werden“, betont Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Jena.

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Dr. Katharina Geißler
Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Jena
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E-Mail: katharina.geissler@med.uni-jena.de

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07743 Jena
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Dr. Uta von der Gönna
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E-Mail-Adresse: pr-dekanat@med.uni-jena.de
Originalpublikation:

Graf N, Geißler K, Meißner W, Guntinas-Lichius O. A prospective cohort register-based study of chronic postsurgical pain and long-term use of pain medication after otorhinolaryngological surgery. Sci Rep. 2021;11(1):5215. Published 2021 Mar 4. doi:10.1038/s41598-021-84788-4 https://www.nature.com/articles/s41598-021-84788-4


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

http://www.quips-projekt.de

 
http://pain-out.med.uni-jena.de

 

Priv.-Doz. Dr. Christian-Alexander Behrendt: Peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und COVID 19 Erkrankung: Akuter viraler Atemwegserkrankung

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit:  Höhere Sterblichkeit bei Schlaganfall-Patienten mit COVID-19-Infektion

Publikationen im European Journal of Vascular and Endovascular Surgery

Kommen Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten zu spät ins Krankenhaus? 

Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben durch die Auswertung von Krankenkassendaten herausgefunden, dass Patientinnen und Patienten mit einem akuten Schlaganfall seit Beginn der Corona-Pandemie trotz unveränderter Behandlungsmöglichkeiten ein größeres Risiko haben, im Krankenhaus zu versterben. 

Das gilt vor allem, wenn sie auch noch mit dem SARS-CoV-2-Erreger infiziert sind.

Die Zusammenhänge und Gründe für die gestiegene Mortalität im Krankenhaus müssen nun in weiteren Studien untersucht werden. 

  • Außerdem sind Patientinnen und Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) besonders gefährdet für einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung. 

Diese Forschungsergebnisse haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der interdisziplinären Forschungsgruppe GermanVasc des UKE und die Krankenversicherung BARMER im Fachmagazin European Journal of Vascular and Endovascular Surgery veröffentlicht.

Unter anderem zeigte sich in den Auswertungen, dass die Mortalität im Krankenhaus bei Patientinnen und Patienten mit einem akuten Schlaganfall während der COVID-19-Pandemie im Vergleich zu den drei Vorjahren von 8,3 auf 9,6 Prozent stieg. 

Beim Vergleich der Daten von Patientinnen und Patienten mit einem akuten Schlaganfall und einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion mit den Daten nicht infizierter Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten stellten die UKE-Forschenden einen Anstieg der Mortalität im Krankenhaus von 9 auf 12,4 Prozent fest.

„Unsere retrospektive Analyse von Krankenkassendaten liefert Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen COVID-19-Erkrankungen und einer erhöhten Mortalität im Krankenhaus bei Patientinnen und Patienten mit akutem Schlaganfall. 

Wir benötigen aber dringend weitere Studien, um den zugrundeliegenden Mechanismus und die Beziehung zwischen neuem Corona-Virus und akutem Schlaganfall besser zu verstehen“, sagt Priv.-Doz. Dr. Christian-Alexander Behrendt, Erstautor der Studie und Leiter der interdisziplinären Forschungsgruppe GermanVasc des UKE.

  • Außerdem fanden die Forschenden durch die Auswertungen der Krankenkassendaten heraus, dass PAVK-Patientinnen und -Patienten vor der Corona-Pandemie ein etwa vierfach höheres Risiko für Krankenhausbehandlungen aufgrund akuter viraler Atemwegserkrankungen hatten. 
  • „Angesichts dieser Ergebnisse sollten Patientinnen und Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eine hohe Priorität in Bezug auf Schutzmaßnahmen wie PCR-Tests, Antikörpertests und Impfungen erhalten“, sagt Priv.-Doz. Dr. Christian-Alexander Behrendt.
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Priv.-Doz. Dr. Christian-Alexander Behrendt
Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
ch.behrendt@uke.de

Martinistr. 52
20246 Hamburg
Deutschland
Hamburg

Saskia Lemm
Telefon: (040) 7410-56061
E-Mail-Adresse: presse@uke.de
Originalpublikation:

Behrendt et.al. How does SARS-CoV-2 infection affect survival among patients with cardiovascular emergencies? A cohort study from a German insurance claims database. European Journal of Vascular and Endovascular Surgery. 2021.
DOI: https://doi.org/10.1016/j.ejvs.2021.03.006

Peters et.al. Research Letter: Prevalence of COVID-19 risk factors and risks for severe acute respiratory disease markedly higher in patients with symptomatic peripheral arterial occlusive disease. European Journal of Vascular and Endovascular Surgery. 2021.
DOI: https://doi.org/10.1016/j.ejvs.2021.02.055

 

Prof. Dr. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe: Zertifizierten Wundheilungszentren: Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) und Diabeteserkrankung

Medizin am Abend Berlin - Ma-AB-Fazit: Medizin am Abend Berlin  MaAB-Fazit: Vier von fünf Amputationen sind vermeidbar

  • 70 Prozent aller Amputationen betreffen Menschen mit Diabetes. 

Eine Kampagne aus Kanada findet jetzt Unterstützung in Deutschland. 

Prof. Tschöpe, Diabeteszentrum Bad Oeynhausen:

 Zur Rettung von Gliedmaßen ist die frühzeitige Vorsorge in zertifizierten Wundheilungszentren unerlässlich. 

Vier von fünf Amputationen sind unnötig, wenn früh erkannt und richtig behandelt wird. So lautet der Ansatz der kanadischen Kampagne „Save the 4“, die bei den Experten im Diabeteszentrum des HDZ NRW volle Unterstützung findet
Vier von fünf Amputationen sind unnötig, wenn früh erkannt und richtig behandelt wird. So lautet der Ansatz der kanadischen Kampagne „Save the 4“, die bei den Experten im Diabeteszentrum des HDZ NRW volle Unterstützung findet (Foto: Marcel Mompour). HDZ NRW

Erst war es nur ein Kribbeln, dann schmerzten die Füße regelmäßig, wenn Werner Sohns als begeisterter Wanderer unterwegs war. 

Erst vor wenigen Jahren erhielt der heute 73-jährige ehemalige kaufmännische Angestellte beim Hausarzt die Diagnose eines Typ-2-Diabetes. „Wahrscheinlich zu spät“, sagt er. Denn nach allem, was Werner Sohns im letzten Jahr durchmachen musste, hat ihn der Diabetes womöglich schon Jahre zuvor unerkannt begleitet.

„Während die Rate von Amputationen in spezialisierten Zentren bei unter 5 Prozent liegt, kann sie andernorts 20 bis 30 Prozent betragen“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe, Direktor des Diabeteszentrum am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen. „Bei entsprechender Achtsamkeit und frühzeitiger, fachgerechter Behandlung insbesondere von Fußwunden und Gefäßproblemen ließe sich ein Großteil von jährlich über 40.000 Amputationen in Deutschland vermeiden.“ In Kanada geht man von 80 Prozent vermeidbarer Amputationen aus. 

„Save the 4 – Rette vier von fünf Gliedmaßen vor der Amputation“, so lautet deshalb eine Social Media Kampagne, die im vergangenen Jahr in Kanada gestartet ist und auch vom Bundesverband klinischer Diabeteseinrichtungen in Deutschland (BVKD) e.V. und seinen Mitgliedern wie dem HDZ NRW unterstützt wird.

Bei Werner Sohns war es erst eine kleine Verletzung am rechten Fuß, die nicht heilen wollte, dann aber massiv die Durchblutung im gesamten Fuß gefährdete. Im Heimatkrankenhaus wurde ihm schließlich ein Zeh amputiert. Doch auch diesmal heilte die Wunde nicht. Als man ihm daraufhin den rechten Vorderfuß entfernen wollte, wollte er eine zweite Meinung einholen und nahm dafür eine Stunde Fahrtzeit nach Bad Oeynhausen in Kauf. Heute ist er froh darüber, denn durch die Wundbehandlung im Diabeteszentrum wurde nicht nur der rechte Fuß erhalten, sondern auch der Ursache für seine Beschwerden auf den Grund gegangen: 

  • Es war die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), die ihm in Begleitung seiner Diabeteserkrankung so große Probleme bereitete und die ihm jetzt auch im linken Bein große Schmerzen bereitete.


„Eine PAVK oder – sogar noch häufiger – das sogenannte diabetische Fußsyndrom (DFS) sind heute die Hauptursachen für Amputationen“, sagt Oberärztin Dr. Tania-Cristina Costea, die das zertifizierte Wundheilungszentrum am HDZ NRW leitet. „Im schlimmsten Fall können auch Beinamputationen drohen, die nicht nur die Lebensqualität und -erwartung einschränken, sondern auch hohe Behandlungskosten mit sich bringen.“ Um individuelle Fragestellungen zu erörtern, trifft sich zwei Mal wöchentlich ein interdisziplinäres Expertenteam des HDZ NRW und der Mühlenkreiskliniken Bad Oeynhausen. Werner Sohns klagte zudem über Ruheschmerzen im linken Bein, die immer schlimmer wurden. Die Untersuchung bestätigte eine kritische Durchblutungsstörung mit wenig Chancen auf Verbesserung. Die Amputation des linken Unterschenkels stand im Raum. Die Diabetologen, Angiologen und Gefäßchirurgen empfahlen Werner Sohns einen gefäßchirurgischen Eingriff, der im Januar dieses Jahres im Krankenhaus Bad Oeynhausen durchgeführt wurde. Letztlich entschied man sich bei Werner Sohns für einen Venenbypass, und dieses Vorgehen hat ihn vermutlich vor einer Amputation des linken Unterschenkels bewahrt. „Ich bin gewiss kein Einzelfall“, sagt er. „Als Betroffener muss man die Risiken einfach besser kennen und geringste Beschwerden ernst nehmen.“

Professor Tschöpe spricht angesichts der schweren Folgen und Begleiterkrankungen des Diabetes mellitus von einer schleichenden Bedrohung, von der allein in Deutschland schätzungsweise zehn Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Deshalb seien breit angelegte, öffentliche Kampagnen so wichtig, die aufklären und auf die Bedeutung ausgewiesener Spezialeinrichtungen für Wundheilungstherapie und Gliedmaßenerhalt hinweisen. „Auch aus gesundheitspolitisch und ökonomischer Sicht ist es unerlässlich, die Versorgung von Menschen mit Diabetes und PAVK strukturell zu verbessern. Für den einzelnen Betroffenen geht dabei entscheidend um den Erhalt seiner persönlichen Lebensqualität.“

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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen mit 35.000 Patienten pro Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und modernsten Zentren seiner Art in Europa.

Im Diabeteszentrum des HDZ NRW unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe werden jährlich rund 2.000 Menschen mit allen Typen des Diabetes mellitus und seinen Folgeerkrankungen behandelt. Zum Leistungsspektrum gehört auch die Diagnostik und Therapie endokrinologischer und gastroenterologischer Erkrankungen. Ein besonderer Schwerpunkt ist die kardiovaskuläre Risikoabschätzung und Behandlung von Herz- und Gefäßerkrankungen im integrierten Versorgungskonzept. Zudem ist das Diabeteszentrum auf die Behandlung von Nervenschäden und Durchblutungsstörungen spezialisiert, dazu gehört auch die Wundheilung bei Diabetischem Fußsyndrom.

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Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen
 Anna Reiss
Georgstr. 11
32545 Bad Oeynhausen
Tel. 05731 97-1955
Fax 05731 97-2028
E-Mail: info@hdz-nrw.de

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe
Direktor Diabeteszentrum
Dr. medic. Tania-Cristina Costea
Oberärztin Diabeteszentrum
Herz- und Diabeteszentrum NRW
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum

http://www.hdz-nrw.de

 
https://www.woundscanada.ca/docman/public/1821-dfcampaign-englishcontenttable-re...


Dr. Bhupesh Prusty: Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS), mittlerweile auch Myalgische Enzephalomyelitis (ME): Long Covid - Post-Covid-Syndrom

Medizin am Abend Berlinn - MaAB-Fazit: Long Covid: Auf der Suche nach den Auslösern

Manche Covid-19-Patienten sind noch Monate nach der Infektion dauerhaft geschwächt. 

Ihre Symptome gleichen denen des Chronischen Erschöpfungssyndrom. 

Ein Forscher der Uni Würzburg sucht jetzt nach den Parallelen. 

 Fluoreszenzkonfokales Bild von kultivierten humanen Zellen. Zu sehen ist die Reaktivierung von HHV-6 (GFP-positive Zellen, grün), die den Verlust von Mitochondrien (rot) verursacht. Die Zellkerne sind blau gefärbt.

 Fluoreszenzkonfokales Bild von kultivierten humanen Zellen. Zu sehen ist die Reaktivierung von HHV-6 (GFP-positive Zellen, grün), die den Verlust von Mitochondrien (rot) verursacht. Die Zellkerne sind blau gefärbt. AG Prusty Universität Würzburg

  • Die Betroffenen sind ständig müde und erschöpft, schon am Morgen fehlt ihnen häufig die Kraft aufzustehen oder auf die Arbeit zu gehen. 
  • Dazu gesellen sich bei vielen von ihnen Muskelschmerzen, Nervenstörungen und grippeähnliche Symptome, die über Jahre anhalten können. 
  • An ein normales Leben ist für sie kaum mehr zu denken.


Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS), mittlerweile auch Myalgische Enzephalomyelitis (ME) genannt, stellt Wissenschaft und Medizin seit vielen Jahren vor große Rätsel. Noch immer hat die Suche nach den Ursachen der Erkrankung keinen wirklichen Durchbruch verzeichnet, viele Faktoren stehen als Auslöser unter Verdacht – angefangen bei Infektionen über Hormonstörungen bis zu einer Fehlreaktion des Immunsystems. Und eine Therapie gibt es dementsprechend auch nicht.

Weltweit führender Experte für CFS/ME

Dazu kommt: Seit dem Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Situation verschärft. Denn während der Großteil der an Covid-19 Erkrankten die Krankheit vergleichsweise glimpflich übersteht, leidet ein geringer Prozentsatz der Betroffenen auch Monate später noch unter Beschwerden, die einem Chronischen Erschöpfungssyndrom sehr stark ähneln.  

Von „Long Covid“ oder dem „Post-Covid-Syndrom“ sprechen Mediziner in diesem Fall. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Long Covid inzwischen als eigenständige Erkrankung anerkannt und die Ähnlichkeit mit dem Erschöpfungssyndrom attestiert.

Einer der wenigen Wissenschaftler, die sich weltweit mit den Ursachen der Myalgischen Enzephalomyelitis beschäftigen, ist Dr. Bhupesh Prusty, Gruppenleiter am Lehrstuhl für Virologie der Julius-Maximilians-Universität. Prusty hat ein spezielles Virus als Auslöser dieser und etlicher anderer neurologischer Krankheiten im Verdacht: 

das Humane Herpes Virus-6 (HHV-6).

Angriff auf die Kraftwerke der Zellen

Wie Prusty und andere Wissenschaftler in der Vergangenheit zeigen konnten, integriert sich das Virus häufig in das menschliche Erbgut. 

Entgegen der vorherrschenden Meinung legt es damit nicht zwangsläufig seine Aktivitäten dauerhaft ab. Bestimmte Faktoren können es wieder aktivieren – beispielsweise eine zusätzliche Infektion mit Chlamydien oder Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken – wie Prustys Arbeiten zeigen.

  • Dann greift HHV-6 die Kraftwerke der Zelle an, die Mitochondrien, und verursacht dort Fehlfunktionen. 
  • Befallene Mitochondrien erzeugen weniger ATP – Energielieferanten im menschlichen Körper – und zeigen starke Schwankungen in ihrem Kalzium-Haushalt
  • Gut möglich, dass auch eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus die Herpesviren erneut aktiv werden lässt.


Viel Geld von zwei britischen Stiftungen

Ob das tatsächlich so ist: Daran kann Prusty in den kommenden Jahren mit besonderem Nachdruck forschen. Zwei Stiftungen statten ihn dafür mit viel Geld aus: Insgesamt 900.000 US-Dollar – umgerechnet rund 750.000 Euro – erhält Prusty von der Amar Foundation. Die US-amerikanische Wohltätigkeitsorganisation finanziert damit Prustys Arbeiten zu SARS-CoV-2, dem Ursprung des Chronischen Müdigkeitssyndroms und der mitochondrialen Dysfunktion bei ME/CFS.

Mit rund 200.000 Pfund – umgerechnet etwas über 240.000 Euro – unterstützt eine britische Stiftung Prustys Arbeit auf dem gleichen Gebiet: die ME Research UK, eine Organisation, die sich das Ziel gesetzt hat, „qualitativ hochwertige wissenschaftliche Untersuchungen zu den Ursachen, Folgen und der Behandlung der Myalgischen Enzephalomyelitis / des Chronischen Erschöpfungssyndroms in Auftrag zu geben und zu finanzieren“.

Genauer Blick auf die Vorgänge in den Zellen

„Wir hier in Würzburg haben ein spezielles Arbeitsmodell, um sowohl an Long Covid als auch an der Myalgischen Enzephalomyelitis zu arbeiten“, erkärt Bhupesh Prusty. Mithilfe spezieller Techniken und Verfahren können Prusty und seine Arbeitsgruppe einen genauen Blick in das Innere einzelner Zellen zu werfen und dabei detailliert zu entschlüsseln, zu welchem Zeitpunkt welche Gene aktiviert sind und welche Prozesse sie dabei in Gang setzen. 

„Auf diese Weise werden wir in der Lage sein besser zu verstehen, wie Krankheitserreger, insbesondere Herpesviren wie HHV-6, spezifische menschliche Zellen einschließlich der Immunzellen verändern, um diese Krankheiten zu verursachen“, sagt Prusty.

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Dr. Bhupesh Prusty, Lehrstuhl für Virologie, T: +49 931 31-88067, bhupesh.prusty@biozentrum.uni-wuerzburg.de

Kristian Lozina Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Sanderring 2
97070 Würzburg
Deutschland
Bayern

Kristian Lozina
Telefon: 0931 / 31-85300
E-Mail-Adresse: kristian.lozina@uni-wuerzburg.de


Univ.-Prof. Dr. med. Adrian Dragu: Nervenkompression: Karpaltunnelsyndrom - handchirurgischen Eingriff

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Karpaltunnelsyndrom - das nächtliche Kribbeln in den Fingern ist keine Bagatelle!

Das Karpaltunnelsyndrom ist eine der häufigsten Gründe für einen handchirurgischen Eingriff. 

Etwa jeder sechste Erwachsene ist von dieser Form der Nervenkompression betroffen. 

In der Regel verstärken sich die Symptome schleichend. 

  • Viele Betroffene nehmen den in der Frühphase mit einem nächtlichen Kribbeln in den Fingerspitzen bemerkbaren Druck auf den Nervenstrang nicht ernst. 

Doch sie riskieren irreparable Schäden, warnen die Handchirurgen des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden. 

Auch wenn Diagnose und Entscheidung über die richtige Therapie gemeinsam mit anderen Spezialisten getroffen wird, sollte im ersten Schritt ein Handchirurg konsultiert werden.

 Dieser Test liefert einen Anhaltspunkt auf das Karpaltunnelsyndrom. Werden die Hände an den Außenseiten vor der Brust gegeneinandergedrückt und es fängt nach wenigen Minuten an, in den Fingerspitzen zu kribbeln, weist dies auf das Karpaltunnelsyndrom hin.

 Dieser Test liefert einen Anhaltspunkt auf das Karpaltunnelsyndrom. Werden die Hände an den Außenseiten vor der Brust gegeneinandergedrückt und es fängt nach wenigen Minuten an, in den Fingerspitzen zu kribbeln, weist dies auf das Karpaltunnelsyndrom hin. Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Etwa jeder sechste Deutsche wird mit den Folgen eingeengter oder eingeklemmter Nervenstränge des Arms konfrontiert. 

Bei stärkerer Ausprägung können so alltägliche Aktivitäten einschränkt werden, da diese Nerven Bewegung und das Gefühl der Hände vermitteln. Dass aus einem anfänglichen, vor allem beim Schlafen auftretenden Kribbeln – vor allem an Daumen, Zeige- und Mittelfinger sowie der daumenzugewandten Hälfte des Ringfingers – ein ernsthafteres Problem werden kann, hat die Dresdnerin Maria E. erlebt. Bereits als 18-Jährige weckte dieses mit einem Taubheitsgefühl verbundene Kribbeln sie ab und an. Wie die meisten Menschen nahm sie dieses Zeichen nicht weiter ernst.

Fast zehn Jahre später hat sich daraus jedoch ein ernstes Problem entwickelt, das sogar ihre Berufstätigkeit in Frage stellte. Denn aus der nächtlichen Störung, die sich anfangs mit dem Ausschütteln der Hand abstellen ließ, ist ein Taubheitsgefühl in den Fingern geworden. Schließlich hielt dieses Handicap über mehrere Tage an. Der Kellnerin fielen Gläser aus der Hand, so dass ihr andere Aufgaben übertragen werden mussten. Zu dieser Zeit kannte die heute 28-Jährige bereits die Diagnose „Karpaltunnelsyndrom“. „Deshalb habe ich mich geradezu auf die OP gefreut“, sagt Maria E. rückblickend. Der Erfolg des ambulanten Eingriffs in der Abteilung für Plastische- und Handchirurgie des UniversitätsCentrums für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie (OUPC) gab ihr recht. Nach einer kurzen Zeit der Wundheilung konnte sie wieder behände mit Tellern, Tassen und Gläsern umgehen. Das Kribbeln und die Taubheitsgefühle sind seitdem komplett verschwunden.

Dr. Martin Schreiber möchte nicht, dass die Patienten einen Arzttermin und die möglicherweise notwendige OP so lange rauszögern wie Maria E. „Die Nervenstränge werden von Blutgefäßen begleitet. Sorgt der Druck im verengten Karpaltunnel für eine Unterbrechung des Blutstroms, besteht die Gefahr, dass die von ihnen versorgten Nervenfasern absterben.“ Die Folgen, so der Handchirurg des OUPC, reichen von einem dauerhaft pelzigen Gefühl bis zu dem, was seine Patientin erlebt hat. Beispielsweise sorgt der fehlende Tastsinn dafür, dass den Betroffenen immer wieder etwas aus der Hand fällt. Auch die Fingerfertigkeit leidet: Mit einem Schlüssel eine Tür zu öffnen, wird zur Herausforderung.

Um dem Kribbeln in den Fingern frühzeitig auf die Spur zu kommen, sollten Betroffene nicht zögern, die Symptome abklären zu lassen. „Die rechtzeitige Beratung durch eine Chirurgin beziehungsweise einen Chirurgen mit der Zusatzbezeichnung Handchirurgie ist wichtig, um sich möglichst viele Behandlungsoptionen zu erhalten“, sagt Prof. Adrian Dragu, Direktor für Plastische- und Handchirurgie am OUPC des Dresdener Uniklinikums. 

  • Als erste Maßnahme wird das betroffene Handgelenk über Nacht mit einer Orthese ruhiggestellt. 
  • Bleibt dabei ein Erfolg aus und Missempfindungen, Kribbeln und Taubheitsgefühle oder auch Lähmungserscheinungen verschwinden nicht, könnte eine Operation notwendig werden.


Um die Ursache für die kribbelnden Hände herauszufinden, gibt es einige einfache Tests. 

Dabei stimuliert der Arzt den Nerv mit sanftem Druck oder die Patienten drücken ihre Hände vor der Brust gegeneinander. 

Fängt es dann nach wenigen Minuten an, in den Fingerspitzen zu kribbeln, ist das ein weiterer Hinweis auf das Karpaltunnelsyndrom. 

Ein Neurologe kann diese Vermutung durch die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit bestätigen. 

In einem ersten Schritt ist dann bei allen leichten bis mittelschweren Krankheitsfällen die konservative, also nicht chirurgische Therapie der beste Weg. 

Dabei wird das Handgelenk nachts mit einer speziellen Schiene in einer Mittelstellung fixiert. 

Geht mit der Einengung des Nervs eine Entzündung einher, ist Kortison eine Option. 

Ärzte können das Medikament ins Handgelenk spritzen oder Tabletten verordnen. 

Rühren die Beschwerden von einer übermäßigen Belastung her – etwa beim Bau durch die Arbeit an stark vibrierenden Geräten oder in der Gastronomie durch häufiges Tragen schwerer Lasten – muss die Hand unbedingt geschont werden, um eine weitere Überbeanspruchung zu vermeiden.

Dr. Martin Schreiber, Leitender Oberarzt  der Abteilung für Plastische- und Handchirurgie des UniversitätsCentrums für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie (OUPC) schaut auf die noch leicht gerötete Stelle des Eingriffs.

 Dr. Martin Schreiber, Leitender Oberarzt der Abteilung für Plastische- und Handchirurgie des UniversitätsCentrums für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie (OUPC) schaut auf die noch leicht gerötete Stelle des Eingriffs. Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Ziel jeder Therapie ist es, Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit und Muskelkraft der Hand wiederherzustellen. Sollten konservative Therapiemethoden nicht den gewünschten Erfolg haben, kann ein chirurgischer Eingriff notwendig werden. „Bei Nervenkompressionen gilt es, den richtigen Zeitpunkt für eine Operation zu erkennen“, sagt der Leitende Oberarzt Dr. Martin Schreiber. Sie erfolgt in der Regel ambulant bei örtlicher oder regionaler Betäubung. Der eigentliche Eingriff dauert häufig nicht länger als 20 Minuten. Trotzdem handelt es sich hierbei um einen mikrochirurgischen Eingriff, der unter Lupenbrillenvergrößerung und nur von Handchirurgen vorgenommen werden sollte, um auch kleineste, aber sehr wichtige abgehende Nervenfasern während der Operation erkennen und schonen zu können. 

  • Dabei wird der Gewebestrang, der die zur Hand führenden Nerven umgibt, über mehrere Zentimeter vollständig durchtrennt. 

Der dazu notwendige Schnitt verläuft am unteren Bereich der Hand ausgehend von der sogenannten Lebenslinie. 

Damit ist er nach der Wundheilung kaum noch zu sehen. 

Nach der OP muss die Hand zwei Wochen geschont werden. 

Danach treten in der Regel keine Einschränkungen mehr auf, sofern sich die Patienten nicht zu spät operieren lassen und die betroffenen Nerven ohne irreversible Schäden geblieben sind.

Maria E. hat Glück gehabt. Trotz der starken Symptome kann sie wieder ohne jede Einschränkung kellnern. Teller, Tassen und Gläser hat sie dabei wieder voll unter Kontrolle.

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