Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Durchführbarkeit von Rehasport (Lungensport) zu Pandemiezeiten - Stellungnahme der AG Lungensport in Deutschland e.V.
Training, z. B. in ambulanten Lungensportgruppen, verbessert die Belastbarkeit von chronisch Lungenerkrankten.
Diese Therapieoption hilft den Betroffenen, trotz eingeschränkter Lungenfunktion, den Alltag leichter zu bewältigen und Lebensqualität zu gewinnen.
Lungensport ist eine medizinisch notwendige Leistung.
Die im Rehasport geforderte Fläche von 5qm/Teilnehmer übertrifft den geforderten Mindestabstand von 1,50m weit.
Im Rahmen des Rehabilitationssports ist die Nachverfolgbarkeit von möglichen Infektionen „systembedingt" zu 100% gegeben.
Die AG Lungensport fordert, dass Lungensport unter Beachtung entsprechender Schutz- und Hygienekonzepte unter fachlicher Leitung stattfinden kann.
Bei der Frage der Durchführung von Rehasport (Lungensport) zu Pandemiezeiten muss abgewogen werden zwischen dem Risiko einer Infektion und den Risiken, die eine Unterbrechung des Rehasports mit sich bringt.
Beide Risiken betreffen dasselbe Schutzgut, nämlich die Gesundheit.
Einerseits birgt Rehasport in Gruppen die Gefahr einer Infektion,
andererseits gefährdet die Untersagung das angestrebte Ziel des
Rehasports, nämlich die gesundheitliche Rehabilitation. Von zentraler
Bedeutung ist das Erlebnis des gemeinsamen Sporttreibens trotz
krankheitsbedingter Leistungslimitierung.
Auch beim Rehasport hat die Gesundheit höchste Priorität. Kürzlich wurde
eine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin e.V. zu Hygienemaßnahmen bei der Behandlung von
Patienten mit Lungenerkrankungen in der ambulanten Physiotherapie und
dem Lungensport zu Pandemiezeiten publiziert (Hellmuth T et al.
Pneumologie 2021; 75: 57-59). Die Umsetzung der beschriebenen
Sicherheits- und Hygienestandards ist praktikabel und problemlos
möglich. So ist beispielsweise durch die im Rehasport geforderten 5qm
pro Teilnehmer immer ein Abstand von 2,50m gegeben. Der übliche
Mindestabstand von 1,50 ist somit weit übertroffen. Weitere Maßnahmen
umfassen die Erklärung der Sicherheits- und Hygienemaßnahmen durch
Gruppenleiter, die Desinfektion verwendeter Materialien (auch Hocker)
vor und nach jeder Übungsstunde, die Lüftung des Übungsraumes, die
Kontrolle des Zugangs und die Bereitstellung von medizinischen Masken,
Desinfektionsmitteln und Einmalhandtüchern. Auf die Nutzung von
Umkleidekabinen und Gemeinschaftsräumen kann verzichtet werden.
Rehabilitationssport verlangt ausdrücklich nicht die Durchführung von
maximaler körperlicher Leistung an Trainingsgeräten (wie in einem
Fitnessstudio) und vermeidet dadurch hohe Atemluftströmungen bzw.
vermehrte Aerosolbildung. Beim Training wird die Maske durchgehend
getragen, und die Räumlichkeiten werden regelmäßig gelüftet. Jedem
Teilnehmer wird ein fester Platz zugewiesen – beispielsweise im Sitzen
auf dem Hocker. Zu Pandemiezeiten finden keine Partnerübungen statt. Von
Bedeutung ist vielmehr das Erlebnis des gemeinsamen - also ort- /und
zeitgleichen – Trainierens.
Der Rehabilitationssport in Gruppen findet unter Leitung eines
zertifizierten Übungsleiters statt. Dieser Übungsleiter verfügt über
(Fach-) Kenntnisse in Biologie und Medizin. Außerdem wird die
Rehasportgruppe bei Bedarf von einem Arzt beraten. Diese Beratung
umfasst auch die erforderlichen Hygienebestimmungen. Erfahrungsgemäß
haben die Aussagen von Ärzten besonderes Gewicht und bieten deshalb eine
besondere Gewähr dafür, dass Hygieneschutzbestimmungen eingehalten
werden. Die Einhaltung eines Schutz- und Hygienekonzeptes kann also –
anders als bei Individualtraining in Fitnessstudios von einer
medizinisch fachkundigen Person kontrolliert werden.
Das Ministerium argumentiert, dass der Rehabilitationssport gerade für
Teilnehmer aus „vulnerablen Gruppen“ untersagt werden muss. Diese
Aussage konterkariert aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse. In
Norwegen wurden zunächst wie in anderen europäischen Ländern im Rahmen
der Lockdown-Maßnahmen die Fitness-Studios geschlossen. Das norwegische
Gesundheitsministerium hat daraufhin wissenschaftlich prüfen lassen, ob
die Studios unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen können. Die
TRAiN-Studie („Rapid-Cycle Re-Implementation of Training Facilities in
Norway“) der Oslo Universität ist eine randomisierte Studie zum
Infektionsrisiko in Fitnessstudios. Das Virus zirkulierte während der
Studienzeit in der Stadt.
Doch die Fitness-Studios hat es unter den
Sicherheitsstandards, die beim Rehasport deutlich höher sind, nicht
erreicht (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/114193/SARS-CoV-2-Wie-sich-Infektionen-im...).
Natürlich gibt es kein NULL-Risiko für eine CORONA-Infektion, doch muss
das minimale Risiko in der „vulnerablen Gruppe“ der Lungenkranken unter
den oben skizzierten Voraussetzungen in Beziehung gesetzt werden zum
Risiko durch Unterbrechung des evidenzbasiert wirksamen Lungensports,
das ungleich höher ist.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der ärztlich verordnete
Rehabilitationssport in Gruppen schon ausweislich der gesetzlichen
Leistungsbeschreibung in § 64 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX „unter ärztlicher
Betreuung und Überwachung“ steht und es deshalb nicht nur möglich,
sondern gesetzlich vorgeschrieben ist, dass der betreuende und
überwachende Arzt diejenigen Teilnehmer, bei denen ausnahmsweise derzeit
der Besuch der Rehasportgruppe aus infektionsschutzgründen medizinisch
nicht vertretbar ist, von der Teilnahme ausschließt.
- Besonders schwer trifft die Entscheidung, Lungensport in ordentlicher Form zu untersagen, die Patienten mit Post-COVID-Syndrom.
Gerade für
diese Patienten ist Reha-Sport von besonderer Bedeutung. Dass die
Betroffenen Rehasport nicht durchführen dürfen (ungeachtet der Tatsache,
dass sie ja immun sind…), erscheint nicht plausibel.
Ein kleiner, aber relevanter Punkt ist, dass im Rahmen des
Rehabilitationssports die Nachverfolgbarkeit von möglichen Infektionen
„systembedingt" zu 100% gegeben ist.
Wir appellieren deshalb an die zuständigen Behörden, die Untersagung der
Teilnahme am Reha-/Lungensport in kleinen Gruppen unter strikter
Beachtung des oben genannten Schutzkonzeptes und der Hygienestandards
aufzuheben, da diese Maßnahme in keinem angemessenen Verhältnis zum Ziel
der Infektionsverhinderung bzw. Virusverbreitung durch
Kontaktvermeidung steht, die Rehabilitation der Betroffenen sonst aber
immer mehr gefährdet ist.
Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Lungensport in Deutschland e.V.
Korrespondierende Autoren
Dr. Sebastian Teschler
Prof. Dr. Heinrich Worth
Dr. Sebastian Teschler, Essen
Prof. Dr. Heinrich Worth, Fürth
Dr. Ulrich Kümmel Deutsche Atemwegsliga e.V.
Dr. Ulrich Kümmel
der Deutschen Atemwegsliga
Telefon: 0228 / 28634593
Fax: 0228 / 28634594
E-Mail-Adresse: ulrich.kuemmel@medcomuk.de
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://www.lungensport.org/ Website der AG Lungensport in Deutschland e. V.
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