Medizin am Abend Berlin - MaAB - Fazit:
Gelegentlicher Fleischverzicht könnte vor Typ-2-Diabetes schützen
Wer weniger isst, lebt länger und gesünder – darauf verweisen
zahlreiche Studien zur positiven Wirkung des (Intervall-)Fastens.
Doch
neben der verminderten Kalorienaufnahme spielt auch das Verhältnis der
einzelnen Nahrungsbestandteile eine wichtige Rolle.
Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler vom DIfE, Partner des Deutschen Zentrums für
Diabetesforschung, konnten nun im Tiermodell zeigen, dass allein die
Reduzierung der Aminosäure Methionin* Typ-2-Diabetes verhindert.
Ihre
Ergebnisse veröffentlichten sie im FASEB Journal.
In früheren Untersuchungen fand das Forscherteam der Abteilung
Experimentelle Diabetologie am Deutschen Institut für
Ernährungsforschung (DIfE) bereits heraus, dass Mäuse,
die eiweißarmes
Futter bekamen, unter anderem verbesserte Blutzuckerwerte hatten und
mehr Energie verbrauchten als Tiere, die Standardfutter erhielten.
Die
aktuellen Ergebnisse zeigen nun, dass
bereits die Verringerung einer
einzelnen Aminosäure im Futter
sich positiv auf die Gesundheit auswirkt.
So verbesserte eine
Ernährung arm an Methionin den Zuckerstoffwechsel
der Mäuse und deren Empfindlichkeit für das Hormon Insulin.
„Interessanterweise beobachteten wir die positiven Wirkungen der
methioninarmen Kost, ohne den Eiweißgehalt zu verringern und unabhängig
von Nahrungsaufnahme und Körperfett“, erklärt Dr. Thomas Laeger, Leiter
des Projekts.
-
Übertragbarkeit auf den Menschen:
- Der Fibroblast growth factor 21 und
mögliche Vorteile einer veganen und vegetarischen Ernährung
Die Daten der Studie sprechen dafür, dass
der Fibroblast growth factor
21 (FGF21) die schützende Wirkung der methioninarmen Ernährung
vermittelt:
Wird weniger der Aminosäure aufgenommen, setzt die Leber
vermehrt FGF21 frei.
- Vegetarische oder vegane Kost enthält im Vergleich
zu fleisch- und fischhaltigen Speisen meist geringe Mengen an Methionin.
„Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Molekulare
Toxikologie und des Bundesinstituts für Risikobewertung konnten wir
zeigen, dass Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren,
verglichen mit Mischköstlern erhöhte FGF21-Spiegel im Blut haben,“ so
Erstautorin Teresa Castaño-Martinez.
Bereits nach vier Tagen
vegetarischer Ernährung erhöhten sich die FGF21-Mengen auch im Blut der
Mischköstler.
„Sollten sich die Befunde aus dem Tiermodell auf den Menschen übertragen
lassen, wäre das für die Behandlung von Diabetes ein wichtiger Schritt.
- Statt Kalorien zu zählen und generell auf schmackhafte eiweißreiche
Lebensmittel zu verzichten, müsste nur der Methioninanteil im Essen
reduziert werden.
- Möglicherweise reicht es bereits, wenn Betroffene hin
und wieder eine vegetarische Woche einlegen und somit ihre FGF21-Spiegel
in die Höhe treiben.
Das könnte die Akzeptanz einer
Ernährungsumstellung erheblich vereinfachen", sagt Laeger.
Berücksichtigt werden müsse jedoch, dass bestimmte Gruppen, darunter
beispielsweise Kinder, schwangere und stillende Frauen, einen erhöhten
Bedarf an Methionin haben.
Neues Wissen zu den Entstehungsmechanismen des Typ-2-Diabetes vertiefen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich einig, dass die
Spur unbedingt weiterverfolgt werden sollte. Wichtig wäre nun,
herauszufinden, inwieweit die verminderte Methioninaufnahme tatsächlich
zur Erhöhung der FGF21-Spiegel beiträgt. Künftig möchte das Forscherteam
weitere Untersuchungen mit Veganern durchführen, um zusätzliche
Indizien für die mögliche Beteiligung der Aminosäure Methionin an der
Entstehung von Typ-2-Diabetes aufzudecken.
*Methionin ist eine schwefelhaltige, lebenswichtige Aminosäure, die der
Körper nicht selbst herstellen kann und die deshalb mit der Nahrung
aufgenommen werden muss.
Wie alle Aminosäuren dient sie Eiweißen als
Baustein.
- Methionin trägt u. a. zur Bildung von Neurotransmittern und
Hormonen bei und ist somit an vielen wichtigen Körperfunktionen
beteiligt.
Obwohl auch bestimmte Nüsse, Ölsaaten und Gemüse nennenswerte
Mengen der essentiellen Aminosäure enthalten, ist eine pflanzenbasierte
Kost im Vergleich zu einer Ernährung mit Fleisch und Fisch in der Regel
methioninarm.
Literatur:
Original-Publikation: Castaño-Martinez T, Schumacher F, Schumacher S,
Kochlik B, Weber D, Grune T, Biemann R, McCann A, Abraham K, Weikert C,
Kleuser B, Schürmann A and Laeger T. Methionine restriction prevents
onset of type 2 diabetes in NZO mice. FASEB Journal 2019
Jun;33(6):7092-7102. DOI: 10.1096/fj.201900150R (Open Access) [
https://www.fasebj.org/doi/10.1096/fj.201900150R]
Ähnlicher Artikel: Laeger T, Castaño-Martinez T, Werno MW, Japtok L,
Baumeier C, Jonas W, Kleuser B, and Schürmann A. Dietary carbohydrates
impair the protective effect of protein restriction against diabetes in
NZO mice used as a model of type 2 diabetes. Diabetologia 2018;
61(6):1459-1469. (Open Access) [
https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00125-018-4595-1]
Hintergrundinformationen:
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die
Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für
Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des
metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht),
Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und
Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern
sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und
Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF
geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e.V. (DZD)
Das DZD ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung.
Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt
Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD
ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen
wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention,
Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des
Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches
Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche
Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf, das Deutsche Institut für
Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für
Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum
München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das
Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte
Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und
München sowie weitere Projektpartner.
Originalpublikation:
Castaño-Martinez T, Schumacher
F, Schumacher S, Kochlik B, Weber D, Grune T, Biemann R, McCann A,
Abraham K, Weikert C, Kleuser B, Schürmann A and Laeger T. Methionine
restriction prevents onset of type 2 diabetes in NZO mice. FASEB Journal
2019 Jun;33(6):7092-7102. DOI: 10.1096/fj.201900150R (Open Access) [
https://www.fasebj.org/doi/10.1096/fj.201900150R]
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