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Prof. Dr. Peter Berlit: Arteriosklerose bedingte Verengung einer Halsschlagader (Carotisstenose)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: 

Therapie verengter Halsschlagadern zur Schlaganfallprophylaxe: 

Operation und Stent sind gleichwertig

Eine durch Arteriosklerose bedingte Verengung einer Halsschlagader (Carotisstenose) kann das Schlaganfallrisiko erhöhen. 

Zur Behebung der Stenose, um einem Schlaganfall vorzubeugen, gibt es zwei Möglichkeiten: 

  • den Carotis-Stent und eine offene Gefäßoperation. 

Nach beiden Eingriffen besteht jedoch eine kurzfristige Erhöhung des Schlaganfallrisikos. 

Die ACST-2-Studie [1] sollte klären, welches Vorgehen bei einer asymptomatischen Carotisstenose das bessere Nutzen-Risiko-Verhältnis hat. 

Es zeigte sich, dass im Kurzzeitergebnis sowie über fünf Jahre beide Verfahren gleichwertig waren.

Schlaganfälle können verschiedene Ursachen haben, in den meisten Fällen handelt es sich um sogenannte ischämische Schlaganfälle, also eine Unterbrechung der Durchblutung eines Gehirnareals. 

  • Ursächlich sind oft Verschlüsse von Hirnarterien durch Arteriosklerose und/oder Blutgerinnsel z.B. aus dem Herzen. 
  • Aber auch Partikel von arteriosklerotischen Plaques* der Halsschlagadern (Arteria carotis), die mit dem Blut mitgerissen werden, können einen Schlaganfall auslösen. 
  • Mit Zunahme der Plaques bzw. fortschreitender Gefäßverengung (Stenosierung) der A. carotis interna steigt auch das Schlaganfallrisiko. 

Als Symptom einer Carotisstenose bzw. als Vorzeichen eines drohenden Schlaganfalls kann es zu einer sogenannten TIA (transitorischen ischämischen Attacke) kommen – diese geht mit Schlaganfallsymptomen, z. B. Sehstörungen oder Lähmungen einher, die jedoch nur kurzzeitig anhalten (Minuten bis maximal wenige Stunden) und sich dann wieder zurückbilden. 

Eine asymptomatische Carotisstenose ist dagegen ein Zufallsbefund. 

  • Auch Stenosen mit Einengungen von weit über 50% können asymptomatisch sein und werden meist im Rahmen eines Gefäßscreenings entdeckt. 
  • Hochgradige asymptomatische Carotisstenosen können das Schlaganfallrisiko erhöhen und behandelt werden.


Es stehen hierfür zwei Behandlungsmethoden zur Verfügung:  

das Carotis-Stenting („carotid artery stenting“/CAS – analog dem Stenting von Koronararterien) und das gefäßchirurgische Verfahren der Carotis-Endarteriektomie (CEA), eine offene Gefäßoperation, bei der die Ablagerungen praktisch vollständig aus der A. carotis „herausgeschält“ werden. 

Ob und wann bei asymptomatischen Carotisstenosen eine Intervention erfolgen sollte, wird in Fachkreisen weltweit nicht immer einheitlich diskutiert, denn beide Prozeduren erhöhen kurzfristig (perioperativ) das Schlaganfallrisiko. 

Das Risiko für asymptomatische Patientinnen und Patienten, einen Schlaganfall in Folge der Intervention (=prozeduralen Schlaganfall) mit bleibender Behinderung zu erleiden oder zu versterben, liegt nach deutschen Registerdaten [2] für beide Methoden bei 0,7 %. 

Insgesamt war allerdings die bisherige Evidenz für das Vorgehen bei asymptomatischer Carotisstenose nicht zufriedenstellend, da in randomisierten Studien nicht genug Patientinnen und Patienten eingeschlossen worden waren.

Ziel der kürzlich publizierten, internationalen, multizentrischen ACST-2-Studie [1] war, eine ausreichend große Patientenzahl zu rekrutieren und das Risiko-Nutzen-Profil beider Verfahren zu vergleichen. In 130 Zentren aus 33 Ländern wurden 3.625 Patienten mit asymptomatischer Carotisstenose eingeschlossen. 

Die Carotisstenosen wurden sonografisch diagnostiziert (Verengung ≥60%); es bestand bei allen Studienteilnehmenden eine Indikation zur Intervention. Alle Patientinnen und Patienten erhielten eine optimale Behandlung bekannter Risikofaktoren, sie wurden randomisiert mit CAS (n=1.811) oder CEA (n=1.814) behandelt und einen Monat lang nachbeobachtet, gefolgt von jährlichen Follow-up-Untersuchungen für im Mittel fünf Jahre.

Insgesamt erlitten 1% der Betroffenen innerhalb von 30 Tagen einen prozeduralen Schlaganfall mit bleibender Behinderung oder verstarben (15 in der CAS-Gruppe, 18 in der CEA-Gruppe). 

Ungefähr 2% hatten prozedurale Schlaganfälle ohne bleibende Behinderung (48 in der CAS-Gruppe sowie 29 in der CEA-Gruppe). 

Die nicht-prozedurale Schlaganfallrate (tödlich oder mit Behinderung) über fünf Jahre betrug in jeder Gruppe ca. 2,5 % – und für Schlaganfälle aller Ursachen 5,3% in der CAS-Gruppe versus 4,5% in der CEA-Gruppe (keine Signifikanz). 

In der Zusammenschau mit allen früheren CAS-versus-CEA-Studien war das nicht-prozedurale Schlaganfallrisiko bei symptomatischen und asymptomatischen Patientinnen und Patienten ähnlich. 

Das Follow-up der ACST-2-Studie wird fortgesetzt, um weitere Langzeitdaten zu erhalten.

„Schwere Komplikationen sind heute bei fachgerechter Durchführung beider Methoden selten. 

Der Nutzen bzw. die langfristige Risikoreduktion über fünf Jahre sind ebenfalls vergleichbar“, kommentiert Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. 

„Wir haben nun eine gute Evidenzlage beim Vergleich von CAS und CEA bei asymptomatischer Carotisstenose, können aber keine Empfehlung für das eine oder andere Verfahren ableiten. 

Wenn die Indikation für einen Eingriff besteht, sollten Ärztinnen/Ärzte gemeinsam mit den Patientinnen/Patienten die Therapieentscheidung individuell treffen.“

Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, DGN-Pressesprecher, bemängelt allerdings, dass in der Studie der Vergleich mit der bestmöglichen konservativen Behandlung fehlt, welche Lebensstilmodifikationen und eine medikamentöse Therapie der Gefäßrisikofaktoren, wie Blutdruck- oder Blutfettsenker umfasst. 

„Möglicherweise gibt es einzelne Patientinnen und Patienten, bei denen auf einen Eingriff ganz verzichtet werden kann.“

Literatur
[1] Halliday A, Bulbulia R, Bonati LH et al. Second asymptomatic carotid surgery trial (ACST-2): a randomised comparison of carotid artery stenting versus carotid endarterectomy. Lancet 2021 Aug 27; S0140-6736(21)01910-3 doi: 10.1016/S0140-6736(21)01910-3. Online ahead of print.
[2] Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG). Karotis-Revaskularisation. https://iqtig.
org/qs-verfahren/qs-karotis/ (accessed July 22, 2021).

*Arteriosklerotische Plaques sind Ablagerungen von Blutfetten und Bindegewebe an den Innenwänden von Arterien, die sich mit zunehmendem Alter bilden und verkalken können.

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Originalpublikation:

doi: 10.1016/S0140-6736(21)01910-3.

Wechselnde Kopfhaltungen von Säuglingen lagebedingter Plagiocephalus - Helmorthse/Therapie (Ausnahme)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Abgeflachter Hinterkopf bei Säuglingen: Eltern können gegensteuern

Prävention von Schädelverformungen

Babys sollen vorwiegend auf dem Rücken liegen, das führt jedoch häufig zu einer Verformung des Schädels. 

Um die natürliche Ausprägung des Säuglingskopfs zu erhalten, empfehlen Orthopäden und Unfallchirurgen, auf wechselnde Kopfhaltungen zu achten.

„Wenn Babys zu lange mit derselben Kopfstellung auf dem Rücken liegen, passen sich die weichen Schädelknochen an und der Hinterkopf wird abgeplattet. 

Auch wenn das medizinisch meist harmlos ist, sollten Eltern dem Säugling Anreize schaffen, sein Köpfchen regelmäßig zu drehen, damit sich der Hinterkopf gewölbt ausprägt“, sagt Prof. Dr. Dieter C. Wirtz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn. 

Die DGOU gibt Tipps, wie man einer Schädeldeformation entgegenwirken kann und erklärt, welche natürlichen Behandlungsmethoden es gibt.

  • Viele Eltern beobachten bei ihren Neugeborenen in den Wochen nach der Geburt eine starke Abflachung des Hinterkopfs oder einseitige, asymmetrische Verformungen. 

Das Kind wirkt ansonsten kerngesund. 

  • „Häufig machen sich Eltern Sorgen, wenn das Kopfwachstum ungleichmäßig erfolgt. 
  • Sie befürchten Störungen der Kiefergelenke oder Probleme der Augenstellung und des Hörens. 

Diese Befürchtungen sind jedoch in der Regel unbegründet“, sagt Prof. Dr. Robert Rödl, Präsident der DGOU-Sektion Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO). So gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keinen direkten Zusammenhang zwischen Schädelform und Folgeschäden. 

„Meist handelt es sich also nur um ein kosmetisches Problem, für das es zahlreiche natürliche Behandlungsmethoden gibt“, sagt der Chefarzt der Kinderorthopäde am Universitätsklinikum Münster. 

In der medizinischen Fachsprache wird dieses Phänomen als sogenannter lagebedingter Plagiocephalus bezeichnet. Eltern können von Anfang an Routinen beachten, damit sich der Säuglingskopf oval ausbildet.

Orthopäden und Unfallchirurgen geben 5 Tipps, wie Eltern der Verformung des Babyköpfchens entgegenwirken können:

• Legen Sie das Kind tagsüber in wachem Zustand unter Aufsicht immer wieder in Bauch- oder Seitenlage und nutzen Sie auch jedes Wickeln für diese sogenannte „tummy time“. 


• Stellen Sie das Kinderbett so auf, dass Interessantes wie beispielsweise ein Fenster oder ein Mobile die Blickrichtung von der flachen Seite weglenkt.


• Platzieren Sie das Kind im Elternbett so zur Mutter, dass es sich von der flachen Seite abwendet, wenn es sich zur Mutter dreht. 


• Vermeiden Sie einseitiges Stillen bzw. einseitige Positionen, sprechen Sie das Baby von beiden Seiten an und füttern Sie es wechselseitig: mal von rechts und mal von links.


• Falls der Säugling eine Lieblingsseite hat, zu der er das Köpfchen immer wieder dreht, sodass es auf dieser Seite zu einer Abflachung kommt, kann mittels Handtuchrollen das Köpfchen stabilisiert und behutsam zeitweise in die andere Richtung gedreht werden.

Die Zahl der betroffenen Säuglinge hat zugenommen. 

In den 1990er Jahren konnte durch die „Back to sleep“-Kampagne und die Empfehlung, Neugeborene in Rückenlage schlafen zu lassen, die Gefahr des plötzlichen Kindstods um 50 Prozent reduziert werden. 

„Es war eine sehr erfolgreiche Kampagne, die zeigte, dass die Rückenlage genau richtig für die Allerjüngsten ist“, sagt Dr. Harry Klima, Mitglied des Beirats der VKO und Chefarzt für Kinderorthopädie im Ostschweizer Kinderspital St. Gallen. Allerdings führte die konsequente Rückenlage dazu, dass sich bei mehr Kindern als früher der schwere, aber noch formbare Hinterkopf durch das lange Aufliegen abflacht. Denn je jünger das Kind ist, desto schneller ist das Wachstum und umso größer ist die Formbarkeit des Kopfes.

In den meisten Fällen wird ein abgeflachter Säuglingskopf bereits festgestellt, wenn Kinderorthopäden bei Neugeborenen die vorgeschriebene Hüftultraschalluntersuchung durchführen. „Hier fragen wir nach Risikofaktoren und beraten die Eltern zu präventiven Maßnahmen. Selbstverständlich prüfen wir auch, ob bei dem Neugeborenen Auffälligkeiten vorhanden sind“, sagt Rödl. Besorgte Eltern können ihr Kind in den ersten Monaten auch darüber hinaus von Kinderorthopäden und -orthopädinnen untersuchen lassen. 

  • So kann geprüft werden, ob therapiebedürftige Bewegungsstörungen der Halswirbelsäule vorhanden sind oder ob es sich um unbedenkliche Bewegungseinschränkungen, zum Beispiel durch eine Lieblingsseite handelt, die zum einseitigen Aufliegen des Köpfchens führen. 
  • Nur in Ausnahmefällen stecken hinter einer Abflachung des Hinterkopfes angeborene Fehlbildungen der Wirbelkörper, äußerst selten ist ein sogenannter muskulärer Schiefhals. 

Auch gibt es bekannte Risikofaktoren, die zu Schädeldeformitäten führen können. 

  • Dazu zählen etwa erschwerte Geburten mit einer Saugglocke oder Zange aufgrund von ungünstigem Größenverhältnis von Becken zu Kindeskopf.


Das können Eltern tun, wenn sie Auffälligkeiten am Säuglingskopf beobachten:


• Schon bei den frühen Routineuntersuchungen sollten Eltern die Kopfform und die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ansprechen, um eventuelle Sorgen ausräumen zu lassen. 


• Bei Auffälligkeiten in den ersten Monaten und Sorge der Eltern kann eine Kinderorthopädin oder ein Kinderorthopäde aufgesucht werden.


• Wenn nötig, werden Krankengymnastik oder Chirotherapie verordnet, aber auch Eigenübungen können helfen.


• Bei fehlender Besserung und nur in Fällen ausgeprägter Verformung wird in seltenen Fällen eine Helmtherapie angewendet. 


• Wurde bei der ärztlichen Untersuchung der lagebedingte Plagiocephalus festgestellt, kann die richtige Behandlung helfen. 

Ziel jeder Behandlung ist, dass das Köpfchen nicht auf der ohnehin abgeflachten Stelle liegt.

Bei sehr ausgeprägten Deformitäten oder wenn das Kind aufgrund einer Entwicklungsstörung in einer Zwangshaltung liegt, kommt eventuell eine Therapie mit einer sogenannten Helmorthese in Frage. 

Da die Schädelform jedoch keinerlei Krankheitswert besitzt, besteht eine medizinische Indikation nur bei hartnäckigen Ausnahmefällen.

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Prof. Dr. Christoph Becker: Therapie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) von Colitis-ulcerosa-Erkrankten

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neuer Therapieansatz für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen?

FAU-Forschungsteam: Botenstoff schützt Zellen im Darm

Warum Menschen an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie der Colitis ulcerosa erkranken, ist nur bruchstückhaft verstanden. 

  • Man weiß jedoch, dass die Bakterien der Darmflora und eine Fehlsteuerung des Immunsystems eine wichtige Rolle spielen. 
  • Bei CED-Erkrankten sterben vermehrt Zellen in der Darmwand, die sogenannten Epithelzellen, ab. 
  • Daraufhin gelangen Bakterien aus dem Inneren des Darms in die geschädigte Darmwand, die dort Entzündungen hervorrufen. 
  • Diese Entzündungen wiederum führen zu einem weiteren Absterben von Epithelzellen. 
  • Die Darmbarriere, die Barriere zwischen dem Darminhalt und der Darmwand, wird durchlässiger. 

Mit zunehmendem Zelltod schreitet auch die Krankheit voran, denn in der geschädigten Darmwand siedeln sich weitere Bakterien an – ein Teufelskreis. 

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Becker von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat nun einen Mechanismus gefunden, der den Zelltod verhindern, den Teufelskreis unterbrechen und damit möglicherweise als Therapie bei entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden könnte. Die Ergebnisse der Wissenschaftler werden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Cell Biology veröffentlicht.*

In Mäusen und an Geweben von Colitis-ulcerosa-Erkrankten zeigte sich, dass ein Botenstoff namens Prostaglandin E2 die Epithelzellen vor einer besonderen Form des Zelltods, der Nekroptose, bewahren kann.  

Prostaglandine sind hormonähnliche Botenstoffe und zeigen vielfältige Wirkungen im Organismus. 

Prostaglandine wie das Prostaglandin E2 werden im Körper bei Entzündungen freigesetzt. 

Wie sie Entzündungsprozesse regulieren, ist jedoch noch nicht vollständig verstanden.

In den vergangenen Jahren hatten die Forscherinnen und Forscher bereits zeigen können, dass die Fehlregulation der Nekroptose zu Zelltod und somit zu Löchern in der Darmbarriere führt. 

Prostaglandin E2 verhindert dies, indem es an auf den Epithelzellen vorhandene Rezeptoren mit der Bezeichnung EP4 bindet. 

Je mehr dieser Rezeptoren aktiviert werden, so das FAU-Team von der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie – am Universitätsklinikum Erlangen, umso weniger Zellen sterben ab. 

Patientinnen und Patienten mit viel EP4 auf der Zelloberfläche zeigen einen milderen Krankheitsverlauf als Patienten mit wenig EP4.

Die Aktivierung der Rezeptoren durch Prostaglandin E2 wirkt somit dem Fortschreiten der Darmentzündung entgegen. 

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in Kanada testeten sie ein künstlich hergestelltes Molekül, das wie Prostaglandin E2 den EP4-Rezeptor aktivieren kann. 

Tatsächlich konnte durch eine Behandlung mit diesem Molekül der exzessive Zelltod in der Darmbarriere verhindert werden und somit das Eindringen von Bakterien blockiert werden. 

Diese Erkenntnisse bieten einen möglichen neuen Behandlungsansatz für Colitis ulcerosa und andere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.

* https://doi.org/10.1038/s41556-021-00708-8

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Blandina Mangelkramer Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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Schlossplatz 4
91054 Erlangen
Deutschland
Bayern 

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1038/s41556-021-00708-8


Univ.-Prof. Dr. med. Philipp Sommer: Vorhofflimmern - Therapie: „Elektroporation“ oder „Pulsed Field Ablation“ - Ablationsverfahren

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neu: Veröden mit Stromstößen

Nicht heiß, nicht kalt: 

Ein neues Ablationsverfahren verspricht Patienten mit Vorhofflimmern kürzere Prozedurzeiten als bisher. 

Nur wenige Zentren in Deutschland bieten die Elektroporation derzeit an – als einzige Einrichtung in Ostwestfalen das Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen. 

Herzspezialisten gegen das Vorhofflimmern: V.l.n.r.: Peter Rudek, Dr. Martin Braun, Mustapha El Hamriti, Prof. Dr. Philipp Sommer (HDZ NRW) und Ralf Blimke, Ulrike Sattler (Fa. Farapulse)
Herzspezialisten gegen das Vorhofflimmern: V.l.n.r.: Peter Rudek, Dr. Martin Braun, Mustapha El Hamriti, Prof. Dr. Philipp Sommer (HDZ NRW) und Ralf Blimke, Ulrike Sattler (Fa. Farapulse) (Marcel Mompour). HDZ NRW

Die Klinik für Elektrophysiologie am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, zählt mit rund 1.500 Ablationen jährlich zu den bundesweit erfahrensten Einrichtungen in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen.  

Klinikdirektor Prof. Dr. Philipp Sommer ist Lehrstuhlinhaber für Rhythmologie an der Ruhr-Universität Bochum. 

  • Vorteile des neuen Ablationsverfahrens sieht er in der schonenden und besonders präzisen Behandlungsmethode: 
  • „Im Gegensatz zu den herkömmlichen Therapieformen der Hochfrequenz- oder Kryoablation, bei denen mit Wärme bzw. Kälte die rhythmusstörenden Impulse im Herzgewebe behandelt werden, erreicht man bei dem Verfahren den Effekt durch das gezielte Einbringen kleiner Poren in die Zellmembran“. 

Die Methode wird daher als „Elektroporation“ oder „Pulsed Field Ablation“ (engl.) bezeichnet.

Vorhofflimmern ist die häufigste bedeutsame Herzrhythmusstörung. 

In Deutschland betrifft sie mehr als 1,5 Millionen Menschen. 

  • Die Erkrankung äußert sich meist durch Herzrasen, weil ungerichtete elektrische Erregungen des Herzens zu arrhythmischen Bewegungen der Herzkammerwände führen. 
  • Die Spezialisten im Herzkatheterlabor spüren die krankmachenden Erregungsherde im Herzgewebe auf und veröden diese.


„Je nach Schwere der Erkrankung müssen sich bislang etwa zehn bis 15 Prozent der Patienten einem zweiten oder dritten Eingriff unterziehen“, betont Sommer, der hofft, diese Rezidivrate mittels der Elektroporation zukünftig weiter senken zu können. 

Positiver Nebeneffekt dieser neuen nicht-thermischen Verödungsmethode ist es, dass das umliegende Nervengewebe geschont wird. 

„Mit kurzen, pulsierenden Stromstößen können vielmehr winzig kleine Löcher so rasch eingebracht werden, dass die Verödungsprozedur weniger Zeit in Anspruch nimmt bei noch dazu sehr niedriger Komplikationsrate.“

Das neue Ablationsverfahren ist CE-zertifiziert und wird in Deutschland bisher nur in wenigen großen klinischen Zentren angewendet. 

Das Team von Professor Sommer führt die Behandlung in der Klinik für Elektrophysiologie am HDZ NRW seit August dieses Jahres erfolgreich durch.


Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen mit 35.000 Patienten pro Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und modernsten Zentren seiner Art in Europa.

Die Klinik für Elektrophysiologie/Rhythmologie des HDZ NRW ist spezialisiert auf die Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit einem Leistungsspektrum von rd. 1.500 Ablationen jährlich. 

In der Klinik werden elektrophysiologische Untersuchungen mittels modernster, strahlungsarmer Technologie zur Behandlung von Rhythmusstörungen durchgeführt. 

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Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen
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Prof. Dr. med. Swen Malte John: Die Freisetzung von Nickel und Kobalt und ein erhebliches Gesundheitsrisiko auf die Entwicklung von Allergien

Medizin am Abend Berlin - MaAB- Fazit: Nickel- und Kobaltallergie im Friseurhandwerk - Neue Studie an der Universität Osnabrück

Friseurinnen und Friseure haben täglich einen längeren Hautkontakt mit einer Vielzahl von Metallwerkzeugen. 

Sie stellen durch die Freisetzung von Nickel und Kobalt ein erhebliches Gesundheitsrisiko in Bezug auf die Entwicklung von Allergien dar, wie eine Studie der Abteilung für Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie der Universität Osnabrück zeigt, die im Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology (JEADV 2021, 35, 965-972) veröffentlicht wurde. 

475 im Gebrauch befindliche Metallwerkzeuge wurden in Friseursalons untersucht. Die Freisetzung von Nickel und Kobalt birgt laut Studie der Universität Osnabrück in Bezug auf die Entwicklung von Allergien ein Gesundheitsrisiko.
475 im Gebrauch befindliche Metallwerkzeuge wurden in Friseursalons untersucht. Die Freisetzung von Nickel und Kobalt birgt laut Studie der Universität Osnabrück in Bezug auf die Entwicklung von Allergien ein Gesundheitsrisiko. Cara Symanzik Universität Osnabrück

Die Freisetzung von Nickel aus Metallwerkzeugen im Friseurhandwerk ist bekannt, Daten über die Freisetzung von Kobalt fehlten bislang. 

Ziel der an der Universität Osnabrück von Cara Symanzik durchgeführten Studie war es, das Auftreten von Nickel- und Kobaltallergien im deutschen Friseurhandwerk abzuschätzen. 

Die junge Wissenschaftlerin untersuchte in Ihrer Masterarbeit 475 Metallwerkzeuge des Friseurhandwerks in drei norddeutschen Bundesländern, darunter Scheren, Abteilklammern, Haarclips, Pinzetten, Rasiermesser, Rührbesen, Handbrausen und Häkelnadeln, die bei der täglichen Arbeit benutzt werden und teilweise auch schon länger im Gebrauch waren. Siebzig Friseurinnen und Friseure wurden zusätzlich mit einem standardisierten Fragebogen befragt, um Daten über die getesteten Werkzeuge sowie die Prävalenz von Nickel- und Kobaltallergien zu erheben.

Nickel- und Kobalttestergebnisse

Der Chemo-Nickel-Test zeigte, das 131 von 475 Metallwerkzeugen (27,6 Prozent) Nickel freisetzen, beim Chemo-Kobalt-Test waren es 10 von 475 Metallwerkzeugen (2,1 Prozent). 

„Alle kobaltfreisetzenden Metallwerkzeuge setzten gleichzeitig Nickel frei und nickelfreisetzende Werkzeuge fanden sich in jedem besuchten Friseursalon unabhängig vom Preissegment und der geografischen Lage“, so Symanzik.


Die Nickel-Freisetzung war in der vorliegenden Studie besonders hoch. Dies könnte auf die Diversität der untersuchten Metallwerkzeuge zurückzuführen sein, so die Osnabrücker Autorin. Die Kobalt-Freisetzung war moderat im Vergleich zu Studien in anderen Berufsfeldern.

Aktuelle Daten zeigen, dass Nickel- und Kobaltallergien in der Berufsgruppe der Friseurinnen und Friseure häufig vorkommen. 

In der vorliegenden Studie litten 11,4 Prozent der 70 befragten Friseurinnen und Friseure an einer Nickelallergie und 2,9 Prozent zusätzlich an einer Kobaltallergie.

„Eine beruflich bedingte Allergie stellt ein besonders Problem dar, die in schlimmsten Fall zum vorzeitigem Ausscheiden aus dem Beruf führen können“, erläutert Prof. Dr. Swen Malte John, der zusammen mit apl. Prof. Dr. Christoph Skudlik die Arbeit betreute. 

„Um eine Kontaktallergie zu vermeiden, sind präventive Maßnahmen unabdingbar.“

Die Studie zeigt, dass Metallwerkzeuge, die nach geltenden EU-Vorschriften (REACH-Verordnung) hergestellt werden, immer noch Quellen der Nickelbelastung sein können, zum Beispiel wenn die nickelfreie Beschichtung bei längerem Gebrauch nicht ausreichend ist. 

Grenzwertregelungen für die Verwendung von Kobalt in Metallwerkzeugen fehlen bislang, bemängeln die Autoren in der Veröffentlichung.

Die Masterarbeit von Cara Symanzik wurde in diesem Jahr mit einem Förderpreis der Universität Osnabrück ausgezeichnet, der von der Kreishandwerkerschaft Osnabrück gestiftet wurde.

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Cara Symanzik, B.Sc., M.Ed., Universität Osnabrück
Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie und
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation
Am Finkenhügel 7a, 49076 Osnabrück
Tel.: + 49 541 969 7448
E-Mail: cara.symanzik@uni-osnabrueck.de

Prof. Dr. med. Swen Malte John, Universität Osnabrück
Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie und
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation
Am Finkenhügel 7a, 49076 Osnabrück
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Dr. Utz Lederbogen Universität Osnabrück

Neuer Graben / Schloss
49069 Osnabrück 


Deutschland
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Zur Veröffentlichung: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jdv.17058
Experimental evaluation of nickel and cobalt release from tools and self-reported prevalence of nickel and cobalt allergy in the German hairdressing trade
C. Symanzik, C. Skudlik, S.M. John
Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology, Volume 35, Issue 4


Prof. Dr. Andreas Thiel/Dr. Lucie Loyal: Harmlosen Erkältungscoronaviren - Verlauf einer späteren SARS-CoV-2 Infektion

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Science: Frühere Erkältungen verbessern Immunreaktion gegen SARS-CoV-2

Bestimmte Immunzellen, die Menschen in der Vergangenheit gegen Erkältungscoronaviren gebildet haben, stärken die Immunreaktion gegen SARS-CoV-2 – sowohl während der natürlichen Infektion als auch nach einer Impfung. 

Das zeigen Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) und des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik (MPIMG) in einer aktuellen Studie im Fachmagazin Science*. 

  • Diese „Kreuzimmunität“ nimmt mit zunehmendem Alter ab. 

Das könnte dazu beitragen, dass ältere Menschen an COVID-19 häufiger schwer erkranken und bei ihnen der Impfschutz oft schwächer ausfällt als bei Jüngeren.


Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité und des MPIMG waren im letzten Jahr die Ersten, die eine überraschende Beobachtung machten: 

Einige Menschen, die noch nie mit SARS-CoV-2 Kontakt hatten, besitzen Gedächtnis-Immunzellen, die den Erreger trotz seiner Neuheit erkennen. 

  • Das Team führte die Beobachtung darauf zurück, dass diese sogenannten T-Helferzellen sich in der Vergangenheit mit harmloseren Erkältungscoronaviren auseinandersetzen mussten und aufgrund der ähnlichen Struktur, insbesondere des Spike-Proteins auf der Virusoberfläche, auch das neue Coronavirus angreifen. 
  • Eine solche Kreuzreaktivität wurde inzwischen in einer ganzen Reihe von Studien bestätigt.


Unklar – und weltweit intensiv diskutiert – blieb allerdings die Frage, wie diese Immunzellen den Verlauf einer späteren SARS-CoV-2-Infektion beeinflussen. „Wir haben angenommen, dass kreuzreagierende T-Helferzellen eine schützende Wirkung haben, eine frühere Erkältung mit endemischen, das heißt seit vielen Jahren in der Bevölkerung zirkulierenden, Coronaviren also die Symptome bei COVID-19 abmildert“, sagt Dr. Lucie Loyal, Wissenschaftlerin am Si-M (Der Simulierte Mensch), einem gemeinsamen Forschungsraum der Charité und der Technischen Universität Berlin, und am BIH Center for Regenerative Therapies (BCRT). Sie ist Erstautorin der damaligen und auch der jetzigen Studie. „Es hätte aber auch das Gegenteil der Fall sein können. Bei manchen Viren führt eine zweite Infektion mit einem ähnlichen Virusstamm nämlich zu einer fehlgeleiteten Immunantwort, mit negativen Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf.“ Jetzt präsentiert das Berliner Forschungsteam Hinweise, die die Annahme einer schützenden Wirkung stützen. Den Daten zufolge könnte die Kreuzimmunität einer von mehreren Gründen nicht nur für die unterschiedlich schweren COVID-19-Verläufe, sondern auch die unterschiedliche Effektivität der Impfungen in verschiedenen Altersgruppen sein.

Für die Studie rekrutierten die Forschenden ab Mitte 2020 fast 800 Menschen, die noch nicht mit SARS-CoV-2 in Kontakt gekommen waren, und prüften in regelmäßigen Abständen, ob diese sich mit dem Erreger infiziert hatten. Das war bei 17 Personen der Fall. Deren Immunsystem analysierte die Forschungsgruppe sowohl vor als auch während der Infektion im Detail. Dabei zeigte sich, dass der Körper T-Helferzellen, die er gegen endemische Erkältungscoronaviren gebildet hatte, auch gegen SARS-CoV-2 mobilisierte. Außerdem fiel die Immunantwort gegen SARS-CoV-2 qualitativ umso besser aus, je mehr dieser kreuzreagierenden Zellen vor der Infektion vorhanden waren. Die Zellen erkannten dabei besonders häufig einen bestimmten Bereich des Spike-Proteins. Die Struktur der alten und des neuen Coronavirus ist an dieser Stelle „konserviert“, also besonders ähnlich gestaltet. „Bei Erkältungen mit harmloseren Coronaviren baut das Immunsystem also eine Art universelles, schützendes Coronavirus-Gedächtnis auf“, erklärt Dr. Claudia Giesecke-Thiel, Leiterin der Servicegruppe Durchflusszytometrie am MPIMG und leitende Autorin der Studie. „Wenn es nun mit SARS-CoV-2 in Kontakt kommt, werden solche Gedächtniszellen wieder aktiviert und greifen nun auch den neuen Erreger an. Das könnte zu einer schnelleren Immunantwort gegen SARS-CoV-2 beitragen, die einer ungehinderten Ausbreitung des Virus im Körper zu Beginn der Infektion entgegensteht und so den Verlauf der Erkrankung vermutlich günstig beeinflusst.“ Die Wissenschaftlerin betont aber auch: „Das bedeutet nicht, dass man durch vergangene Erkältungen mit Sicherheit vor SARS-CoV-2 geschützt ist. Eine Impfung ist in jedem Fall wichtig. Unsere Studie liefert eine von mehreren Erklärungen für die seit Beginn der Pandemie gemachte Beobachtung, dass eine SARS-CoV-2-Infektion bei verschiedenen Menschen so unterschiedlich verlaufen kann.“

  • Einen immunverstärkenden Effekt der kreuzreagierenden T-Zellen wiesen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch bei einer COVID-19-Impfung mit dem Vakzin von BioNTech nach. 

Ähnlich einer natürlichen Infektion bewirkt der Impfstoff, dass der Körper das Spike-Protein von SARS-CoV-2 – inklusive des konservierten Bruchstücks – produziert und dem Immunsystem präsentiert. 

Eine Analyse der Immunreaktion von 31 gesunden Personen vor und nach der Impfung ergab: 

Während normale T-Helferzellen über einen Zeitraum von zwei Wochen schrittweise aktiviert wurden, sprachen die kreuzreagierenden T-Helferzellen innerhalb von einer Woche sehr rasch auf die Impfung an.  

Das wirkte sich auch positiv auf die Bildung von Antikörpern aus:  

Der Körper konnte schon nach der Erstimpfung mit einer Geschwindigkeit, die sonst nur bei Auffrischungsimpfungen beobachtet wird, Antikörper gegen die konservierte Stelle im Spike-Protein produzieren. „Auch bei der Impfung kann der Körper also zumindest teilweise auf ein Immungedächtnis zurückgreifen, wenn er bereits Erkältungen mit endemischen Coronaviren durchgemacht hat“, sagt Prof. Dr. Andreas Thiel, ebenfalls leitender Autor der Studie, der als Charité-Wissenschaftler am Si-M und am BCRT forscht. „Das könnte die überraschend schnelle und sehr hohe Schutzwirkung erklären, die wir zumindest bei jüngeren Menschen schon nach einer COVID-19-Erstimpfung beobachten.“

Denn die Forschenden konnten in einem zweiten Teil der Studie durch eine Analyse der T-Helferzellen bei knapp 570 gesunden Personen nachweisen, dass die Kreuzimmunität im höheren Lebensalter sinkt: Sowohl die Anzahl der kreuzreagierenden T-Zellen als auch ihre Bindungsstärke war bei älteren Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern geringer als bei jüngeren. Die abnehmende Kreuzimmunität führen die Autorinnen und Autoren auf natürliche Veränderungen eines alternden Immunsystems zurück. „Der Vorteil, den eine harmlose Coronavirus-Erkältung jüngeren Menschen bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2 und auch beim Aufbau des Impfschutzes häufig bringt, fällt bei älteren Menschen leider geringer aus“, sagt Prof. Thiel. 

  • „Eine dritte Auffrischungsimpfung könnte in dieser stärker gefährdeten Bevölkerungsgruppe die schwächere Immunantwort vermutlich ausgleichen und für einen ausreichenden Impfschutz sorgen.“


*Loyal L et al., Pre-existing common cold coronavirus-cross-reactive CD4+ T cells enhance
SARS-CoV-2 immune responses upon infection and vaccination. Science (2021), doi: 10.1126/science.abh1823

Erkältungscoronaviren
In der Medizin sind vier Coronaviren bekannt, die seit Längerem im Menschen zirkulieren und als endemische humane Coronaviren (HCoV) bezeichnet werden. Sie rufen für gewöhnlich Erkältungssymptome hervor und werden HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-HKU1 und HCoV-NL63 genannt. Schätzungen zufolge machen sie bis zu 30 Prozent der Erkältungen aus.

T-Helferzellen
T-Helferzellen sind für die Steuerung und Koordinierung der Immunantwort verantwortlich. Dringt ein Erreger in den Körper ein, nehmen sogenannte Fresszellen ihn auf und präsentieren Bruchstücke davon („Antigene“) auf ihrer Oberfläche. T-Helferzellen kontrollieren diese Bruchstücke; verfügen sie über einen mehr oder weniger passenden Rezeptor für diese Erregerfragmente, werden sie aktiviert. Aktivierte T-Helferzellen sorgen dann dafür, dass andere Immunzellen den Erreger direkt bekämpfen und passgenaue Antikörper bilden. Bei den meisten Immunantworten entstehen dann auch sogenannte T-Helfer-Gedächtniszellen, die über viele Jahre im Körper überleben können und verantwortlich für eine schnellere und effizientere Immunantwort im Falle eines erneuten Kontakts mit dem gleichen Erreger sind. Eine charakteristische Eigenschaft der T-Helferzellen ist, dass sie nicht nur von einem exakt passenden Erreger aktiviert werden können, sondern auch von „ausreichend ähnlichen“ Eindringlingen.

Zur Studie
Die Arbeit basiert auf der Studie „Charité Corona Cross“, die 2020 unter Leitung der Charité in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin und dem MPIMG gestartet ist. Gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geht sie der Frage nach, wie der Verlauf einer COVID-19-Erkrankung durch kreuzreaktive T-Helferzellen verändert wird. Teile dieser Arbeiten sind im Rahmen des Verbundprojektes „COVIM – Bestimmung und Nutzung von SARS-CoV-2 Immunität“ entstanden. Das COVIM-Konsortium untersucht, wer wodurch und wie lange vor einer SARS-CoV-2-Infektion immunologisch geschützt ist und wie immunologischer Schutz von wenigen immunen Personen auf viele nichtimmune Personen übertragen werden kann. Koordiniert wird das Projekt von der Charité und dem Universitätsklinikum Köln. COVIM ist eines von 13 Verbundprojekten innerhalb des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM), das von der Charité initiiert und koordiniert und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Das NUM vereint die Kräfte der 36 Universitätsklinika in Deutschland.

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Prof. Dr. Andreas Thiel
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Originalpublikation:

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PD Dr. Casper Grim: Hormon-Stoffwechsel, Mensruationsstörungen, Ess-Störungen, verminderte Knochendichte

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Energiedefizit bei Sportlern: Der Fuß läuft solange bis er bricht

Ausdauersportler, die ihr Training zu schnell und ohne Plan intensivieren und dabei bestimmte Stoffwechsel-Prozesse nicht beachten, laufen Gefahr, dass ihr Fuß oder andere Strukturen einen Bruch erleiden. 

Die sogenannte „Stressfraktur“ gibt es vor allem an der unteren aber auch an der oberen Extremität. 

Welche Ursachen zugrunde liegen, wer betroffen ist und wie man Abhilfe schaffen kann – darüber diskutierten Sportorthopäden und Wissenschaftler vom 26. bis 28. August auf dem Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie.

  • Stressfrakturen sind typische Überlastungsschäden und entstehen aus einem Missverhältnis von Belastung und Belastbarkeit, meist in Ausdauer-Sportarten wie Laufsport (Gehen, Duathlon, Triathlon, Marathon). 

Häufig ist an der unteren Extremität der Mittelfußknochen betroffen. 

Es kann aber auch zur Stressreaktion des Beckens und des Oberschenkel-Halses kommen.


PD Dr. Casper Grim, Sportorthopäde und Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Sportmedizin am Klinikum Osnabrück: 

„Gerade auch Freizeitsportler sind gefährdet, wenn sie übermäßig ihre Belastung in Umfang, Intensität und Frequenz steigern. 

Zum Beispiel wenn man das Lauftraining von zwei Mal adhoc auf sieben Mal pro Woche steigert oder statt moderaten Dauerläufen plötzlich viele harte und lange Trainingsintervalle einbaut. Bei Profisportlern sind es eher die vielen Stunden Training pro Tag, die Probleme verursachen. Betroffen können grundsätzlich alle Altersklassen sein, häufiger jedoch Sportler zwischen 20 und 35 Jahren.“

Eine wesentliche Ursache ist das „Relative Energy Deficiency in Sport“ (RED-S), welches den Stoffwechsel aus dem Ruder laufen lässt. 

  • Die Zusammensetzung der Ernährung und die Gesamt-Energiezufuhr sind dabei nicht adäquat dem Bedarf angepasst. 

Viele haben das klassische Bild der ausgemergelten Marathon-Läuferin vor sich und tatsächlich hängt vieles mit dem Hormon-Stoffwechsel, gerade bei Frauen, zusammen. 

Folgen sind Menstruationsstörungen, Ess-Störungen, eine verminderte Knochendichte. 

Aber auch Männer können betroffen sein, besonders wenn es wie zum Beispiel im Skispringen oder in Laufdisziplinen von Vorteil ist, besonders leicht zu sein.

Nicht nur der Knochenstoffwechsel ist dann gestört, sondern auch viele andere Organsysteme und -funktionen. 

  • So kann auch der Verdauungstrakt betroffen sein, eine vegetative Dysregulation kann sich zeigen, Stimmungsschwankungen von antriebslos bis gereizt sowie immunologische Dysbalancen mit der Folge von vermehrten Infekten sind möglich.

„Wenn Sportler in diesem Mix aus falscher Ernährung und unzureichender Energiezufuhr über längere Zeit trainieren, sind Stressfrakturen das mögliche Resultat. 

Dann gilt es nachzuforschen, warum der Betroffene dieses Defizit hat, ob hormonelle Erkrankungen eventuell zugrunde liegen, wie zB eine Parathormon-Stoffwechselstörung. 

Denn auch ein funktionierender Kalzium-Haushalt ist lebenswichtig für den Knochen“, so Grim.

Jeder betroffene Sportler sollte sich zuerst mit einem Sportorthopäden zusammensetzen. Dieser arbeitet dann interdisziplinär bei Bedarf mit Gynäkologen, Orthopädie-Schuhtechnikern, Ernährungswissenschaftlern und anderen Experten zusammen. 

Eine mechanische Achsabweichung ist manchmal der Grund, der erst bei vermehrtem Training zum Tragen kommt. 

Der klassische Mittelfuß-Bruch wird auch gerne „Marsch-Fraktur“ genannt (Militär), aber auch Schienbein und Fußwurzelknochen können Stressfrakturen erleiden.

Mit Einlagen, Bandagen und Orthesen können Fehlstellungen und Fehlbelastungen behandelt und die mechanische Belastung optimiert werden. 

Die ausgewogene Energiezufuhr und das sinnvoll aufgebaute Training können den Betroffenen bei RED-S helfen auch nach Ausheilung des Bruches ihren Sport wieder auszuüben. 

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Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild: Die chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) - chronische Wunden - Varikosis/Besenreiser + Varzen/Krampfadern

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Schönere Beine, längeres Leben?

Forschende der Universitätsmedizin Mainz gewinnen neue Erkenntnisse zur chronischen Venenschwäche - Die chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) ist eine Erkrankung der Beinvenen, die zu schweren Venen- und Hautveränderungen bis hin zu chronischen Wunden führen kann. 

Bislang wurde die Erkrankung vorwiegend als ein ästhetisches und lokales Problem der Venen betrachtet. 

  • Jedoch zeigen neue Daten, dass die chronische Venenschwäche mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer höheren Sterblichkeit einhergeht. 

Neue Daten aus Mainz zeigen, dass die chronische Venenschwäche mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer höheren Sterblichkeit einhergeht. (v.l.n.r.: Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild, Dr. Jürgen Prochaska)

 Neue Daten aus Mainz zeigen, dass die chronische Venenschwäche mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer höheren Sterblichkeit einhergeht. (v.l.n.r.: Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild, Dr. Jürgen Prochaska) Thomas Böhm Universitätsmedizin Mainz

Diese bisher unbekannten Erkenntnisse von Wissenschaftler:innen des Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz und des Deutschen Zentrums für Herzkreislaufforschung (DZHK) legen nahe, die CVI zukünftig als Vorhersagekriterium für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu nutzen. 

Die Ergebnisse der Mainzer Studie wurden jetzt in der Fachzeitschrift „European Heart Journal“ veröffentlicht.

„Unsere Untersuchung ist die erste und umfangreichste bevölkerungsbezogene Studie, die systematisch das gesamte Spektrum der Veneninsuffizienz untersucht und in Verbindung mit etablierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswertet“, erläutert Dr. Jürgen Prochaska, Oberarzt am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz und Arbeitsgruppenleiter am CTH.

„Wir konnten zeigen, dass die chronisch-venöse Insuffizienz ausgesprochen verbreitet ist: 

Bei rund 41 Prozent der 40- bis 80-jährigen Probanden der bevölkerungsbasierten Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) wurde eine symptomatische chronische Venenschwäche mit Ödemen, Hautveränderungen oder offenen Wunden der unteren Gliedmaßen diagnostiziert.“ 

Die Studiendaten belegen, dass die Häufigkeit der chronisch-venösen Insuffizienz mit zunehmendem Alter deutlich ansteigt.  

Während bei den 40- bis 50-Jährigen mehr als jeder Fünfte betroffen ist, sind es bei den 70- bis 80-Jährigen sogar mehr als zwei Drittel.  

Eine weitere Erkenntnis der Studie: Frauen erkranken etwas häufiger als Männer.

  • Zudem stellte das Mainzer Forscherteam fest, dass Personen mit einer chronisch-venösen Insuffizienz mit einer etwa 60 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit gleichzeitig eine schwere Herz-Kreislauf-Erkrankung aufweisen als Personen mit gleichem Alter und Geschlecht ohne CVI. 
  • Die Wissenschaftler:innen konnten darüber hinaus zeigen, dass das Risiko, in den nächsten zehn Jahren an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche oder der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern zu erkranken, bei Personen mit CVI fast doppelt so hoch ist wie bei Personen ohne Zeichen einer Venenschwäche.


„Unsere Daten offenbaren eine weitere alarmierende Erkenntnis“, betont Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild, Leiter der Präventiven Kardiologie am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz und Leiter der Klinischen Epidemiologie und Systemmedizin am CTH. „Wir haben in der Studie nachgewiesen, dass die Gesamtsterblichkeit über alle Todesursachen hinweg bei Menschen mit chronisch-venöser Insuffizienz unabhängig von allen anderen Faktoren, wie etwa Alter, Geschlecht, Risikofaktoren und Begleiterkrankungen, deutlich erhöht ist. 

Dies unterstreicht in Verbindung mit der hohen Verbreitung die Notwendigkeit, die Krankheit ernst zu nehmen und als möglichen Indikator für das Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung zu nutzen.“  

Die Sterblichkeit von Personen mit fortgeschrittener Venenschwäche war im Beobachtungszeitraum von etwas mehr als sechs Jahren um etwa das 1,7-fache höher als bei Personen ohne diese Erkrankung.

Der Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, sieht die gemeinsamen kardiovaskulären Risikofaktoren als eine mögliche Ursache für die Verbindung zwischen arterieller und venöser Erkrankung: „Unsere Daten weisen darauf hin, dass klassische Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht oder Rauchen, zu einer fortgeschrittenen Venenschwäche beitragen. Mit der Diagnose einer chronisch-venösen Insuffizienz sollte daher immer auch nach Risikofaktoren und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesucht werden.“

Die Wissenschaftler:innen teilten die erhobenen Befunde zu den Venenveränderungen systematisch nach Schweregraden ein. 

Diese reichten von keinen Zeichen einer Venenveränderung bis hin zum Vorliegen einer sehr fortgeschrittenen Veneninsuffizienz. Bei einer deutlichen Mehrheit von rund 90 Prozent zeigte sich eine Venenveränderung: 36,5 Prozent der Personen hatten eine sogenannte Varikosis (z. B. Besenreiser) und 13,3 Prozent wiesen Varizen (Krampfadern) auf

  • Beides sind Venenveränderungen, die häufig im Laufe des Lebens zu einer fortgeschrittenen Venenschwäche führen. 

Mit einem Anteil von 40,8 Prozent aller untersuchten Personen wies ein hoher Anteil eine manifeste chronisch-venöse Insuffizienz auf.

Für die Untersuchung wurden die Daten von rund 12.400 Teilnehmenden der Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) aus Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen sowie von mehr als 2.400 Teilnehmenden der MyoVasc-Studie berücksichtigt. Die Bestimmung des Schweregrads einer Venenveränderung wurde mittels standardisierter digitaler Bildaufnahme, einer klinischen Untersuchung der Beine und per Befragung zu typischen Symptomen erhoben. Zudem lagen Daten zu kardiovaskulären Risikofaktoren und Begleiterkrankungen für alle Studienteilnehmenden vor.

Originalpublikation:
Prochaska JH, Arnold N, Falcke A, Kopp S, Schulz A, Buch G, Moll S, Panova-Noeva M, Jünger C, Eggebrecht L, Pfeiffer N, Beutel M, Binder H, Grabbe S, Lackner KJ, Ten Cate-Hoek A, Espinola-Klein C, Münzel T, Wild PS. Chronic venous insufficiency, cardiovascular disease, and mortality: a population study. Eur Heart J. 2021 Aug 13:ehab495. Online ahead of print. PMID: 34132336.
DOI: 10.1093/eurheartj/ehab495


Über die Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS):
Die Gutenberg Gesundheitsstudie (GHS) ist eine interdisziplinäre, populationsbasierte, prospektive, monozentrische Kohorten-Studie, die seit 2007 an der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt wird. Bei der GHS handelt es sich um eine der weltweit größten Studien ihrer Art, in die über 15.000 Frauen und Männer aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt und dem Landkreis Mainz-Bingen im Alter zwischen 35 und 74 Jahren eingeschlossen wurden. Im Rahmen der Studie werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Augenerkrankungen, metabolische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Immunsystems und der Psyche untersucht. Ziel der Studie ist es, die Risikovorhersage für den Einzelnen für diese Erkrankungen zu verbessern. Hierzu werden Lebensstil, psychosoziale Faktoren, Umwelt, laborchemische Parameter sowie das Ausmaß der subklinischen Erkrankung berücksichtigt. Eine umfangreiche Biomaterialbank ermöglicht molekularbiologische Untersuchungen, unter anderem auch in einem systembiologischen Ansatz. Weitere Informationen im Internet unter www.gutenberg-gesundheitsstudie.de

Über die MyoVasc-Studie
Die MyoVasc-Studie ist eine epidemiologische, prospektive Kohortenstudie zur Untersuchung der Herzinsuffizienz und der Interaktion mit Gefäßerkrankungen. Die Studie wird seit 2012 durch die Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention (Leitung: Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild) am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt. Insgesamt werden mehr als 3.200 Personen mit verschiedenen Formen der Herzinsuffizienz und Kontrollpersonen ohne Herzinsuffizienz über jeweils sechs Jahre regelmäßig untersucht. Ziel ist, den Verlauf der Herzinsuffizienz noch besser zu verstehen und Risikofaktoren zu identifizieren. Weitere Informationen im Internet unter Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention | MyoVasc (unimedizin-mainz.de)
Über das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Rahmen seiner Bemühungen, optimale Forschungsbedingungen zur Bekämpfung von Volkskrankheiten zu schaffen, die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) gegründet. Eines dieser sechs Zentren ist das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Dieses Zentrum setzt sich aus insgesamt 29 Institutionen zusammen, die auf sieben Standorte verteilt sind. Die Ziele des Zentrums sind die Verbesserung von Prävention, Diagnostik und Therapie von kardiovaskulären Erkrankungen. Die Universitätsmedizin Mainz gehört dem Standort RheinMain des DZHK an und hat im Netzwerk den Schwerpunkt in der patientenorientierten Forschung zu kardiovaskulären Erkrankungen.

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 300.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.000 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie mehr als 600 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.600 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.

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Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild, Zentrum für Kardiologie und Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz, Telefon 06131 17-7439,
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Veronika Wagner M.A. Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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Originalpublikation:

Prochaska JH, Arnold N, Falcke A, Kopp S, Schulz A, Buch G, Moll S, Panova-Noeva M, Jünger C, Eggebrecht L, Pfeiffer N, Beutel M, Binder H, Grabbe S, Lackner KJ, Ten Cate-Hoek A, Espinola-Klein C, Münzel T, Wild PS. Chronic venous insufficiency, cardiovascular disease, and mortality: a population study. Eur Heart J. 2021 Aug 13:ehab495. Online ahead of print. PMID: 34132336.

https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab495


Prof. Dr. Milo Puhan: Lungenerkrankung COPD

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Patienten mit chronischer Lungenerkrankung optimal behandeln

Patienten mit der Lungenerkrankung COPD erhalten Medikamente zur Verbesserung der Atmungsfähigkeit kombiniert mit Kortikosteroiden, die das Risiko einer akuten Verschlechterung der Lunge verringern. 

Die Balance zwischen dieser Verringerung und der Zunahme schädlicher Nebenwirkungen hängt von der Dosierung und Patientenmerkmalen ab, wie Forschende der Universität Zürich nun zeigen. Dank den Erkenntnissen können COPD-Betroffene gezielter behandelt werden.

Patientinnen und Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) leiden unter einer dauerhaften Verengung der Atemwege, was die Atmung erschwert. Die Verengung wird durch eine Entzündung der kleinen Atemwege verursacht, die zu Schleimproduktion führt und das Lungengewebe zerstört. Kortikosteroide zum Inhalieren werden in der Regel in Kombination mit lang wirkenden Bronchodilatatoren eingesetzt, um bei COPD-Patienten eine akute Verschlechterung des Lungenzustands zu verhindern. Während Kortikosteroide eine Entzündung bzw. eine Zustandsverschlechterung reduzieren, verbessern Bronchodilatatoren die Atmung, indem sie die Bronchien erweitern.

Nutzen von Kortikosteroiden hängt von drei Hauptfaktoren ab

Seit Jahren wird über den Einsatz von Kortikosteroiden bei der sehr heterogenen Gruppe von COPD-Patienten debattiert. In Leitlinien wird zwar ein personalisierter Behandlungsansatz vorgeschlagen. Doch bleiben diese recht vage, da unklar ist, für wen der Nutzen die schädlichen Nebenwirkungen überwiegt. Eine Studie unter der Leitung von Henock Yebyo, Postdoktorand am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich (UZH), bringt nun Licht in diese Frage. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass drei Hauptfaktoren die Balance zwischen Therapienutzen und Nebenwirkungen unterschiedlich dosierter Kortikosteroide beeinflussen: das Risiko einer akuten Verschlechterung, die Menge bestimmter Blutzellen und das Alter des Patienten», sagt Erstautor Yebyo.

Systematische Betrachtung von Behandlungs- und Patientenmerkmalen

Die Forscher berücksichtigten zahlreiche Merkmale von Therapien und Patientinnen, die einen Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis haben. Sie führten umfassende statistische Analysen durch, um zu berechnen, wie hoch das Risiko für akute Verschlechterungen bei den Patienten sein muss, damit der Nutzen, dieses Risiko zu reduzieren, die Nebenwirkungen überwiegt: eine schwere Lungenentzündung, Pilzbefall der Mundschleimhaut und Heiserkeit. Sie fanden heraus, dass Patientinnen von niedrig bis mittelstark dosierten Kortikosteroiden nicht profitieren, wenn ihr Risiko, in den nächsten zwei Jahren eine akute Verschlechterung zu erleiden, weniger als 32 Prozent beträgt. Was typischerweise jene Patienten sind, deren Lungenzustand in der Vergangenheit stabil war.

In den Leitlinien wurde die Dosierung der Kortikosteroide bisher nicht berücksichtigt. Die UZH-Studie zeigt nun deutlich, dass hohe Dosen mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sind, die den Nutzen nicht rechtfertigen. Patienten über 80 Jahren profitieren von der Therapie ebenfalls kaum, da ihr Risiko, eine Lungenentzündung zu entwickeln, höher ist als die Verringerung einer akuten Verschlechterung. Patientinnen mit grösseren Mengen bestimmter, für Asthma typischer Blutzellen –sogenannte Eosinophile – profitieren dagegen eher.

Systematischer Ansatz ermöglicht individuellere Behandlungen

Als die Wissenschaftler ihre Ergebnisse anhand von Daten von zwei Patientengruppen aus der Schweiz und den Niederlanden überprüften, zeigte sich, dass einige Patienten mit Kortikosteroiden überbehandelt werden, während andere unterbehandelt werden. «Unsere Ergebnisse führen nicht unbedingt dazu, dass weniger Kortikosteroide eingesetzt werden. Aber sie helfen, die Über- und Unterversorgung zu minimieren, indem die Therapie hinsichtlich Dosierung und Patientenmerkmalen zugeschnitten wird», erklärt Henock Yebyo.

Die Präzisionsmedizin wird oft auf einzelne Faktoren wie einen genetischen Marker reduziert, doch die Realität ist meist komplizierter. Mit ihrem systematischen Ansatz haben die Forschenden drei Kategorien von Faktoren, die das Behandlungsergebnis beeinflussen, berücksichtigt und sie umfassend kombiniert: Faktoren, die Behandlungseffekte verändern, Faktoren, die mit den Risiken für Nutzen und Nebenwirkungen ohne Behandlung verbunden sind, und Patientenpräferenzen. «Unsere Studie dient als Beispiel dafür, wie die Komplexität der Nutzen-Schaden-Balance systematisch angegangen werden kann, damit medizinische Richtlinien klare und nützliche Empfehlungen für personalisierte Behandlungen geben können", sagt UZH-Professor Milo Puhan.

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Originalpublikation:

Yebyo HG, Braun J, Menges D, Riet Gt, Sadatsafavi M, Puhan MA. Personalising add-on treatment with inhaled corticosteroids in patients with chronic obstructive pulmonary disease: a benefit-harm modelling study. Lancet Digital Health. 25 August 2021. DOI: 10.1016/S2589-7500(21)00130-8