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Prof. Julia Weinmann-Menke: Medikationsberatung, Therapie und Nachsorge von Organtransplantierten

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: "Die Verschreibungshoheit bei immunsuppressiven Therapien muss in ärztlicher Hand bleiben"

Apothekerinnen und Apotheker dürfen nun transplantierte Menschen beraten und ihre Medikation umstellen. 

Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) warnen ausdrücklich davor und befürchten, dass es zu Komplikationen und Transplantatverlusten kommen kann. 

Nur die behandelnden Ärztinnen und Ärzte kennen die persönliche Krankengeschichte, erwartbare Komplikationen, individuelle Therapieresistenzen oder Gegenanzeigen aufgrund von Komorbiditäten. 

  • Auch immunologische Untersuchungen des Blutserums, die vor jeder Dosisänderung oder Medikamentenumstellung erfolgen sollten, können in Apotheken nicht gemacht werden.
  • Transplantierte Patientinnen und Patienten dürfen seit Kurzem eine erweiterte Medikationsberatung in Apotheken bei Immunsuppression in Anspruch nehmen.
  • Sinn ist die detaillierte Prüfung der gesamten Medikation, bei der im Rahmen der Beratung der Hintergrund der immunsuppressiven Therapie sowie Handhabungs- und Anwendungsprobleme erörtert werden sollen. 

Ebenso sollen Bedenken und Sorgen bezüglich der Therapie mit den versicherten Personen besprochen und einer Lösung zugeführt werden.

Die Deutsche Transplantationsgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie nehmen die Aufnahme dieser Dienstleistungen in den Katalog der pharmazeutischen Dienstleistungen mit der Möglichkeit, die Leistung zu Lasten der Krankenversicherung abzurechnen, mit Unverständnis und großer Sorge zur Kenntnis.

Medikationsberatung im Rahmen der Therapie und Nachsorge von Organtransplantierten gehört aus Sicht beider Fachgesellschaften alleinig in die Verantwortung der betreuenden ärztlichen Kolleginnen und Kollegen.  

Die immunsuppressive Therapie nach Organtransplantation ist hochkomplex und erfordert neben der profunden Kenntnis der Krankengeschichte der Betroffenen, ihrer Komorbiditäten und der individuellen Transplantationshistorie fachärztliche Kenntnis im Rahmen der Nachsorge. „Es gibt einen eklatanten Mangel an Spenderorganen, die Betroffenen warten oft viele Jahre auf eine Transplantation. Daher sollte keine Abstoßungsreaktion riskiert werden. Diese kann aber bereits durch kleinere Wirkstoffschwankungen entstehen, erst recht durch eine leichtfertige Umstellung der Immunsuppression. Die optimale Einstellung von transplantierten Patientinnen und Patienten ist höchst individuell, um die Balance zwischen ausreichender Immunsuppression und Nebenwirkungen perfekt auszutarieren, bedarf es immunologischer, laborchemischer Untersuchungen, die in Apotheken nicht geleistet werden können“, erklärt Prof. Julia Weinmann-Menke, DGfN.

„Aus unserer Sicht kann daher eine Medikationsberatung in diesem sensiblen Patientenkollektiv nicht von einer Apothekerin oder einem Apotheker erbracht werden, selbst wenn die dafür erforderlichen Kenntnisse auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer erworben wurden“, ergänzt Prof. Dr. Mario Schiffer, DTG. „Eine Veränderung des therapeutischen Regimes, das von den Transplantationszentren festgelegt wurde, ist gefährdend für den erfolgreichen Transplantaterhalt. Abgesehen von einer unnötigen Verunsicherung der Betroffenen, wenn Arzt und Apotheker unterschiedliche Empfehlungen geben, erwarten wir durch diese Neuregelung in den Transplantationszentren erhöhte Komplikationsraten durch die nicht ärztliche Umstellung der Medikation transplantierter Menschen.“

Erschwerend komme hinzu, dass es keine digitalen Schnittstellen zwischen Transplantationszentren und Apotheken gibt wie in anderen europäischen Ländern, die ähnliche Mitberatungsmodelle durch Apotheken etabliert haben. Diese wäre aber aus Sicht der DTG und DGfN eine zwingend erforderliche Grundvoraussetzung. „Eine Veränderung der medikamentösen Therapie darf nicht ohne Einbindung des Transplantationszentrums und ohne Absprache mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten erfolgen. Nur sie kennen die persönliche Krankengeschichte, erwartbare Komplikationen, individuelle Therapieresistenzen oder Gegenanzeigen aufgrund von Komorbiditäten. Wir schätzen unsere pharmakologischen Kolleginnen und Kollegen und wünschen uns eine verstärkte Zusammenarbeit, z.B. im Bereich der Ahärenzschulung oder bei der Beratung von Arneimittelinteraktionen. Eine Einbindung und Vergütung qualifizierter Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in den jeweiligen Transplantationszentren ist daher absolut wünschenswert. Die Verschreibungshoheit bei immunsuppressiven Therapien muss aber in ärztlicher Hand bleiben, wir riskieren sonst Transplantatverluste“, so Schiffer.

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DTG-Sekreteriat
Frau Schlauderer
Abteilung für Nephrologie
Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93042 Regensburg
Tel.: 0941/944 7324

Pressestelle der DGfN
Dr. Bettina Albers
presse@dgfn.eu
Tel. 03643/ 776423 

 

Dr. Enno Klußmann: Sehr kurze Finger und sehr hohen Blutdruck

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Geschütztes Herz trotz hohem Blutdruck

  • Ein überaktives Enzym führt zwar zu erblich bedingtem Bluthochdruck, bewahrt das Herz aber offenbar vor Folgeschäden. 

Das könnte die Therapie der Herzinsuffizienz grundlegend verändern, berichtet ein Team am Max Delbrück Center, ECRC und DZHK um Enno Klußmann im Fachblatt „Circulation“. 

Querschnitt durch ein gewöhnliches Herz (links), durch eines der Mutanten (Mitte) und ein geschädigtes hypertrophisches Herz (rechts). Bei letzterem ist der linke Ventrikel vergrößert. Anastasiia Sholokh, MDC

Querschnitt durch ein gewöhnliches Herz (links), durch eines der Mutanten (Mitte) und ein geschädigtes hypertrophisches Herz (rechts). Bei letzterem ist der linke Ventrikel vergrößert.

 

Die seltsame Erkrankung erforschen Berliner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten

  • In manchen Familien haben die Hälfte der Mitglieder sehr kurze Finger und extrem hohen Blutdruck.  
  • Wird dieser nicht behandelt, sterben sie meist schon im Alter von etwa 50 Jahren an einem Schlaganfall.  

Die Ursache haben Forschende des Berliner Max Delbrück Centers bereits 2015 ausgemacht und fünf Jahre später anhand von Tiermodellen endgültig bewiesen: Ein mutiertes Phosphodiesterase-3A-Gen (PDE3A) bewirkt, dass das kodierte Enzym überaktiv wird. Die Veränderung beeinflusst sowohl das Wachstum der Knochen als auch das der Blutgefäße. Letztere verengen sich, was den erhöhten Blutdruck zur Folge hat.

Vor Folgeschäden gefeit

„Bluthochdruck führt eigentlich fast immer dazu, dass das Herz schwächer wird“, sagt Dr. Enno Klußmann, Leiter der Arbeitsgruppe „Ankerproteine und Signaltransduktion“ am Max Delbrück Center, der auch Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Herz- Kreislauf-Forschung (DZHK) ist. Da das Organ gegen einen höheren Druck anpumpen müsse, versuche es, seine linke Kammer zu stärken. „Doch letztendlich bewirkt dieses verstärkte Wachstum, Herzhypertrophie genannt, dass es irgendwann zu einer Herzinsuffizienz kommt, bei der die Pumpleistung deutlich nachlässt“, erläutert Klußmann.

Genau das geschieht bei den Bluthochdruck-Patient*innen mit den verkürzten Fingern und einem veränderten PDE3A-Gen allerdings nicht. „Aus einem Grund, den wir jetzt im Ansatz, aber noch nicht vollständig verstanden haben, ist ihr Herz vor solchen Folgeschäden des Bluthochdrucks gefeit“, sagt Klußmann.

Die Veröffentlichung im Fachblatt „Circulation“ ist eine Gemeinschaftsarbeit von Forschenden des Max Delbrück Centers, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des DZHK; als Letztautor*innen waren neben Klussmann die Professoren Norbert Hübner und Michael Bader des Max Delbrück Centers sowie Dr. Sylvia Bähring vom Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max Delbrück Centers, involviert. Zusammen mit 43 weiteren Forschenden aus Berlin, Bochum, Heidelberg, Kassel, Limburg, Lübeck, Kanada und Neuseeland berichten sie nun, was das Team über die schützenden Effekte der Genmutation herausgefunden hat – und warum die Erkenntnisse die Therapie der Herzinsuffizienz verändern könnten. Die Publikation hat vier Erstautor*innen, drei von ihnen forschen am Max Delbrück Center und einer am ECRC.

Zwei Mutationen, ein Effekt

Ihre Untersuchungen haben die Wissenschaftler*innen zum einen an Menschen mit Hypertonie und Brachydaktylie, also Bluthochdruck und Kurzfingrigkeit (HTNB), vorgenommen, zum anderem an einem Rattenmodell und an Herzmuskelzellen. Letztere hatten sie aus speziell manipulierten Stammzellen, den induzierten pluripotenten Stammzellen, gezüchtet. Sowohl in den Tieren als auch in den Zellen hatten die Forschenden zuvor das PDE3A-Gen gezielt verändert und so die HTNB-Mutationen nachgeahmt.

„Bei den jetzt untersuchten Patient*innen sind wir auf eine bisher unbekannte Mutation des PDE3A-Gens gestoßen“, berichtet Bähring. „Bislang war in dem Enzym immer eine Stelle außerhalb des katalytischen Zentrums verändert gewesen, nun lag die Abweichung genau in diesem Zentrum.“ Erstaunlicherweise hätten aber beide Mutationen den gleichen Effekt: Sie machen das Enzym aktiver als gewöhnlich. Dadurch wird ein wichtiger Botenstoff der Zelle namens cAMP (cyclisches Adenosinmonophosphat), der an der Kontraktion der Herzmuskelzellen beteiligt ist, verstärkt abgebaut. „Möglicherweise können sich durch die Genveränderung – unabhängig von ihrer Position – zwei oder mehr PDE3A-Moleküle zusammenlagern und auf diese Weise effektiver arbeiten“, vermutet Bähring.

Die Proteine bleiben gleich

In ihrem Rattenmodell, das die Gruppe von Michael Bader mit der CRISPR/Cas9-Methode am Max Delbrück Center generiert hat, versuchten die Forschenden, die Auswirkungen der Mutationen besser zu verstehen. „Wir haben die Tiere mit dem Wirkstoff Isoproterenol, einem sogenannten Beta-Rezeptor-Agonisten, behandelt“, sagt Klußmann. Solche Medikamente kommen manchmal im Endstadium einer Herzinsuffizienz zum Einsatz. Isoproterenol ist dafür bekannt, das Herz verstärkt wachsen zu lassen. „Bei den genveränderten Ratten geschah dies jedoch erstaunlicherweise nur so, wie wir es auch in den wildtypischen Tieren beobachteten. Wider Erwarten hat der bestehende Bluthochdruck die Situation nicht verschlimmert.“,berichtet Klußmann. „Ihr Herz war ganz offenbar vor diesem Effekt des Wirkstoffs geschützt.“

In weiteren Experimenten untersuchte das Team, ob und wenn ja welche Proteine in einer bestimmten Signalkaskade der Herzmuskelzellen aufgrund der Mutation verändert sind. Über diese Kette chemischer Reaktionen beginnt das Herz, zum Beispiel bei Aufregung, vermehrt Adrenalin auszuschütten und schneller zu schlagen. Adrenalin aktiviert die Beta-Rezeptoren der Zellen, wodurch diese mehr cAMP bilden. Die PDE3A und andere PDE stoppen den Prozess, indem sie cAMP chemisch verändern. „Wir haben allerdings auf der Protein- und auch auf der RNA-Ebene kaum Unterschiede zwischen mutierten und nicht mutierten Ratten gefunden“, sagt Klußmann.

Mehr Kalzium im Cytosol


Der Umbau von cAMP durch die PDE3A erfolgt nicht irgendwo in der Muskelzelle, sondern in der Nähe eines röhrenförmigen Membransystems, das Kalzium-Ionen speichert. Eine Ausschüttung dieser Ionen ins Cytosol der Zelle löst die Muskelkontraktion und somit den Herzschlag aus. Nach der Kontraktion wird das Kalzium durch einen Proteinkomplex in seinen Speicher zurückgepumpt. Auch dieser Prozess wird lokal von PDE gesteuert.

Klußmann und sein Team stellten die Hypothese auf, dass es aufgrund der Hyperaktivität dieser Enzyme rund um die Kalzium-Pumpe weniger cAMP geben müsste – was die Pumpe hemmen würde. „Tatsächlich konnten wir in den genveränderten Herzmuskelzellen nachweisen, dass die Kalzium-Ionen länger als gewöhnlich im Cytosol verbleiben“, sagt Dr. Maria Ercu aus Klußmanns Arbeitsgruppe, die eine der vier Erstautor*innen der Studie ist. Dadurch könnte sich die Kontraktionskraft der Zellen erhöhen.

Nicht hemmen, sondern aktivieren

„Eine akute Herzinsuffizienz wird derzeit oft mit PDE3-Hemmern behandelt, um den cAMP-Spiegel zu erhöhen“, erklärt Klußmann. Eine dauerhafte Therapie mit diesen Wirkstoffen würde den Herzmuskel rasch erschöpfen. 

  •  „Unsere Ergebnisse deuten nun daraufhin, dass nicht eine Hemmung der PDE3, sondern – im Gegenteil – eine selektive Aktivierung der PDE3A ein neuer und sehr viel besserer Ansatz sein könnte, um durch Bluthochdruck ausgelösten Herzschäden wie einer Herzmuskelhypertrophie und der Herzinsuffizienz vorzubeugen und zu behandeln“, sagt Klußmann.


Zuvor müsse man die protektiven Effekte der Mutation aber noch besser verstehen. 

„Wir haben beobachtet, dass die PDE3A nicht nur aktiver wird, sondern gleichzeitig ihre Konzentration in den Herzmuskelzellen abnimmt“, berichtet der Forscher. Möglicherweise ließe sich Ersteres durch eine Oligomerisierung erklären – dabei tun sich mindestens zwei Enzymmoleküle zusammen. 

„In diesem Fall“, sagt Klußmann, „könnten wir vermutlich Strategien entwickeln, um eine lokale Oligomerisierung künstlich in Gang zu setzen – und so den schützenden Effekt für das Herz imitieren.“



Das Max Delbrück Center

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.

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Enno Klußmann
Leiter der Arbeitsgruppe „Ankerproteine und Signaltransduktion“
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
+49 (0)30 9406 2596
Enno.klussmann@mdc-berlin.de

Christina Anders  Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft

Robert-Rössle-Str. 10
13125 Berlin
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E-Mail-Adresse: christina.anders@mdc-berlin.de
Originalpublikation:

Maria Ercu et al. (2022): “Mutant phosphodiesterase 3A protects from hypertension-induced cardiac damage”; Circulation, DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.122.060210


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Dr. Märit Jensen: Zusammenarbeit zwischen Neurolog:innen und Kardiolog:innen in der Sekundärprävention bei Schlaganfallpatient:innen mit Vorhofflimmern

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Früher Rhythmuserhalt bei Vorhofflimmern schützt Patient:innen mit vorherigem Schlaganfall vor Komplikationen

  • Menschen mit Vorhofflimmern und einer Schlaganfall-Vorgeschichte haben ein hohes Risiko für erneute Schlaganfälle und kardiovaskuläre Komplikationen. 

Eine Subgruppenanalyse der EAST – AFNET 4 Studie zeigt: 

  • Eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung ist für diese hoch gefährdete Patient:innengruppe sicher und besonders wirksam. 

Die Ergebnisse werden auf dem Weltschlaganfallkongress in Singapur am 26.10.2022 vorgestellt. [1], [2].

Die EAST – AFNET 4 Studie (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention) hat untersucht, ob eine rhythmuserhaltende Therapie mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation, wenn sie im ersten Jahr nach der Diagnose Vorhofflimmern begonnen wird, die Aussichten der Betroffenen verbessert. Das Hauptergebnis der Studie, das 2020 publiziert wurde [3], zeigte, dass eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Menschen mit Vorhofflimmern und Begleiterkrankungen kardiovaskuläre Ereignisse um 21 Prozent verringert. 

  • Eine frühzeitige rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten und/oder Ablation führte im Vergleich zur üblichen Behandlung zu weniger Todesfällen, Schlaganfällen und Krankenhausaufenthalten wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom. 

In der Studie wurden 2789 Patient:innen mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern (innerhalb eines Jahres nach Diagnose) und kardiovaskulären Risikofaktoren in den beiden Studiengruppen „früher Rhythmuserhalt (early rhythm control (ERC))“ und „übliche Behandlung (usual care (UC))“ über einen Zeitraum von fünf Jahren behandelt und beobachtet.

Dr. Märit Jensen vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), die die Ergebnisse beim Weltschlaganfallkongress vorgestellt hat, erklärt den Hintergrund dieser Subgruppenanalyse der EAST – AFNET 4 Studie: „Zehn bis fünfzehn Prozent aller Patient:innen mit Vorhofflimmern haben eine Schlaganfall-Vorgeschichte. Sie haben ein sehr hohes Risiko, einen weiteren Schlaganfall oder kardiovaskuläre Komplikationen zu erleiden. Aufgrund ihres Alters, der Begleiterkrankungen und häufig wegen einer dauerhaften Behinderung nach einem Schlaganfall erhalten diese Patient:innen derzeit selten eine rhythmuserhaltende Therapie. Eine systematische frühzeitige rhythmuserhaltende Behandlungsstrategie verhindert Schlaganfälle und kardiovaskuläre Ereignisse bei Menschen mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern. Allerdings sind Menschen mit Vorhofflimmern, die bereits einen Schlaganfall hatten, oft schwach und schwerkrank und könnten möglicherweise ein besonderes Risiko für Nebenwirkungen der rhythmuserhaltenden Therapie haben. Deshalb haben wir hier untersucht, ob eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei diesen Patient:innen sicher ist und unerwünschte kardiovaskuläre Folgen verhindern kann.“

217 Teilnehmer:innen (7,8 Prozent) der EAST – AFNET 4 Studie hatten eine Schlaganfall-Vorgeschichte. Ihr mittleres Alter lag bei 71 Jahren, der Frauenanteil bei 44 Prozent, der mittlere CHA2DS2-VASc Score (ein Maß für das Schlaganfallrisiko) bei 5. Von diesen 217 Patient:innen gehörten 110 (51 Prozent) der Studiengruppe „früher Rhythmuserhalt“ und 107 (49 Prozent) der Studiengruppe „übliche Behandlung“ an.

Ein primärer Studienendpunkt – definiert als erstes Auftreten eines der Ereignisse Tod aus kardiovaskulärer Ursache, Schlaganfall oder Krankenhausaufenthalt wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder eines akuten Koronarsyndroms – ereignete sich bei 18 Patient:innen der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ (3,7 pro 100 Personenjahre) und bei 33 Patient:innen der Gruppe „übliche Behandlung“ (7,4 pro 100 Personenjahre). Das Verhältnis der Ereignisraten lässt sich beschreiben durch eine Hazard Ratio von 0,52 (95% Konfidenzintervall 0,29 - 0,93).

Ein primäres Sicherheitsereignis – Tod oder Schlaganfall oder eine schwerwiegende unerwünschte Folge der rhythmuserhaltenden Therapie – trat ein bei 17 Patient:innen der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ (16 Prozent) und bei 30 der Gruppe „übliche Behandlung“ (28 Prozent). Die Sterberate war bei den Patient:innen mit frühem Rhythmuserhalt niedriger als bei denen, die die übliche Behandlung erhielten (10 Prozent gegenüber 20 Prozent).

Dr. Jensen kommentiert die Ergebnisse: „Unter den Patient:innen mit Vorhofflimmern und Schlaganfall-Vorgeschichte war die frühe rhythmuserhaltende Behandlung mit einem geringeren Risiko für unerwünschte kardiovaskuläre Folgen verbunden als die übliche Behandlung. Schwerwiegende Komplikationen der antiarrhythmischen Medikamente oder der Vorhofflimmer-Ablation bei früher rhythmuserhaltender Behandlung (3 Prozent) waren nicht häufiger als bei den Studienteilnehmer:innen ohne Schlaganfall-Vorgeschichte (5 Prozent).“

Professor Götz Thomalla, Leiter des Clinical Stroke and Imaging Forschungslabors am UKE und Co-Autor der Studie, sagt: „Diese Subgruppenanalyse verdeutlicht den Nutzen der frühen rhythmuserhaltenden Therapie zur Verhinderung kardiovaskulärer Komplikationen bei Patient:innen mit Vorhofflimmern, die bereits einen Schlaganfall hatten. 

Das unterstreicht die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit zwischen Neurolog:innen und Kardiolog:innen in der Sekundärprävention bei Schlaganfallpatient:innen mit Vorhofflimmern.“

Der wissenschaftliche Leiter der EAST – AFNET 4 Studie, Professor Paulus Kirchhof, UKE, kommt zu dem Schluss: „Die Ergebnisse dieser Analyse zeigen die besondere Wirksamkeit einer frühen rhythmuserhaltenden Therapie bei Patient:innen mit Vorhofflimmern und einer Schlaganfall-Vorgeschichte, einer Subgruppe mit bekanntem hohem Risiko für erneute Schlaganfälle und andere kardiovaskuläre Krankheiten und hohem Sterberisiko. Wichtig ist, der frühe Rhythmuserhalt erscheint genauso sicher wie bei Patient:innen ohne vorherigen Schlaganfall. Unsere Ergebnisse sprechen für eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Menschen mit Vorhofflimmern und Schlaganfall-Vorgeschichte zusätzlich zur Antikoagulation und Behandlung kardiovaskulärer Begleiterkrankungen.“

Seit der Veröffentlichung des Hauptstudienergebnisses im Jahr 2020, wurden verschiedene Subgruppenanalysen der EAST – AFNET 4 Studiendaten durchgeführt. Eine davon zeigte, dass der in der EAST – AFNET 4 Studienpopulation erzielte klinische Nutzen der frühen systematischen rhythmuserhaltenden Therapie unabhängig war von unterschiedlichen Behandlungsmustern bei den antiarrhythmischen Medikamenten und der Ablation, die innerhalb der Leitlinien-Empfehlungen angewandt wurden [4]. Andere Subgruppenanalysen belegten den Nutzen des frühen Rhythmuserhalts für Menschen mit Vorhofflimmern und Herzschwäche [5], für Menschen mit asymptomatischem Vorhofflimmern [6], für unterschiedliche Formen des Vorhofflimmerns [7], für Menschen mit mehreren Begleiterkrankungen [8] und für Patient:innen mit einer genetischen Prädisposition [10]. Der Sinusrhythmus wurde als entscheidender Faktor für die Wirksamkeit der frühen rhythmuserhaltenden Therapie identifiziert [9].

Literatur
[1] Jensen M, Suling A, Metzner A, Haeusler KG, Zapf A, Wegscheider K, Fabritz L, Schnabel R, Diener H-C, Goette A, Thomalla G, Kirchhof P. Early rhythm control therapy for atrial fibrillation in patients with history of stroke in the EAST – AFNET 4 trial. WSC Kongress-Abstract
[2] Jensen M, Suling A, Metzner A, Schnabel R, Borof K, Goette A, Haeusler KG, Zapf A, Wegscheider K, Fabritz L, Diener H-C, Thomalla G, Kirchhof P. Early rhythm-control therapy for atrial fibrillation in patients with history of stroke: a secondary analysis from the EAST-AFNET 4 trial. Angenommen, Lancet Neurology
[3] Kirchhof P, Camm AJ, Goette A, Brandes A, Eckardt L, Elvan A, Fetsch T, van Gelder IC, Haase D, Haegeli LM, Hamann F, Heidbüchel H, Hindricks G, Kautzner J, Kuck K-H, Mont L, Ng GA, Rekosz J, Schön N, Schotten U, Suling A, Taggeselle J, Themistoclakis S, Vettorazzi E, Vardas P, Wegscheider K, Willems S, Crijns HJGM, Breithardt G, for the EAST–AFNET 4 trial investigators. Early rhythm control therapy in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2020; 383:1305-1316.
DOI: 10.1056/NEJMoa2019422
[4] Metzner A, Suling A, Brandes A, Breithardt G, Camm AJ, Crijns HJGM, Eckardt L, Elvan A, Goette A, Haegeli LM, Heidbuchel H, Kautzner J, Kuck KH, Mont L, Ng GA, Szumowski L, Themistoclakis S, van Gelder IC, Vardas P, Wegscheider K, Willems S, Kirchhof P. Anticoagulation, therapy of concomitant conditions, and early rhythm control therapy: a detailed analysis of treatment patterns in the EAST - AFNET 4 trial. EP Europace 2022; 24:552–564. DOI: 10.1093/europace/euab200
[5] Rillig A, Magnussen C, Ozga, Suling A, Brandes A, Breithardt G, Camm AJ, Crijns HJGM, Eckardt L, Elvan A, Goette A, Gulizia M, Haegeli LM, Heidbuchel H, Kuck KH, Ng GA, Szumowski L, van Gelder IC, Wegscheider K, Kirchhof P. Early rhythm control therapy in patients with heart failure. Circulation 2021;144(11):845-858. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.056323
[6] Willems S, Borof K, Brandes A, Breithardt G, Camm AJ, Crijns HJGM, Eckardt L, Gessler N, Goette A, Haegeli LM, Heidbuchel H, Kautzner J, Ng GA, Schnabel R, Suling A, Szumowski L, Themistoclakis S, Vardas P, van Gelder IC, Wegscheider K, Kirchhof P. Systematic, early rhythm control therapy equally improves outcomes in asymptomatic and symptomatic patients with atrial fibrillation: the EAST-AFNET 4 Trial. Eur Heart J. 2022; 43:1219-1230. DOI: 10.1093/eurheartj/ehab593.
[7] Goette a, Borof K, Breithardt G, Camm AJ, Crijns H, Kuck KH, Wegscheider K, Kirchhof P, MD. Effect of atrial fibrillation presentation on early rhythm control therapy. J Am Coll Cardiol. 2022; 80:283-95. DOI: 10.1016/j.jacc.2022.04.058
[8] Rillig A, Borof K, Breithardt G, Camm AJ, Crijns HJGM, Goette A, Kuck KH, Metzner A, Vardas P, Vettorazzi E, Wegscheider K, Zapf A, Kirchhof P. Early rhythm control in patients with atrial fibrillation and high comorbidity burden. Circulation. 15 Aug 2022. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.122.060274
[9] Eckardt L, Sehner S, Suling A, Borof K, Breithardt G, Crijns HJGM, Goette A, Wegscheider K, Zapf A, Camm AJ, Metzner A, Kirchhof P. Attaining sinus rhythm mediates improved outcome with early rhythm control therapy of atrial fibrillation: the EAST – AFNET 4 trial. Eur Heart J, 2022. DOI: 10.1093/eurheartj/ehac471
[10] Kany S, Al-Taie C, Roselli C, Pirruccello JP, Borof K, Reinbold C, Suling A, Krause L, Reissmann B, Schnabel R, Zeller T, Zapf A, Wegscheider K, Fabritz L, Ellinor PT, Kirchhof P. Association of genetic risk and outcomes in patients with early rhythm control therapy in atrial fibrillation: results from the EAST-AFNET4 study. Eingereicht

Twitter: @afnet_ev, hashtag #EASTtrial.
Finanzielle Unterstützung: AFNET, BMBF, DZHK, EHRA, Deutsche Herzstiftung, Abbott, Sanofi

EAST – AFNET 4 Studie
EAST – AFNET 4 ist eine wissenschaftsinitiierte Studie, in der zwei unterschiedliche Behandlungsstrategien bei Vorhofflimmern verglichen wurden. Die EAST – AFNET 4 Studie testete, ob eine frühe und umfassende rhythmuserhaltende Therapie bei Patient:innen mit Vorhofflimmern kardiovaskuläre Komplikationen besser verhindert als die übliche Behandlung.
Insgesamt 2789 Menschen mit frühem Vorhofflimmern (weniger als ein Jahr nach der ersten Diagnose) nahmen an der EAST – AFNET 4 Studie teil. Sie wurden von 2011 bis 2016 in 135 Kliniken und Praxen in elf europäischen Ländern in die Studie eingeschlossen. Die Studienteilnehmer:innen wurden einer der beiden Behandlungsgruppen „früher Rhythmuserhalt“ oder „übliche Behandlung“ nach dem Zufallsprinzip zugeordnet (Randomisierung). Die Patient:innen in beiden Gruppen erhielten eine leitlinienkonforme Therapie, bestehend aus der Behandlung ihrer kardiovaskulären Begleiterkrankungen, Blutgerinnungshemmung und Frequenzregulierung.
Alle Patient:innen der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ erhielten nach der Randomisierung zusätzlich Antiarrhythmika oder eine Katheterablation. Sobald bei einem Mitglied dieser Gruppe Vorhofflimmern erneut auftrat, wurde die Therapie intensiviert mit dem Ziel, den normalen Sinusrhythmus durch eine Katheterablation und/oder antiarrhythmische Medikamente wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu erhalten.
Patient:innen der Gruppe „übliche Behandlung“ erhielten nur dann eine rhythmuserhaltende Therapie, wenn diese notwendig war, um durch Vorhofflimmern verursachte Symptome zu bessern, die trotz leitlinienkonformer frequenzregulierender Behandlung auftraten.

Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)

Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler:innen und Ärzt:innen aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patient:innen mit Vorhofflimmern in Deutschland, Europa und den USA durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert. 

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Originalpublikation:

Jensen M et al. Early rhythm control therapy for atrial fibrillation in patients with history of stroke in the EAST – AFNET 4 trial. WSC Kongress-Abstract

Jensen M et al. Early rhythm-control therapy for atrial fibrillation in patients with history of stroke: a secondary analysis from the EAST-AFNET 4 trial. Angenommen, Lancet Neurology


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

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Prof. Dr. Ulrike Haug: Dr. Tania Schink: Venöse Thromboembolien: https://www.bips-institut.de/forschung/forschungsinfrastrukturen/gepard.html

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Anti-Baby-Pille: Neue Präparate haben höheres Thrombose-Risiko, werden aber häufig verschrieben

Die Anti-Baby-Pille erhöht das Risiko, eine Thrombose zu erleiden. 

Das ist mittlerweile bekannt. 

Doch wie hoch das Risiko liegt, unterscheidet sich stark zwischen den verschiedenen Präparaten. 

Eine Studie des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS zeigt jetzt für neue Anti-Baby-Pillen die Risiken auf und belegt, dass viele junge Frauen Pillen mit unnötig hohem Thrombose-Risiko verschrieben bekommen. 

Prof. Dr. sc. hum. Ulrike Haug Prof. Dr. sc. hum. Ulrike Haug BIPS

In ihrer Studie verglichen die Wissenschaftler:innen das Risiko für sogenannte venöse Thromboembolien zwischen neun kombinierten oralen Kontrazeptiva. 

Da diese in Deutschland bei Mädchen und jungen Frauen erstattungsfähig sind, können Krankenkassendaten verwendet werden, um das Thrombose-Risiko der unterschiedlichen Präparate in dieser Altersgruppe abzuschätzen. Insgesamt umfasste die Studienpopulation 677.331 Mädchen und junge Frauen mit einer Neuverordnung zwischen 2005 und 2017. Das Durchschnittsalter betrug 16 Jahre.

  • Die Studie bestätigte, dass das Thrombose-Risiko bei vielen der neueren Präparate doppelt so hoch ist wie bei älteren Präparaten, die den Wirkstoff Levonorgestrel als Gestagen-Komponente enthalten.  

Die Studie hat dies auch für Präparate mit den Gestagen-Komponenten Dienogest und Chlormadion gezeigt, deren Thrombose-Risiko bisher noch wenig untersucht war.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bereits mit sogenannten Rote-Hand-Briefen auf die Unterschiede im Thrombose-Risiko zwischen den Präparaten hingewiesen und die Verordnung von Präparaten mit dem niedrigsten Thrombose-Risiko angeraten. In der Studie zeigte sich nun, dass der Anteil der Neuverordnungen von Präparaten mit dem niedrigsten Risiko seit dem Zeitraum 2005-2007 zwar angestiegen ist, aber immer noch sehr niedrig liegt. So betrug der Anteil in dem Zeitraum 2015-2017 nur 54 Prozent, wohingegen 33 Prozent der Verordnungen auf Präparate mit dem höchsten Thrombose-Risiko entfielen.

„Unsere Studie bestätigt, dass die Kombination Levonorgestrel mit niedrigem Ethinylestradiol-Gehalt das geringste Thrombose-Risiko hat“, erklärt Dr. Tania Schink, Wissenschaftlerin am BIPS und Erstautorin der Studie. Sie fügt an: 

  • „Außerdem konnten wir zeigen, dass das Thrombose-Risiko für die neuen Pillen-Varianten auf Basis von Chlormadinon doppelt so hoch ist und damit im gleichen Bereich liegt wie für Desogestrel und Drospirenon. 

Wer sein Thrombose-Risiko durch die Pille möglichst gering halten will, sollte also ein Präparat auf Basis von Levonorgestrel nutzen.“ 

 
Als Datengrundlage der Studie diente die pharmakoepidemiologische Forschungsdatenbank GePaRD. Sie enthält Abrechnungsdaten von vier gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland und umfasst Informationen von derzeit ca. 25 Millionen Personen. Neben demografischen Angaben enthält GePaRD Informationen zu Arzneimittelverordnungen sowie zu ambulanten und stationären Leistungen und Diagnosen. Pro Datenjahr stehen Informationen zu ungefähr 20 Prozent der Allgemeinbevölkerung zur Verfügung und es sind alle geografischen Regionen Deutschlands vertreten.


„Thrombosen sind insbesondere bei jungen Frauen zwar sehr seltene Ereignisse. 

Dennoch ist – basierend auf Schätzungen der europäischen Arzneimittelbehörde – davon auszugehen, dass es durch die Verschreibung von Pillen mit hohem Thrombose-Risiko statt jenem mit geringem jedes Jahr zu zwei bis sieben zusätzlichen Thrombosen pro 10.000 Nutzerinnen kommt. 

Das sind Krankheitsfälle mit zum Teil sehr schwerem Verlauf, die sich durch ein anderes Verschreibungsverhalten verhindern ließen“, erklärt Prof. Dr. Ulrike Haug, Letztautorin der Studie und Leiterin der Abteilung Klinische Epidemiologie am BIPS. 


Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des Menschen
Die Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Ursachen für Gesundheitsstörungen zu erkennen und neue Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie informiert die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei. 

Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 97 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

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Prof. Dr. sc. hum.
Ulrike Haug
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Originalpublikation:

Schink T, Princk C, Braitmaier M, Haug U. Use of combined oral contraceptives and risk of venous thromboembolism in young women: A nested case-control analysis using German claims data. BJOG: An International Journal of Obstetrics & Gynaecology. 2022; (Epub 2022 Jul 25). https://doi.org/10.1111/1471-0528.17268

PD Dr. Johannes Fleckenstein: Therapie gegen chronische Rückenschmerzen: psychotherapeutisches Verfahren, die kognitive Verhaltenstherapie

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Rückenschmerz-Therapie: Um 84 Prozent gesteigerte Erfolgsquote
  • Geht eine Therapie gegen chronische Rückenschmerzen gezielt auf die persönlichen Bedürfnisse der Patienten ein, sind die Erfolgschancen deutlich größer als bei Standardbehandlungen. 
  • Kommt ergänzend ein psychotherapeutisches Verfahren dazu, die kognitive Verhaltenstherapie, lassen sich die Schmerzen sogar noch effektiver lindern. 

Wer viel sitzt und sich wenig bewegt, entwickelt häufig Rückenschmerzen.

 Wer viel sitzt und sich wenig bewegt, entwickelt häufig Rückenschmerzen. Markus Bernards Goethe-Universität Frankfurt

So das Ergebnis einer Metastudie der Goethe-Universität Frankfurt, bei der die Daten von über 10.000 Patienten kombiniert ausgewertet wurden. Aus der Studie lässt sich schließen: 

Entsprechend den Vorgaben der Nationalen Versorgungsleitlinie sollten multimodale Therapien im deutschen Gesundheitswesen stärker gefördert werden.

  • Bewegungsmangel, Fehlbelastung, Überbelastung, Dauerstress am Arbeitsplatz oder privat - es gibt viele Ursachen für die Volkskrankheit Rückenschmerz. 
  • Bei nicht wenigen Betroffenen sind die Beschwerden sogar chronisch. 

Das heißt, sie halten über lange Zeit an oder treten immer wieder auf. Linderung können angeleitete Sport- und Bewegungstherapien bringen

Zu den gängigen Behandlungsmethoden gehören Physiotherapie, Krafttraining und Stabilisationstraining. Doch wie kann die Therapie möglichst erfolgreich sein? Welche Vorgehensweise lindert den Schmerz am effektivsten? Dazu hat eine kürzlich im Journal of Pain veröffentlichte Metastudie der Goethe-Universität Frankfurt neue Erkenntnisse gebracht.

Als Datenbasis dienten 58 randomiserte, kontrollierte Studien (randomised controlled trials, RCTs) von mehr als 10.000 Patientinnen und Patienten weltweit, die unter chronischen Schmerzen im unteren Rückenbereich leiden. Zuerst wurden die für das Thema relevanten Daten aus den Originalmanuskripten herausgefiltert, dann zusammengefasst ausgewertet. Bei den Auswertungen ging es zum einen darum, ob und wie sehr sich Standardbehandlungen und personalisierte Behandlungen im Ergebnis voneinander unterscheiden. Personalisiert bedeutet, es gibt eine Art persönliches Coaching, bei dem Therapeuten gezielt auf Potenziale und Bedürfnisse der Patienten eingehen und gemeinsam mit ihnen entscheiden, wie die Therapie aussieht.

Das Resultat der Studie: 

Eine personalisierte Behandlung führte zu einer deutlichen Steigerung der Effekte bei chronischen Rückenschmerzen im Vergleich zu Standard-Bewegungstherapien. 

Die Erfolgsquote bei der Schmerzlinderung lag 38 Prozent höher als bei einer Standardbehandlung. 

"Der höhere Aufwand der Personalisierung lohnt sich, da die Patienten in klinisch relevantem Ausmaß davon profitieren", sagt der federführende Autor Privatdozent Dr. Johannes Fleckenstein vom Institut für Sportwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt.

Die Studie ging aber noch weiter. Das Frankfurter Forscher-Team verglich neben den Standardbehandlungen und den personalisierten eine dritte Gruppe von Behandlungen. Bei diesen wurden personalisierte Trainingseinheiten mit einer so genannten kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) kombiniert.  

Dieses Gesprächsverfahren geht davon aus, dass negative Gedanken und Verhaltensweisen rund um das Thema Schmerz schmerzverstärkend wirken. 

Also lernen Schmerzpatienten, ihren Umgang mit dem Schmerz zu verändern. 

Sie bauen Bewegungsängste ab oder bekommen Taktiken zur Schmerzbewältigung beigebracht. 

Dadurch merken sie, dass sie durchaus nicht hilflos sind. 

Doch was trägt die psychotherapeutische Unterstützung durch KVT tatsächlich zum Behandlungserfolg bei? 

Hier ergab sich bei der Datenanalyse folgendes: 

Wurden personalisierter Ansatz und KVT kombiniert, lag die Erfolgsquote in Hinblick auf die Schmerzlinderung beeindruckende 84 Prozent höher als bei einer Standardbehandlung. 

Die kombinierte Therapie, auch multimodale Therapie genannt, führte also zum mit Abstand besten Ergebnis.

Fleckenstein sieht in der Studie "den dringenden gesundheitspolitischen Appell", kombinierte Angebote in der Versorgung und Vergütung zu stärken. 

"Im Vergleich zu anderen Ländern, etwa den USA, stehen wir in Deutschland zwar relativ gut da. 

Wir haben zum Beispiel eine geringere Verschreibung von starken Betäubungsmitteln wie Opiaten. 

  • Aber die Rate an unnötigen Röntgenuntersuchungen, die im Übrigen auch zur Chronifizierung von Schmerzen beitragen können, oder ungenauen OP-Indikationen ist noch immer sehr hoch." 

Dies läge, so Fleckenstein, auch an den ökonomischen Anreizen, also der verhältnismäßig hohen Vergütung solcher Maßnahmen. Anders sei die Situation bei schmerztherapeutischen Einrichtungen.

Die sind laut Fleckenstein zwar nicht defizitär, aber eben auch keine Cash Cow für Investoren. 

Hier gelte es, die ökonomischen Rahmenbedingungen zu verbessern. 

Denn: Langfristig spare Schmerztherapie aus gesundheitsökonomischer Sicht viel Geld, wohingegen Tabletten und Operationen eher selten zu einer mittel- und langfristigen Schmerzlinderung führten.

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Privatdozent Dr. Johannes Fleckenstein
Sportmedizin und Leistungsphysiologie
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Dr. Markus Bernards Goethe-Universität Frankfurt am Main

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Deutschland
Hessen


Originalpublikation:

Johannes Fleckenstein, Philipp Floessel, Tilman Engel, Laura Krempel, Josefine Stoll, Martin Behrens, Daniel Niederer. Individualized Exercise in Chronic Non-Specific Low Back Pain: A Systematic Review with Meta-Analysis on the Effects of Exercise Alone or in Combination with Psychological Interventions on Pain and Disability. The Journal of Pain (2022) https://doi.org/10.1016/j.jpain.2022.07.005

 

Prof. Ute Modlich: Virusbedingte Atemwegsinfektionen: Blutgerinnung: Notfall-Megakaryopoese (Emergency Megakaryopoiesis)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Das Grippevirus und sein Einfluss auf Blutstammzellen und die Blutgerinnung

Virusbedingte Atemwegsinfektionen können lebensbedrohlich werden. 

Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts haben gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Heidelberg herausgefunden, dass auch eine auf die Lunge beschränkte Infektion mit Grippeviren zur Aktivierung von Blutstammzellen und der vermehrten Bildung von Blutplättchen (Thrombozyten) führt. 

Blutplättchen können Thrombosen begünstigen. 

  • Dies ist auch von schweren COVID-19-Verläufen bekannt. Beteiligt an der Aktivierung waren die Botenstoffe Interleukin-1 und Interleukin-6. 

Über die Ergebnisse berichtet Cell Reports in seiner Online-Ausgabe vom 04.10.2022.

Jedes Jahr kommt es in den Wintermonaten zu Grippewellen, die unterschiedlich stark ausfallen. Verursacht werden sie durch Influenza(Grippe)-Viren. Schwere Fälle von Influenza-Infektionen sind mit einer Entgleisung des Immunsystems, einem Zytokinsturm mit übermäßiger Ausschüttung von Botenstoffen (Zytokinen) und einer Schädigung der Lungenzellen verbunden. 

Dies führt zu Gefäßleckagen und kann das Auftreten von Thrombosen begünstigen. 

Diese Reaktionen haben Ähnlichkeit mit schweren Verläufen von COVID-19, verursacht durch das Coronavirus SARS-CoV-2. 

Wann kommt es zu schweren Krankheitsverläufen und welche Prozesse laufen dabei ab? Viele Details sind hier bisher unbekannt.

Zu den Komplikationen schwerer Grippe-Krankheitsverläufe gehören sowohl eine verminderte als auch eine erhöhte Anzahl von Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut, die mit einer erhöhten Thromboseneigung einhergehen kann. 

Forschende um Prof. Ute Modlich, Leiterin der Forschungsgruppe "Genmodifikation in Stammzellen" des Paul-Ehrlich-Instituts haben sich in einem Forschungsverbund mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am DKFZ, Heidelberg, und der Universität Heidelberg mit dem Zusammenhang zwischen einer Infektion mit einem Grippevirus (H1N1) und der Blutbildung bzw. der Bildung der Thrombozyten befasst. H1N1-Influenzaviren gehören zu den jährlich in Deutschland auftretenden Grippeviren.

Infektion der Lunge mit Grippeviren und ihr Einfluss auf die Blutbildung

Alle Blutzellen und damit auch die Thrombozyten werden durch blutbildende Stammzellen (hämatopoetische Stammzellen, HSZ) erneuert, die sich im Knochenmark in einem ruhenden Zustand befinden. 

  • Um die lebenslange Blutbildung (Hämatopoese) sicherzustellen, wird das Schicksal der HSZ zwischen Ruhe, Selbsterneuerung und Differenzierung streng reguliert.


Um den Einfluss einer Influenzainfektion auf die Blutbildung zu untersuchen, wurden Mäuse mit Influenzaviren intranasal infiziert und ihre Blutstammzellen an den darauffolgenden Tagen hinsichtlich Differenzierung und Zellzyklusaktivierung untersucht. 

In den ersten drei Tagen der akuten Influenzainfektion nahmen die Thrombozyten zunächst ab (Thrombopenie), stiegen danach im Blut aber schnell auf Werte über den physiologischen Leveln an (Thrombozytose). 

Diese schnell produzierten Thrombozyten hatten ein unreifes Erscheinungsbild (Phänotyp) und waren schneller aktivierbar (hyperreaktiv).

Bereits zwei Tage nach Infektion befanden sich mehr Blutstammzellen als zuvor im Reifungsprozess (G1- und S/G2/M-Zellzyklusphase). 

Dabei korrelierte die Aktivierung der Blutstammzellen positiv mit dem viralen Lungentiter, d. h. umso mehr Viren die Lunge befallen hatten, umso mehr Blutstammzellen waren aktiviert. 

  • Infektionen mit reduzierten Influenzadosen verzögerten die Stammzellaktivierung, konnten sie aber nicht verhindern. 
  • In der Regenerationsphase kehrten die Blutstammzellen in die Ruhephase zurück. 

In Mäusen die geimpft waren, geschah dies schneller als in anderen Gruppen.

Blutstammzellen mit typischen Markern für spätere Thrombozyten

Um die Frage zu klären, wie Thrombozyten so schnell produziert werden können, hat sich das Forschungsteam den Phänotyp der aktivierten Blutstammzellen genauer angeschaut und festgestellt, dass eine Teilmenge der Blutstammzellen bereits typische Marker von Vorläuferzellen der Thrombozyten (Megakaryozyten) tragen. 

Blutstammzellen mit diesem Oberflächenphänotyp differenzieren direkt zu Megakaryozyten und produzieren Thrombozyten. Dabei überspringen sie mehrere Vorläuferstadien. Die Forschungsgruppe wies durch In-vitro-Lineage-Tracing und Knochenmarkstransplantationen nach, dass sich diese Gruppe von Blutstammzellen nach Influenzainfektion rasch im Knochenmark vermehren. 

  • Diese neu produzierten Blutplättchen sind größer und unreifer in ihrem Erscheinungsbild als gewöhnliche Thrombozyten und neigen zur schnelleren Aktivierung, was zu einem höheren Risiko an Blutgerinnseln in der Lunge führen kann.


Der Vorgang der schnellen Differenzierung von Megakaryozyten ist als Reaktion auf systemische Entzündungen oder Infektionen als Notfall-Megakaryopoese (Emergency Megakaryopoiesis) zwar bereits beschrieben worden. 

Bisher wurde aber kein Zusammenhang mit lokalen viralen Atemwegserkrankungen vermutet. 

Obwohl die Influenzavirusinfektion bei den Mäusen auf die Atemwege beschränkt war, fanden sich erhöhte Spiegel der Zytokine Interleukin-1 (IL-1) und Interleukin-6 (IL-6) im Knochenmark infizierter Mäuse. 

Mit Knockout-Mäusen, bei denen IL-1-Rezeptor sowie Knockout-Mäusen, bei denen das IL-6-Zytokingen ausgeschaltet waren, wies die Forschungsgruppe nach, dass diese Zytokine entscheidend zur Aktivierung der Blutstammzellen und zur Notfall-Megakaryopoese bei Influenzainfektionen beitragen.

  • Die aktuellen Daten zeigen, dass auch eine lokale (nicht systemische) Virusinfektion zu Veränderungen der Blutbildung im Knochenmark führen kann. 
  • Hierbei gebildete Thrombozyten können im hyperreaktiven Zustand zu einem höheren Risiko für Blutgerinnsel insbesondere in der Lunge führen. 

Dies hat möglicherweise einen bedeutenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf der echten Grippe. 

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Paul-Ehrlich-Str. 51 - 59
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Fax: 06103 / 77-1262

 Paul-Ehrlich-Institut - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel


Originalpublikation:

Rommel MGE, Walz L, Fotopoulou F, Kohlscheen S, Schenk F, Miskey C, Botezatu L, Krebs Y, Voelker IM, Wittwer K, Holland-Zet T, Ivics Z, von Messling V, Essers MAG, Milsom MD, Pfaller CK, Modlich U (2022): Influenza A Virus Infection Instructs Hematopoiesis to Megakaryocyte-lineage Output.
Cell Rep Oct 4 [Epub ahead of print].
DOI: 10.1016/j.celrep.2022.111447


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36198277/ - Link zum Open Access Artikel


t Prof. Dr. habil. Marcus Grimm: Hypovitaminose: Zusammenhang zwischen Vitamin-B12-Spiegel und Alzheimer: Plasmalogenspiegel

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wie Vitamin B12 die Alzheimer-Erkrankung beeinflusst

Neue Studie der SRH Hochschule für Gesundheit und der Universität des Saarlandes legt Zusammenhang zwischen Vitamin-B12-Spiegel und Alzheimer nahe.

  • „Vitamin B12 ist an einer Vielzahl von wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt, die u. a. zur Blutbildung, Zellteilung und Funktion der Nerven beitragen. 

Ein Vitamin-B12-Mangel kommt auch in der westlichen Bevölkerung vor, das Risiko nimmt hier mit steigendem Alter zu, so wird geschätzt, dass jede fünfte Person über 60 Jahre eine Vitamin-B12-Hypovitaminose hat. 

Auch Veganer und in geringerem Maße Vegetarier haben ein erhöhtes Risiko an einem Vitamin-B12-Mangel zu leiden, da für den Menschen verwertbares Vitamin B12 hauptsächlich in tierischer Nahrung vorkommt“, erklärt Prof. Dr. habil. Marcus Grimm, Studiengangsleiter im Bachelor-Studiengang Ernährungstherapie und -beratung am Campus Rheinland in Leverkusen.

Studien legen einen Zusammenhang zwischen einem Vitamin-B12-Mangel und dem Auftreten der Alzheimer-Erkrankung nahe. 

  • Eines der charakteristischen Merkmale der Erkrankung ist die Anhäufung eines speziellen Eiweißes, des sogenannten Amyloid-β (Aβ). 
  • Dieses wird von Geburt an auch bei gesunden Menschen, die nicht von Alzheimer betroffen sind, gebildet. 
  • Hier halten sich Auf- und Abbau dieses Eiweißes jedoch die Waage. 
  • Kommt es zu einem vermehrten Aufbau oder einem reduzierten Abbau von Aβ häufen sich immer mehr Aβ-Eiweißmoleküle im Gehirn an, es bilden sich erst kleinere Aggregate, später dann größere Zusammenlagerungen, sogenannte Plaques.


Die Stoffwechselwege, die zum Auf- oder Abbau von Aβ führen, finden an oder in der Zellmembran statt, einer Hülle, die zu einem großen Anteil aus Fetten besteht. 

Vorangegangene Studien, u. a. von Prof. Dr. habil. Marcus Grimm und Kolleg:innen, zeigten, dass durch eine Beeinflussung der Fette die Alzheimer-Erkrankung ursächlich positiv aber auch negativ beeinflussbar ist. 

Insbesondere nehmen Plasmalogene bei der Erkrankung eine schützende Funktion ein, so wird durch sie die Bildung von Aβ reduziert. 

Gleichzeitig sind Plasmalogene bei Alzheimer-Patient:innen deutlich reduziert. 

  • Durch ihre chemische Struktur sind Plasmalogene besonders empfindlich gegenüber freien Radikalen und oxidativem Stress, der u. a. bei Alzheimer durch das vermehrte Auftreten von Aβ stark erhöht ist. 

Hierdurch kommt es zu einem Teufelskreis. 

  • Ein reduzierter Plasmalogenspiegel führt zu einer vermehrten Produktion von Aβ-Eiweißmolekülen, die wiederum durch oxidativen Stress die Plasmalogene zerstören, was erneut zu einer verstärkten Produktion von Aβ führt.


In der neuen Studie von Prof. Dr. habil. Marcus Grimm und Kolleg:innen der Universität des Saarlandes sowie der Gesundheitshochschule der SRH konnte gezeigt werden, dass eine verringerte Zufuhr von Vitamin B12 zu einem reduzierten Plasmalogen-Spiegel in der Zellmembran führt. 

Gleichzeitig konnte in Zellkultur-Experimenten gezeigt werden, dass die damit veränderte Fettzusammensetzung der Membran direkt die Bildung des schädlichen Aβ fördert.

  • Neben dem positiven Effekt auf die Fettzusammensetzung der Membran wirkt Vitamin B12 positiv auf die Entgiftung der Zelle von freien Radikalen und oxidativem Stress. 

Diese Mehrfachwirkung von Vitamin B12 auf Mechanismen, die bei der Alzheimer-Erkrankung eine zentrale Rolle spielen, machen das Vitamin zu einem interessanten Ziel, welches bei der Prävention und Behandlung von Alzheimer eine wichtige Rolle spielen könnte. 

Auch wenn klinische Studien die Ergebnisse, die in neuronalen Zellen gefunden wurden, erst bestätigen müssen, so rät Prof. Dr. habil. Marcus Grimm insbesondere Personen, die eine höhere Wahrscheinlichkeit eines Vitamin-B12-Mangels aufweisen, diesen zu kontrollieren und auf eine Vitamin-B12-reiche Kost, ggf. unter Zuhilfenahme von Nahrungsergänzungsmitteln, zu achten.

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Originalpublikation:

https://www.mdpi.com/2073-4409/11/16/2574