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Brustkrebs - Mammakarzinom: Einladung zur Multicenter-Strahlentherapiestudie HYPOSIB

Medizin am Abend Fazit:  Kieler Kliniken starten größte Strahlentherapiestudie bei Brustkrebs

 

Bundesweit erkranken jedes Jahr etwa 72.000 Frauen an Brustkrebs. 


In der neuen HYPOSIB-Studie wird auch der operierte Tumorbereich schon während der Bestrahlung der gesamten Brust mit bestrahlt.

In der neuen HYPOSIB-Studie wird auch der operierte Tumorbereich schon während der Bestrahlung der gesamten Brust mit bestrahlt. Klinik für Strahlentherapie

Behandelt wird die Erkrankung oft auch mit einer Strahlentherapie, die bisher in der Regel sechs bis sieben Wochen dauerte. Mit Hilfe neuer technischer Entwicklungen ist es jetzt möglich, die Zahl der Bestrahlungen zu verringern und die Behandlungszeit auf etwa drei Wochen zu verkürzen. Unter der Leitung der Klinik für Strahlentherapie an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) wird dazu in den nächsten fünf Jahren die größte Strahlentherapiestudie in Deutschland mit über 2.000 Patientinnen durchgeführt. 
 
Die ersten wurden in dieser Woche in die Studie aufgenommen.

Bei Frauen ist Brustkrebs (Mammakarzinom) die häufigste Krebserkrankung, jede achte bis zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Nach einer Operation ist die Bestrahlung ein wichtiger Teil der Behandlung, vor allem bei einer brusterhaltenden Therapie. Die Strahlen zerstören dabei die Tumorzellen, während das gesunde Gewebe geschont wird, da sich die gesunden Zellen besser von der Bestrahlung erholen. Eine konventionelle Strahlentherapie dauerte bisher sechs bis sieben Wochen und bestand aus 30 bis 35 Terminen. In den vergangenen Jahren gelang es, die Behandlungszeit zu verkürzen, wobei die Bestrahlung mit erhöhter Einzeldosis in weniger Sitzungen erfolgte. „Diese sogenannte hypofraktionierte Bestrahlung verkürzte die Behandlungszeit auf etwa fünf Wochen“, erklärt Professor Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie, Medizinische Fakultät der CAU und UKSH.

Große Studien in Kanada und Großbritannien haben gezeigt, dass diese verkürzte, höher dosierte Bestrahlung der konventionellen Behandlung gleichwertig ist. Die Ergebnisse einer Nachbeobachtungszeit von fünf bis zwölf Jahren zeigen deutlich, dass die hypofraktionierte Bestrahlung vergleichbar gute Resultate hinsichtlich der lokalen Tumorkontrolle und des Überlebens erzielt wie die konventionelle Strahlentherapie.

Eine weitere Verkürzung auf nur mehr etwa drei Wochen und 16 Sitzungen ist möglich, wenn ein neues technisches Verfahren, der simultan integrierte Boost (SIB), mit der Hypofraktionierung kombiniert wird.

„Die zusätzliche Bestrahlung des Operationsgebietes, die bisher erst nach der Strahlentherapie der ganzen Brust erfolgte, wird bereits auf die einzelnen Termine bei der Strahlenbehandlung der ganzen Brust verteilt“, erklärt Dunst.

Dieses Kombinationsverfahren soll nun in der groß angelegten Studie mit dem Name HYPOSIB unter Leitung von Professor Dunst geprüft werden. „Die Patientinnen erhalten dabei entweder die bisherige Standardtherapie mit einer Behandlungsdauer von etwa fünf bis sechs Wochen oder die verkürzte Bestrahlung mit einer dreiwöchigen Behandlungsdauer“, erklärt PD Dr. Kathrin Dellas, Fachärztin für Strahlentherapie in Kiel und maßgeblich an der Durchführung der Studie beteiligt. Neben der Klinik für Strahlentherapie ist am Kieler Campus auch die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe unter Leitung von Professor Nicolai Maass beteiligt.

Im Brustzentrum Kiel, einer interdisziplinären Einrichtung der Kliniken für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie für Strahlentherapie, haben Patientinnen mit Brustkrebs die Möglichkeit, an klinischen Studien teilzunehmen und so frühzeitig neuartige und vielversprechende operative und medikamentöse Therapien zu erhalten. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte legen dabei ein besonders großes Augenmerk auf eine verbesserte Lebensqualität der Frauen. Die neue Strahlentherapiestudie HYPOSIB ergänzt das bereits umfassende Angebot an Behandlungsoptionen. Finanziert wird die Multicenter-Strahlentherapiestudie, an der bundesweit mehr als 80 Kliniken teilnehmen werden, von der Deutschen Krebshilfe. Endgültige Ergebnisse werden in fünf bis acht Jahren vorliegen.

Bei der herkömmlichen Therapie bei Brustkrebs werden erst die ganze Brust und anschließend der Tumorbereich bestrahlt. In der neuen HYPOSIB-Studie, die jetzt in Kiel startet, wird auch der operierte Tumorbereich schon während der Bestrahlung der gesamten Brust mit bestrahlt.

Dadurch kann die Behandlungszeit deutlich verkürzt werden.


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Jürgen Dunst
Tel.: 0431/597-3011
E-Mail: juergen.dunst@uksh.de

PD Dr. Kathrin Dellas
Tel.: 0431/597-3039
E-Mail: kathrin.dellas@uksh.de
Dr. Boris Pawlowski Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Zuwandernde Kinder:Dringenden Handlungsbedarf bei der Gesundheitsversorgung http://www.dgspj.de

Medizin am Abend Fazit:   Neuer Forderungskatalog der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin

In Deutschland sollten zuwandernde Kinder so früh wie möglich Zugang zu Vorsorge- und Behandlungsangeboten haben.

Die Realität sieht indes oft ganz anders aus. Dabei haben von den über 100 000 Kindern und Jugendlichen, die 2013 nach Deutschland eingewandert sind, gerade minderjährige Flüchtlinge oft massive körperliche Beschwerden. Viele sind auch psychisch traumatisiert.

Besonders im frühen Kindesalter sind noch Maßnahmen zur Prävention oder zur Früherkennung und Behandlung schwerwiegender Erkrankungen möglich. In späteren Jahren sind diese kaum mehr nachholbar. Deshalb sollte gerade für sehr junge zuwandernde Kinder der Zugang zu Vorsorge- und Behandlungsangeboten schnell und effektiv möglich sein, fordert PD Dr. Erika Sievers von der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ).

Die zuwandernden Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter kommen als "Seiteneinsteiger" in das deutsche Schulsystem und Gesundheitswesen.

Bei ihren deutschen Mitschülern wurde bei der Einschulung eine schulärztliche Untersuchung durchgeführt. Daher sollten alle zuwandernden Kinder zu Schulbeginn und auch noch in höheren Klassen die Chance erhalten, auf schulrelevante gesundheitliche Defizite untersucht zu werden. Diese so genannten Seiteneinsteigeruntersuchungen über die öffentlichen Kinder - und Jugendgesundheitsdienste können eine Schlüsselfunktion haben, um Unterstützungsmöglichkeiten zu nutzen. Sie werden bisher allerdings längst nicht flächendeckend umgesetzt, kritisiert Sievers.

Dabei sind Kindergesundheit, Sensibilität für das Kindeswohl und Kinderbewusstsein aus sozialpädiatrischer Sicht die wirklich echten Prüfsteine der Migrations- und Integrationspolitik. Die Interkulturelle Öffnung des Gesundheitswesens ist derzeit hoch aktuell: 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Deutschland haben einen Migrationshintergrund.


Den Themenschwerpunkt Gesundheit und Pflege hat auch der Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration für 2015 gewählt. Integrationsbeauftragte von Bund, Länder und Kommunen sollten bei ihren Maßnahmen insbesondere auch die Bedarfe der Kinder auf der Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention berücksichtigen. Im Fokus ist derzeit besonders die Situation minderjähriger Flüchtlinge, die allein oder mit ihren Eltern nach Deutschland kommen. 35 Prozent der Asylerstanträge wurden 2013 von Kindern und Jugendlichen gestellt.

2013/2014 erfolgte auf Initiative von Kindernetzwerks e.V. an Sozialpädiatrischen Zentren eine bundesweite Befragung, die in Kooperation mit der DGSPJ und der Technischen Universität München durchgeführt wurde. Über 85 Prozent der Teilnehmer gaben dabei an, dass oft oder häufig sprachliche Verständigungsschwierigkeiten bzw. kulturell unterschiedlich geprägte Krankheits- und Behandlungskonzepte zwischen dem medizinischen Personal und den Eltern des Kindes bestehen.

Zwei Lösungsvorschläge wurden favorisiert:

Der Einsatz von qualifizierten Dolmetschern (erfolgt derzeit nur zu 33 Prozent), die für den Einsatz im Gesundheitswesen und im kultursensiblen Umgang mit Migrantenkindern qualifiziert sind.

Und die Bereitstellung von Informationsmaterialien zum jeweiligen Krankheitsbild und Behandlungskonzept in der Muttersprache des Patienten (nur für 47% verfügbar). 

Um dies zu verbessern, fordert die DGSPJ die

- Bereitstellung notwendiger Ressourcen in Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften zur Stärkung ihrer transkulturellen Kompetenz 

- bedarfsgerechte Bereitstellung von Übersetzungen, Dolmetscherleistungen und ergänzenden mehrsprachigen Informationsmaterialien, um zuwandernden Familien solche Informationen zuteil werden zu lassen, mit denen fundierte Entscheidungen getroffenen werden können.

- Etablierung vorbildhafter Modelle wie die "Migrant Friendly Hospitals" in Kinderkspitälern in der Schweiz oder der dortige Nationale Telefondolmetscherdienst. Dieser macht Übersetzungsleistungen gerade in Notfällen kurzfristig in großer Sprachenvielfalt möglich.

- Vereinfachung des Zugangs zu medizinischer Versorgung für Flüchtlinge und Asylsuchende durch eine bundesweite Einführung einer elektronischen "Gesundheitskarte" wie in Bremen und Hamburg bereits praktiziert ("Bremer Modell"). Dies ermöglicht Familien eine schnellere und effektivere Krankenbehandlung und senkt den Verwaltungsaufwand.

Kinder- und Jugendärzten kommt in Zukunft eine Schlüsselrolle zu, um zuwandernde Kinder und Jugendliche zeitnah bedarfsgerecht zu versorgen. Hier besteht auf Bundes- und Länderebene sektorenübergreifender dringender Handlungsbedarf, um gesundheitliche Chancengleichheit für alle Kinder zu gewährleisten. Dafür wird sich die DGSPJ nachhaltig einsetzen.

Medizin am Abend DirektKontakt


PD Dr. Erika Sievers MPH
c/o Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen, Düsseldorf
sievers@akademie-oegw.de

360° TOP Thema: Gefährlicher Erst- und Rückfalltumor

Medizin am Abend Fazit: Ein wichtiger Schritt für die Neuroblastom-Forschung

Europäische Forscher finden einen „Wachstumsweg“ des gefährlichen Rückfalltumors



Prof. Holger Lode Prof. Holger Lode Foto: UMG

Erstmals haben Wissenschaftler systematisch Erst- und Rückfalltumore beim Neuroblastom untersucht. 

Das Neuroblastom ist mit acht Prozent Anteil der häufigste feste (solide) Tumor im Kindesalter. 

Dabei wurden auch Gewebeproben von Kindern, die in Greifswald in Behandlung sind, analysiert. 
 
„Die genetischen Veränderungen der Krebszellen sind bei einem Rückfall anders als bei der Ersterkrankung. Das ist eine neue Erkenntnis, die in der Bekämpfung des Neuroblastoms eine wichtige Rolle spielen wird“, sagte Prof. Holger Lode (Foto), Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Greifswald.

Gleichzeitig ist es den Forschern von 13 führenden klinisch wissenschaftlich arbeitenden Gruppen Europas unter Beteiligung des Teams von Prof. Holger Lode in einer gemeinsamen Anstrengung gelungen, einen neuen Stoffwechselweg des Tumors bei Kindern mit einem Rückfall des Neuroblastoms zu identifizieren. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in Nature Genetics* veröffentlicht.

Wenn das Neuroblastom in der Erstdiagnose festgestellt wird, hat dieses in den meisten Fällen bereits Metastasen entwickelt. Dementsprechend hoch ist mit rund 60 Prozent die Rückfallquote.  

Bei einem Neuroblastom liegen gegenwärtig zudem die Überlebenschancen bei Langzeituntersuchungen lediglich bei 30 Prozent.

Deutliche Fortschritte konnten die Greifswalder Mediziner mit einer speziellen Immuntherapie machen, die insbesondere die Prognose für Patienten mit Rückfällen deutlich verbessert hat.

„Mit den neuen Erkenntnissen in unserem Wissenschaftsverbund eröffnen sich nun auch weitere Wege in der Bekämpfung der Krebsgefahr“, so der Kinderonkologe. „Wir wissen jetzt, was den Rezidivtumor, der den Rückfall auslöst, so unberechenbar macht. Er unterscheidet sich genetisch vom Erstgeschwulst und verfügt somit auch über andere Stoffwechselwege, um sich auszubreiten und zu wachsen“, so Lode. „Gegen den identifizierten Stoffwechselweg können zielgenau neue Medikamente entwickelt werden. Perspektivisch wird es dazu führen, dass wir unsere Antikörperimmuntherapie mit einer medikamentösen Behandlung kombinieren werden. Die Forschungsergebnisse sind somit ein weiterer sehr wichtiger Schritt im Kampf gegen das Neuroblastom und, um die Heilungschancen zu verbessern.“

In Greifswald wurden in den vergangenen Jahren kleine Patienten aus aller Welt behandelt, weil sie unter diesem tückischen Tumor leiden und ihre letzte Hoffnung in der Immuntherapie sehen. Erst vor kurzem hat das Team um Professor Holger Lode und Dr. Nikolai Siebert eine Bewilligung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten, um dieses Verfahren weiter zu entwickeln und zu optimieren. Dafür stellt die DFG für die kommenden zwei Jahre 300.000 Euro zur Verfügung.

*Nature Genetics (2015), doi:10.1038/ng.3349, Published online 29 June 2015
„Mutational dynamics between primary and relapse neuroblastomas“
www.nature.com/ng/journal/vaop/ncurrent/full/ng.3349.html?message-global=remove


Medizin am Abend DirektKontakt

Universitätsmedizin Greifswald
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. med. Holger Lode
Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
T +49 3834 86-63 01 und -63 25
E holger.lode@uni-greifswald.de
http://www.medizin.uni-greifswald.de
http://www.facebook.com/UnimedizinGreifswald
Constanze SteinkeErnst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Vom Contergan-Skandal zum Hoffnungsträger bei Knochenmarkserkrankungen

Medizin am Abend Fazit:   Wirkmechanismus geklärt

Vor mehr als 50 Jahren hat Thalidomid unter dem Namen Contergan einen Medizinskandal ausgelöst. Inzwischen wird der Nachfolger Lenalidomid erfolgreich gegen schwer zu behandelnde Krebserkrankungen des Knochenmarks eingesetzt. Den zugrunde liegenden Wirkmechanismus haben Forscher um Dr. Jan Krönke, Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter an der Ulmer Uniklinik für Innere Medizin III, nun weiter aufgeklärt. Ihre in "Nature" veröffentlichten Erkenntnisse sind nicht nur bedeutend für die Behandlung des Myelodysplastisches Syndroms, sondern auch für die Medikamentenentwicklung. Zudem haben die Forscher einen Weg gefunden, um Substanzen wie Lenalidomid in Mauszellen zu untersuchen. 

Dr. Jan Krönke forscht an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III
Dr. Jan Krönke forscht an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III
Foto: Uniklinik Ulm


Als Wirkstoff im Schlafmittel Contergan hat Thalidomid traurige Berühmtheit erlangt: Vor mehr als 50 Jahren kamen unzählige Babys mit Fehlbildungen zur Welt, weil ihre Mütter Contergan in der Schwangerschaft eingenommen hatten.

Doch der Wirkstoff hat eine zweite Seite: 

Seit Ende der 1990er Jahre wird er erfolgreich gegen schwer zu behandelnde Krebserkrankungen des Knochenmarks wie das Multiple Myelom oder das Myelodysplastisches Syndrom (MDS) mit Verlust von Chromosom 5q eingesetzt.

Wie genau die immunomodulatorischen Arzneistoffe Thalidomid und sein Nachfolger Lenalidomid wirken, hat Dr. Jan Krönke bei einem dreijährigen Aufenthalt am Brigham and Women’s Hospital/Harvard Medical School und an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III erforscht. Ihre neuesten Erkenntnisse zur Wirkweise beim MDS haben die Wissenschaftler um Krönke und Professor Benjamin L. Ebert in der renommierten Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Anzeichen einer Anämie, Blutungen vom Zahnfleisch bis zum Magen-Darmtrakt sowie häufige Infektionen: Diese Symptome können auf das Myelodysplastische Syndrom hinweisen, aus dem sich schlimmstenfalls eine akute Leukämie entwickelt.

Der Arzneistoff Lenalidomid verbessert den Zustand vieler Patienten. Doch bis vor rund einem Jahr war die Wirkweise von Lenalidomid und seiner Analoga (Thalidomid, Pomalidomid) völlig unbekannt: Jan Krönke und seine Forscherkollegen konnten 2014 nachweisen, dass der Wirkstoff an die so genannte Cereblon Ubiquitin-Ligase bindet – dabei handelt es sich um die „Protein-Müllabfuhr“ der Zelle. So werden die Eiweiße Ikaros und Aiolos, von denen beispielsweise die Krebszellen des Multiplen Myeloms abhängen, gezielt abgebaut.

Aber wie wirkt das Medikament beim Myelodysplastisches Syndrom, bei dem nur eine Kopie des Chromosoms 5q vorhanden ist? Mit Proteinanalysen, molekularbiologischen Untersuchungen und im Mausmodell haben die Forscher nach weiteren Substraten der Cereoblon Ubiquitin Ligase gesucht, die durch Lenalidomid reguliert werden.

Das Ergebnis: Der Arzneistoff bewirkt die gezielte Markierung und den Abbau des Proteins Casein Kinase 1A (CK1A) über die Cereblon Ubiquitin Ligase.  

Da das CK1A-Gen auf dem verlorenen Chromosom 5q liegt, verfügen die MDS-Zellen ohnehin über geringe Mengen des fraglichen Proteins und sind somit besonders empfindlich gegenüber Lenalidomid.

„Demnach nutzt Lenalidomid gezielt den Verlust eines Gens in den Krebszellen aus, um diese zu töten“, erklärt der Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter Krönke.

Die Gruppe konnte zudem nachweisen, dass ausschließlich Lenalidomid – und nicht die Analoga – den gewünschten Effekt bei der Knochenmarkserkrankung hat. Dies ist bedeutend für die Entwicklung neuer, ähnlich wirkender Medikamente, die gezielt krankheitsrelevante Proteine abbauen. Denn offenbar verändern kleinste chemische Modifikationen die Wirkung des Ausgangs-Arzneistoffs Thalidomid.

Im Zuge ihrer Untersuchungen hat die deutsch-amerikanische Forschergruppe erstmals Experimente mit Lenalidomid in Mauszellen durchgeführt. Zuvor war dies unmöglich, da Mäuse natürlicherweise resistent gegenüber den Wirkungen von Thalidomid/Lenalidomid sind. So hatten auch Tests an Nagern in den 50-er Jahren keine Hinweise auf die fatalen Nebenwirkungen von Contergan ergeben. Durch genetische Veränderungen am Zielprotein Cereblon gelang es nun, die Mauszellen gegenüber Lenalidomid zu sensitivieren, was künftig weitere Untersuchungen im Mausmodell ermöglicht.

Insgesamt konnten die Autoren, darunter auch der Ulmer Heisenberg-Professor Lars Bullinger (ebenfalls Universitätsklinik für Innere Medizin III), erstmals den Wirkmechanismus des Thalidomid-Analogons Lenalidomid bei der Knochenmarkserkrankung MDS zeigen. Außerdem haben sie einen Weg gefunden, diese Substanzen erstmals in Mauszellen zu untersuchen. Ihre Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über das Emmy Noether-Programm von Jan Krönke und den Sonderforschungsbereich 1074 „Experimentelle Modelle und klinische Translation bei Leukämien“ gefördert. Weiterhin unterstützte das Else Kröner Fresenius Kolleg Ulm und es bestand eine Kooperation mit der Firma Celgene, Hersteller von Thalidomid und Lenalidomid.

Jan Krönke, Emma C. Fink, Paul W. Hollenbach, Kyle J. MacBeth, Slater N. Hurst, Namrata D. Udeshi, Philip P. Chamberlain, D. R. Mani, Hon Wah Man, Anita K. Gandhi, Tanya Svinkina, Rebekka K. Schneider, Marie McConkey, Marcus Jära, Elizabeth Griffiths, Meir Wetzler, Lars Bullinger, Brian E. Cathers, Steven A. Carr, Rajesh Chopra & Benjamin L. Ebert. Lenalidomide induces ubiquitination and degradation of CK1a in del(5q) MDS. Nature. doi:10.1038/nature14610

Medizin am Abend DirektKontakt

Dr. Jan Krönke: jan.kroenke@uni-ulm.de

Helmholtzstraße 16
89081 Ulm
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Telefon: 0731-50 22121
E-Mail-Adresse: annika.bingmann@uni-ulm.de


Marieke Behnel
E-Mail-Adresse: marieke.behnel@uni-ulm.de


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Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte
http://www.nature.com/nature/journal/v523/n7559/full/nature14610.html