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Dr. Lisa Strobelt: PD Dr. Fabian Volk: Fazialisparese und Mundgesundheit bei halbseitiger Gesichtslähmung

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt:  MaAB-Fazit: Fazialisparese: Auch Mundgesundheit betroffen

Halbseitige Gesichtslähmungen wirken sich auch auf den Gesundheitszustand von Zähnen und Zahnfleisch aus. 

Eine Fallkontrollstudie des Universitätsklinikum Jena zeigte, dass die Mundgesundheit von Patientinnen und Patienten im Vergleich zu Gesunden vermindert ist. 

Auch im Seitenvergleich schnitt die gelähmte Gesichtshälfte schlechter ab als die nicht betroffene Seite. 

Das Autorenteam der in PLOS ONE veröffentlichten Studie empfiehlt deshalb die Ergänzung der Behandlung um zahnmedizinische Kontrollen. 

Eine Fallkontrollstudie des Universitätsklinikum Jena zeigte, dass die Mundgesundheit von Patientinnen und Patienten mit Fazialisparese im Vergleich zu Gesunden vermindert ist.

Eine Fallkontrollstudie des Universitätsklinikum Jena zeigte, dass die Mundgesundheit von Patientinnen und Patienten mit Fazialisparese im Vergleich zu Gesunden vermindert ist. Astrid Wetzel/UKJ Universitätsklinikum Jena

  • Die meisten Betroffenen fühlen sich schwer beeinträchtigt, wenn durch eine Erkrankung des Gesichtsnervs die Muskulatur im Gesicht unbeweglich wird. 
  • Das Sprechen fällt schwer, die Mimik ist eingeschränkt, Essen und Trinken bereiten Probleme. 

Das führt dazu, dass die oft auf eine Gesichtshälfte beschränkte Lähmung, die als Fazialisparese bezeichnet wird, auch als psychisch sehr belastend empfunden wird und sich Patientinnen und Patienten sozial zurückziehen.  

  • Wegen der Komplexität der Erkrankung, die zum Beispiel nach Operationen oder Infektionen auftreten kann und in einem Drittel der Fälle nicht vollständig abklingt, kümmert sich im Fazialis-Nerv-Zentrum am Universitätsklinikum Jena ein interdisziplinäres Team um die Betroffenen.

Ein wichtiger Aspekt dieser Behandlung ist die Vermeidung von Folgeschäden. 

  • Dazu zählt zum Beispiel eine regelmäßige augenärztliche Kontrolle, weil auf der gelähmten Seite Lidschluss und Tränenproduktion beeinträchtigt sein können.

 „Es wird auch beobachtet, dass die Patienten Probleme mit der Mundhygiene und daraus resultierend mit der Zahn-und Mundgesundheit haben“, so Lisa Strobelt, „dazu gab es aber unseres Wissens noch keine systematischen Analysen.“ Die inzwischen approbierte Zahnärztin machte deshalb eine Untersuchung der Mundgesundheit von Patientinnen und Patienten mit Fazialisparese zum Thema ihrer Doktorarbeit.

Insgesamt 86 Personen nahmen an der Studie teil, die Hälfte mit einer Fazialisparese, die andere mit gesunder Gesichtsmuskulatur. Lisa Strobelt bestimmte bei allen mehrere zahnmedizinische Indizes, um die Mundgesundheit einschätzen und vergleichen zu können. 

  • Sie untersuchte, wie fest die Zähne sitzen, wieviel Zahnbelag und Zahnstein vorhanden ist, ob Zähne kariös sind und wie viele Füllungen sie aufweisen, wie tief die Zahnfleischtaschen sind und ob das Zahnfleisch zu Blutungen neigt. 

In der Paresegruppe erhob sie diese Werte sowohl für die gelähmte als auch für die andere Gesichtshälfte. Außerdem beantworteten die Studienteilnehmer Fragen zu ihrer Zahnhygiene und der Einschätzung der eigenen Mundgesundheit.

Das Ergebnis: 

  • In der Studiengruppe mit Fazialisparese traten deutlich häufiger Zahnbelag, Zahnfleischbluten und unbehandelte Karies auf als in der Kontrollgruppe. 
  • Zahnstein und Zahnlockerungen waren jeweils etwa gleich häufig. 
  • Der Vergleich der Gesichtsseiten in der Paresegruppe zeigte, dass die gelähmte Seite weitaus mehr von Zahnbelag, Zahnfleischbluten und -taschen, von Parodontitis und daraus folgend von einem Abbau des Zahnhalteapparates betroffen war als die gesunde Seite. 

Dieser Seitenunterschied war bei Männern deutlicher als bei Frauen. 

Es spielte auch eine Rolle, welche Seite gelähmt ist und mit welcher Hand die Zahnbürste geführt wird: Bei Rechtshändern mit einer linksseitigen Parese fiel der Seitenunterschied geringer aus. Dieser Effekt war jedoch nicht signifikant.

Die Einschätzungen der Studiengruppen zu ihrer Mundhygiene ergänzen diese Befunde. Über die Hälfte der Paresegruppe behielt mit Einsetzen der Lähmung die Zahnputzgewohnheiten bei, ein Teil wechselte wegen der veränderten Empfindlichkeit von der elektrischen auf eine Handzahnbürste. 

  • Die mangelnde Beweglichkeit und Lippenschluss führten dazu, dass manche Patienten Zahnseide und Mundspülung seltener einsetzten. 
  • Die Mehrzahl der Paresebetroffenen berichtete von häufigen Bissen in die Wange, Speiseresten in der Wangentasche und Speichelfluss im Mundwinkel auf der gelähmten Seite. Zahnarztbesuche waren seltener als in der Kontrollgruppe.

„Mit unserer systematischen Untersuchung konnten wir detailliert belegen, dass eine Fazialisparese durch die veränderte Motorik und Speichelproduktion die Mundgesundheit deutlich beeinträchtigt“, fasst Lisa Strobelt, zusammen, „deshalb ist es wichtig, dass die Betroffenen ihre Mundhygiene nicht vernachlässigen.“ 

„Das ist eine wichtige Ergänzung für unser Behandlungskonzept. 

Wir weisen unsere Patientinnen und Patienten jetzt auf dieses vorher kaum bekannte erhöhte Risiko für ihre Zähne hin und raten, zahnärztliche Kontrollen, aber auch das vor der Fazialisparese gewohnte Zähneputzen nicht aufgrund der Lähmung zu vernachlässigen“, ergänzt PD Dr. Fabian Volk, der Leiter des Jenaer Fazialis-Nerv-Zentrums.

Der HNO-Arzt betreute das Projekt gemeinsam mit der Zahnärztin PD Dr. Ina Schüler, die die Sektion Präventive Zahnheilkunde am Uniklinikum Jena leitet. 

Sie betont die Interdisziplinarität der Studie: 

„Sie zeigt, wie wichtig es ist, dass sowohl die Zahnmediziner den gesamten Menschen als auch die Humanmediziner die Mundhöhle im Blick haben und die möglichen Auswirkungen von Erkrankungen auf die Mundgesundheit berücksichtigen können.“ 

Dieser Aspekt gewinnt auch im Zahnmedizinstudium an Bedeutung.

Lisa Strobelt, die inzwischen ihr Studium abgeschlossen hat und als Zahnärztin arbeitet, hat in einem Flyer für Patientinnen und Patienten mit Gesichtslähmung hilfreiche Tipps für tägliche Mundpflege zusammengestellt. 

Sie schreibt an ihrer Doktorarbeit, die sie 2023 einreichen möchte.

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Lisa Strobelt
Fazialis-Nerv-Zentrum, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde; Universitätsklinikum Jena
lisa.strobelt@gmx.de

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07747 Jena
Deutschland
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Dr. Uta von der Gönna
Telefon: 03641/ 9391108
Fax: 03641/ 9391102
E-Mail-Adresse: pr-dekanat@med.uni-jena.de
Originalpublikation:

Strobelt L, Kuttenreich AM, Volk GF, Beurskens C, Lehmann T, Schüler IM. Oral health and oral health-related quality of life in patients with chronic peripheral facial nerve palsy with synkineses-A case-control-study. PLoS One. 2022 Nov 17;17(11):e0276152. doi: 10.1371/journal.pone. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36395343/


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

https://www.uniklinikum-jena.de/fazialis/ Homepage des Fazialis-Nerv-Zentrums am Uniklinikum Jena


 

Prof. Dimitrios Karampinos: Die Adipozytenhypertrophie: Morphologie und Komposition des Fettgewebes bestimmen

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Warum bekommen übergewichtige Menschen häufiger Erkrankungen?

Nimmt man zu, wachsen die Fettzellen mit. 

Bei starkem Übergewicht sind die Zellen meist stark vergrößert. 

  • Forschende der Technischen Universität München (TUM) konnten nun zeigen, wie vergrößerte Fettzellen Stoffwechselerkrankungen verursachen können. 

Zudem haben sie Untersuchungsmethoden entwickelt, um die Fettzellgröße des Menschen nicht-invasiv zu bestimmen.

  • Ursachen für starkes Übergewicht können eine genetische Veranlagung, ein ungesundes Essverhalten, Bewegungsmangel, ein langsamer Stoffwechsel, psychische Erkrankungen oder die Einnahme von bestimmten Medikamenten sein. 
  • Menschen mit Adipositas leiden oft nicht nur unter Stigmatisierung durch die Gesellschaft, sondern auch unter eingeschränkter Lebensqualität und einem höheren Risiko für Folgeerkrankungen. 

So steigt zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedene Krebsleiden.

Doch warum bekommen Menschen, wenn sie zunehmen, häufiger Erkrankungen? 

Dieser Frage gingen Dr. Julius Honecker und Prof. Hans Hauner vom Lehrstuhl für Ernährungsmedizin nach. Unterstützt wurden sie durch die Body Magnetic Resonance Group um Prof. Dimitrios Karampinos von der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie am Klinikum rechts der Isar und durch die Gruppe von Prof. Melina Claussnitzer, Mitglied am Broad Institute of MIT and Harvard und Professorin am Massachusetts General Hospital und an der Harvard Medical School.

Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und vielen Krankheiten ist zwar schon lange bekannt, doch wissen wir wenig, welche Bedeutung dabei die Fettzellgröße spielt. Das Team konnte jetzt zeigen, dass die Genexpression - also wie stark welche genetische Information zum Tragen kommt - im Fettgewebe mit der Fettzellgröße assoziiert ist. Veränderungen in der Genexpression bei vergrößerten Fettzellen dürften für das Entstehen von metabolischen Erkrankungen mitverantwortlich sein.

„Große Fettzellen haben einen deutlich veränderten Stoffwechsel und begünstigen unter anderem das Entstehen von Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagt Prof. Hans Hauner. „Das ist ein wichtiger Beleg, dass sich die Fettzellen in Abhängigkeit von ihrer Größe erheblich in ihrer Funktion unterscheiden.“

Die Zellen wandeln sich von energieverbrauchend zu energiespeichernd

Um herauszufinden, wie die gesamte Genexpression von der Größe der Fettzellen abhängt, teilte das Team die Adipozyten – große, rundliche Fettzellen – nach ihrer Größe ein und sequenzierte ihre RNA. Das Ergebnis war eindeutig: 

„Die Adipozytenhypertrophie äußert sich in der veränderten Expression von Genen, die an der mitochondrialen Funktion und dem Fettsäurestoffwechsel beteiligt sind“, erklärt Dr. Julius Honecker. 

Detaillierte Analysen zeigen, dass sich das Transkriptom – also die Summe aller RNA-Moleküle in einer Zelle – von energieverbrauchend zu energiespeichernd und zu entzündungsfördernd gewandelt hatte. 

  • Die Zellen von stark Übergewichtigen speichern bevorzugt Energie und fördern Entzündungen, was die genannten Krankheiten begünstigt.


Verbesserte Untersuchungsmethoden ohne OP

Um die Fettzellgröße von Patient:innen in Zukunft besser und ohne Biopsie untersuchen zu können, entwickelten und verfeinerten Dr. Stefan Ruschke und Prof. Karampinos eine nicht-invasive Magnetresonanz-Spektroskopie-Methode. 

  • Damit gelang auch eine robuste Analyse der Fettsäurezusammensetzung im Fettgewebe und es wurde erstmals ein Konzept einer virtuellen Fettgewebsbiopsie etabliert, ohne dass Fettgewebe durch einen kleinen Eingriff entnommen werden muss.

Durch diese verbesserten Untersuchungsmethoden, mit denen man die Morphologie und Komposition des Fettgewebes bestimmen kann, könnte man in Zukunft metabolische Erkrankungen besser und früher diagnostizieren. 

Und das ganz ohne Gewebeentnahme, sondern lediglich virtuell.

 „In der aktuellen Studie war es uns wichtig, bessere Methoden zu etablieren, um gleichzeitig die Fettzellgröße und die Fettsäurezusammensetzung im Körper zu messen“, sagt Prof. Karampinos. 

"Damit bieten sich völlig neue Perspektiven, um in Zukunft die Risiken, die im Fettgewebe schlummern, schnell und risikolos erfassen zu können.“

Mehr Informationen:

Unterstützt wurde die Arbeit durch die Else Körner-Fresenius-Stiftung (EKFS), das Kompetenznetzwerk Adipositas und den European Research Council.

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Prof. Dr. Hans Hauner
Technische Universität München
Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin
Lehrstuhl für Klinische Ernährungsmedizin
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Ulrich Meyer
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E-Mail-Adresse: ulrich.meyer@tum.de


Originalpublikation:

Julius Honecker, Stefan Ruschke, Claudine Seeliger, Samantha Laber, Sophie Strobel, Priska Proll, Christoffer Nellaker, Cecilia M. Lindgren, Ulrich Kulozik, Josef Ecker, Dimitrios C. Karampinos, Melina Claussnitzer, and Hans Hauner (2022): Transcriptome and fatty-acid signatures of adipocyte hypertrophy and its non-invasive MR-based characterization in human adipose tissue. EBioMedicine. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2022.104020


 

Prof. Dr. med. Lars Kellert: ESUS - Embolische Schlaganfälle unbestimmter Ursache + Unterkanntes Vorhofflimmern - „Rhythm Irregularity Burden“ auf Stroke Uninit

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Vorhofflimmern ist eine wichtige Ursache für den sogenannten embolischen Schlaganfall unbestimmter Ursache

Neue Studie des LMU Klinikums München zeigt, dass Herzrhythmusüberwachung bei Schlaganfall-Patient:innen wichtig für eine effektive Sekundärprävention sein kann

  • Embolische Schlaganfälle unbestimmter Ursache (ESUS) machen bis zu 20 Prozent aller Schlaganfälle aus. 
  • Unerkanntes Vorhofflimmern – eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen – gilt als eine wichtige Ursache.  

Allerdings fehlten bisher etablierte Ansätze, um die ESUS-Patient:innen zu identifizieren, die von einem intensiveren Vorhofflimmern-Screening und einer darauf abgestimmten sekundären Schlaganfallprävention profitieren. 

Eine gemeinsame Studie der Kliniken für Kardiologie und Neurologie am LMU Klinikum, die in der Fachzeitschrift Annals of Neurology veröffentlicht wurde, zeigt nun, wie durch eine nicht-invasive, EKG-basierte Risikobewertung ESUS-Patient:innen mit einem hohen Risiko für Vorhofflimmern erkannt werden können. Prof. Dr. Lars Kellert und PD Dr. Moritz Sinner, Oberärzte an der Neurologischen Klinik und der Kardiologischen Klinik des LMU Klinikums, geben einen Einblick in die Studie:

Welche Frage wurde in dieser Studie behandelt?
Prof. Dr. Lars Kellert: Wir haben untersucht, wie wir ESUS-Patient:innen erkennen können, die ein besonders hohes Risiko dafür haben, dass ihr Schlaganfall durch Vorhofflimmern ausgelöst wurde.

Was trägt Ihre Studie zum bestehenden Wissen bei?

Prof. Dr. Lars Kellert: In dieser Beobachtungsstudie haben wir knapp 300 Patient:innen analysiert, die einen embolischen Schlaganfall ungeklärter Ursache hatten und zwischen 2018 und 2019 am LMU Klinikum behandelt wurden. Dabei spielt der sogenannte „Rhythm Irregularity Burden“ eine wichtige Rolle, der die Unregelmäßigkeit des Herzschlags erfasst

Diesen können wir in unserer automatisierten Herzrhythmusüberwachung in der Stroke-Unit im LMU Klinikum in Großhadern beobachten. Anhand des „Rhythm Irregularity Burden“ können wir sehr genau zwischen Patient:innen mit sehr hohem und sehr niedrigem Risiko für Vorhofflimmern unterscheiden.

  • Meldet das System ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern, dann können wir tatsächlich im Verlauf der nächsten 15 Monate bei etwa 25 Prozent dieser Patient:innen auch Vorhofflimmern nachweisen. 

Unser Ergebnis konnten wir in einer unabhängigen Gruppe von ESUS-Patient:innen der Universitätsklinik Tübingen bestätigen.

Wie könnte sich dies auf die Praxis der Neurologie und Kardiologie auswirken?
PD Dr. Moritz Sinner: 

Auf Basis unserer individuellen Risikobewertung für Vorhofflimmern bei ESUS-Patient:innen können wir beispielsweise entscheiden, ob wir bereits auf der Schlaganfallstation intensiv mit Blick auf Herzrhythmusstörungen überwachen müssen. 

  • Auch in der ambulanten kardiologischen Nachsorge können wir aufgrund der neuen Risikoeinschätzung ein individuelles Konzept für die Herzrhythmusüberwachung erarbeiten. 
  • Bei einigen Patient:innen kann zum Beispiel ein intensiveres Monitoring mit wiederholten Langzeit-EKGs oder sogar implantierbaren Ereignisrekordern erforderlich sein, während dies bei Patient:innen mit niedrigem Risiko nicht erforderlich erscheint. 

Ein großer Vorteil unseres neuen EKG-basierten Risiko-Scores liegt darin, dass er nicht-invasiv ist und wir ihn damit besonders einfach bei allen Schlaganfall-Patient:innen anwenden können. 

Denn wenn Vorhofflimmern erkannt wird, können wir unsere ESUS-Patient:innen durch entsprechende Medikamente effektiv vor einem erneuten Schlaganfall schützen.

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Prof. Dr. med. Lars Kellert
Neurologische Klinik und Poliklinik
LMU Klinikum München
Tel: +49 89 4400-76676
E-Mail: Lars.Kellert@med.uni-muenchen.de

PD Dr. med. Moritz Sinner, MPH
Leitung Rhythmologie, Standort Großhadern
Medizinische Klinik und Poliklinik I
LMU Klinikum München
Tel: +49 89 4400-76159
E-Mail: Moritz.Sinner@med.uni-muenchen.de

Philipp Kressirer Klinikum der Universität München

Pettenkoferstraße 8a
80336 München
Deutschland
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Telefon: 089 / 4400 - 58070
Fax: 089 / 4400 - 58072
E-Mail-Adresse: philipp.kressirer@med.uni-muenchen.de
Originalpublikation:

Atrial Fibrillation Risk Assessment after Embolic Stroke of Undetermined Source
Aenne S von Falkenhausen, Katharina Feil, Moritz F Sinner, Sonja Schönecker, Johanna Müller, Johannes Wischmann, Elodie Eiffener, Sebastian Clauss, Sven Poli, Khouloud Poli, Christine S Zuern, Ulf Ziemann, Jörg Berrouschot, Alkisti Kitsiou, Wolf-Rüdiger Schäbitz, Marianne Dieterich, Steffen Massberg, Stefan Kääb, Lars Kellert
Annals of Neurology. 2022 Nov 13.
DOI: https://doi.org/10.1002/ana.26545


Dr. Roman Lang Joseph Krpelan: 168 Liter Kaffeekonsum pro Jahr - Glucuronsäure-Konjugaten - BioMarker

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neue Biomarker für den Kaffeekonsum

Auf der Suche nach neuen Biomarkern für Ernährungs- und Gesundheitsstudien, hat ein Forschungsteam vom Leibniz-Institut für Lebensmittel- Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) drei Stoffwechselprodukte identifiziert und strukturell charakterisiert, die als spezifische Marker für den individuellen Kaffeekonsum in Frage kämen. 

  • Es handelt sich um Abbauprodukte einer Substanzgruppe, die bei der Kaffeeröstung in größeren Mengen entsteht, sonst aber nur selten in anderen Nahrungsmitteln vorkommt. 

Dies und die Tatsache, dass sich die potenziellen Biomarker bereits in sehr geringen Urinmengen nachweisen lassen, machen sie für künftige Humanstudien interessant.

  • Mit rund 168 Litern pro Jahr und Person ist Kaffee laut Statista das mit Abstand beliebteste Heißgetränk Deutschlands. 

Dabei ist es nicht nur ein Genussmittel, sondern weist auch gesundheitlich positive Eigenschaften auf. 

So sprechen zahlreiche Beobachtungsstudien dafür, dass ein moderater Kaffeekonsum mit einem verminderten Risiko für Alterszucker oder Lebererkrankungen assoziiert ist.

Biomarker statt Selbstauskunft

Hinsichtlich der getrunkenen Kaffeemengen sind solche Beobachtungsstudien jedoch auf die Selbstauskünfte der Teilnehmenden angewiesen, die schwer zu überprüfen sind. „Ergänzende Untersuchungen wären daher wünschenswert, bei denen sich der Kaffeekonsum objektiv anhand von Biomarkern überprüfen ließe, um den Gesundheitswert von Kaffee noch verlässlicher bestimmen zu können“, sagt Roman Lang, der am LSB die Arbeitsgruppe Biosystems Chemistry & Human Metabolism leitet.

Obwohl frühere Studien bereits auf Biomarker-Kandidaten hingewiesen hatten, waren die Forschungsarbeiten hierzu jahrelang ins Stocken geraten. Bei den ehemals nachgewiesenen Substanzen handelte es sich um Stoffwechsel-Zwischen- oder Abbauprodukte (Metaboliten) verschiedener Kaffeeinhaltsstoffe, deren Urin-Konzentrationen stark mit der Höhe des Kaffeekonsums korrelierte. Den Forschenden war es damals jedoch nicht gelungen, die molekulare Struktur der Metaboliten eindeutig zu identifizieren.

Einsatz analytischer Hochleistungstechnologien

Daher untersuchte das Team um Roman Lang im Rahmen einer Pilotstudie die Urinproben von sechs Personen, nachdem sie drei Stunden zuvor 400 ml Kaffee konsumiert hatten. Mit Hilfe analytischer Hochleistungstechnologien sowie unter Zuhilfenahme selbst hergestellter Referenzsubstanzen ist es dem Team gelungen, drei infrage kommende Biomarker-Kandidaten im Urin zu identifizieren und erstmals deren chemische Struktur eindeutig zu bestimmen. 

  • Bei diesen handelt es sich um ein Glucuronsäure-Konjugat von Atractyligenin, dessen Glykoside in relativ hohen Konzentrationen in Kaffeegetränken enthalten sind, sowie zwei Glucuronsäure-Derivate eines Atractyligenin-Oxidationsproduktes.


„Unsere Erkenntnisse tragen dazu bei, die Biomarkerforschung voranzubringen“, sagt Roman Lang. 

Es müssten nun Dosis-Wirkungs-Studien, Studien zur Pharmakokinetik sowie Humanstudien mit deutlich größeren Probandenzahlen folgen, um die Biomarker-Tauglichkeit der identifizierten Substanzen zu prüfen, so der Wissenschaftler weiter. Veronika Somoza, Direktorin des Freisinger Leibniz-Instituts ergänzt: „Lebensmittelspezifische Biomarker sind wichtige Werkzeuge, um die gesundheitlichen Wirkungen von Nahrungsmitteln zu erforschen. Daher ist ein Teil unserer wissenschaftlichen Arbeiten am LSB auch auf die Suche nach Biomarkern für den Lebensmittelkonsum ausgerichtet.“

Publikation: Lang, R., Beusch, A., and Dirndorfer, S. (2022). Metabolites of dietary atractyligenin glucoside in coffee drinkers' urine. Food Chemistry, 135026. 10.1016/j.foodchem.2022.135026. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0308814622029880

Hintergrundinformation:

Funktion von Glucuronsäure-Konjugaten

Im menschlichen Stoffwechsel dient Glucuronsäure insbesondere der sogenannten „Entgiftung“ von unpolaren Substanzen. 

Zu letzteren zählen zum Beispiel aufgenommene Arznei- oder Pflanzenstoffe, aber auch körpereigene Steroidhormone. 

Der Körper wandelt die Stoffe in der Leber durch die Bindung an Glucuronsäure zu Glucuroniden um. 

 Diese Glucuronsäure-Konjugate sind deutlich wasserlöslicher als die Ursprungsstoffe und lassen sich so leicht über die Nieren mit dem Urin ausscheiden.

https://www.leibniz-lsb.de

Informationen zum Institut:

Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) besitzt ein einzigartiges Forschungsprofil an der Schnittstelle zwischen Lebensmittelchemie & Biologie, Chemosensoren & Technologie sowie Bioinformatik & Maschinelles Lernen. Weit über die bisherige Kerndisziplin der klassischen Lebensmittelchemie hinausgewachsen, leitet das Institut die Entwicklung einer Systembiologie der Lebensmittel ein. Sein Ziel ist es, neue Ansätze für die nachhaltige Produktion ausreichender Mengen an Lebensmitteln zu entwickeln, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und nutritiven Bedürfnissen, aber auch den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind. Hierzu erforscht es die komplexen Netzwerke sensorisch relevanter Lebensmittelinhaltsstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit dem Fokus, deren physiologische Wirkungen systemisch verständlich und langfristig vorhersagbar zu machen.

Das Leibniz-Institut ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 97 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

Dr. Roman Lang
Dr. Roman Lang Joseph Krpelan Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München (LSB)

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Dr. Roman Lang
Leiter der Arbeitsgruppe Biosystems Chemistry & Human Metabolism
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an der Technischen Universität München (LSB)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
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E-Mail: r.lang.leibniz-lsb@tum.de

Dr. Gisela Olias Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie

Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
Deutschland
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Telefon: 08161 71-2980
E-Mail-Adresse: g.olias.leibniz-lsb@tum.de

 Originalpublikation:

Lang, R., Beusch, A., and Dirndorfer, S. (2022). Metabolites of dietary atractyligenin glucoside in coffee drinkers' urine. Food Chemistry, 135026. 10.1016/j.foodchem.2022.135026. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0308814622029880


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

https://de.statista.com/themen/171/kaffee/#topicHeader__wrapper Kaffee: Konsum und Anbau – Statistiken und Daten

https://www.leibniz-lsb.de Website des LSB


 

 Professor Dr. Arndt Vogel: BTC - Biläre Karzinome - Krebserkrankung der Gallengänge und Gallenblase

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Fortschritte im Kampf gegen Gallengang- und Gallenblasenkrebs

Internationales Expertenkomitee um Professor Arndt Vogel aktualisiert ESMO-Behandlungsleitlinien für biliäre Karzinome 

Professor Dr. Arndt Vogel hat in einer Grafik die genetischen Veränderungen von Gallenwegkrebs dargestellt, für die heute schon zielgerichtete Therapien zur Verfügung stehen.

 Professor Dr. Arndt Vogel hat in einer Grafik die genetischen Veränderungen von Gallenwegkrebs dargestellt, für die heute schon zielgerichtete Therapien zur Verfügung stehen. Foto: Maike Isfort /MHH

  • Biliäre Karzinome (engl. „biliary tract cancer“, BTC) betreffen Krebserkrankungen der Gallengänge und Gallenblase. 

BCT sind selten und machen weniger als ein Prozent der bösartigen Neubildungen beim Menschen aus. 

Insgesamt haben BCT eine schlechte Prognose. 

Fünf Jahre nach der Diagnose leben nur noch 10 bis 20 Prozent der Betroffenen. 

Hoffnung machen jedoch Fortschritte in der Medizin und Forschung, die zur Aktualisierung der Behandlungsleitlinien der European Society for Medical Oncology (ESMO) geführt haben. Die Leitlinien wurden nun in der Fachzeitschrift Annals of Oncology veröffentlicht.

Gastroenterologe Professor Dr. Arndt Vogel der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und Mitglied des ESMO-Lenkungsausschusses hat maßgeblich an der Aktualisierung mitgewirkt: „Aus systemischer Sicht gibt es drei bedeutende Änderungen, die alle Ebenen der Behandlung betreffen. Wir können erstmals klare Empfehlungen für adjuvante Therapien geben. 

  • In der Erstlinienbehandlung setzt sich die Immuntherapie durch, und in der Zweitlinie bestehen mittlerweile zugelassene Optionen für die zielgerichteten Therapien mit der Empfehlung, sehr frühzeitig die molekulare Testung zu machen.“


Erstmals Empfehlungen für adjuvante Therapie

„Eine Chance auf Heilung besteht derzeit nur bei einer Operation im Frühstadium, wobei leider viele Patienten bei Erstdiagnose nicht operabel sind“, erklärt Professor Vogel, der als leitender Oberarzt in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie tätig ist. 

Trotz radikaler Resektion bestünde zudem ein hohes Rückfallrisiko der Krebserkrankung. 

  • Um nach einer Operation mögliche, aber bisher noch nicht nachweisbare Tumorabsiedlungen unterstützend zu bekämpfen, sei zunehmend ergänzende Behandlungsmaßnahmen, sogenannte adjuvante Therapiekonzepte, diskutiert worden.

 „Lange Zeit gab es keine klaren Empfehlungen für adjuvante Therapien nach Operation biliärer Tumoren

Nun haben wir dank der BILCAP-Studie eine Empfehlung für eine postoperative Chemotherapie mit dem Zellwachstum hemmenden Arzneistoff Capecitabin, wodurch das Gesamtüberleben der Patientinnen und Patienten verbessert wird.“

Immuntherapie in der Erstlinienbehandlung


„Weiterhin können wir auf eine positive Studienlage zur Immuntherapie beim Gallengangskrebs blicken“, sagt Vogel. 

Bei einer Immuntherapie wird die körpereigene Immunabwehr gezielt aktiviert, um Krebszellen aufzuspüren und anzugreifen. 

Zum Einsatz kommen verschiedene Methoden wie beispielsweise Immuncheckpoint-Inhibitoren. „Die TOPAZ-1-Studie zeigt hier Verbesserungen beim Gesamtüberleben durch das Hinzufügen des Immuncheckpoint-Inhibitors Durvalumab zu den zwei Chemotherapeutika Cisplatin-Gemcitabin. 

  • Bei fortgeschrittenen biliären Karzinomen sollte damit Cisplatin-Gemcitabin-Durvalumab für die Erstlinienbehandlung in Betracht gezogen werden. 

Zudem wird eine Immuntherapie mit Pembrolizumab bei Patienten mit nachgewiesener Mikrosatelitten-Instabilität (MSI) basierend auf der einarmigen KEYNOTE-158 Studie empfohlen.“ 

Für beide Therapien gibt es bereits eine Empfehlung der Europäischen Zulassungsbehörde EMA (European Medicines Agency).

Durchbruch in der molekularen Sequenzierung

Die Suche nach genetischen Veränderungen mithilfe molekularer Sequenzierung hat in der Vergangenheit zu bedeutenden Erfolgen bei der Behandlung von Krebs geführt. 

„In den vergangenen fünf Jahren sind wir hier auch bei den biliären Tumoren im Durchbruch“, betont Vogel. 

„Fast 40 Prozent der Patienten mit Gallenwegstumoren weisen genetische Veränderungen auf, die potenzielle Ziele für die Präzisionsmedizin darstellen und für die wir heute zielgerichtete Therapien haben.“ 

Den Empfehlungen des ESMO-Expertenkomitees zufolge sollen diese Patienten frühzeitig, noch vor oder während der Erstlinientherapie, eine umfassende genetisch Analyse bekommen und mit den bereits zugelassenen Medikamenten der Food and Drug Administration (FDA) und der EMA behandelt werden. 

Hierzu zählt beispielsweise Pemigatinib bei Patienten mit sogenannten FGFR2 Fusionen. 

FGFR2 ist ein Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2. Bei Gallenwegstumoren ist FGFR2 aufgrund einer genetischen Fehlbildung mit anderen Genen sozusagen verschmolzen. 

Diese Fusionsumlagerungen führen zu einer dauerhaften Aktivierung von Signalwegen, die zum Tumorwachstum beitragen.

„Die zielgerichtete molekulare Sequenzierung ist ein ganz essenzieller Baustein“, betont Vogel. 

Wichtig sei, dass die Patientinnen und Patienten in einem Molekularen Tumorboard besprochen werden. Aufgabe eines solchen organübergreifenden, interdisziplinären Tumorboards ist es, Therapiemöglichkeiten für schwer an Krebs erkrankte Menschen nach Ausschöpfung der leitliniengerechten Behandlung aufzuzeigen. 

Das Molekulare Tumorboard ist das zentrale Instrument der Personalisierten Medizin und wird in spezialisierten Zentren wie dem Comprehensive Cancer Center der MHH angeboten. 

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Dr. Jörg Hammel: Die 600 bis 700 Lymphknoten

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wie Lymphknoten mit Blut versorgt werden

Droht eine Infektionskrankheit, läuft unser Immunsystem auf Hochtouren: 

Es setzt Antikörper, weiße Blutkörperchen und Fresszellen in Bewegung. 

Doch wie das funktioniert, ist noch nicht komplett verstanden – etwa bei den Lymphknoten, wichtigen Elementen des Immunsystems. 

So war bisher unklar, wie im Detail die Blutversorgung der Knoten aussieht. 

Dieses Rätsel hat nun ein Forschungsteam unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Hereon gelöst: 

Mit einem speziellen Röntgenverfahren gelangen 3D-Aufnahmen, die das Gefäßsystem der Knoten mit unerreichter Auflösung zeigen – und der gängigen Lehrbuchmeinung widersprechen. 

Das Team stellt seine Ergebnisse im Fachmagazin Frontiers in Immunology vor. 

Die Forscher können das System von Lymphknoten und deren Blutgefäßen nun besser verstehen. Bild: Paul Schütz Die Forscher können das System von Lymphknoten und deren Blutgefäßen nun besser verstehen. Bild: Paul Schütz

Wie Lymphknoten mit Blut versorgt werden

Jeder Mensch besitzt rund 600 bis 700 Lymphknoten. 

Sie sind über den ganzen Körper verteilt und messen zwischen 3 und 30 Millimeter. 

Für unsere Immunabwehr spielen diese Knoten eine wesentliche Rolle: 

Sie aktivieren weiße Blutkörperchen, die Lymphozyten, und enthalten zudem Makrophagen, also Fresszellen. 

 „Dennoch wissen wir längst nicht alles über diese wichtigen Teile des Immunsystems“, erklärt Dr. Jörg Hammel, Biologe am Institut für Werkstoffphysik, das an der Hereon-Außenstelle bei DESY in Hamburg beheimatet ist. „Unter anderem war noch nicht im Detail bekannt, wie das Blutgefäß-System aussieht, das die Knoten mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und das auch eine wichtige Funktion beim Beherbergen von Immunzellen in den Lymphknoten übernimmt.“

Die Arbeitsgruppe nutzte eine besondere Analysemethode – die Mikrotomographie. Vom Prinzip her funktioniert sie genauso wie ein CT-Scanner im Krankenhaus, der dreidimensionale Röntgenaufnahmen aus dem Körperinneren macht. Doch anders als beim Standardverfahren verwendete das Team keine konventionelle Röntgenröhre als Strahlungsquelle, sondern den hochintensiven und stark gebündelten Strahl aus dem Speicherring PETRA III des DESY. „Damit erreichen wir einen besseren Kontrast sowie eine höhere Bildauflösung“, erläutert Hammel. „Wir können deutlich detaillierter in eine Probe hineinschauen, als es im Krankenhaus möglich ist.“

Blutgefäße im Röntgenblick

Bei ihren Experimenten durchleuchteten die Fachleute die Lymphknoten gesunder Mäuse. Dabei verwendeten sie eine besondere Variante der Mikrotomographie, Phasenkontrast-Verfahren genannt. Hier passiert das Röntgenlicht, bevor es auf die Probe trifft, ein zweidimensionales Gitter. Dieses fungiert als eine Art Raster, das ein definiertes Beleuchtungsmuster erzeugt. Das Muster wird dann systematisch über die Probe bewegt. Gleichzeitig nehmen empfindliche Detektoren jene Strahlung auf, die durch die Probe hindurchtritt. Anschließend lässt sich per Computer rekonstruieren, wie die Probe im Einzelnen beschaffen ist. Besonders vorteilhaft: „Im Gegensatz zu den üblichen Methoden brauchen wir kein Kontrastmittel“, sagt Hammel. „Dadurch konnten wir die Lymphknoten für die Untersuchung nahezu in ihrem natürlichen Zustand belassen.“

Das Ergebnis sind beeindruckende 3D-Röntgenaufnahmen der Knoten. Auf ihnen ist das Geflecht der Blutgefäße bis auf knappe zwei Mikrometer genau zu erkennen. Bei der Auswertung stieß das Team auf eine Überraschung: Bislang hatte die Fachwelt angenommen, dass die Blutgefäße nur an einer einzigen Stelle in die Lymphknoten hinein- und hinaustreten – ähnlich wie eine Wand, in der es nur eine Steckdose gibt. Dagegen zeigen die neuen Aufnahmen, dass der Eintritt der Gefäße über einen deutlich größeren Bereich erfolgt. Die Wand besitzt mehrere Steckdosen, verteilt über eine gewisse Fläche – das bisherige Lehrbuchwissen dürfte damit widerlegt sein.

  • „Das erscheint insofern sinnvoll, als dass die Lymphknoten, wenn sie bei einer Infektion aktiv werden, um ein Mehrfaches ihres Ursprungsvolumens anschwellen“, beschreibt Jörg Hammel. 
  • „Indem die Gefäße an mehreren Stellen eintreten statt nur an einer, kann das Gefäßsystem der Lymphknoten effektiver und selektiver auf die Schwellung im aktivierten Zustand reagieren.“ 

Die Studie ist eine Gemeinschaftsarbeit der Arbeitsgruppe für interdisziplinäre neurobiologische Immunologie (INI-Research), einem Kooperationspartner der Universität Hamburg, des Helmholtz-Zentrums Hereon, der TU München, sowie der Universitäten Hamburg und Duisburg-Essen.

Weitere Untersuchungen geplant

Für die Zukunft verspricht die Methode einiges mehr: 

So könnten sich die Gefäße von Lymphknoten untersuchen lassen, die durch eine Infektion aktiviert sind und auf ein Mehrfaches ihrer Größe angeschwollen sind. 

„Die Knoten sind ja über den ganzen Körper verteilt“, sagt Hammel.

 „Und wir könnten nachschauen, wie die Lymphknoten an verschiedenen Körperstellen auf eine Infektion reagieren.“ 

Interessant wäre es auch, die Reaktion der Knoten auf eine Corona-Infektion zu analysieren. 

Schließlich ist mittlerweile bekannt, dass die Viren nicht nur die Lunge, sondern auch Blutgefäße in Mitleidenschaft ziehen. 

Und ebenfalls spannend könnte sein, ob sich womöglich geschlechterspezifische Unterschiede bei den Lymphknoten finden – ein derzeit hochaktuelles Forschungsthema.

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Dr. Jörg U. Hammel I Helmholtz-Zentrum Hereon I Institut für Werkstoffphysik I T: +49 40 (0)8998 5303 I joerg.hammel@hereon.de 

Dr. Torsten Fischer Helmholtz-Zentrum Hereon

Max-Planck-Straße 1
21502 Geesthacht
Deutschland
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Telefon: 04152 87-1677
Fax: 04152-87 1640

Originalpublikation:

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fimmu.2022.947961/full


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Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel: Stuhl- und Blutproben

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Multiple-Sklerose-Therapie beeinflusst die Darmflora positiv

Ein bestimmtes Medikament gegen MS verändert auch die Zusammensetzung der Darmflora auf positive Weise, berichten Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel. Zudem spielt umgekehrt die Darmflora eine Rolle dabei, welche Nebenwirkungen bei der Therapie auftreten.

Seit einigen Jahren häufen sich die Hinweise: 

  • Was dem Nervensystem bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) widerfährt, hängt mit der Mikrobengemeinschaft im Darm zusammen. 
  • Das Darmmikrobiom beeinflusst das Immunsystem und weist bei MS-Betroffenen eine Zusammensetzung auf, die sich von Gesunden unterscheidet.


Bisher kaum erforscht ist, wie sich MS-Therapien auf die Darmflora auswirken und welche Rolle deren Zusammensetzung bei Wirkung und Nebenwirkungen der Therapien spielt. 

Ein Forschungsteam der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel hat dies nun bei einer Gruppe von 20 MS-Betroffenen untersucht, deren Erkrankung mit Dimethylfumarat behandelt wird. Von ihren Ergebnissen berichtet das Team um Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel, Leitende Ärztin in der Neurologie und Forschungsgruppenleiterin, und Prof. Dr. Dr. Adrian Egli, der seit kurzem an der Universität Zürich forscht, im Fachjournal «Gut Microbes».

  • Das Medikament, das unter dem Namen Tecfidera auf dem Markt ist, verringert die Zahl der Krankheitsschübe bei MS, indem es in den Stoffwechsel bestimmter Immunzellen eingreift. 
  • Allerdings ist die Therapie mit Nebenwirkungen verbunden, darunter Hitzewallungen und Magen-Darm-Beschwerden, in vielen Fällen auch eine Lymphopenie, ein Mangel an Lymphozyten wie B- und T-Zellen im Blut. Dies kann selten zu schweren Komplikationen führen.


Mehr «gute» Bakterien

Für ihre Studie untersuchten die Forschenden Stuhl- und Blutproben der Teilnehmenden vor Beginn und während der ersten zwölf Monate der Therapie. 

Im Fokus stand die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft im Darm. Ausserdem bestimmten Pröbstel und ihr Team die Anzahl Lymphozyten im Blut, um Patientinnen und Patienten mit Lymphopenie als Nebenwirkung zu identifizieren.

Bereits nach den ersten drei Monaten der Therapie stellte das Forschungsteam eine Verschiebung im Darmmikrobiom fest: «Wir konnten zeigen, dass sich Darmbakterien bei Patientinnen und Patienten unter der Therapie wieder mehr hin zu der Zusammensetzung von Gesunden verändern», fasst Pröbstel die Ergebnisse zusammen. 

  • Die Behandlung mit Dimethylfumarat senkte den Anteil an entzündungsfördernden Bakterienarten, die mit MS in Zusammenhang gebracht werden, und förderte «gute» Bakterien.

Ausserdem konnten die Forschenden die Zusammensetzung des Darmmikrobioms mit dem Auftreten von Lymphopenie in Zusammenhang bringen: 

Das Vorhandensein des Bakterienstamms Akkermansia muciniphila in Kombination mit dem Fehlen des Bakterienstamms Prevotella copri entpuppte sich als Risikofaktor für diese Nebenwirkung. 

Womöglich komme P. copri also eine schützende Wirkung zu, vermuten die Studienautorinnen und –autoren.

Wechselspiel zwischen Therapie und Darmflora

«Unsere Daten deuten darauf hin, dass immunmodulatorische Therapien nicht nur auf Immunzellen wirken, sondern auch das Darmmikrobiom positiv beeinflussen», erklärt die Neurologin Pröbstel. 

Der Zusammenhang zwischen Darmbakterien und klinischen Nebenwirkungen der Therapie könnte Möglichkeiten eröffnen, frühzeitig Patientinnen und Patienten mit einem Risiko für eine Lymphopenie zu identifizieren. 

Mikrobiologe Egli ergänzt: «Dieses relativ neue Feld der Mikrobiologie erlaubt es vielleicht in Zukunft bei einer Vielzahl von Medikamenten die Wirkungen und Nebenwirkungen im Kontext der Darmbakterien besser zu verstehen und Therapien zu personalisieren».

«Noch handelt es sich um eine Pilotstudie mit einer relativ kleinen Anzahl an Teilnehmenden», betont Pröbstel. Grösser angelegte Erhebungen müssten die Ergebnisse bestätigen und das Potenzial untersuchen, die Wirksamkeit von MS-Therapien via der Darmflora zu unterstützen sowie Risiken für Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.

Das Forschungsteam an den Departementen Neurologie, Biomedizin, Klinische Forschung und dem «Research Center for Clinical Neuroimmunology and Neuroscience» der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel erhielt Finanzierung für die Studie durch die Stiftung Propatient des Universitätsspitals Basel, die Goldschmidt-Jacobson Stiftung, Biogen, die «National Multiple Sclerosis Society» und den Schweizerischen Nationalfonds.

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Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel, Universität Basel, Departement Biomedizin, Departement Klinische Forschung, Universitätsspital, Klinik für Neurologie, Tel.: +41 61 556 57 98, E-Mail: anne-katrin.proebstel@unibas.ch

Dr. Angelika Jacobs  Universität Basel

 

 


Originalpublikation:

Martin Diebold, Maroc Meola et al.
Gut microbiota composition as a candidate risk factor for dimethyl fumarate-induced lymphopenia in multiple sclerosis.
Gut Microbes (2022), doi: 10.1080/19490976.2022.2147055