Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wie wirksam ist die Corona-Schutzimpfung? - „CoVaKo“-Studie startet mit Datenerhebung
Ende letzten Jahres hatte das bayerische
Wissenschaftsministerium die Beteiligung der Hochschule Hof an der
großen bayerischen Begleitstudie zur Wirksamkeit der SARS-CoV-2-Impfung
bekanntgegeben.
Ein wesentliches Ziel der an CoVaKo-2021 beteiligten
Forscherinnen und Forscher ist es, den Infektionsverlauf bei den
Geimpften zu analysieren, die trotz der Impfung eine Infektion
durchmachen.
Am Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof
(iisys) sind die Vorarbeiten umgesetzt worden. Prof. Dr. Beatrix Weber
und Prof. Dr. Jörg Scheidt informieren über den aktuellen Stand.
Prof. Dr. Beatrix Weber und Prof. Dr. Jörg Scheidt Hochschule Hof
-Die CoVaKo-Studie wird von den sechs bayerischen
Universitätskliniken in Erlangen, München, Würzburg, Regensburg und
Augsburg und in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) durchgeführt. Wie kam es zur
Beteiligung der Hochschule Hof und was bedeutet das für Ihr Institut?
"Es ist für unser Institut zweifellos eine große Auszeichnung, hier
mitwirken zu dürfen, und gleichsam eine Anerkennung für die Arbeit der
letzten Jahre! Unsere Beteiligung hat sich in mehrfacher Hinsicht aus
früheren Projekten ergeben. So arbeiten wir zum Beispiel beim Thema
Migräne bei Grundschulkindern mit Professoren der LMU München zusammen,
unter anderem mit Prof. von Kries. Er ist Mitglied in der Ständigen
Impfkommission des RKI. Er empfahl die Hochschule Hof für die technische
Umsetzung an Prof. Überla aus Erlangen, der auch Mitglied der StIKo ist
und die Federführung der CoVaKo-Studie innehat. In einer weiteren
Kooperation mit Ärztinnen der LMU München – hier beim Thema
Kopfschmerzregister – hat sich auch die Einbindung unserer
Forschungsgruppen Recht und Analytische Informationssysteme bewährt. Man
hat sich darum dazu entschieden, auch bei der CoVaKo-Studie auf diese
Zusammenarbeit zurückzugreifen."
-Wie kann CoVaKo zur Sicherheit der Impfungen beitragen, woraus ergibt
sich also mittel- und langfristig der Nutzen für die Allgemeinheit?
"Das Ziel der Forschung ist es grob gesagt, die
Corona-Krankheitsverläufe von Patienten mit und ohne Impfung zu
vergleichen, um so verlässliche Daten zur Wirksamkeit der Impfstoffe zu
erhalten. Dafür verwenden wir Kriterien wie Schwere, Dauer, Symptomatik,
Art und Häufigkeit von Komplikationen, die Krankenhauseinweisungen oder
auch die Sterblichkeit. Außerdem wird auch die Immunantwort je nach
Virusvariante untersucht, also die Frage, welche Einflussfaktoren den
Infektionsverlauf beeinflussen können.
Um dies tun zu können, melden uns die Gesundheitsämter die sogenannten
„Durchbruchsinfektionen“, also diejenigen, die sich trotz Impfung mit
dem Virus infiziert haben. Bei Eignung und Einwilligung zur Teilnahme an
der Studie fließen deren Daten ein. Wir vergleichen die Daten dann mit
einer Kontrollgruppe, also mit Covid-Infizierten, die aber nicht geimpft
waren.
Konkret bedeutet dies, dass die in Quarantäne befindlichen Probanden bei
5 bis 6 Terminen genau untersucht werden. Soweit die Probanden in einer
Klinik behandelt werden, kann auch auf die in der Klinik erhobenen
Daten zurückgegriffen werden. Hoffnung und Erwartung der medizinischen
Forscherinnen und Forscher ist, dass sich bei Geimpften weniger schwere
Verläufe ergeben. Damit wäre dann bewiesen, dass die Impfstoffe selbst
bei den trotz Impfung Erkrankten eine positive Wirkung haben.
Für die Wissenschaft ist

dies von hoher Bedeutung: Man erhält
Informationen darüber, wie viele
„Durchbruchsinfektionen“ es gibt, also
wie viele sich trotz Impfung infizieren. Die Auswahl der Impfstoffe und
die Impfstrategie könnten so entsprechend angepasst werden."
-Was ist nun konkret die Aufgabe der Hofer Forschungsgruppen, welchen
Teil der Studie decken Sie ab und wo liegen für Ihre Teams die größten
Herausforderungen?
"Wir übernehmen gemeinsam mit der smartlytic GmbH – einer Ausgründung
unserer Forschungsgruppe, die am digitalen Gründerzentrum Einstein 1
beheimatet ist – den technischen Teil, d.h. die Konzeption und
Erstellung der Software für die Erfassung, Speicherung sowie
Bereitstellung der Daten für die Auswertung. Die Herausforderung ist,
dass die Visiten der Unikliniken möglichst standardisiert dokumentiert
werden, so dass die Daten aller sechs Kliniken gemeinsam ausgewertet
werden können. Das Kernproblem ist dabei oft die Zeit: Die Chance,
Durchbruchsinfektionen zu untersuchen, bietet sich nur bei recht hoher
Inzidenz. Daher musste es mit den vorbereitenden Arbeiten schnell gehen,
um ausreichend Probanden für die Studie zu finden. Außerdem bewegen wir
uns in einem hochkomplexen System, in das pro Visiten-Datensatz bis zu
1200 Informationen aufgenommen werden, pro Krankenhausaufenthalt
nochmals bis zu 400.
Die Forschungsgruppe Recht im iisys hat die Datenerhebung und
Verarbeitung datenschutzkonform konzipiert. Dazu gehört, den besonderen
Schutz der Gesundheitsdaten zu berücksichtigen und eine sog.
Datenschutz-Folgenabschätzung durchzuführen. Zum anderen müssen für
Studien am Menschen Voten der Ethik-Kommissionen der beteiligten
Universitätsklinika eingeholt werden. Hier haben wir die medizinischen
Forscher bei der Einholung der Voten und insbesondere der Beachtung der
medizin-rechtlichen Vorgaben bei der Umsetzung im Forschungsprojekt
unterstützt."
-Das klingt nach einem hohen Aufwand. Welche Vorarbeiten waren nötig und
wie viele Personen sind in Hof an den Arbeiten beteiligt?
"In der Phase der Erstellung unserer Erfassungssoftware haben 4
Mitarbeiter in Vollzeit über gut drei Monate hinweg gearbeitet. In der
Phase der Datennahme und -auswertung werden ein bis zwei Mitarbeiter
weiterhin im Projekt beschäftigt sein. Dazu kam viel Kleinkram. Ein
Beispiel: Für die 600 Patienten wurden je 65, also insgesamt knapp
40.000 Etiketten für die Beschriftung von Probenröhrchen mit Barcodes
bedruckt und an die Projektpartner verschickt."
-Bauen Sie dabei auf bestehenden Lösungen auf oder sind neue technische Entwicklungen notwendig?
"Bei der Software spielen die Erfahrungen aus bisherigen Projekten mit
hinein. Müsste man bei null anfangen, wäre ein solches System in so
kurzer Zeit nicht realisierbar. Aber es gibt auch immer neue
Herausforderungen und Probleme, die bewältigt werden müssen.
Wir hatten schon sehr gute Expertise bei der Datennutzung für neue
Technologien und auch im Gesundheitsbereich. Neu war, die besondere
Situation der COVID-Patienten als Probanden zu berücksichtigen. Hierzu
mussten die mehrfache Änderung des Infektionsschutzgesetzes und die
aktuellen Empfehlungen der Ethik-Kommissionen gesichtet und
berücksichtigt werden."
-Wie ist der aktuelle Stand und was geschieht als nächstes im Projekt?
"Die vorbereitenden Arbeiten sind nun glücklicherweise abgeschlossen,
das heißt seit vergangener Woche werden Probanden in die Studie
aufgenommen. Während der laufenden Datennahme werden die Systeme
betreut, es wird Support für die Studienärzte geleistet und die
Auswertung der Daten wird vorbereitet. Außerdem werden für das
Monitoring der Datennahme regelmäßig statistische Auswertungen zur
Verfügung gestellt, sodass jederzeit ersichtlich ist, ob die Alters- und
Geschlechtsverteilungen in der Gruppe der Probanden sowie der
Kontrollgruppe übereinstimmen. Die datenschutzrechtliche Betreuung endet
nicht mit dem Start eines Projekts, sondern es fallen immer wieder
aktuelle Fragen aus dem Datenschutz und dem medizinrechtlichen Bereich
an."
-Der Kreis der Beteiligten hat – wie oben dargestellt – Rang und Namen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Projektpartnern und wo
liegen die Berührungspunkte?
"Die Konzeptionsphase zwischen Januar und Mai war natürlich durch eine
intensive Zusammenarbeit geprägt - insbesondere was die Abstimmung mit
der Projektkoordination an der Uni Erlangen angeht. Unzählige E-Mails,
Telefonate und Zoom-Meetings haben den Beteiligten hier auch die
Wochenenden „versüßt“. Natürlich aber wird es auch während der
eigentlichen Durchführung regelmäßige Online-Projekttreffen aller
Beteiligten geben. Wir haben uns eine große Bewunderung der beteiligten
Virologen erarbeitet. Die Motivation und Genauigkeit im Detail, mit der
die Forschung durchgeführt wird, ist sehr beeindruckend."
-Ein großer Punkt – gerade in Zeiten der Digitalisierung – ist die Frage
von Datenschutz und Datensicherheit. Wie wird sichergestellt, dass
persönliche Daten nicht in falsche Hände gelangen?
"Ein Missbrauch der Daten ist ausgeschlossen, soweit das nach dem Stand
der Technik möglich ist. Das stellen wir in Hof sicher. Es werden bei
uns ausschließlich anonymisierte Laboruntersuchungen und anonymisierte
Probandendaten verwendet. Das bedeutet, dass weder Namen noch die
Adressen der Probanden in der Forschungsdatenbank in Hof gespeichert
sind. Auch die Auswertung der Daten erfolgt nur auf Basis von
Probanden-Codes. Und schließlich wird auch die Datenübertragung immer
verschlüsselt. Oft wird ja kolportiert, dass die Forschungsbedingungen
in den USA sehr viel besser seien. Bei der medizinischen Forschung unter
Nutzung von personenbezogen Daten können wir hingegen auch rechtlich
Vertrauen in diese hochwertige Forschung am Standort Deutschland
schaffen."
-Wann ist mit dem Projektabschluss zu rechnen?
"Die Studie läuft zunächst über 2 Jahre. Aber die Auswertungen und die
folgenden Veröffentlichungen der Ergebnisse werden sich sicher länger
hinausziehen. Angedacht ist außerdem bereits die geschaffenen Strukturen
zu nutzen und ein längerfristiges virologisches Monitoring zu
etablieren, um neue Virusvarianten zu enttarnen. Wir hoffen natürlich
auf eine längerfristige Zusammenarbeit der Projektpartner!"
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