Qualitätszirkel Nieren- und Dialysen

Kardiologie Potsdam

Cardiovascular Prevention Center @Charité

Herzinsuffizienz

Universitätzmedizin Rostock

Universitätsmedizin Greiswald

Alexianer St. Josephs Potsdam

Dialyse-Pflege-Standard

salt

PICS Ambulanz

Dr.Vetter

Woran erkranken wir in Deutschland?

BG Klinken - Post-COVID-Programm

Herz Check

EMA

Dr. Heart

Herzhose

Lauflabor

IKDT

Online Strafanzeigen

medpoint - Fortbildungskalendar

Was hab ich?

Healthtalk

BKV Info

BKG

KHS BB

KHS BB
.

Kardiologie

Urologie Berlin

bbgk

VEmaH

ProBeweis

jkb

zurück ins leben

CRO

Gewebenetzwerk

Anamnese- und Untersuchungsbogen

Diagnostische Pfade

CIRS Bayern

Gender Medizin

idw

Pathogenitätsfaktoren: Ist Ihr Bakterium Pseudomonas aeruginosa - Antibiotika resistent?

Medizin am Abend Berlin Fazit:     Neuer Wirkstoff hemmt Kommunikation zwischen Bakterien und macht sie so unschädlich


Weltweit sind Bakterien auf dem Vormarsch, die gegen Antibiotika resistent sind. Umso wichtiger ist es, neuartige Medikamente zu entwickeln, die diese Mikroorganismen in Schach halten. An der Saar-Uni und am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) arbeiten Wissenschaftler an solchen Alternativen. Das Team um Pharmazie-Professor Rolf Hartmann nimmt dazu etwa Moleküle unter die Lupe, mit denen die Erreger untereinander kommunizieren.

Es hat einen Wirkstoff entwickelt, der diese Kommunikation unterbindet und die Bakterien so abschwächt. Für diese Arbeit wurden die Forscher nun mit dem Phoenix-Preis ausgezeichnet. Zudem hat Hartmann kürzlich die Carl-Mannich-Medaille der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft für sein Lebenswerk erhalten.

  • Für Infektionen wie Lungenentzündungen oder Keuchhusten sind Bakterien verantwortlich. 

Um diese Erkrankungen zu behandeln, kommen meist Antibiotika zum Einsatz. „Viele der Erreger bilden allerdings Resistenzen gegenüber diesen Medikamenten“, sagt Professor Rolf Hartmann. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe forscht der Pharmazeut an alternativen Wirkstoffen.

Die Wissenschaftler haben dazu unter anderem die Kommunikationswege der Bakterien im Auge.
„Mikroorganismen können miteinander kommunizieren. Sie nutzen dazu Moleküle“, sagt Hartmann. Diese Verständigung funktioniert folgendermaßen, wie der Professor erläutert:

  • „Ein Bakterium gibt Moleküle in seine Umgebung ab, bei anderen Bakterien docken diese anschließend an spezifische Rezeptoren an. Daraufhin bilden die Bakterien Moleküle, die den Menschen krank machen, sogenannte Pathogenitätsfaktoren.“

In einer Studie haben sich die Saarbrücker Forscher mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa beschäftigt, das unter anderem Lungenentzündungen, Harnwegs- und Hautinfektionen hervorrufen kann.

  • Auch diese Erreger bilden nach Kommunikation für den Menschen schädliche Eiweiß-Partikel. 

Den Saarbrücker Forschern ist es nun aber gelungen, einen Wirkstoff zu entwickeln, der die bakterielle Kommunikation unterbindet und die Bakterien so unschädlich macht. „Unsere Substanz blockiert einen Rezeptor, an den die Moleküle bei den Empfänger-Bakterien andocken“, erklärt Hartmann. In Versuchen konnten die Pharmazeuten bereits nachweisen, dass die Bakterien nicht mehr gesundheitsschädlich sind, wenn sie dem neuen Wirkstoff ausgesetzt waren.

In weiteren Arbeiten müsste die genaue Wirksamkeit nun weiter getestet werden. Für diese Studie ist das Team um Hartmann mit dem Phoenix-Preis ausgezeichnet worden. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird von der Pharmafirma Phoenix jedes Jahr an herausragende Arbeiten in der pharmazeutischen Forschung verliehen. Zudem ist Professor Hartmann erst kürzlich von der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft mit der Carl-Mannich-Medaille für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Hartmann hat sich in seiner wissenschaftlichen Karriere der Wirkstoffforschung verschrieben, – zunächst an seinem Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Saar-Uni, um neue Medikamente für Herz-Kreislauf- und Tumor-Erkrankungen zu entwickeln; später am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland, um bakterielle Infektionen zu therapieren. Am Helmholtz-Institut leitet Hartmann seit rund sechs Jahren die Arbeitsgruppe „Wirkstoffdesign und Optimierung“.

Die Studie „Overcoming the unexpected functional inversion of a PqsR antagonist in Pseudomonas aeruginosa: an in vivo potent antivirulence agent targeting pqs Quorum sensing” wurde in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie” veröffentlicht.
DOI: 10.1002/anie.201307547

Über das HIPS:
Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und entstand in Kooperation mit der Saar-Uni. Das HIPS ist das erste öffentlich geförderte Forschungsinstitut in Deutschland, das explizit der Pharmazie gewidmet ist. Weitere Infos unter: http://www.helmholtz-hzi.de/de/organisation/standorte/hips_saarbruecken/ueber_hi...

Über das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. An seinem Standort in Braunschweig-Stöckheim blickt das Zentrum auf eine jahrzehntelange Historie zurück. Bereits 1965 begannen hier die ersten Arbeiten; 2015 feiert das HZI 50-jähriges Jubiläum. www.helmholtz-hzi.de



Prof. Rolf Hartmann, Leiter der Abteilung „Wirkstoffdesign und Optimierung“ am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) in Saarbrücken







Prof. Rolf Hartmann, Leiter der Abteilung „Wirkstoffdesign und Optimierung“ am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) in Saarbrücken Jörg Pütz


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt


www.medizin-am-abend.blogspot.com

Prof. Dr. Rolf Hartmann
Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland
Tel.: 0681 98806-2000
E-Mail: rolf.hartmann@helmholtz-hzi.de
Susanne Thiele Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH
Inhoffenstraße 7
D-38124 Braunschweig
Tel 0531 6181-1401
Fax 0531 6181-1499
50 Jahre Spitzenforschung – 50 Jahre HZI: www.helmholtz-hzi.de/50

Campus, Gebäude A2 3
66123 Saarbrücken
Tel. 0681 302-2601
Fax 0681 302-2609

Melanie Löw
Tel. 0681 302-4022
presse.loew@uni-saarland.de

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.helmholtz-hzi.de/de/organisation/standorte/hips_saarbruecken/ueber_hi... - Mehr Infos zum HIPS

http://www.helmholtz-hzi.de - Mehr Infos zum HZI

Der Nikolaus mit erhöhten Acrylamidgehalte in Weihnachtsgebäck

Medizin am Abend Berlin Fazit: Lebensmittel im Blickpunkt: Lebkuchen enthalten weniger Acrylamid

Unterschiede in den Gehalten herstellungs- und rezepturbedingt 
 
Erhöhte Acrylamidgehalte in Weihnachtsgebäck haben vor einigen Jahren Verbraucher verunsichert. Die dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin für die vergangenen Jahre vorliegenden Untersuchungsergebnisse der Bundesländer zeigen eine positive Entwicklung:

die Acrylamidgehalte wurden deutlich reduziert.

So lag der Arcylamidgehalt bei der Hälfte von 450 in den Jahren 2013 und 2014 untersuchten Proben unterhalb von 200 µg/kg. Damit unterschritt dieser Mediangehalt deutlich den aktuell geltenden EU-Richtwert von 1000 µg/kg. In den Jahren 2003 bis 2008 hatte der Mediangehalt noch im Bereich von 230 bis 430 µg/kg und damit auf einem deutlich höheren Niveau gelegen.

Die niedrigsten Acrylamidgehalte wurden bei "braunen Lebkuchen“ gefunden.

Hier betrug der Mediangehalt mit rund 100 µg/kg nur ein Zehntel des EU-Richtwertes. In etwa 30 Prozent der Proben lagen die Gehalte sogar unterhalb der Nachweis- bzw. Bestimmungsgrenze.

In etwa 10 Prozent aller Lebkuchenproben wurde der EU-Richtwert überschritten.

Dabei handelt es sich oftmals um Spezialitäten, die aufgrund ihrer Herstellung bzw. Rezeptur höhere Acrylamidgehalte aufweisen können.

Auch hier konnten die Gehalte jedoch deutlich reduziert werden: Traten noch vor einigen Jahren maximale Acrylamidgehalte von über 5000 µg/kg auf, so lagen die höchsten Werte nunmehr bei etwa 1500 g/kg.

Sonderfall: Honiglebkuchen
Die höchsten Acrylamidgehalte wurden bei „Honiglebkuchen“ festgestellt. Bei drei von sechs Proben lagen die Gehalte oberhalb des Richtwertes. Dies entspricht Untersuchungen in der Vergangenheit: Auch in den Jahren 2002 bis 2012 war bei einem Anteil von 36 Prozent der untersuchten Proben von Honiglebkuchen (103 Proben) der aktuelle EU-Richtwert bzw. der damals gültige nationale Signalwert in Höhe von 1000 µg/kg überschritten. Die hohen Arcylamidgehalte sind auf die charakteristische und geschmacksgebende Zutat Honig zurückzuführen. Honig enthält auch einen hohen Anteil an Fruktose und Glukose. Diese beiden Zuckerarten sind wesentliche Vorläufersubstanzen bei der Entstehung von Acrylamid in Lebensmitteln.

Verzicht auf bestimmte Backtriebmittel
 
Einen besonders großen Einfluss auf die Acrylamidbildung hat bei Lebkuchen das verwendete Backtriebmittel. In der Vergangenheit wurden für Lebkuchen traditionell Ammoniumsalze (Hirschhornsalz) verwendet.

Durch Verzicht auf Ammoniumsalze und deren Ersatz durch handelsübliches Backpulver oder Natron konnte die Acrylamid-Bildung bei der Lebkuchenherstellung deutlich reduziert werden.  

  • Außerdem werden zunehmend weichere und feuchtere Lebkuchensorten angeboten, die herstellungs- und rezepturbedingt deutlich niedrigere Acrylamidgehalte aufweisen als trockenere, relativ harte Sorten.

Plätzchenbacken zu Hause
 
Beim Plätzchenbacken am eigenen Herd sollten Verbraucher darauf achten, nicht zu hohe Backtemperaturen zu verwenden. Bei Temperaturen über 180 Grad entstehen höhere Mengen an Acrylamid als bei niedrigen Temperaturen. Je dunkler ein Plätzchen ist, desto mehr Acrylamid enthält es. Allgemein gilt daher die Faustregel: „vergolden statt verkohlen“.

Minimierung von Acrylamidgehalten
 
Acrylamid hat sich im Tierversuch als krebserregend gewiesen. 

Dass es auch im menschlichen Körper krebserregend sein kann, hat sich bisher nicht bestätigt. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gemeinsam mit den Bundesländern, der Wirtschaft und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bereits 2002 ein nationales Acrylamid-Minimierungskonzept entwickelt, das 2011 auf europäischer Ebene übernommen wurde. Für jede Warengruppe – wie Kaffee, Chips oder Lebkuchen – wurden nationale Signalwerte festgelegt. Dafür wurden regelmäßig Lebensmittel auf ihre Acrylamidgehalte untersucht und die am höchsten belasteten Produkte identifiziert. Der unterste Acrylamidwert dieser zehn Prozent am höchsten belasteten Lebensmittel wurde dann als Signalwert festgelegt. Insgesamt wurden seit 2002 acht solcher Signalwertberechnungen durchgeführt und die Signalwerte so kontinuierlich gesenkt. Seit 2011 gelten europaweite Richtwerte, die ebenfalls auf Basis der tatsächlich gemessenen Acrylamidgehalte berechnet werden. Wird eine Überschreitung des Richtwerts festgestellt, treten die Lebensmittelüberwachungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten mit den Lebensmittelunternehmen in einen Minimierungsdialog, um gemeinsam technologische Maßnahmen zur Acrylamidminimierung im Herstellungsprozess zu erörtern. Einen Grenzwert oder Höchstgehalt, wie sie für Pflanzenschutzmittel- oder Tierarzneimittelrückstände festgelegt sind, gibt es für Acrylamid derzeit nicht. Die Aufnahmemenge sollte jedoch so gering wie vernünftigerweise erreichbar gehalten werden.

Hintergrundinformation
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das BVL ist für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimit¬teln und gentechnisch veränderten Organismen in Deutschland zuständig. Im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit übernimmt es umfassende Managementaufgaben und koordiniert auf verschiedenen Ebenen die Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Bundesländern und der Europäischen Union. In der Rubrik „Lebensmittel im Blickpunkt“ stellt das BVL regelmäßig Informationen zu bestimmten Lebensmitteln zusammen.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

www.medizin-am-abend.blogspot.com





Mauerstraße 39-42
10117 Berlin
Deutschland
Berlin

E-Mail-Adresse: pressestelle@bvl.bund.de

Nina Banspach

Infektionen mit Polyomaviren:

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Ursache für Komplikationen nach Nierentransplantation identifiziert

Nach Nierentransplantationen kommt es immer wieder zu Komplikationen durch BK-Viren. 

Die Forschungsgruppe von Prof. Hans H. Hirsch am Departement Biomedizin der Universität Basel konnten nun zeigen, dass das immunsuppressive Medikament Tacrolimus direkt die Vermehrung des Virus aktiviert und so für die Komplikationen verantwortlich sein könnte. Die Fachzeitschrift American Journal of Transplantation hat die Studie publiziert. 
 
  • Infektionen mit Polyomaviren ­– dazu gehören auch BK-Viren – sind beim Menschen weit verbreitet, verursachen aber bei gesunden Menschen meist keine Symptome. 

Problematischer ist der Virus allerdings bei Patienten, die nach einer Nierentransplantation immunsuppressive Medikamente einnehmen.

  • In zehn bis zwanzig Prozent der Fälle breiten sich die BK-Viren im Transplantat aus und lösen eine Entzündung aus. 
  • Im schlimmsten Fall wird das neue Organ dadurch zerstört und der Patient muss erneut auf eine Spenderniere hoffen.
Bei der Organtransplantation kämpft die Medizin vor allem gegen das körpereigene Immunsystem an, welches versucht, das fremde Organ abzustossen.

Diesen Vorgang unterdrückt man durch immunsuppressive Medikamente, wie beispielsweise das häufig verwendete Tacrolimus.

Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der die Signalübertragung der körpereigenen Abwehrzellen hemmt.

  • Jedoch wird dadurch aber das Immunsystem so geschwächt, dass es den Körper nicht mehr ausreichend vor Infektionen durch Viren, etwa den besagten BK-Viren, schützen kann – ein Dilemma.

Medikamente mit unterschiedlichem Einfluss auf Virus

Die Forschungsgruppe Transplantation & Klinische Virologie am Departement Biomedizin der Universität Basel unter der Leitung von Prof. Hans Hirsch konnte nun zeigen, dass das BK-Virus ganz unterschiedlich auf verschiedene immunsuppressive Medikamente reagiert:

  • Während das oft verwendete Medikament Tacrolimus dazu führt, dass sich die Viren in den Nierenzellen verstärkt vermehren, wird die Virusvermehrung durch den Wirkstoff Sirolimus, einem mTOR-Inhibitor hingegen blockiert.

Die Ergebnisse der Basler Forscher erklären, warum es in den vergangenen zehn Jahren seit der Einführung von Tacrolimus in die klinische Routine zu sehr viel mehr BK-Polyomavirus-Komplikationen bei Nierentransplantierten gekommen ist.

Die Resultate bieten ausserdem wichtige Ansatzpunkte für klinische Studien, um den gezielten Einsatz von mTOR-Inhibitoren wie Sirolimus bei Patienten mit drohendem Verlust des Nierentransplantats gezielt zu überprüfen, ohne gleichzeitig das Abstossungsrisiko zu erhöhen.


Originalartikel

H. H. Hirsch, K. Yakhontova, M. Li and J. Manzetti
BK Polyomavirus Replication in Renal Tubular Epithelial Cells Is Inhibited by Sirolimus, but Activated by Tacrolimus Through a Pathway Involving FKBP-12
American Journal of Transplantation 2015; XX: 1–12 | doi: 10.1111/ajt.13541


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt


www.medizin-am-abend.blogspot.com

Hans H. Hirsch
Universität Basel, Departement Biomedizin,
Tel. +41 (0)61 267 32 25
E-Mail: hans.hirsch@unibas.ch
Olivia Poisson Universität Basel

Adventszeit: Dein Tag mit einem brandverletzten Baby oder Kind?

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Kinderchirurgen warnen vor Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands (BNKD) nehmen den „Tag des brandverletzten Kindes“ am 7. Dezember zum Anlass, Eltern und Angehörige auf die besonderen Gefahren für Babys und Kinder durch heiße Flüssigkeiten wie Tee, Punsch oder Suppe hinzuweisen. 
 
  • Die Haut von Kindern unter fünf Jahren ist nur einen halben Millimeter und damit teilweise nur ein Viertel so dick wie die Haut von Erwachsenen. 
  • Versehentlich ausgeschüttete heiße Flüssigkeiten richten bei den Kleinen daher häufig großen Schaden an. 
  • So kann bei Kindern bereits eine Tasse heißen Tees bis zu 30 Prozent der Körperoberfläche schwer schädigen und zu bleibenden Narben führen. 
  • Über 70 Prozent der thermischen Verletzungen von Kindern beruhen auf Verbrühungen, so die Kinderchirurgen.

„Aufgrund ihres geringeren Hautdurchmessers und ihrer relativ größeren Körperoberfläche erleiden Kinder im Vergleich zu Erwachsenen schon bei vermeintlich kleinen thermischen Unfällen viel tiefer gehende Verletzungen der Hautschichten“, erläutert Dr. Verena Ellerkamp, Kinderchirurgische Oberärztin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen. 

„Schon zehn Sekunden mit über 50 Grad heißer Flüssigkeit reichen aus, um kindliche Haut nachhaltig zu verletzen und eine bis zu drittgradige Verbrennung, also vollständige Zerstörung der Haut, zu verursachen“, ergänzt sie. 

Zum Vergleich: Bei einem Erwachsenen führt dies lediglich zu einer kurzzeitigen, schmerzhaften Rötung und vielleicht zur Blasenbildung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit heilt sie folgenlos ab. 

Bei Kindern jedoch sind lebenslange Narben die Folge. Oft sind sie nicht nur entstellend, sondern ziehen zudem zahlreiche Korrekturoperationen nach sich. „Das kann sich bis in das Erwachsenenalter hineinziehen“, so Ellerkamp, die an der Leitlinie über thermische Verletzungen im Kindesalter federführend beteiligt war.

Dieses Leid für Betroffene und ihre Angehörigen gilt es möglichst zu vermeiden. 

Experten schätzen, dass Sicherheitsvorkehrungen und Wachsamkeit etwa 60 Prozent dieser Verletzungen verhindern könnten. 

 „Dazu gehört, die Teetasse abzustellen, wenn man ein Kleinkind auf den Arm nimmt, oder ein Herdgitter anzubringen“, sagt Ellerkamp. 

Zudem sei es wichtig, die Sicherheitsmaßnahmen laufend an den wachsenden Radius des Kindes anzupassen. 

Ist nach einer leichten Verbrühung die Haut nur gerötet oder bildet kleine Blasen, können Eltern sie mit Kühlung und Salben selber behandeln. Das Wasser dürfe jedoch nicht eiskalt, sondern sollte lauwarm sein, so die Empfehlung der Kinderchirurgen. 

Cool Packs oder gar Eis können die Haut schädigen und zu Unterkühlung führen.

„Alle anderen Verletzungen gehören in die Hand eines Arztes“, betont Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH aus Augsburg. 

Dieser könne Ausmaß und Schwere der Verletzung einschätzen und rasch die richtigen Schritte einleiten, um die Wunde angemessen zu versorgen und Narben und Infektionen zu vermeiden. 

  • Der erstbehandelnde Arzt kann zudem entscheiden, ob der Transport in ein Zentrum oder eine Spezialisierte Klink für brandverletzte Kinder notwendig ist. In Deutschland gibt es 19 Zentren für Kinderchirurgen warnen vor Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten. schwerbrandverletzte Kinder mit 59 Betten sowie an vielen größeren Krankenhäusern auf Verbrennungen spezialisierte Abteilungen. 

 „Wenn die thermischen Schädigungen bei zweitgradigen Verbrennungen mehr als zehn Prozent der Körperoberfläche und/oder Gesicht, Hände, Genitalien oder Füße betreffen, sollte die Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung erfolgen, bei drittgradigen Verbrennungen sogar schon, wenn fünf Prozent Körperoberfläche verletzt sind“, sagt Schuster, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg ist. 

Neben der umfassenden Versorgung in Zentren helfen Spezialisierte Kliniken, die fachgerechte Versorgung von thermisch verletzten Kindern in der Breite sicher zu stellen. 

In beiden Einrichtungen sei die bestmögliche Behandlung dieser Kinder durch qualifizierte, komplexe und interdisziplinäre Behandlung und Nachsorge gewährleistet, so Ellerkamp.

*************************************************************************************************

Quellen:

S2k-Leitlinie 006-128 „Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung), Behandlung“, Stand: 30.04.2015 , gültig bis 31.12.2017; 

http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-128.html


Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e.V. und Veranstalter des Aktionstags: http://www.paulinchen.de

*************************************************************************************************

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com

Dr. Adelheid Liebendörfer, Anna Julia Voormann
Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-173
Fax: 0711 8931-167
E-Mail: liebendoerfer@medizinkommunikation.org,
presse@dgkch.de
http://www.dgkch.de

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte 
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
 
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-128.html

http://www.paulinchen.de

http://www.dgkch.de

360°TOP-Termin: Sport auf Rezept – Dein Sport in der Herz-Kreislauf-Medizin

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Sport auf Rezept – Expertentagung zu Sport in der Herz-Kreislauf-Medizin

Sport sollte auf Rezept verordnet werden, denn er ist gut für die Gesundheit. Darin sind sich Experten und Laien einig. Nicht so klar ist jedoch, welcher und wieviel Sport für wen geeignet ist, um gesund zu bleiben oder sogar als Therapie für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung in Frage zu kommen. Kardiologen und Sportmediziner diskutieren neue Erkenntnisse aus diesem Bereich auf dem 5. Sportkardiologischen Symposium am 5. Dezember 2015 in München. 
 
Genau wie in der Therapie mit Medikamenten geht auch beim gesundheitlichen Effekt von Sport der Trend hin zur individualisierten Medizin.

Denn was für den einen gut ist, kann dem anderen sogar schaden.

Schon länger ist etwa bekannt, dass Extremsport zwar gut für das Herz-Kreislauf-System ist, jedoch bei einigen Personen auch gesundheitliche Probleme verursachen kann. 

  • So werden im Blut von fast allen Marathonläufer nach dem Wettkampf erhöhte Biomarker gefunden, die auf geschädigtes Herzgewebe hindeuten. 

Bei einigen von ihnen könnte diese Erhöhung auf ernsthafte kardiovaskuläre Vorerkrankungen hindeuten, bei anderen sind sie vermutlich harmlos.

Prof. Martin Halle von der Technischen Universität München und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) untersucht dieses Phänomen gegenwärtig in einer groß angelegten Studie.

„Im Ergebnis könnte es sein, dass wir Personen, die sich eigentlich gesund fühlen, vom Extremsport abraten müssten“, sagt der Sportmediziner, der die Tagung veranstaltet.

Sport treiben wird in der Regel mit Menschen in Verbindung gebracht, die gesund sind.

Dass körperliche Bewegung eine vollwertige Therapie sein kann, etwa bei Herzschwäche, ist den wenigsten bewusst. 

Und wie bei Medikamenten hilft auch beim Sport nur die optimale Dosis. 

Sportwissenschaftler und Kardiologen untersuchen deshalb, welche Trainingsintensität und -häufigkeit für welches Krankheitsbild geeignet sind.

  • Die derzeitige Studienlage deutet darauf hin, dass etwa bei Herzschwäche kurzes intensives Training einen besseren Effekt erzielt als langes moderates Training.

Und selbst hochbetagten Patienten mit Herz-Problemen oder sogar Patienten, die eine Herztransplantation vor sich haben oder die einen implantierten Defibrillator haben, empfiehlt Martin Halle Sport, natürlich unter ärztlicher Aufsicht.

  • Bei dieser Patientengruppe kommt es ganz besonders auf die geeignete Dosis an, denn Nutzen und Gefährdung liegen eng beieinander. 

„Hier wird derzeit viel geforscht“, sagt Halle. Er ist optimistisch, dass bald für jeden Patienten ein ganz individuelles Sportprogramm zusammengestellt werden kann, ähnlich wie bei einer individualisierten Medikamententherapie.

Das 5. Sportkardiologische Symposium München wird veranstaltet von der Technischen Universität München, Zentrum für Prävention und Sportmedizin und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK).
http://www.kongress.sport.med.tum.de/

 
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt:
www.medizin-am-abend.blogspot.com

Prof. Martin Halle
Technische Universität München
Lehrstuhl für Prävention, Rehabilitation und Sportmedizin
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Fon +49.(0)89.289.24441

Christine Vollgraf,  Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)
Fon 030 3465 529 02
christine.vollgraf@dzhk.de

Muskuloskelettalen Krankheiten:

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Fortschritte in der Therapie muskuloskelettaler Erkrankungen

„In einer Gesellschaft des immer längeren Lebens, des Übergewichts und der ausgeprägten Bewegungsarmut müssen wir mit immer mehr Patienten mit Krankheiten an Muskeln, Knochen und Gelenken rechnen. 

Neben Leid für die Patienten bringen diese Erkrankungen auch erhebliche volkswirtschaftliche Konsequenzen mit sich, da sie zu Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung führen. Erfreulicherweise werden aber immer bessere Behandlungsmöglichkeiten entwickelt.“ Das erklärte Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, beim Symposium „Therapie muskuloskelettaler Erkrankungen“ in Berlin, das er am 27. und 28.11.2015 zusammen mit Prof. Dr. Stefan Endres, München, leitete. 
 
Veranstalter war die Paul-Martini-Stiftung (PMS) in Verbindung mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

In Deutschland sind rund 30 Millionen Menschen – europaweit 120 Millionen – von Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems betroffen.

Zu diesen gehören entzündliche Erkrankungen (wie rheumatoide Arthritis, ankylosierende Spondylitis oder Myositiden) degenerative Krankheiten (wie etwa Arthrose, Osteoporose oder Sarkopenie), aber auch chronische Schmerzsyndrome wie Rückenschmerzen und Fibromyalgien.

Die muskuloskelettalen Krankheiten haben Rang 1 bei der Analyse der Krankheitslasten („burden of disease“) in entwickelten Ländern. 

Gerade deshalb, so Stefan Endres, München, könne mit besseren Therapiemöglichkeiten ein großer Beitrag zur Bewältigung dieser Folge der demographischen Entwicklung geleistet werden. Die vielfältigen Forschungsarbeiten, die auf dem Symposium zur Sprache kommen, stärkten die Hoffnung, dass das gelingt.

Auffällig ist bei einigen Krankheiten die ungleiche Häufigkeitsverteilung bei den Geschlechtern, wie Anja Strangfeld, Berlin, ausführte:

  • An rheumatoider Arthritis erkranken Frauen etwa dreimal häufiger als Männer.  
  • Dafür kommt es bei Männern doppelt so häufig wie bei Frauen zur ankylosierenden Spondylitis (Morbus Bechterew). 

  • Bei der juvenilen idiopathischen Arthritis – der häufigsten rheumatischen Erkrankung von Minderjährigen – findet sich je nach Subtyp eine andere Geschlechterverteilung. 
  • Osteoporose wiederum tritt ab dem 50. Lebensjahr deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern auf. Die Ursachen sind noch weitgehend ungeklärt.

Rheumatische Erkrankungen

Für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Beschwerden konnten die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten 20 Jahren enorm verbessert werden. Dazu haben neben den klassischen chemisch-synthetischen Medikamenten vor allem Biologika beigetragen: eine Gruppe meist Antikörper-basierter Wirkstoffe, die in verschiedene Immunprozesse eingreifen. In der Behandlung der rheumatoiden Arthritis sollten die Biologika dennoch auch nach der neuesten S1 Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie weiterhin erst zum Einsatz kommen, wenn konventionelle Therapien nicht genügen. Wie Ulf Müller-Ladner, Gießen, erläuterte, könnte die Kostenintensität der Biologika-Verordnung in den nächsten Jahren durch den Markteintritt von Biosimilars sinken.

Auch die Therapie der axialen Spondyloarthritis habe wesentlich von der Entwicklung der Biologika, zunächst vor allem der TNF-alpha-Inhibitoren, profitiert, so Jürgen Braun, Herne. Erst seit wenigen Tagen hat zudem der gegen Interleukin-17A gerichtete monoklonale Antikörper Secukinumab eine EU-Zulassung für die Behandlung von axialer Spondyloarthritis und Psoriasisarthritis erhalten. Die Erstzulassung hatte das Medikament bereits vor einigen Monaten für schwerere Verlaufsformen der Schuppenflechte erhalten.

Trotz vielfältiger Therapiealternativen kann noch nicht allen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Krankheiten wirksam geholfen werden.
Für diese Patienten werden unter anderem neue monoklonale Antikörper und Immunkonstrukte in verschiedenen Formaten entwickelt und Kinasehemmer aus der Krebstherapie geprüft.  

Auch in anderer Hinsicht könnte die Onkologie künftig die Therapie der Autoimmunkrankheiten befördern, da sie im Rahmen der Immunonkologie ähnliche Effektorzellen und Steuerkreise betrachtet, allerdings aus anderem Blickwinkel, wie Martin Gramatzki, Kiel, darstellte.

Gabriela Riemekasten, Lübeck, berichtete von erfolgreichen Versuchen, Entzündungsprozesse durch Stärkung regulatorischer T-Zellen mit Interleukin-2 zu dämpfen. Ihre Arbeitsgruppe hat dazu nun eine Phase I/II-Pilotstudie mit Patienten initiiert, die an systemischem Lupus erythematodes leiden.

Weitere Ansatzpunkte für künftige Therapien stellen microRNAs in Fibroblasten am Entzündungsort dar, wie Steffen Gay, Zürich, erläuterte. Denn einige von ihnen stellen proinflammatorische Regulatoren dar. Geplant ist, sie mit komplementären RNA-Analoga, sogenannten antago-miRs, spezifisch zu neutralisieren.

Um entzündlich-rheumatische Krankheiten wirklich ausheilen zu können, ist es laut Andreas Radbruch, Berlin, nötig, das pathogene immunologische Gedächtnis des Körpers zu löschen. An diesem Phänomen dürften langlebige Gedächtnis-Plasmazellen beteiligt sein, die die Entzündung durch dauerhafte Ausschüttung von Autoantikörpern aufrecht¬erhalten.

Auch Gedächtnis-B- und -T-Lymphozyten könnten in ähnlicher Weise beitragen. Eine selektive Dezimierung von Gedächtniszellen vom B-, T- oder Plasmazelltyp ist möglich und zeigt auch für die Dauer der Anwendung Wirkung, führt aber nicht zu dauerhafter Therapiefreiheit.

Nötig wäre es wohl, sämtliche pathogenen Gedächtniszellen zu zerstören – idealerweise allerdings unter Schonung der physiologischen Gedächtniszellen. Tatsächlich gebe es erste Ansätze für einen so selektiven Eingriff in das Immungedächtnis.

Osteoarthrose

Wesentlich häufiger als alle entzündlichen Erkrankungen ist die Osteoarthrose der Gelenke: Sie betrifft mehr als die Hälfte aller 65-Jährigen.

  • Behandelbar ist sie heute im Wesentlichen nur symptomatisch oder durch operativen Austausch des betroffenen Gelenks durch eine Endoprothese.
Gesucht werden kausale Therapien, etwa Medikamente, die die arthrotischen Degenerationsprozesse aufhalten können. Doch wächst das Verständnis für die zellulären und molekularen Vorgänge bei Arthrose, so Thomas Pap, Münster.

So kommt es in den Chondrozyten der Gelenkknorpel zur Reaktivierung embryonaler Differenzierungsmuster.

Möglicherweise spielt auch eine Rolle, dass im Knorpel gebundene lösliche Chemokine unter Belastung oder mit dem Alter verloren gehen. Hier könnten Ansatzpunkte für neue Therapien liegen. Ihre Entwicklung steht allerdings vor der besonderen Herausforderung, dass das wichtigste Symptom – der Arthroseschmerz – nur schlecht mit dem Grad der Knorpeldegeneration assoziiert ist.

Ein Ansatz, der bereits klinisch erprobt wird, ist die Injektion des gentechnisch hergestellten Wachstumsfaktors rhFGF18. Wie Kurt Marhardt vom Unternehmen Merck, Darmstadt, berichtete, fördert er die Proliferation von Chondrozyten und mittelbar die Bildung von mehr Knorpelmatrix. Ob das der Arthrose in klinisch relevanter Weise entgegen wirken kann, soll eine laufende Phase II-Studie zeigen.

Osteoporose

Bei Osteoporose ist die Balance zwischen Knochenabbau und -neuaufbau gekippt: Das führt zu verringerter Knochenmasse und einer defizitären Mikroarchitektur.

  • Dagegen sind eine Reihe von Medikamenten verfügbar, die teils den Abbau verlangsamen, teils den Aufbau anregen; mit keinem davon gelingt allerdings eine volle Wiederherstellung belastbarer Knochen. 

Wie Lorenz C. Hofbauer, Dresden, berichtete, ließen sich aber in der Steuerung der Knochenhomöostase weitere Ansatzpunkte für Medikamente finden, die noch wirksamer sein könnten. Inhibitoren der Protease Cathepsin K beispielsweise greifen wirksam in den Knochenabbau ein; einer hat mittlerweile Phase III der klinischen Erprobung erreicht. In Phase II befinden sich Antikörper, die den Botenstoff Sclerostin abfangen (der auf gedrosselte Knochenaufbau hinwirkt); im Tiermodell waren sie zur Steigerung der Knochenbildung imstande.

Krankheiten der Muskulatur

  • Während die Krankheiten der Knochen und Gelenke hohe Aufmerksamkeit erfahren, werden die Krankheiten der Muskulatur weit weniger beachtet. Dabei führen auch sie zu viel individuellem Leid und einer hohen Belastung für das Gesundheitswesen.

Das gilt beispielsweise für die idiopathischen Myositiden. Diese durch Autoimmunprozesse hervorgerufenen Muskelentzündungen lassen sich Heinz Wiendl, Münster, zufolge in der Mehrzahl der Fälle mit konventioneller Immunsuppressiver Therapie kontrollieren. In Einzelfällen werden Biologika eingesetzt, am meisten Erfahrung besteht momentan mit Rituximab.

Schwieriger ist die Therapiesituation bei Muskeldystrophien einer klinisch und genetisch heterogenen Gruppe von Erbkrankheiten, die Maggie C. Walter, München, vorstellte. Die Krankheiten führen zu fortschreitendem Verlust von Muskelfunktion. Eine Reihe von Therapien in der Entwicklung zielen darauf ab, zugrunde liegende Defekte im Dystrophin-Gen zu überwinden: durch zellbasierte Therapieansätze, virusbasierte Gentherapie oder Medikamente, die die Translation des betroffenen Gens beeinflussen (Exon Skipping oder Stop-Codon Readthrough). Andere bezwecken, durch Eingriff in Stoffwechselwege das Muskelwachstum anzuregen und Entzündung sowie Fibrose im Muskel zu reduzieren.

Von wachsender Bedeutung ist auch die Sarkopenie, die meist altersassoziierte Abnahme der Skelettmuskulatur, auf die Kristina Norman, Berlin, einging. Eine Sarkopenie kann jedoch auch im Rahmen von Erkrankungen oder bei Adipositas auftreten. 

Ihre Auswirkungen sind erhöhte Sturz- und Frakturgefahr, reduzierte Insulinsensitivität, verminderte Lebensqualität, verbunden mit einer erhöhten Belastung für das Gesundheitswesen. 

In der Erforschung der Sarkopenie sei noch viel Grundlagenarbeit zu leisten. So bemühe sich eine europäische und eine multinationale Arbeitsgruppe darum, die Diagnosekriterien zu überarbeiten, um die verschiedenen Sarkopeniephänotypen erfassen zu können. Als möglicherweise klinisch aussagefähigstes Maß für die Sarkopenie wird seit kurzem der Quotient von Muskelmasse und Body-Mass-Index verwendet.

Die Paul-Martini-Stiftung

Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung, Berlin, fördert die Arzneimittelforschung so-wie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie, anderen Forschungseinrichtungen und Vertretern der Gesundheitspolitik und der Behörden. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, der als Verband derzeit 46 forschende Pharma-Unternehmen vertritt.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

www.medizin-am-abend.blogspot.com 





Hausvogteiplatz 13
10117 Berlin
Deutschland
Berlin
E-Mail-Adresse: rolf.hoemke@paul-martini-stiftung.de

Dr. Rolf Hömke
Telefon: 030 / 20604-204
Fax: 030 / 20604-209
E-Mail-Adresse: r.hoemke@vfa.de


Barbara Schwalbach
Telefon: 030-20604-599
Fax: 030-20604-598
E-Mail-Adresse: barbara.schwalbach@paul-martini-stiftung.de
 

360°TOP-Thema: Vorhofflimmern erkennen und richtig handel: Immer Puls fühlen lassen!

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Vorhofflimmern früher erkennen – Schlaganfälle besser verhindern

Alle zehn Minuten ereignet sich in Deutschland ein Schlaganfall, der durch die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern verursacht ist. Viele dieser schweren Hirninfarkte wären vermeidbar, wenn die zugrundeliegende Rhythmusstörung rechtzeitig erkannt würde. Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) nutzt die heute beginnende Aktionswoche „Vorhofflimmern erkennen und richtig handeln“, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen und über die Behandlungsmöglichkeiten informieren. 

Durch Fühlen des Pulses kann eine Rhythmusstörung entdeckt werden.
Durch Fühlen des Pulses kann eine Rhythmusstörung entdeckt werden. Bild: Atrial Fibrillation Association
 
Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Vorhofflimmern. Auch wenn die Rhythmusstörung nicht unmittelbar lebensbedrohlich ist, kann sie doch schwere Komplikationen mit sich bringen, vor allem Schlaganfälle. 

  • Da sich durch Vorhofflimmern im Herzen Blutgerinnsel bilden und mit dem Blutstrom ins Gehirn gespült werden können, haben die Betroffenen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.

Rund ein Fünftel der etwa 240.000 Schlaganfälle, die sich jährlich in Deutschland ereignen, ist durch Vorhofflimmern bedingt.

Da Vorhofflimmern nicht immer mit spürbaren Symptomen verbunden ist, wissen viele Betroffene gar nicht, dass sie an dieser gefährlichen Rhythmusstörung leiden.

Immer wieder kommt es vor, dass erst nach einem schweren Schlaganfall festgestellt wird, dass der Patient Vorhofflimmern hat.

  • Um solche Fälle zu verhindern, kommt es darauf an, die Rhythmusstörung frühzeitig zu erkennen, damit sie angemessen behandelt werden kann, bevor es zu spät ist.
  • Der erste Schritt, um eine Rhythmusstörung zu entdecken, ist eine Pulsmessung, zum Beispiel beim Hausarzt oder auch, indem man selbst seinen Puls fühlt. 
  • Ist dabei ein unregelmäßiger Pulsschlag zu spüren, sollte ein EKG geschrieben werden, um zweifelsfrei festzustellen, ob es sich um Vorhofflimmern handelt.

Ist Vorhofflimmern erst einmal erkannt, kann das Schlaganfallrisiko durch gerinnungshemmende Medikamente (Antikoagulanzien) gesenkt werden.

Dafür stehen heutzutage neben dem altbekannten Phenprocumon (Handelsname: Marcumar) auch sogenannte nicht-Vitamin K-basierte orale Antikoagulanzien (NOAKs) zur Verfügung.

Der behandelnde Arzt entscheidet dabei individuell, welches Medikament für den betreffenden Patienten am besten geeignet ist.

„Durch eine bessere Früherkennung von Vorhofflimmern ließen sich viele schwere Schicksalsschläge vermeiden und enorme Kosten im Gesundheitssystem einsparen.

  • Deshalb ist es wichtig, dass Ärzte gezielt nach Vorhofflimmern suchen, indem sie bei ihren Patienten den Puls messen. 

Und wenn Vorhofflimmern vorliegt, sollte es rechtzeitig und konsequent mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt werden“, empfiehlt Prof. Dr. Andreas Goette, Chefarzt der Kardiologie im St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn und Vorstandsmitglied des AFNET.

Auf den Internetseiten des AFNET stehen weitere Informationen über Vorhofflimmern und die Behandlung zum Download bereit:

Patienteninformationsbroschüre Vorhofflimmern 

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/de/vorhofflimmern/broschuere-vorhoffl...


Anleitung zum Pulsmessen 

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/sites/default/files/dateien/seiten/pu...


Fragebogen zu Herzrhythmusstörungen 

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/sites/default/files/dateien/seiten/he...


Die Aktionswoche „Vorhofflimmern erkennen und richtig handeln“ (AF Aware Week) ist eine internationale Aufklärungskampagne, die ursprünglich von der britischen Atrial Fibrillation Association (AFA) ins Leben gerufen wurde, siehe

http://www.atrialfibrillation.org.uk/campaigns/afawareweek.html
 

Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland und Europa durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.



Medizin am Abend Berlin DirektKontakt




www.medizin-am-abend.blogspot.com

Dr. Angelika Leute
E-Mail: a.leute@t-online.de
Tel: 0202 2623395
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/de/vorhofflimmern/broschuere-vorhoffl...

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/sites/default/files/dateien/seiten/pu...

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/sites/default/files/dateien/seiten/he...

http://www.atrialfibrillation.org.uk/campaigns/afawareweek.html

Das nahende Weihnachtsfest nicht unbedingt als Fest der Freude?

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Geringeres Wohlbefinden bei vielen Europäern in der Weihnachtszeit

Viele Europäer erleben das nahende Weihnachtsfest nicht unbedingt als Fest der Freude, sondern eher als belastende und stressige Zeit. Dies belegt eine Studie der Universität Göttingen, in der Umfragedaten zum Thema Weihnachten und subjektives Wohlbefinden ausgewertet wurden. 

Im Allgemeinen waren Umfrageteilnehmer, die in der Weihnachtszeit befragt wurden, deutlich schlechter gestimmt und weniger zufrieden mit ihrem Leben als die Menschen, die zu anderen Zeiten im Jahr befragt worden waren. 

Christen, vor allem sehr gläubige, bilden hier jedoch eine Ausnahme. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Applied Research in Quality of Life erschienen.

Juniorprofessor Dr. Michael Mutz wertete umfangreiche Datenmengen aus elf europäischen Ländern christlicher Prägung aus, darunter Belgien, Estland, Deutschland, Ungarn, Irland, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden und Großbritannien.

Die Daten wurden aus zwei Umfragerunden im Rahmen der europäischen Sozialstudie European Social Survey zusammengetragen. Die Teilnehmenden wurden darüber befragt, wie zufrieden sie mit ihrem Leben seien und wie sie ihren emotionalen Zustand beurteilen würden.

„Christen, vor allem jene, die sich selbst als sehr religiös einstufen, sind in der Vorweihnachtsphase positiver eingestellt und zufriedener mit ihrem Leben“, so Prof. Mutz.

Laut Prof. Mutz wird das Wohlbefinden bei Christen in dieser Phase weniger negativ beeinflusst als bei Nicht-Christen.

Der Göttinger Soziologe führt den von vielen Menschen empfundenen Mangel an Lebensqualität und emotionalem Wohlbefinden auf den vorweihnachtlichen Trubel und die wachsende Ausrichtung auf materiellen Konsum zurück, die mit dieser festlichen Zeit einhergehen.

  •  „Viele fühlen sich gestresst durch den Druck, rechtzeitig Geschenke kaufen und die mit den Feiertagen verbundenen gesellschaftlichen Verpflichtungen erfüllen zu müssen. Finanzielle Sorgen werden oft als zusätzliche Belastung empfunden“, so Prof. Mutz.

  • Christliche Menschen handeln in der Vorweihnachtszeit hingegen weniger materialistisch und konsumorientiert und erleben nicht zuletzt dadurch auch weniger Stress: 

  • „Christliche Glaubenszugehörigkeit ist ein Schutzfaktor gegen den allgemeinen Verlust an subjektivem Wohlbefinden in der Weihnachtszeit.“

Originalveröffentlichung: Michael Mutz (2015). Christmas and Subjective Well-Being: A Research Note, Applied Research in Quality of Life, Doi: 10.1007/s11482-015-9441-8.


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt





www.medizin-am-abend.blogspot.com 


Juniorprofessor Dr. Michael Mutz
Georg-August-Universität Göttingen
Sozialwissenschaftliche Fakultät – Institut für Sportwissenschaften
Sprangerweg 2, Göttingen 37075
Telefon (0551) 39-5682
E-Mail: michael.mutz@sport.uni-goettingen.de
Thomas Richter Georg-August-Universität Göttingen



Unsere Internationale Praxis hat heute Weihnachtsfeier und dann gehts ins Wochenende.....! Poststress-Symptome?

Medizin am Abend Berlin:  Wenn man am Feiertag, am Wochenende und im Urlaub krank wird

Stark gestresste Menschen klagen am häufigsten über Poststress-Symptome 
 
  • Gestresste Zeitgenossen kennen das: Endlich Wochenende, Urlaub oder Feiertag, man will sich erholen – und wird krank. 

  • Diese Beschwerden nennt man Poststress-Symptome. 

  • Besonders typisch sind Infekte, Erschöpfungszustände, Migräne und Rückenschmerzen. 

Forscher der Universität Trier haben nun erstmals an Patienten mit stressbezogenen Beschwerden untersucht, wie häufig sie über Poststress-Symptome berichten.

Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, dass stark gestresste und erschöpfte Menschen, die eigentlich Erholung am nötigsten hätten, besonders häufig über Poststress-Symptome klagen.

Ein neues Diagnostikverfahren der Trierer Wissenschaftler und entsprechende Maßnahmen können die Beschwerden lindern.

In der Fachzeitschrift „Psychotherapy and Psychosomatics“ schreiben Sandra Waeldin und Kollegen, dass Poststress-Symptome bei gesunden Probanden, die nicht über besondere Stressbelastung klagen, eher selten sind (2,9 Prozent).

  • Demgegenüber findet man bei Patienten, die wegen stressbezogener Beschwerden ihren Hausarzt (20 Prozent) oder eine Fachklinik aufsuchen (34,6 Prozent), eine deutliche Zunahme an Poststress-Symptomen. Je größer die Stressbelastung und die nachfolgende Erschöpfung sind, desto häufiger werden Poststress-Symptome genannt.

An der Universität Trier beschäftigt sich die Arbeitsgruppe um Prof. Dirk Hellhammer seit vielen Jahren mit der Frage, wie es dazu kommen kann, dass gerade in Erholungsphasen psychische und körperliche Beschwerden auftreten.

  • „Stressbelastung mobilisiert besonders stark den Botenstoff Noradrenalin in unserem zentralen und autonomen Nervensystem. 

  • Sind die Anforderungen besonders intensiv und dauerhaft, dann übersteigt der Verbrauch an Noradrenalin die Neusynthese. 

  • In Ruhephasen wird dann zu wenig Noradrenalin freigesetzt und es kommt zu einer Balancestörung von Funktionen im Nerven- und Immunsystem, welche Poststress-Symptome hervorrufen“, erklärt Professor Hellhammer.

Mit „Neuropattern“, einem neu entwickelten Diagnostikverfahren der Trierer Wissenschaftler, lassen sich solche Fehlregulationen heute zuverlässig messen.

Sind derartige Beschwerden nachweisbar, kann eine individualisierte Zusammenstellung von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln mit Stress- und Pausenmanagement hilfreich sein.

Die Veröffentlichung ist online verfügbar: http://www.karger.com/Article/Pdf/438866


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt:

www.medizin-am-abend.blogspot.com


Sandra Waeldin
Universität Trier/Abteilung für Biologische und Klinische Psychologie
Mail: waeldin@uni-trier.de
Tel. 0651/201-3211
Peter Kuntz Universität Trier

Herzunterstützungssystem: Kunstherz Heartmate - pulslosen Blutpumpe oder künstlichen Puls?

Medizin am Abend Berlin Fazit:   „Die Pumpe gehört zu mir wie ein zweites Herz“

Europa-Rekord: Uwe S. lebt seit zehn Jahren mit einem Kunstherz / MHH versorgt jährlich 100 Patienten mit einem Herzunterstützungssystem 
 
Die Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten Erkrankungen in der westlichen Welt. 
Ist sie fortgeschritten, stellt eine Herztransplantation oft die einzige Überlebenschance dar.

Die Wartezeit auf ein Spenderorgan kann mit einem Herzunterstützungssystem überbrückt werden – auch Kunstherz genannt. 

Das ist eine mechanische Pumpe, die das eigene Herz dabei unterstützt, Blut in den Körper zu pumpen und so die Organe mit dem nötigen Sauerstoff zu versorgen. Die Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist eines der größten Zentren Europas, die Herzunterstützungssysteme einsetzen. Dort werden jedes Jahr rund 100 Patienten mit einem Kunstherz versorgt. Uwe S. aus Sachsen-Anhalt lebt bereits seit zehn Jahren damit und gilt als Europa-Rekordhalter. Ihm implantierten die MHH-Herzchirurgen 2005 eines der ersten Kunstherzen des Typs „Heartmate II“.

Hilfe für das Herz

Mit jedem Schlag pumpt ein gesundes Herz etwa 70 Prozent seiner Füllung in den Körperkreislauf. Ist das Herz stark geschwächt, kann es häufig nur noch 20 Prozent auswerfen.

„Dadurch wird das Herz überlastet und der Körper nicht mit genügend Sauerstoff versorgt.

Die Betroffenen leiden dadurch beispielsweise unter Leistungsschwäche, Kurzatmigkeit, Schwindel und Wassereinlagerungen in den Beinen und der Lunge“, erklärt Privatdozent Dr. Jan Schmitto, Bereichsleiter Herzunterstützungssysteme und Herztransplantation der Klinik.

In so einem Fall kann ein Kunstherz helfen. Es wird in die linke Herzkammer des Patienten eingesetzt und pumpt von dort aus das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge in den Körper. Betrieben wird das Gerät mittels Strom. Ein Kabel verbindet das Kunstherz mit der Steuerelektronik und den Batterien, die der Patient außerhalb des Körpers in einer Tasche trägt.

Kunstherz als einzige Chance

Die Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der MHH implantiert bereits seit mehr als 20 Jahren Kunstherzen. „Einen großen Fortschritt auf dem Gebiet stellte die Markteinführung des Typs „Heartmate II dar“, sagt Dr. Schmitto. Das Modell der Firma Thoratec gehört zu den weltweit am häufigsten implantierten Geräten. An der MHH wurde das „Heartmate II“ 2005 erstmals eingesetzt. Einer der ersten Patienten war Uwe S., der in einer stressigen Lebensphase zwei Herzinfarkte innerhalb einer Woche erlitten hatte. „Meine Herzleistung war nur noch sehr schwach. Als die Ärzte mir anboten, ein Kunstherz zu implantieren, gab es für mich eigentlich gar keine Alternative“, erinnert er sich. Am 12. November 2005 nahm Professor Dr. Martin Strüber den Eingriff vor, zu der Zeit war er Bereichsleiter Herzunterstützungssysteme und Herztransplantation der MHH-Klinik. Die Klinik nahm damals an einer Pilotstudie teil. In der Untersuchung sollte das Heartmate II – neu an dem Modell war das Konzept der „pulslosen“ Blutpumpe – als Überbrückung bis zu einer Herztransplantation getestet werden. Die Überbrückungszeit war auf 180 Tage ausgelegt. „Damals haben nur kühne Optimisten daran geglaubt, dass man zehn Jahre lang mit einer pulslosen Blutpumpe leben kann“, erklärt Professor Strüber.

Lebensrettender Begleiter

Schon kurze Zeit nach der Operation ging es Uwe S. deutlich besser. „Ich konnte vorher nur noch liegen. Plötzlich war es wieder möglich, zu gehen und körperlich aktiv zu sein. Das war toll.“ Trotzdem hat er einige Zeit gebraucht, die neue Situation zu akzeptieren. Denn eine gewisse Lebensumstellung erfordert ein Kunstherz schon:

Die Patienten müssen Medikamente einnehmen, besondere Hygieneregeln beachten und sich an den Umgang mit den Batterien gewöhnen. Heute sieht Uwe S. das Kunstherz als seinen lebensrettenden Begleiter. Den Begriff „Pumpe“ empfindet er als zu unpersönlich. „Das Gerät ist mein zweites Herz, und es gehört zu mir“, sagt er. Der 55-Jährige, der in zwei kommunalen Abfallentsorgungsunternehmen in führenden Positionen tätig ist, hofft, dass sein „zweites Herz“ ihm noch einige Jahre erhalten bleibt.

Bessere Geräte, bessere Operationsverfahren dank „Hannover“-OP-Technik

In den vergangenen zehn Jahren entwickelten sich die Herzunterstützungssysteme ständig weiter. Gleichzeitig erfanden die Herzchirurgen in Hannover Operationsmethoden, die es erlauben, Kunstherzen minimalinvasiv einzusetzen. „Das ist für die Patienten mit vielen Vorteilen verbunden“, erklärt Professor Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie. „Die OP-Zugänge sind kleiner, und die Patienten verlieren weniger Blut. Nach der Operation gibt es weniger Komplikationen, und der Aufenthalt im Krankenhaus ist kürzer.“ Sogar US-amerikanische Herzchirurgen kommen immer öfter nach Hannover, um diese minimalinvasive „Hannover“-OP-Technik zu erlernen und von den Erfahrungen der MHH-Herzchirurgen zu profitieren.

Auch das Nachfolge-Modell von „Heartmate II“ wird minimalinvasiv eingesetzt. Das weltweit erste „Heartmate III“ implantierten die Herzchirurgen der MHH im Juni 2014 einem 56-jährigen Mann aus Hessen. Das Gerät ist kleiner und technisch versierter als sein Vorgänger. Es kann beispielsweise einen künstlichen Puls erzeugen, wodurch das Thrombose-Risiko vermindert wird.

 „Heartmate III“ erbringt eine Pumpleistung von bis zu zehn Litern Blut pro Minute, was der vollen Leistung eines gesunden Herzens entspricht. Professor Haverich geht davon aus, dass die Kunstherztherapie auch zukünftig weiter große Fortschritte machen wird.

Kunstherzen als Dauertherapie

„Im Vergleich zu Patienten, die bei einer schweren Herzinsuffizienz nur medikamentös behandelt werden, haben Patienten mit einem Kunstherz eine sehr viel höhere Überlebensprognose und auch deutlich mehr Lebensqualität“, stellt Dr. Jan Schmitto fest.

Dienten die Herzunterstützungssysteme ursprünglich dazu, die Wartezeit der Patienten bis zu einer Transplantation zu überbrücken, werden sie inzwischen immer mehr zur Dauertherapie und als Alternative zur Herztransplantation eingesetzt. Das beste Beispiel dafür ist Uwe S., der – zumindest zurzeit – nicht an eine Transplantation denkt.

Angesichts fehlender Spenderorgane gewinnen die Unterstützungssysteme immer mehr an Bedeutung. Denn der tatsächliche Bedarf an Spenderherzen kann bei weitem nicht gedeckt werden. So standen 2014 in der MHH mehr als 50 Patienten auf der Warteliste. Es konnten aber nur etwa 25 Herz- und Herz-Lungen-Transplantationen vorgenommen werden. Im Gegensatz dazu setzten die MHH-Chirurgen mehr als 100 Kunstherzsysteme ein. 

 In vielen Fällen ist das Kunstherz die einzige Überlebenschance.



Dr. Jan Schmitto, Patient Uwe S., Professor Dr. Axel Haverich und Professor Dr. Martin Strüber mit unterschiedlichen Modellen des Heartmate. Dr. Jan Schmitto, Patient Uwe S., Professor Dr. Axel Haverich und Professor Dr. Martin Strüber mit unterschiedlichen Modellen des Heartmate.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

www.medizin-am-abend.blogspot.com

PD Dr. Jan Schmitto, Telefon (0511) 532-3453, schmitto.jan@mh-hannover.de
Stefan Zorn Medizinische Hochschule Hannover