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Herzinfarkt Therapie mit Patch

Ein neuartiges, gewebeverstärktes Patch könnte defekte Stellen im Herzen nicht nur wie bis anhin verschliessen, sondern heilen. Ein interdisziplinäres Team unter Leitung der ETH Zürich hat das Pflaster erfolgreich in Tieren implantiert.

Nach einem Herzinfarkt ist der Blutfluss zum Herzen unterbrochen, und der dadurch verursachte Sauerstoffmangel kann Schäden am Herzmuskel auslösen. 

In schweren Fällen kann dies zu einem Riss in der Herzwand führen, was einen sofortigen chirurgischen Eingriff erfordert. Heute werden solche Herzdefekte mit Pflastern aus Rinderherzbeuteln geschlossen, weil sie stabil, durchlässig und leicht zu implantieren sind.

Nun hat ein interdisziplinäres Forschungsteam der ETH Zürich und des Universitätsspitals Zürich unter Leitung von Professor Robert Katzschmann und Professor Omer Dzemali ein neuartiges, dreidimensionales Herzpflaster entwickelt. Dieses haben sie soeben im Fachmagazin Advanced Materials vorgestellt.

Nicht nur verschliessen, sondern heilen

Die derzeit verwendeten Rinderperikardpatches, kurz BPPs, haben erhebliche Nachteile: 

Sie sind biologisch inaktiv. Das heisst, sie bleiben als Fremdkörper im Herzen und können nicht abgebaut werden. 

Ausserdem können sie unerwünschte Reaktionen wie Verkalkung, Thrombosen oder Entzündungen hervorrufen. «Bisherige Herzpflaster integrieren sich nicht in das Gewebe und bleiben dauerhaft im Körper. Mit unserem Patch wollten wir dieses Problem lösen und ein Pflaster schaffen, das sich in das bestehende Herzgewebe integriert», erklärt Lewis Jones, Erstautor der Studie.

Der sogenannte ‘RCPatch’ (Reinforced Cardiac Patch) könnte langfristig eine Alternative zu herkömmlichen Patches aus Rinderperikard werden: «Unser Ziel war es, ein Pflaster zu entwickeln, das einen Defekt nicht nur verschliesst, sondern dazu beiträgt, diesen ganz zu beheben», erklärt Katzschmann.

Ein Patch, drei Komponenten

Der neuartige RCPatch hat erhebliche Vorteile gegenüber dem Rinderperikard, da er aus drei Teilen besteht: einem feinmaschigen Netz, das den Schaden abdichtet, einem 3D-gedruckten Gerüst für Stabilität und einem Hydrogel, das mit Herzmuskelzellen besiedelt ist. Das Stützgerüst kann man sich als eine verwinkelte Gitterstruktur vorstellen, die aus abbaubaren Polymeren besteht. Die Forschenden können diese im 3D-Drucker produzieren. «Das Gerüst ist stabil genug und bietet uns gleichzeitig die Möglichkeit, es mit einem Hydrogel mit lebenden Zellen zu füllen», erklärt Jones.

Um die Gitterstruktur im Herzen gut anbringen zu können, haben die ETH-Forschenden diese mit einem dünnen Netz kombiniert. Auch dieses Netz haben Katzschmann und sein Team mit dem gleichen Hydrogel angereichert. Dadurch kann sich der RCPatch vollständig in das umliegende Gewebe integrieren und mit den Herzmuskelzellen verwachsen. «Der grosse Vorteil besteht darin, dass sich das Stützgerüst vollständig auflöst, nachdem die Zellen sich mit dem Gewebe verbunden haben. Es bleibt also kein Fremdkörper mehr übrig», erläutert Jones.

Erste Tests am Herzen

Ein erster Tierversuch zeigte, dass sich das Pflaster gut implantieren lässt, und dem hohen Druck im Herzen standhält. Den Forschenden ist es dabei gelungen, Blutungen zu verhindern und die Herzfunktion wiederherzustellen. In präklinischen Tests an Schweinemodellen konnte der RCPatch einen künstlich erzeugten Defekt in der linken Herzkammer erfolgreich verschliessen. 

«Wir konnten zeigen, dass sich der Patch gut entwickelt und die Struktur selbst unter echtem Blutdruck standhält», so Katzschmann.

Damit schafft die Forschungsgruppe eine vielversprechende Grundlage, um ein implantierbares, mechanisch verstärktes und gewebebasiertes Herzpflaster für Menschen zu entwickeln. Langfristig soll der RCPatch bei Myokardschäden eingesetzt werden, mit dem Ziel, den Defekt nicht nur zu reparieren, sondern das Gewebe zu regenerieren und damit das Herz zu heilen. In den nächsten Schritten wollen die Forschenden das Material weiterentwickeln und seine Stabilität in länger dauernden Tierstudien untersuchen.

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Lewis Jones, ETH Zürich, ljones@ethz.ch

Originalpublikation:
Lewis S. Jones et al. Volumetric 3D Printing and Melt-Electrowriting to Fabricate Implantable Reinforced Cardiac Tissue Patches, Advanced Materials. DOI: 10.1002/adma.202504765

Erschoepfung

Ergebnis der reCOVer-Studie: Medikament BC007 lindert Erschöpfung

Ein interdisziplinäres Forschungsteam um Funktionsoberärztin PD Dr. Dr. Bettina Hohberger von der Augenklinik (Direktor: Prof. Dr. Friedrich E. Kruse) des Uniklinikums Erlangen fand im Rahmen der klinischen randomisierten Medikamentenstudie „reCOVer“ heraus: 

Das Medikament Rovunaptabin, besser bekannt als BC007, kann bei bestimmten Long-COVID-Betroffenen die mit der Krankheit verbundene belastende Erschöpfung (Fatigue) deutlich lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. 

Die Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „eClinicalMedicine“, herausgegeben von „The Lancet“, veröffentlicht.

Die reCOVer-Studie untersuchte ab Herbst 2023 insgesamt 30 Patientinnen und Patienten mit Long COVID, auch Post-COVID-Syndrom genannt, die auch Monate nach einer Coronainfektion noch unter typischen Langzeitfolgen litten – vor allem unter starker körperlicher und geistiger Erschöpfung. Gemeinsam war ihnen, dass sie bestimmte Autoantikörper im Blut aufwiesen, die dazu in der Lage sein können, Körperzellen fehlzusteuern.

Gezielte Behandlung gegen Autoantikörper::

Im Rahmen der reCOVer-Studie erhielten die Teilnehmenden zuerst entweder das Medikament BC007 oder ein Placebo. Nach einigen Wochen wurde die Therapie gewechselt, sodass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer die Möglichkeit bekam, BC007 zu erhalten. Das Medikament neutralisiert jene funktionellen Autoantikörper, die sich gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR-fAAbs) richten und die im Verdacht stehen, die Beschwerden bei Long COVID mitzuverursachen.

Studienleiterin Dr. Hohberger sagt: „Die Ergebnisse sind vielversprechend: Wir haben gesehen, dass die speziellen Autoantikörper nach der BC007-Therapie verschwanden. Die Erschöpfungssymptome nahmen nicht nur statistisch, sondern für die Patientinnen und Patienten auch spürbar ab. Die Lebensqualität verbesserte sich messbar.“ BC007 wurde insgesamt von allen Probandinnen und Probanden gut vertragen. „Unsere Studie liefert erste Hinweise auf eine ursächliche Therapie für eine bestimmte Gruppe von Long-COVID-Patientinnen und -Patienten“, so Bettina Hohberger weiter. „Das macht Hoffnung – für Betroffene, deren Alltag bislang massiv eingeschränkt ist und für die es bisher keine gezielte ursächliche Behandlung gab. Eine individuelle Diagnostik ist künftig entscheidend, um geeignete Zielgruppen für die Therapie präzise zu identifizieren.“

Die reCOVer-Studie wurde vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. An dem Forschungsprojekt waren ebenfalls Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Ärztinnen und Ärzte der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. Markus F. Neurath), der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie (Direktor: Prof. Dr. med. univ. Georg Schett), des Virologischen Instituts – Klinische und Molekulare Virologie (Direktor: Prof. Dr. Klaus Überla), der Medizinischen Klinik 2 – Kardiologie und Angiologie (Direktor: Prof. Dr. Stephan Achenbach) und des Center for Clinical Studies (Leiterin: Dr. Stefanie Maas) des Uniklinikums Erlangen beteiligt.

Direkt zur Originalstudie: https://www.thelancet.com/journals/eclinm/article/PIIS2589-5370(25)00290-1/fullt...

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PD Dr. Dr. Bettina Hohberger
Augenklinik des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-33001
recover.au@uk-erlangen.de


PD Dr. Dr. Bettina Hohberger
Augenklinik des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-33001
recover.au@uk-erlangen.de

Originalpublikation:
https://www.thelancet.com/journals/eclinm/article/PIIS2589-5370(25)00290-1/fullt...

Die Einsamkeit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erstmals einen Bericht über Einsamkeit und ihre Folgen herausgegeben. Demnach birgt der tief empfundene, unfreiwillige Kontaktmangel unter anderem erhebliche Risiken für die Gesundheit. „Das Thema Einsamkeit und seine Folgen wird in Deutschland über die Generationen hinweg noch unterschätzt“, ist Dr. Alexia Zurkuhlen, Vorstandsvorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA), sicher. Sie fordert, das mögliche Vorliegen von Einsamkeit bei der Prävention stärker zu berücksichtigen.

Laut WHO ist Einsamkeit für nahezu 880 000 Todesfälle pro Jahr weltweit verantwortlich. „Das Thema Einsamkeit und seine Folgen wird in Deutschland über die Generationen hinweg noch unterschätzt“, ist Dr. Alexia Zurkuhlen, Vorstandsvorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA), sicher. Während und nach Corona seien junge Leute und ältere Menschen - letztere insbesondere in Pflegeeinrichtungen - in den Fokus gekommen. Der aktuelle Deutsche Alterssurvey zeige aber, so Zurkuhlen, dass sich Menschen in der Lebensmitte einsamer fühlen als Menschen im Rentenalter.

„Dieses Ergebnis mag erst einmal überraschen“, sagte Zurkuhlen. „Es muss uns aber alarmieren. Wir sollten frühzeitig gegensteuern“, forderte sie mit Blick auf die Folgen, die Einsamkeit unter anderem für die Gesundheit haben kann. „Wir müssen mit dem Thema viel offensiver umgehen und Einsamkeit auch in der Prävention stärker mitdenken“, forderte die KDA-Vorständin. Hier sollten Kontaktstellen wie Praxen, Apotheken, Gesundheits- und Sozialämter, lokale Beratungsstellen sowie Vereine eingebunden werden. „Ein guter Ansatz bietet sich etwa, wenn jemand Freude am ehrenamtlichen Engagement hat“, so Zurkuhlen. Manchmal müsse man auf Möglichkeiten hingewiesen werden, konkrete Zugangsmöglichkeiten sollten aufgezeigt werden.

Viele Menschen im mittleren Alter fühlen sich einsam

Etwa jede elfte befragte Person ab 43 Jahren fühlte sich „sehr einsam“. Dabei fühlen sich die ab 76-Jährigen durchschnittlich weniger einsam als die Gruppe der 43- bis 55-Jährigen. Neben Alter und Geschlecht spielt der sozio-ökonomische Status – abgebildet über Einkommen und Erwerbsstatus - eine wichtige Rolle. Das ist das Ergebnis einer Auswertung des Deutschen Alterssurveys, die das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zum Thema Einsamkeit vorgenommen hat.

Der Druck, unter dem die „Sandwich-Generation“ zwischen Kindererziehung, familiären Verpflichtungen, beruflichem Anspruch, Engagement und in nicht wenigen Fällen der Pflege eines Angehörigen oder Freundes stehe, könne leicht zu einem Gefühl von „einsamem Funktionieren“ führen, gab Zurkuhlen zu bedenken. Das gelte ganz besonders für alleinerziehende Elternteile und Personen, die neben dem Beruf eine private Pflegeverantwortung haben. Auch die WHO-Studie nennt diese Gruppen ausdrücklich. „Hier liefern unsere Projekte unmissverständlich die Erkenntnis, dass die Betreuung eines An- oder Zugehörigen zwar oft selbstverständlich ist, aber tatsächlich auch sehr einsam machen kann, unabhängig vom eigenen Alter“, bestätigte die KDA-Vorständin.

Einsamkeitsfallen aufbrechen

Wichtig ist Zurkuhlen, klarzustellen, dass Einsamkeit nicht Alleinsein meint. Einsamkeit beschreibe vielmehr ein individuelles Empfinden und Erleben. Während das Alleinsein durchaus als Pause vom Alltagstrubel propagiert werde, unterliege Einsamkeit „weitgehend einem gesellschaftlichen Tabu“, so Zurkuhlen. „Dies müssen wir aufbrechen und offensiv sowie präventiv Einsamkeitsfallen angehen“, forderte Zurkuhlen. Das subjektive Erleben von Einsamkeit sei eine „existenzielle und schmerzvolle Erfahrung“ mit vielfältigen Auswirkungen auf Psyche und Körper, aber auch auf das Verhalten im sozialen Umfeld.

Die Wissenschaftler der WHO haben für den Einsamkeits-Report weltweit Studien ausgewertet. Allein zu sein, ist demnach mit einem etwa 30 Prozent erhöhtem Risiko für einen vorzeitigen Tod verbunden, wobei allerdings die Daten vor allem aus wohlhabenden Staaten stammen. Ebenfalls um bis zu 30 Prozent steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Gefahr eines kognitiven Abbaus im Alter sei bei den Betroffenen um etwa 15 Prozent erhöht - bei der Alzheimererkrankung kann die Wahrscheinlichkeit sogar um bis zu 70 Prozent ansteigen. Auch ein Zusammenhang zwischen Einsamkeit und psychischen Leiden wie Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen und Suizidalität wird gesehen.

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Dr. Alexia Zurkuhlen, Vorstandsvorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA): info@kda.de

Bakterienbefall bei Menschen mit Leberzirrhose

Forschungsverbund INDIVO sucht Wege zur genaueren Diagnose und gezielter Behandlung von Bakterienbefall bei Menschen mit Leberzirrhose.

Leberzirrhose ist die vierthäufigste Todesursache in Europa, Tendenz steigend. Dabei wird das Lebergewebe zerstört und durch funktionsloses Bindegewebe ersetzt. Durch den Umbau verhärtet die Leber, vernarbt und kann ihre Aufgabe als zentrales Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan nicht mehr wahrnehmen. Ein ganz besonderes Problem sind Infektionen. Betroffene mit Leberzirrhose leiden an einer komplexen Störung des Immunsystems, die sogenannte Zirrhose-assoziierte Immundysfunktion (cirrhosis-associated immune dysfunction, CAID). Aufgrund von CAID haben sie ein etwa siebenfach höheres Risiko, an bakteriellen Infektionen zu erkranken und zu versterben. Zwar helfen Antibiotika, doch ihr Einsatz wird zunehmend schwierig, da immer mehr multiresistente Keime im Umlauf sind. Für eine gezielte Antibiotika-Gabe ist es wichtig zu wissen, welches Bakterium konkret für die jeweilige Infektion verantwortlich ist. Doch die herkömmlichen Methoden für einen Erregernachweis sind zeitaufwändig und häufig nicht sensitiv genug, weshalb nicht selten Breitband-Antibiotika verwendet werden, welche die Ausbreitung von Resistenzen weiter fördern.

Ein Forschungsteam um Professor Dr. Benjamin Maasoumy, Leitender Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), sucht nun mit KI-basierten Analysemethoden neue Wege für eine genauere Diagnose und eine personalisierte Behandlung, die exakt auf das individuelle Infektionsrisiko des Patienten und den Schweregrad der Infektion zugeschnitten ist. Das Projekt „INDIVO“ wird im Rahmen des Förderprogramms zum Ausbau der personalisierten Medizin vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung über fünf Jahre mit rund drei Millionen Euro unterstützt.

Darmbakterien häufigste Infektionsquelle

Die genauen Mechanismen der CAID sind zwar noch nicht vollständig geklärt. Verschiedene Faktoren spielen jedoch offenbar eine Schlüsselrolle, etwa Bluthochdruck in der Pfortader – der Vene, die sauerstoffarmes und nährstoffreiches Blut in die Leber transportiert. Auch Entzündungsreaktionen aufgrund der verstärkten Infektionen und eine ungünstige Veränderung der Darmflora sorgen dafür, dass Bakterien aus dem Darmmikrobiom durch die Darmwand in das Blut einwandern können und den Krankheitsverlauf verschlechtern. „Die Darmbakterien gelten als häufigste Infektionsquelle und verursachen vor allem Harnwegsinfekte und Bauchfellentzündungen“, sagt Professor Maasoumy, der auch im Exzellenzcluster RESIST zu Leberinfektionen forscht. „Vor allem letztere sind problematisch, können weitere Komplikationen wie Verwirrtheit und Koma befördern und sind verantwortlich, dass bis zu 30 Prozent der Patientinnen und Patienten innerhalb des ersten Monats sterben. Eine rechtzeitige Diagnose und die sofortige Einleitung einer angemessenen Antibiotikabehandlung sind daher von entscheidender Bedeutung". Und die Uhr tickt, denn mit jeder Stunde Verzögerung bei der Einleitung einer wirksamen Antibiotikabehandlung steigt die Sterblichkeit um drei Prozent.

Stellschrauben feiner einstellen

„Das Dilemma ist, dass Breitbandantibiotika häufig eingesetzt werden, weil wir bei Patientinnen und Patienten mit schweren Verläufen keine zweite Chance haben, die Infektion in den Griff zu bekommen“, stellt der Leberforscher fest. „Gleichzeitig werden so etwa 80 Prozent der Betroffenen überbehandelt.“ Professor Maasoumy und sein Team wollen nun die Stellschrauben für Diagnose und Behandlung feiner einstellen. Sie wollen das Immunsystem der Leberzirrhose-Betroffenen und ihren allgemeinen Gesundheitszustand individuell und die Infektionserreger identifizieren und direkt bekämpfen. Außerdem wollen sie feststellen, welche Patientinnen und Patienten für eine Prophylaxe-Behandlung etwa mit Fluorchinolonen in Frage kommen. Dieses Antibiotikum senkt nachweislich das Risiko für eine Bauchfellentzündung und kann das Gesamtüberleben verbessern. „Die ursprünglich vorgeschlagenen Kriterien für die Auswahl von Patienten für eine Primärprophylaxe sind jedoch nach wie vor umstritten und scheinen nicht ausreichend zielgerecht zu sein“, stellt der Hepatologe fest.

Prognose der Leberzirrhose verbessern

Die Forschenden wollen nun das Darmmikrobiom der Betroffenen bestimmen, das Immunsystem in den Blick nehmen, Blutuntersuchungen vornehmen und alle Daten mit Hilfe KI-basierter Methoden analysieren und auswerten. „Ziel ist es, die Infektionen in den Griff zu bekommen, damit die Leber Ruhe hat, sich wieder zu erholen“, betont Professor Maasoumy. Denn die Leber ist das einzige Organ in unserem Körper, das sich selbst regenerieren und nachwachsen kann. Und das funktioniert sogar, wenn das Gewebe nachhaltig geschädigt ist. „Früher galt, dass eine Leberzirrhose das irreversible Endstadium chronischer Lebererkrankungen ist“, stellt der Hepatologe fest. „Heute wissen wir, dass eine wirksame Therapie der Grunderkrankung die Prognose einer Leberzirrhose deutlich verbessert.“ Dieser Ansatz, so ist Professor Maasoumy sicher, hilft selbst schwerstkranken Patientinnen und Patienten, die ein neues Organ benötigen. „Wenn wir ihnen zusätzliche Infektionen und Entzündungen ersparen können, vermeiden wir auch unerwünschte Komplikationen und vor allem das Versterben auf der Warteliste für eine Transplantation.“

Das Projekt INDIVO (Individualisierte Prävention und Behandlung von Infektionen bei Patienten mit Leberzirrhose) unter der Leitung der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie steht in Zusammenhang mit dem MHH-Forschungsschwerpunkt „Infektion und Immunität“. Es erfolgt in Kooperation mit dem MHH-Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene sowie mit dem Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und der Technischen Universität Braunschweig.

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Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Benjamin Maasoumy, 

maasoumy.benjamin@mh-hannover.de.

Asthma Bronchiale

Medikamente gegen Asthma bronchiale verlieren häufig im Laufe der Zeit ihre Wirkung. 

Und sie verhindern nicht, dass sich das Bronchiengewebe verdickt.

Gegen dieses gefürchtete sogenannte Remodeling haben Forschende der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Bonn und des Universitätsklinikums Bonn einen Pflanzenwirkstoff erfolgreich getestet. Der Wirkstoff aus der Korallenbeere Ardisia Crenata hemmt ein bestimmtes Protein und sorgt so dafür, dass sich weniger Kollagen im Bronchialgewebe ansammelt. Zudem wird auch weniger Schleim produziert und abgesondert. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift „Molecular Therapy“ vom 23. Juli 2025.

Menschen mit Asthma bronchiale leiden anfallsweise an Atemnot, die durch eine Verengung der Atemwege hervorgerufen wird. „Meistens werden antientzündliche Medikamente verabreicht, wobei aber nicht ganz klar ist, wie Entzündung und Verengung zusammenhängen“, sagt Prof. Dr. Daniela Wenzel, Leiterin der Abteilung für Systemphysiologie an der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. „Häufig wirken diese Medikamente irgendwann nicht mehr.“ Hinzu kommt, dass sich bei Asthmapatient*innen das Bronchialgewebe häufig durch die Ansammlung von Kollagen verdickt. Auch bilden sich vermehrt Becherzellen, die Schleim produzieren und die Atmung zusätzlich erschweren. Gegen diese Veränderungen existiert noch kein Medikament.

Das Protein direkt angehen

Der Wirkstoff aus Ardisia Crenata verhinderte das Remodeling der Bronchien in der Studie. Er bindet an ein bestimmtes Protein – das Gq-Protein – und hemmt es damit direkt. „Andere Medikamente zielen vielfach auf Rezeptoren für das Gq-Protein, von denen es aber jede Menge verschiedene gibt“, erklärt Jennifer Dietrich, Erstautorin der Studie. „Daher haben wir entschieden, den Weg von der anderen Seite her zu beschreiten und das Protein direkt anzugehen.“

In einem Mausmodell für chronisches Asthma bronchiale testeten die Forschenden den Wirkstoff über fünf Wochen, wobei er in flüssiger Form direkt in die Lunge verabreicht wurde. „Wir konnten sehen, dass das Remodeling abnahm, sich weniger Kollagen ablagerte und weniger schleimproduzierende Becherzellen in der Epithelschicht des Bronchialgewebes auffindbar waren“, berichtet Jennifer Dietrich. Tests an menschlichen Kollagen-produzierenden Zellen ergaben, dass sie unter dem Einfluss des Wirkstoffs langsamer wuchsen, sogar bei einer Stimulation durch Asthma-assoziierte Wachstumsfaktoren. Versuche mit menschlichen Schleim-produzierenden Lungenzellen ergaben, dass der Wirkstoff die Schleimsekretion und die Schleimproduktion reduziert. Diese Ergebnisse bestätigten sich in Experimenten an Lungenschnitten von Menschen, die an Asthma verstorben waren.

Ein aussichtsreicher Kandidat für die künftige Behandlung

„Aus früheren Studien wissen wir, dass der Wirkstoff auch das extreme Zusammenziehen der Bronchien verhindert“, sagt Daniela Wenzel. 

„Er ist also ein sehr aussichtsreicher Kandidat für die zukünftige Asthma-Therapie.“ Bindet der Wirkstoff einmal an das Gq-Protein, bleibt er mehrere Tage dort aktiv – wesentlich länger als andere experimentell getestete Wirkstoffe.

Kooperationspartner

An der Studie waren neben den Teams der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Bonn und des Universitätsklinikums Bonn Forschende der Rutgers University, USA, beteiligt.

Förderung

Die Arbeiten wurden unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (FOR 2372, Projektnr. 273251628, WE4461/2-1 und 2, FL-276/8-1 und 2).

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Prof. Dr. Daniela Wenzel
Institut für Physiologie
Abteilung für Systemphysiologie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel. +49 234 32 29100
E-Mail: daniela.wenzel@ruhr-uni-bochum.de

Prof. Dr. Bernd K. Fleischmann
Institut für Physiologie I
Universitätsklinikum Bonn
Medizinische Fakultät
Universität Bonn
Tel.: +49 228 6885 200
E-Mail: bernd.fleischmann@uni-bonn.de

Originalpublikation:
Jennifer M. Dietrich, Michaela Matthey, Annika Simon, Alexander Seidinger, Cynthia Koziol-White, Reynold A. Panettieri Jr., Bernd K. Fleischmann, Daniela Wenzel: Pharmacological Gq Targeting Prevents Asthmatic Airway Remodeling, in: Molecular Therapy, 2025, DOI: 10.1016/j.ymthe.2025.07.032, 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40708198/

Der Geruchssinn

Wie wir riechen, ist nicht nur Geschmackssache – sondern auch eine Frage der Gene. 

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Leipzig hat die bislang größte genetische Studie zum menschlichen Geruchssinn durchgeführt. 

Dabei haben die Forschenden des Instituts für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE) sieben neue genetische Regionen gefunden, die mit der Fähigkeit, Gerüche zu erkennen, zusammenhängen. Die Ergebnisse könnten langfristig helfen, Geruchsstörungen besser zu verstehen und Krankheiten früher zu erkennen. Die wissenschaftliche Publikation ist jetzt im Journal „Nature Communications“ veröffentlicht worden.

Der Geruchssinn ist der bisher am wenigsten erforschte unserer Sinne – obwohl Geruchsstörungen die Lebensqualität stark beeinträchtigen und Hinweise auf Erkrankungen geben können. In der aktuellen Studie wurden die genetischen Grundlagen des Geruchssinns bei über 21.000 Menschen europäischer Herkunft analysiert. Ein besonderes Augenmerk lag auf möglichen Unterschieden zwischen Frauen und Männern. Dafür wurden sogenannte genomweite Assoziationsanalysen genutzt, bei denen das Erbgut vieler Menschen miteinander verglichen wird.

MaAB -CAVE:

Verbindung des Geruchssinns zu Alzheimer und Hormonen

„Wir haben zehn genetische Regionen gefunden, die mit der Fähigkeit, bestimmte Gerüche zu erkennen, zusammenhängen – sieben davon wurden erstmals entdeckt. Drei dieser Regionen zeigen zudem geschlechtsspezifische Effekte, sie wirken also bei Männern und Frauen unterschiedlich“, sagt Prof. Dr. Markus Scholz, Leiter der Studie vom Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie der Universität Leipzig. Die Ergebnisse helfen zu verstehen, warum Frauen zum Beispiel während ihres Zyklus oder in der Schwangerschaft Gerüche anders wahrnehmen. Sie könnten auch dazu beitragen, medizinische Diagnosen besser an das Geschlecht anzupassen.

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie: 

„Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Risiko für die Alzheimer-Krankheit und der Fähigkeit, Gerüche zu erkennen. 

Das verstärkt Hinweise darauf, dass der Geruchssinn, Geschlechtshormone und neurodegenerative Erkrankungen verknüpft sind“, sagt Franz Förster, Erstautor der Studie und Nachwuchswissenschaftler an der Medizinischen Fakultät. 

Die genetischen Einflüsse waren in der aktuellen Analyse jeweils auf einzelne Gerüche beschränkt – es gab keinen „Universal-Genort“, der die Wahrnehmung mehrerer Gerüche beeinflusst.

Alltagsgerüche mit Riechstiften erkennen

In der Leipziger LIFE-Adult-Studie und weiteren Partnerstudien mussten die Teilnehmer:innen zwölf verschiedene Alltagsgerüche erkennen, die mit speziellen Riechstiften präsentiert wurden. Die Antworten wurden mit den genetischen Daten abgeglichen und in einer großen Metaanalyse federführend vom IMISE ausgewertet.

Aktuell läuft in der deutschlandweiten NAKO-Studie, an der auch die Universität Leipzig beteiligt ist, eine noch größere Untersuchung, an der rund 200.000 Menschen teilnehmen. Die Forschenden des IMISE erwarten, dadurch die genetischen und geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Riechen bald noch genauer untersuchen zu können.

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Prof. Dr. Markus Scholz
Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE)
Universität Leipzig
Telefon: +49 341 97-16100
E-Mail:

markus.scholz@imise.uni-leipzig.de

Originalpublikation:
Originaltitel der Publikation in Nature Communications: "Genome-wide association meta analysis of human olfactory identification discovers sex-specific and sex-differential genetic variants" https://doi.org/10.1038/s41467-025-61330-y

Weitere Informationen finden Sie unter
Informationen zur NAKO-Studie

Entzündungswerte

Menschen mit Diabetes leiden überdurchschnittlich häufig an Depressionen – mit teils erheblichen Folgen für die Lebensqualität und für Krankheitsverläufe. Forschende des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), des Forschungsinstituts an der Diabetes Akademie Mergentheim (FIDAM) und des Deutschen Zentrums für Diabetes Forschung (DZD) konnten nun zeigen, dass Biomarker für chronische Entzündungswerte den Therapieerfolg von depressiven Symptomen beeinflussen – jedoch bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes auf sehr unterschiedliche Weise. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Therapie von Depressionen bei Menschen mit Diabetes zukünftig individuell anzupassen.

Entzündungsmarker und Depressionsverlauf wurden über ein Jahr untersucht::

Entzündliche Prozesse könnten hierbei eine Schlüsselrolle spielen, denn chronische Entzündungsreaktionen im Körper gelten heute als gemeinsamer biologischer Hintergrundmechanismus sowohl für Diabetes als auch für Depressionen. Bisherige Studien zeigten: Wenn sich Entzündungsmarker im Blut verändern, kann dies mit einer Besserung oder Verschlechterung unterschiedlichster depressiver Symptome einhergehen. „Faktoren zu identifizieren, die mit dem Therapieerfolg bei Depressionen zusammenhängen, ist wichtig, um die richtigen Therapien für Menschen mit Diabetes auszuwählen“, erklärt Prof. Christian Herder, Erstautor der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe Inflammation am DDZ.

Während frühere Studien oft den Fokus auf einzelne Entzündungsmarker legten, nutzte diese, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Analyse, ein breites Panel an Markern im Blut und differenzierte zwischen verschiedenen Depressionssymptomen. Die Analyse basiert auf Daten von 521 Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes aus drei verschiedenen Interventionsstudien am FIDAM, welche die Wirkung einer Verhaltenstherapie auf Menschen mit Typ-1- und Typ-2- Diabetes und Depressionssymptomen untersuchten. Mithilfe eines Fragebogens zur Erfassung depressiver Symptome (Center for Epidemiologic Studies Depression Scale/CES-D) und der Messung von 76 Entzündungsmarkern im Blut untersuchte das Forschungsteam, ob es Zusammenhänge zwischen Entzündungsniveau und Veränderung der Depressionsschwere innerhalb eines Jahres gab.

Gegensätzliche Effekte je nach Diabetes-Typ

Die Ergebnisse zeigen ein überraschendes Muster: Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und höheren Entzündungsmarkern verbesserten sich die depressiven Symptome durch die Verhaltenstherapie signifikant – insbesondere bei kognitiv-affektiven Beschwerden und Anhedonie (Freudlosigkeit). Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und höheren Entzündungswerten erzielte die Verhaltenstherapie nur eine geringere Verbesserung – vor allem bei somatischen Symptomen wie Erschöpfung, Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit.

Warum sich die Zusammenhänge zwischen Entzündungsmarkern und depressiven Symptomen bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes so deutlich unterscheiden, ist noch nicht abschließend geklärt. 

Möglicherweise spielen die jeweils unterschiedlichen Formen der Immunaktivierung eine Rolle – also Autoimmunprozesse bei Typ-1-Diabetes und metabolisch bedingte Entzündungen bei Typ-2-Diabetes. „Um die zugrundeliegenden Mechanismen und die Rolle psychotherapeutischer und entzündungshemmender Behandlungsansätze besser zu verstehen, sind weitere Studien notwendig“, betont Prof. Michael Roden, wissenschaftlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vorstands des DDZ sowie Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.

Bedeutung für die Zukunft: Präzisionsmedizin für Psyche und Stoffwechsel

Die Erkenntnisse könnten die zukünftige Therapieauswahl beeinflussen: „Menschen mit Typ-2-Diabetes und hohem Entzündungsniveau sprechen womöglich besonders gut auf eine Veränderung depressiver Kognitionen durch eine kognitive Verhaltenstherapie an. Menschen mit Typ-1-Diabetes und hohen Entzündungswerten könnten hingegen eher von medikamentösen, anti-entzündlichen Therapien profitieren“, erklärt Prof. Norbert Hermanns vom FIDAM.

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Prof. Christian Herder
Leiter der Arbeitsgruppe Inflammation
Institut für Klinische Diabetologie
Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ)

Originalpublikation:
Titel: Biomarkers of inflammation and improvement in depressive symptoms in type 1 and type 2 diabetes: differential associations with depressive symptom clusters
Autoren: Herder, C., Zhu, A., Schmitt, A. et al.
Doi: https://doi.org/10.1007/s00125-025-06472-w

Behandlung von Nackenschmerzen

Bewegung und entsprechende Patientenedukation sind die wichtigsten Ansätze zur erfolgreichen Behandlung von Nackenschmerzen – diese und weitere Botschaften hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) in der neuen S3-Leitlinie zu Nackenschmerzen zusammengefasst.

Nackenschmerzen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in der hausärztlichen Praxis. 

Für den unteren Rücken liegt eine Nationale Versorgungsleitlinie vor, für den oberen Rücken gibt es seit rund 20 Jahren eine DEGAM-Leitlinie für die hausärztliche Praxis. Vor einigen Tagen wurde ein Update und Upgrade als S3-Leitlinie „Nicht-spezifische Nackenschmerzen im hausärztlichen Setting“ veröffentlicht. Update und Upgrade wurden vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert.

Nackenschmerzen haben in der Regel keine gefährliche Ursache. „Trotzdem gilt es auch hier, genau hinzuschauen, um die (wenigen) abwendbar gefährlichen Verläufe herauszufiltern. Insofern ist die Behandlung dieser Schmerzen ein Paradebeispiel für die Arbeitsweise in der Allgemeinmedizin, deren Ziel es ist, das richtige Maß zu treffen – also das Richtige zu tun und das Überflüssige oder gar Schädliche zu unterlassen“, erklärt Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM, der vor rund 20 Jahren die erste Version der Leitlinie zu Nackenschmerzen im hausärztlichen Setting erarbeitet hat.

In der Leitlinie wird die aktuelle Evidenz zusammengefasst: Am wirksamsten ist Bewegung. Überschätzt werden hingegen die Effekte von Analgetika, passiven Therapien (Massage, Akupunktur, physikalische Methoden, Taping etc.) sowie die Rolle von bildgebenden Verfahren. Damit übernimmt die neue Version der Leitlinie zentrale Therapieempfehlungen aus der Vorgängerversion. Wichtige Änderungen gibt es bei den Empfehlungen zur Patientenedukation: In der Leitlinie wird aufgezeigt, dass eine gelingende Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten gute Ergebnisse in der Therapie bringt.

„Die Leitlinie zeigt uns ganz deutlich, dass Bewegung bei Nackenschmerzen das Maß aller Dinge ist. Um Patientinnen und Patienten dazu zu motivieren, braucht es ein gutes, wertschätzendes Gespräch“, kommentiert Prof. Thomas Kötter, federführender Autor der Leitlinie für die DEGAM. Dass ein stärkerer Fokus auf der Kommunikation liegt, ist berechtigt. Denn die Wirksamkeit von Bewegung bei Nackenschmerzen ist noch nicht überall angekommen. „Viele Patientinnen und Patienten fürchten, dass Bewegung schaden könnte. Eine gute Kommunikation bedeutet, diese Ängste ernst zu nehmen. Es ist wichtig, über individuelle Krankheitsvorstellungen, Sorgen und Erwartungen offen zu sprechen und verschiedene Ansätze vorzustellen, um Bewegung zu ermöglichen“, so Thomas Kötter weiter. Hier sei es wichtig, auf entsprechende Schmerzmittel hinzuweisen. Auch Wärmeanwendungen sind als Mittel zum Zweck sinnvoll und tragen dazu bei, eine Schonhaltung zu vermeiden, die die Schmerzen in der Regel verstärken würde.

Hier kommen Sie zur S3-Leitlinie Nicht-spezifische Nackenschmerzen der DEGAM: 

https://www.degam.de/leitlinie-s3-053-007

Natascha Hövener
DEGAM
Telefon: 030 – 20 966 98 16
E-Mail: hoevener@degam.de

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Schumannstraße 9, 10117 Berlin
Präsident: Prof. Dr. med. Martin Scherer (Hamburg)
http://www.degam.de

Über die DEGAM

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die Allgemeinmedizin als anerkannte wissenschaftliche Disziplin zu fördern und sie als Rückgrat der Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Die DEGAM ist Ansprechpartnerin bei allen Fragen zur wissenschaftlichen Entwicklung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen, zur Fort- und Weiterbildung sowie zum Qualitätsmanagement. Sie erarbeitet eigene wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die hausärztliche Praxis und beteiligt sich auch an interdisziplinären Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Die Aktivitäten der Nachwuchsförderung werden überwiegend von der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) realisiert.

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Prof. Dr. med. Martin Scherer, Präsident der DEGAM
E-Mail: m.scherer@uke.de

Prof. Dr. med. Thomas Kötter, Autor der Leitlinie
E-Mail: thomas.koetter@uni-luebeck.den


Weitere Informationen finden Sie unter


DEGAM-Leitlinie Nicht-spezifische Nackenschmerzen

Unser Kinderwunsch kontra Geburtenrate

Die Geburtenrate in Deutschland ist zwischen 2021 und 2024 deutlich von 1,58 auf 1,35 Kinder pro Frau gesunken. 

Dahingegen blieb die – darüber liegende - Anzahl der gewünschten Kinder im gleichen Zeitraum stabil.

Dies zeigt eine aktuelle Auswertung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die auf Basis des familiendemografischen Panels FReDA beruht. 

Frauen wünschen sich demnach im Schnitt 1,76, Männer 1,74 Kinder – und damit deutlich mehr als aktuell geboren werden. 

Die Forschenden sehen darin einen Hinweis, dass geplante Geburten zunächst aufgeschoben werden.

Fertility Gap“ vergrößert sich

„Die durchschnittliche Anzahl der Kinder, die junge Erwachsene bekommen möchten, ist in den letzten Jahren konstant geblieben und liegt deutlich über der aktuellen Geburtenrate“, erklärt die Bevölkerungsforscherin Dr. Carmen Friedrich vom BiB. Dadurch hat sich der sogenannte „Fertility Gap“ – also die Lücke zwischen gewünschter Kinderzahl und Geburtenrate – zuletzt kräftig erhöht, bei Frauen verdoppelte er sich auf 0,41. Gleichzeitig ist neben der Geburtenrate auch die konkrete Intention, in naher Zukunft ein Kind zu bekommen, spürbar zurückgegangen. Zwischen 2021 und 2024 sank der Anteil der 30- bis 39-Jährigen, die in den nächsten drei Jahren ein (weiteres) Kind planen bei Frauen von 28 % auf 24 %, bei Männern von 28 % auf 25 %. „Kinder zu bekommen bleibt ein zentrales Lebensziel für die meisten jungen Menschen. Der derzeitige Geburtenrückgang zeigt also keinen Rückgang der Familienorientierung, sondern weist vielmehr auf ein Aufschieben von Geburten hin“, schlussfolgert Friedrich. Mit der aktuellen Geburtenrate liegt Deutschland im Mittelfeld der europäischen Staaten. In anderen Industrienationen, wie beispielsweise Südkorea, liegt die Geburtenrate deutlich unter dem deutschen Wert.

Multiple Krisen als eine Ursache des Geburtenaufschubs

Einen zentralen Erklärungsfaktor vermuten die Autoren der Studie in einer subjektiv empfundenen Unsicherheit bei jungen Erwachsenen, die sich aus der Kombination von internationalen Krisen (Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimawandel) und ungewissen wirtschaftlichen und persönlichen Rahmenbedingungen ergibt. „Unsicherheit wirkt sich negativ auf die Familienplanung aus. Verlässliche Kindertagesbetreuung, bezahlbarer Wohnraum und politische Handlungsfähigkeit sind essenziell, um jungen Menschen Sicherheit zu geben“, meint Mitautor Prof. Martin Bujard vom BiB. „Dies kann dazu beitragen, dass vorhandene Kinderwünsche häufiger umgesetzt und nicht dauerhaft aufgeschoben werden.“

Über FReDA
Die Analyse beruht auf Daten des familiendemografischen Panels FReDA. Befragt wurden repräsentativ ausgewählte Menschen im Alter von 18 bis 52 Jahren, die in Deutschland wohnen. Zweimal im Jahr erhebt die Studie Daten zu partnerschaftlichen und familiären Lebenssituationen in Deutschland. Durch FReDA werden der Forschung repräsentative, belastbare und qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung gestellt und somit aktuelle Analysen zu Familie und Bevölkerung im jungen und mittleren Erwachsenenalter ermöglicht. Mehr Informationen unter www.freda-panel.de.

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Prof. Dr. Martin Bujard 

martin.bujard@bib.bund.de

Dr. Carmen Friedrich 

carmen.friedrich@bib.bund.de

Originalpublikation:
Friedrich, Carmen und Bujard, Martin: Stabile Kinderwünsche trotz Geburtenrückgang.
Werden Geburten wegen der Krisen aufgeschoben? In: BiB.Aktuell 6/2025


http://https:www.bib.bund.de/Publikation/2025/BiB-Aktuell-2025-6

Falsche Verordnungen

Bei konservativ zu behandelnden Verletzungen und Brüchen an der Wirbelsäule gibt es bislang wenig Evidenz für Hilfsmittel wie Bandagen und Orthesen. Warum trotzdem ein sehr großes Potenzial in ihnen liegt und was dabei differenziert zu betrachten ist, darüber referiert Prof. Dr. med. Bernd Greitemann, Orthopäde und Sportmediziner (Bad Rothenfelde) auf dem 16. Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie (ZKOS).

Eine Hauptgruppe Betroffener, denen bestimmte Orthesen gut helfen, sind Menschen ab 60/65 Jahren mit Osteoporose-Brüchen (Sinterungsfrakturen). „Zwar heilt der Bruch durch die Orthese nicht schneller, aber den Patienten wird besser der Schmerz genommen“, so Prof. Greitemann.

Durch eine spezielle Drei-Punkt-Abstützung erfolgt eine Haltungsaufrichtung und damit eine Entlastung der Strukturen. Die Betroffenen können sich besser bewegen und fallen durch das aufrechte Gehen nicht in fehlerhafte Haltungs-Muster. Alle zwei Wochen sollte hierbei der Heilungsfortschritt vom Arzt kontrolliert werden. Wird es schlimmer, muss doch noch eine Stabilisierungs-OP erfolgen. Wenn nicht, können die Patienten meist nach drei Monaten die Orthese wieder zur Seite legen.

Eine weitere Gruppe, denen Bandagen und Orthesen helfen, sind ältere Menschen, die beim Laufen nach vorn fallen. Sie neigen häufiger zu Stürzen, was wiederum Frakturen mit sich bringt. Auch hier kann häufig mit aufrichtenden Orthesen konservativ sehr gut behandelt werden.

Eine dritte Gruppe sind Menschen aus allen Altersgruppen, die sich mit chronischen Rückenschmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule plagen. Dass es hier für die Hilfsmittel keine ausreichende Evidenz gibt, liegt daran, dass sich immer noch zu wenige Mediziner mit Orthesen auskennen und deren biomechanische Wirkprinzipien nicht kennen.

So gibt es häufig falsche Verordnungen, zum Beispiel einfach Rückengürtel, wo eigentlich entlordosierende Orthesen benötigt würden. Oder auch Orthesen, wo die Stützpelotten an völlig falschen Punkten sitzen.
Greitemann betont, wie wichtig die Genauigkeit der Verordnung bei dem großen Portfolio an modernen Bandagen und Orthesen ist. Seit Fazit: das große Potenzial dieser Hilfsmittel ist lange nicht ausgeschöpft. Die konservative Ausbildung der Orthopäden muss dringend intensiviert werden.

Je nach Ursache die spezielle Orthese

Ob Orthesen oder Bandagen, rein flexible, mit Rückenpelotte oder Seitenstützen. Grundsätzlich gilt: je mehr die Ursache im Muskel zu finden ist, desto weicher und flexibler muss die Unterstützung sein. Im Gegensatz zu knöchernen Ursachen, wo Festigkeit gefragt ist. Laien, die sich selbst für ihren Sport oder für den Alltag eine Bandage oder Orthese anschaffen wollen, rät er, dies nicht sofort und ohne Beratung im Internet zu tun. Man braucht einen guten Orthopäden, der nach dem Wirkprinzip des Heilmittels und nach dem Ziel, welches erreicht werden soll, gefragt werden muss. Das Gleiche gilt für Sanitätshäuser, deren Mitarbeiter exakt die spezielle Wirkung erklären können müssen.

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.zkos.de/