Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Antibiotikaprophylaxe bei Kaiserschnitt: Mutter und Kind optimal schützen
In der Zeitschrift «Antimicrobial Resistance and Infection Control» publizierte ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Universitätsspitals Bern die bisher grösste, multizentrische Studie zur Frage des optimalen Schutzes von Mutter und Kind bei Kaiserschnitt-Geburten.
- Es konnte nachgewiesen werden, dass die Mutter keinem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt ist, wenn Antibiotika nach der Abnabelung statt vor dem Schnitt verabreicht werden.
- Für das Neugeborene entsteht damit ein erheblicher Vorteil, da eine potentielle Belastung durch Antibiotika ausgeschlossen werden kann.
Prof. Dr. med. Daniel Surbek, Chefarzt und Co-Direktor Klinik für
Frauenheilkunde am Inselspital, Universitätsspital Bern,
Vorstandsmitglied SGGG, gynécologie suisse Insel Gruppe
Bei Kaiserschnitt-Geburten werden gemäss Schweizerischen und internationalen Guidelines, inklusive den WHO-Empfehlungen, seit Jahrzehnten weltweit der Mutter vor dem Schnitt Antibiotika verabreicht.
Dies geschieht zum Schutz vor allfälligen, nachgeburtlichen Infektionen.
Der grosse Nachteil: Bei dieser Methode gelangen Antibiotika zum Neugeborenen.
Damit ist eine mögliche Beeinträchtigung des Mikrobioms im Darm des Neugeborenen verbunden.
Bisher grösste Studie
In der vorliegenden, weltweit grössten Studie zu diesem Thema wurden in
75 Spitälern der Schweiz zwischen 2009 und 2018 total 55 901
Kaiserschnitte ausgewertet.
Die Beziehung zwischen dem Zeitpunkt der antimikrobiellen Prophylaxe vor dem Schnitt bis zur Abnabelung und dem Eintreten einer Infektion in Bereich des Bauchschnittes wurde untersucht.
Verglichen wurden 26 405 Eingriffe mit Antibiotikagabe vor dem Hautschnitt und 29 496 Eingriffen mit Antibiotikaprophylaxe nach der Kindsabnabelung.
Insgesamt 846 Wundinfektionen wurden festgestellt.
Erstautor PD Rami Sommerstein betont: «Die Studie ist in Bezug auf die
Zeitdauer und den Umfang gut fundiert. Die Ergebnisse sind klar: Es
konnte kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen beiden
Methoden festgestellt werden.»
Keine Nachteile für die Mutter – Vorteile für das Kind
Diese Resultate können weitreichende Auswirkungen auf die Praxis des
Kaiserschnittes haben.
Der Schutz der Darmflora des Neugeborenen ist von grösster Bedeutung für zahlreiche Aspekte seiner Entwicklung.
Eine Beeinträchtigung des Mikrobioms durch Antibiotikagabe kann Auswirkungen zum Beispiel auf die Entwicklung des Immunsystems oder auf die Hirnentwicklung zur Folge haben.
Aufgrund der hier vorgestellten, neuen Forschungsergebnisse wird es möglich, dieses Risiko erheblich zu vermindern.
Prof. Jonas Marschall, Mitglied von Swissnoso und Chefarzt an der Universitätsklinik für Infektiologie am Inselspital, Universitätsspital Bern hält fest:
- «Die Antibiotikagabe nach der Abnabelung hat aufgrund der Studienergebnisse keine Nachteile für die Mutter, verbessert die Situation für das Neugeborene jedoch erheblich.»
Prof. Dr. med. Jonas Marschall, Chefarzt Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Mitglied Swissnoso Insel Gruppe
Welche Folgen haben die Ergebnisse der Studie?
Die Studienergebnisse sind als robust anzusehen. Die Studie lief zehn
Jahre und umfasste eine ansehnliche Stichprobenzahl. Es gab wenige
Ausfälle und die Qualität der erhobenen Daten war dank einem rigorosen
Validierungssystem sehr hoch. Die statistische Auswertung lieferte somit
zuverlässige Daten. «Es ist davon auszugehen», folgert Prof. Daniel
Surbek, «dass aufgrund der Studienergebnisse die gängige Praxis der
Antibiotikaprophylaxe beim Kaiserschnitt künftig weltweit angepasst
werden wird.»
Wissenschaftliche Ansprechpartner sind:
• Prof. Dr. med.
Daniel Surbek, Chefarzt und Co-Direktor Klinik für Frauenheilkunde am
Inselspital, Universitätsspital Bern, Vorstandsmitglied SGGG,
gynécologie suisse
• Prof. Dr. med. Jonas Marschall, Chefarzt Universitätsklinik für
Infektiologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Mitglied Swissnoso
• PD Dr. med. Rami Sommerstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital, Universitätsspital
Bern, Leiter Forschung und Entwicklung Swissnoso
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1186/s13756-020-00860-0
Marcel Wyler Universitätsspital Bern
3010 Bern
Schweiz
Bern
Marcel Wyler
Telefon: 0041 31 632 3720
E-Mail-Adresse: marcel.wyler@insel.ch
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