Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: COVID-19: Empfehlungen für die geburtshilfliche Versorgung in deutschen Krankenhäusern
Was müssen die Teams in deutschen Kreißsälen mit Blick auf COVID-19
beachten?
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.
V. hat hierzu Empfehlungen im Rahmen der COVID-19-Präventionsmaßnahmen
für die geburtshilfliche Versorgung in deutschen Krankenhäusern und
Kliniken herausgegeben.
Die
Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19)
ist eine Infektion der
Atemwege, die durch ein neu auftretendes Coronavirus verursacht wird.
W
- Während die meisten Menschen mit COVID-19 nur eine leichte oder
unkomplizierte Krankheit entwickeln, werden ungefähr 14 % unter einer
schweren Krankheit leiden, die Krankenhausaufenthalt und
Sauerstoffunterstützung erfordert; 5 % der Erkrankten benötigen die
Aufnahme auf eine Intensivstation.
Schwangere
Es gibt nur wenige Daten zur klinischen Präsentation von COVID-19 in
bestimmten Populationen wie Kindern und schwangeren Frauen.
Bei Kindern
mit COVID-19 sind die Symptome normalerweise weniger schwerwiegend als
bei Erwachsenen und treten hauptsächlich als Husten und Fieber auf.
Säuglinge
Es wurden relativ wenige Fälle von Säuglingen gemeldet, die mit COVID-19 bestätigt wurden.
Allgemeine Empfehlungen
Derzeit ist kein Unterschied zwischen den klinischen Manifestationen von
schwangeren und nicht schwangeren COVID-19-Frauen oder Erwachsenen im
gebärfähigen Alter bekannt.
Schwangere und kürzlich schwangere Frauen
mit Verdacht auf oder bestätigtem COVID-19 sollten mit
unterstützenden
und Managementtherapien behandelt werden, wie nachstehend beschrieben,
wobei die immunologischen und physiologischen Anpassungen während und
nach der Schwangerschaft berücksichtigt werden.
Empfehlungen für den Umgang mit Verdachtspatientinnen bzw. positiv getesteten Patientinnen
• Initiieren Sie die
Präventionsmaßnahmen am Ort des
Krankenhauseintritts der Schwangeren mit Coronavirusinfektionsverdacht.
Das Screening sollte an der ersten Kontaktstelle in der dafür im
Klinikum eingerichteten Zentrale oder bei stationären Patientinnen in
der Klinik erfolgen.
• Geben Sie den Patientinnen mit Verdacht auf COVID-19 eine
medizinische
Maske und weisen Sie die Patientin in einen separaten Bereich.
• Halten Sie
mindestens 1 m Abstand zwischen Verdachtsfällen und anderen Patienten.
• Weisen Sie alle Patientinnen an, Nase und Mund beim Husten oder Niesen
mit Gewebe oder gebeugtem Ellbogen zu bedecken und nach Kontakt mit
Atemsekreten Händehygiene durchzuführen.
•
Begrenzen Sie die Bewegung der Patientinnen innerhalb der Einrichtung
auf den zugewiesenen Kreißsaal bzw. das Einzelzimmer mit eigener
Nasszelle auf der Station und stellen Sie sicher, dass die Patientin
außerhalb ihres Zimmers eine medizinische Maske trägt.
•
Die Nutzung eines Isolierzimmers mit Schleuse/Vorraum ist grundsätzlich zu bevorzugen.
• Eine gemeinsame Isolierung mehrerer Patientinnen ist unter bestimmten
Bedingungen möglich, siehe hierzu die KRINKO-Empfehlung
(https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Inf...).
• Vermeiden Sie es, Umgebungsoberflächen zu kontaminieren, die nicht in
direktem Zusammenhang mit der Patientenversorgung stehen (z. B.
Türgriffe und Lichtschalter).
• Vermeiden Sie medizinisch unnötige Bewegungen der Patientin.
• Vermeiden Sie die Anwesenheit unnötiger Personen im Raum.
• Wenn in den Patientenräumen eine raumlufttechnische Anlage betrieben
wird, über die eine Verbreitung von Luft auf andere Räume möglich ist,
ist diese abzustellen.
• Risiken durch raumlufttechnische Anlagen, durch die eine Verbreitung
des Erregers in Aerosolen auf andere Räume möglich ist, sind vor Ort zu
bewerten und zu miniminieren.
Empfehlungen zum Eigenschutz des Personals
• Standardvorkehrungen sollten immer in allen Bereichen von
Gesundheitseinrichtungen getroffen werden. Hierzu gehören Händehygiene
und die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung bei indirektem und
direktem Kontakt mit Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten (einschließlich
Atemsekreten) und nicht intakter Haut des Patienten. Zu den
Standardvorkehrungen gehört auch die Verhinderung von Nadelstich- oder
scharfen Verletzungen, sichere Abfallentsorgung, Reinigung und
Desinfektion von Geräten und Reinigung der Arbeitsumgebung.
• Verwenden Sie eine medizinische Maske, wenn Sie innerhalb von 1 m vom
Patienten arbeiten. Verwenden Sie bei der Pflege in engem Kontakt mit
einem Patienten mit respiratorischen Symptomen (z. B. Husten oder
Niesen) einen Augenschutz (Gesichtsmaske oder Schutzbrille)
• Verwenden Sie beim Betreten des Raums mit verdächtigen bzw.
positiv-getesteten Patientinnen PSA
(persönliche Schutzausrüstung
bestehend aus medizinischer Maske, Augenschutz, Handschuhe und Robe) und
entfernen Sie beim Verlassen die PSA und führen Sie nach dem
Entfernen
der PSA sofort die Händehygiene durch. Stethoskope,
Blutdruckmanschetten, Pulsoximeter und Thermometer, CTG-Geräte usw. sind
zwischen den einzelnen Patienten zu reinigen und zu desinfizieren.
Empfehlungen zum geburtshilflichen Management
• Der Geburtsmodus wird anhand geburtshilflicher Indikationen und dem
Wunsch der Frau individualisiert. Die WHO empfiehlt, einen Kaiserschnitt
idealerweise nur dann durchzuführen, wenn dies medizinisch
gerechtfertigt ist.
• Entscheidungen über Schwangerschaftsabbruch und Notsectio basieren auf
vielen Faktoren wie dem Gestationsalter, der Schwere des mütterlichen
Zustands sowie der Lebensfähigkeit und dem fetalen Zustand und folgend
den allgemeinen geburtshilflichen Regeln.
• Multidisziplinäre Konsultationen von Spezialisten für Geburtshilfe,
Perinatal-, Neugeborenen- und Intensivpflege sind unerlässlich.
Empfehlungen zur Betreuung der Neugeborenen und Mütter
• Säuglinge, die von Müttern mit vermutetem, wahrscheinlichem oder
bestätigtem COVID-19 geboren wurden, sollten gemäß den
Standardrichtlinien für
die Säuglingsernährung gefüttert werden, wobei
die für Prävention erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten sind.
• Das Stillen sollte innerhalb 1 Stunde nach Geburt begonnen werden. Das
ausschließliche Stillen sollte 6 Monate lang fortgesetzt werden.
• Wie bei allen bestätigten oder vermuteten COVID-19-Fällen sollten
symptomatische Mütter, die stillen oder Haut-zu-Haut-Kontakt
(Känguru-Mutterpflege) praktizieren, Atemhygiene (Mundschutz)
praktizieren – auch während des Stillens.
• Führen Sie vor und nach dem Kontakt mit dem Kind Händehygiene durch
und reinigen und desinfizieren Sie routinemäßig Oberflächen, mit denen
die symptomatische Mutter Kontakt hatte.
• Alle Mütter sollten praktische Unterstützung erhalten, damit sie das
Stillen einleiten und etablieren und häufige Stillschwierigkeiten,
einschließlich Präventionsmaßnahmen, bewältigen können. In Situationen,
in denen eine schwere Krankheit bei einer Mutter mit COVID-19 oder
anderen Komplikationen sie daran hindert, sich um ihr Kind zu kümmern,
oder sie daran hindert, weiterhin direkt zu stillen, sollten
Mütter
ermutigt und unterstützt werden, Milch abzupumpen und dem Kind während
der Anwendung sicher Muttermilch zu geben.
• Mütter und Säuglinge sollten in die Lage versetzt werden,
kontinuierlich zusammen zu bleiben und Hautkontakt durchzuführen – Tag
und Nacht, insbesondere unmittelbar nach der Geburt, während des
Stillens und unabhängig davon, ob sie oder ihre Kinder, COVID-19
vermutet, wahrscheinlich oder bestätigt bekommen haben.
- • Eine Mutter mit bestätigtem COVID-19 sollte alle möglichen
Vorkehrungen treffen, um eine Ausbreitung des Virus auf ihr Kind zu
vermeiden, einschließlich Händewaschen vor dem Berühren des Kindes und
Tragen einer Gesichtsmaske.
- Wenn Muttermilch mit einer manuellen oder
elektrischen Milchpumpe abgenommen wird, sollte die Mutter ihre Hände
waschen, bevor sie Pumpen- oder Flaschenteile berührt und die
Empfehlungen für eine ordnungsgemäße Pumpenreinigung nach jedem Gebrauch
befolgen.
Behandlung von Patientinnen mit ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome)
Die Behandlung von Patientinnen mit ARDS erfolgt in Abhängigkeit vom
Schwangerschaftsalter und von der Lungenfunktion individuell und
interdisziplinär. Eine vertikale diaplazentare Transmission des
Coronavirus ist bislang nicht anzunehmen.
Konkrete Empfehlungen
Maßnahmen bei Aufnahme in den Kreißsaal, unter der Geburt und postpartal
-
Jede Person, die den Kreißsaal betritt, hat schriftlich mit
Kontaktadresse und Telefonnummer Auskunft über folgende Fragen zu geben
und mit Unterschrift zu bestätigen:
• Hatten Sie einen Aufenthalt in den letzten 2 Wochen außerhalb Ihres Wohnorts, wenn ja wo und wann?
• Hatten Sie Kontakt zu einer Person mit Coronavirusinfektionsverdacht/ bekannter Infektion?
• Wurde bei Ihnen in den letzten 2 Wochen ein Abstrich auf
Coronainfektion durchgeführt und wenn ja, warum und wann erwarten Sie
das Ergebnis?
• Befragen Sie alle Patientinnen bei Erstkontakt mit der Anmeldung nach
Symptomen einer grippalen Infektion (Fieber, Husten, Schnupfen).
Sollten
Symptome vorliegen, händigen Sie bitte einen chirurgischen Mundschutz
aus und erklären den Gebrauch (enges Anliegen, dauerhaftes Tragen im
Universitätsklinikum bis zur genauen Abklärung).
Empfohlene Anweisungen
• Die Schwangere wird von maximal einer Person begleitet, wechselnde Begleitpersonen unter der Geburt sind nicht erlaubt.
• Positiv auf Coronavirus getestete Begleitpersonen (auch Partner, Kinder) sind im Kreißsaal und auf der Station nicht erlaubt.
• Sollten positive Ergebnisse zu einer Coronavirusinfektion erst während
des stationären Aufenthaltes bekannt werden, so sind alle
Kontaktpersonen inklusive Bettnachbarin, Besucher, Pflege und
Putzpersonal zu erfassen und zu informieren.
In dem Fall muss das
Personal, welches Kontakt zu den Infizierten hatte, obligat bei der
Arbeit Atemschutzmasken (nach derzeitigem Kenntnisstand für 14 Tage)
tragen.
• Schwangere mit direktem Kontakt zu positiv getesteten Personen oder
mit Aufenthalten in Risikogebieten in den letzten 2 Wochen werden für
den gesamten stationären Aufenthalt mit Atemschutz ausgestattet.
• Positiv auf Coronavirus getestete Schwangere werden in einem Kreißsaal
isoliert. Die von ihr benutzten Sanitäranlagen, medizinische Geräte
inklusive CTG, Sonografie müssen nach Gebrauch jeweils gereinigt werden.
Das Betreuungspersonal (Kreißsaal und Station) wird minimiert.
Schutzkleidung, Augenschutz, Mund-/Nasenmaske und Handschuhe sind
Standard, müssen nach dem Verlassen des Raumes entsorgt werden und die
Hände sind jeweils umgehend zu waschen und zu desinfizieren.
• Der Geburtsmodus und sämtliche geburtshilfliche Entscheidungen und
Maßnahmen orientieren sich an den allgemeinen Behandlungsrichtlinien
unter der Geburt. Die Neonaten bleiben bei der Mutter, die Mutter wird
bei Verdachtsfall oder bei nachgewiesener Infektion mit Atemschutz
ausgestattet, das Bonding und Stillen sind nicht eingeschränkt.
• Mütterliches und Nabelschnurblut werden zur weiteren Virusdiagnostik asserviert.
• Frauen mit Infektionsverdacht sind bis zum Eintreffen des
Virusabstrichergebnisses zum Coronavirusnachweis angehalten, die
Atemschutzmaske stationär kontinuierlich zu tragen.
• Besuche sind bis auf den Partner und eigene Kinder, sofern sie weder
von COVID-19 betroffen, noch symptomatisch sind, zu beschränken.
• Patientinnen wird eine ambulante Entbindung, wenn gewünscht,
erleichtert – bspw. durch Hilfe bei der Organisation von
Hebammenbetreuung im Wochenbett. Hinweise zum Verhalten und Stillen
unter Beachtung der Präventionsmaßnahmen ist obligat zu gewährleisten.
• Beschränken Sie grundsätzlich die Anzahl der Personen, die im Rahmen
einer Visite oder Untersuchung Patientenzimmer in denen persönliche
Schutzkleidung zur Anwendung kommt, auf das notwendige Minimum.
• In Patientenzimmern, in denen eine persönliche Schutzausrüstung
benötigt wird, kann aktuell keine studentische Lehre mehr stattfinden.
Dies betrifft u. a. Lehrvisiten, Untersuchungskurse und anderen
Unterricht am Krankenbett.
Die studentische Lehre in Zimmern, in denen
keine persönliche Schutzausrüstung benötigt wird, findet weiter statt.
Grundlage der Information und Anweisungen:
WHO Empfehlung vom 13.03.2020 und Robert-Koch-Institut 17.03.2020
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.
Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Louwen
1. DGGG-Vizepräsident
Universitätsklinikum Frankfurt am Main
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
louwen@em.uni-frankfurt.de
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin
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