Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Raus aus den Essanfällen – neues Therapieangebot an der Universitätsmedizin Mainz
Interventionsstudie zu Essstörungen startet
Die Universitätsmedizin Mainz will die Behandlungsangebote und
-ergebnisse von Jugendlichen mit essanfallsbezogenen Störungen
verbessern.
- Um ihr Ziel zu erreichen, erhalten weibliche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren ein neues Therapieangebot.
Im Rahmen der Studie EXI(ea)T vergleichen Experten dann die Wirksamkeit dieser innovativen, nahrungsbasierten Intervention mit einer Standardintervention der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT).
- Interessenten für eine Studienteilnahme können sich unter exieat@unimedizin-mainz.de melden.
Anlass für die Studie ist unter anderem die pandemiebedingte Zunahme an Rückfällen sowie an Neuerkrankungen.
Die Universitätsmedizin Mainz will die Behandlungsangebote und -ergebnisse von Jugendlichen mit essanfallsbezogenen Störungen verbessern.
Deshalb führen Experten der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz in Kooperation mit der LWL-Universitätsklinik Hamm für Kinder- und Jugendpsychiatrie die multizentrische, randomisiert kontrollierte Kurzinterventionsstudie EXI(ea)T durch.
Sie dient dazu, die Wirksamkeit einer innovativen, nahrungsbasierten Intervention mit einer Standardintervention der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) zu vergleichen.
Zu diesem Zweck erhalten weibliche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren ein neues Therapieangebot:
Sie erlernen neue
Fertigkeiten, die ihnen helfen können, ihr Verlangen und ihre
Impulsivität hinsichtlich bestimmter Lebensmittel zu reduzieren und ihr
Essverhalten besser kontrollieren zu können.
Essstörungen gelten als eine der häufigsten Erkrankungen im Kindes- und
Jugendalter.
Essanfallsbezogene Störungen, wie die Bulimia nervosa (BN) und die Binge-Eating-Störung (BES), sind gekennzeichnet durch Essanfälle, bei denen die Betroffenen sehr viel Nahrung zu sich nehmen und dabei aber nicht in der Lage sind, diesen Prozess der erhöhten Nahrungsaufnahme zu kontrollieren bzw. willentlich zu beenden.
Die meisten Betroffenen schämen sich für ihre Erkrankung, verschweigen ihr Leiden lange und sind häufig erst in einer späten Krankheitsphase für Hilfsangebote offen.
Daher werden essanfallsbezogene Störungen oftmals
als „heimliche“ Essstörungen bezeichnet – und das, obwohl diese Formen
deutlich verbreiteter sind als die Anorexia nervosa, auch als Magersucht
bekannt.
Pandemiebedingt ist darüber hinaus aktuell eine Zunahme an Rückfällen
sowie an Neuerkrankungen zu verzeichnen.
Gerade während Quarantänemaßnahmen stellt der Griff in den Kühlschrank eine leicht umzusetzende Strategie dar, um belastende Zukunftsängste und Einsamkeit zu bewältigen. Aber auch weil feste Alltagsstrukturen, wie sie beispielsweise Schule oder Ausbildung vorgeben, weniger vorhanden sind, treten bei Jugendlichen vermehrt Essstörungen auf. Zudem sind die Möglichkeiten, sich mit Gleichaltrigen zu treffen und auszutauschen sehr eingeschränkt, jedoch sind diese sozialen Kontakte für die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen sehr wichtig.
Unbehandelt können essanfallsbezogene Störungen chronisch verlaufen,
d.h., der Teufelskreis aus emotionalem Essen und Kontrollverlust – zum
Teil auch verbunden mit Erbrechen als kompensatorischer Verhaltensweise –
verfestigt sich. In der Folge können langfristig schwere psychische
Probleme, wie beispielsweise Angsterkrankungen auftreten.
Doch obwohl das Thema Essstörungen bei Jugendlichen und jungen
Erwachsenen gesamtgesellschaftlich relevant ist, gibt es gerade für das
Störungsbild essanfallsbezogene Störungen keine spezialisierten
Behandlungsangebote für Jugendliche.
Zwar hat sich die Kognitive Verhaltenstherapie als bisherige Standardbehandlung für die Behandlung im Kindes- und Jugendalter als zufriedenstellend erwiesen, zu Therapieende erlebt allerdings noch immer rund die Hälfte der Patienten Essanfälle. Auch gelang es mit dieser Therapieform nur unzureichend, das oftmals mit essanfallsbezogenen Störungen einhergehende Übergewicht zu reduzieren.
Neuste Studien weisen darauf hin, dass die Fähigkeiten eines Menschen, seine Impulse und Gefühle regulieren bzw. kontrollieren zu können, Einfluss auf die Störung haben könnten. Und zwar dann, wenn er mit schmackhaften Lebensmitteln, wie beispielsweise Schokolade konfrontiert wird, und daraufhin der Wunsch entsteht zu essen, obwohl kein Hungergefühl da ist.
Nahrungsbasierte Interventionen, in denen
Fertigkeiten direkt bei Konfrontation mit relevanten Nahrungsmitteln
geübt werden, haben sich bereits bei Erwachsenen als sehr hilfreich
erwiesen, wenn es darum ging, den direkten Konsum von schmackhaften
Nahrungsmitteln und den Wunsch zu essen sowie folglich auch die
Essanfälle zu reduzieren.
Darauf aufbauend wollen die Wissenschaftler im Rahmen der
Kurzinterventionsstudie EXI(ea)T bei weiblichen Jugendlichen im Alter
zwischen 14 und 18 Jahren die Wirksamkeit einer innovativen
nahrungsbasierten Intervention mit einer Standardintervention der
Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) vergleichen. Zentrale
Fragestellungen sind hierbei: Lassen sich Therapieformen, die bei
Erwachsenen erfolgreich zum Einsatz kommen, auf Kinder und Jugendliche
übertragen – und falls ja, wie? Sind ergänzende Therapieelemente eine
Möglichkeit, um schnellere und stabilere Behandlungserfolge zu erzielen?
Und lässt sich so frühzeitig verhindern, dass die Betroffenen
übergewichtig und / oder dass die essanfallsbezogenen Störungen
chronisch und damit ein Risikofaktor für damit verbundene weitere
Erkrankungen werden?
Die EXI(ea)T-Studienteilnehmerinnen nehmen an zwei Einzelsitzungen mit
approbierten erfahrenen Psychotherapeuten in der Essstörungsbehandlung
teil und erhalten umfangreiche Übungsmaterialien für zuhause, um auch
nach Studienende ihre Fertigkeiten weiter trainieren zu können.
Zudem
erhalten die Studienteilnehmerinnen eine umfassende Diagnostik nach
aktuellen evidenzbasierten Goldstandards neben einer
Aufwandsentschädigung von insg. 50 Euro für die Teilnahme an der
Abschlussdiagnostik und der Follow-up-Untersuchung nach drei Monaten.
Das neuartige und kostenlose Therapieangebot EXI(ea)T wurde basierend
auf langjährigen Erfahrungen in der Essstörungsforschung von
therapeutisch versierten Wissenschaftlern der Klinik und Poliklinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der
Universitätsmedizin Mainz in Kooperation mit der LWL-Universitätsklinik
Hamm für Kinder- und Jugendpsychiatrie entwickelt.
- Bei Interesse an der Studie können sich weibliche Jugendliche und ihre Eltern bei der Studienleiterin Dipl.-Psych. Hanna Preuss-van Viersen von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz melden. Sie steht montags bis donnerstags, von 7.00 bis 12.00 Uhr unter der Telefonnummer 06131 17 – 3281 sowie per E-Mail unter exieat@unimedizin-mainz.de für Fragen und Anmeldungen zur Verfügung.
Weitere Studieninformationen:
https://www.unimedizin-mainz.de/kinderpsychiatrie/forschung/exieat-raus-aus-den-...
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die
einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in
Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort.
Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die
fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte
Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der
Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400
Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit
rund 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die
Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und
ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im
Internet unter www.unimedizin-mainz.de
Studienleiterin Dipl.-Psych. Hanna Preuss-van Viersen,
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz,
E-Mail: exieat@unimedizin-mainz.de
Barbara Reinke M.A. Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
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