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Multiple Sklerose (MS)

Interferon oder Glatirameracetat?

 Beide Medikamente gelten als gleichwertig hilfreich gegen Multiple Sklerose (MS). 

Eine internationale Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Nicholas Schwab vom Institut für Translationale Neurologie der Universität Münster fand nun heraus, dass der Behandlungserfolg von individuellen genetischen Biomarkern abhängt. 

Damit lässt sich vor der Therapie bestimmen, welches Präparat die bessere Wahl ist. 

Die Ergebnisse der multizentrischen Analyse mit mehr als 3.000 an MS Erkrankten wurden nun in der Fachzeitschrift „eBioMedicine“ publiziert.

Behandlung mit Interferon oder mit Glatirameracetat? 

Diese Frage stellt sich bei vielen Patientinnen und Patienten, die erstmals die Diagnose Multiple Sklerose (MS) erhalten. Bisher konnte man für die Entscheidung quasi eine Münze werfen: Beide Präparate gelten als etablierte Basistherapien, haben vergleichsweise geringe Nebenwirkungen und können in der Schwangerschaft sowie Stillzeit zum Einsatz kommen. Und schließlich: Beide helfen - wie alle immunmodulatorischen Therapien - nicht allen Menschen gleich gut. Dank einer Studie unter Leitung der Universität Münster gibt es nun aber einen eindeutigen Maßstab für die Medikamentenwahl.

Die internationale Arbeitsgruppe hat einen genetischen Biomarker identifiziert, der vorhersagt, ob MS-Patientinnen und -Patienten besonders gut auf eine Behandlung mit Glatirameracetat (GA) ansprechen. Menschen mit dem Gewebetyp HLA-A*03:01 profitieren demnach signifikant stärker von GA als von Interferon-beta (IFN). Die Ergebnisse der multizentrischen Analyse mit mehr als 3.000 an MS Erkrankten wurden nun in der Fachzeitschrift „eBioMedicine“ publiziert.

„Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass ein genetischer Marker mit dem Behandlungserfolg eines MS-Medikaments verknüpft ist“, erklärt Studienleiter Prof. Nicholas Schwab von der Universität Münster. „Damit lässt sich vor Therapiebeginn vorhersagen, ob Glatirameracetat oder Interferon die wahrscheinlich bessere Wahl ist.“ Bei etwa einem von drei MS-Betroffenen fällt die Entscheidung auf GA, bei den anderen beiden Fällen wirkt vermutlich Interferon-beta besser. „Das ist ein entscheidender Fortschritt für die personalisierte MS-Behandlung“, freut sich Prof. Heinz Wiendl, Sprecher des Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS), der die Studie mit konzipiert hat.

Klinischer Nutzen in fünf unabhängigen Kohorten belegt

GA führt bei Patientinnen und Patienten zu spezifischen T-Zell-Antworten, die sich das Team genauer anschaute. Die Forschenden analysierten die T-Zell-Rezeptor-Sequenzen (TZR) im Blut von 3.021 MS-Patientinnen und MS-Patienten, deren Proben ihnen aus mehreren voneinander unabhängigen internationalen Kohorten zur Verfügung gestellt wurden. Dabei fielen T-Zell-Klone auf, die sich nach GA-Therapie nur bei den Patienten fanden, die zudem Träger bestimmter HLA-Moleküle sind, und zwar von HLA-A*03:01 oder HLA-DRB1*15:01. Liegt eines dieser beiden HLA-Moleküle vor, reagiert also das Immunsystem auf die Therapie mit GA. Praktisch profitieren Patientinnen und Patienten jedoch nur in einem der beiden Fälle: Denn ausschließlich Betroffene mit der Genvariante HLA-A*03:01 haben nachweislich einen klinischen Behandlungsvorteil, ihnen geht es also dank GA-Therapie besser.

Um sicherzugehen, dass die Ergebnisse auch in der klinischen Anwendung relevant sind, untersuchte das Team fünf große Kohorten und Studienpopulationen aus den USA, Frankreich und Deutschland, darunter die NationMS-Kohorte des deutschen KKNMS. In sämtlichen Analysen zeigten Trägerinnen und Träger der Genvariante HLA-A*03:01 unter Therapie mit GA signifikant weniger Krankheitssymptome als bei Behandlung mit IFN. Statistisch betrifft das etwa 30 bis 35 Prozent der europäischen MS-Patientinnen und MS-Patienten, denn sie tragen das HLA-A*03:01-Allel.

Personalisierte Therapieentscheidung durch einfache genetische Testung möglich

Das Besondere an der Entdeckung: Das neue Forschungsergebnis kann schon kurzfristig in der Therapieberatung angewendet werden – denn ein HLA-Test, wie er zum Beispiel für Transplantationen oder Arzneimittelsicherheit bereits etabliert ist, findet die fragliche Genvariante.
Der Erkenntnisgewinn der Studie reicht aber noch weiter: Diese liefert nicht nur einen klinisch relevanten Biomarker, sondern auch neue Hinweise auf den Wirkmechanismus von GA: Die beobachteten öffentlichen T-Zell-Antworten deuten darauf hin, dass GA nicht alle seine Eiweißbestandteile benötigt, um zu wirken. Vielmehr spielen wenige Fragmente der GA-Mischung eine dominante Rolle, vielleicht ist sogar nur ein Einzelnes relevant. Dies könnte künftig zur gezielten Weiterentwicklung des Medikaments führen.
Die Studie entstand in Kooperation mit internationalen Partnern, insbesondere mit der US-Firma Adaptive Biotechnologies, die die Sequenzierungen durchgeführt und unterstützt hat. Zudem erhielt das Forschungsteam Fördergelder unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, den National Institutes of Health (USA), der National Multiple Sclerosis Society und der Valhalla Foundation.

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Prof. Dr. Nicholas Schwab
Institut für Translationale Neurologie
Universität Münster
E-Mail: nicholas.schwab@ukmuenster.de
Telefon: +49 251 8335414

Originalpublikation:
Zhang BC, Schneider-Hohendorf T, Elyanow R, Pignolet B, Falk S, Wünsch C, Deffner M, Yusko E, May D, Mattox D, Dawin E, Gerdes LA, Bucciarelli F, Revie L, Antony G, Jarius S, Seidel C, Senel M, Bittner S, Luessi F, Havla J, Knop M, Friese MA, Rothacher S, Salmen A, Hayashi F, Henry R, Caillier S, Santaniello A; University of California San Francisco MS-EPIC Team; German Competence Network Multiple Sclerosis (KKNMS); Seipelt M, Heesen C, Nischwitz S, Bayas A, Tumani H, Then Bergh F, Meyer Zu Hörste G, Kümpfel T, Gross CC, Wildemann B, Kerschensteiner M, Gold R, Meuth SG, Zipp F, Cree BAC, Oksenberg J, Wilson MR, Hauser SL, Zamvil SS, Klotz L, Liblau R, Robins H, Sabatino JJ Jr, Wiendl H, Schwab N. HLA-A∗03:01 as predictive genetic biomarker for glatiramer acetate treatment response in multiple sclerosis: a retrospective cohort analysis. EBioMedicine. 2025 Jul 31;118:105873. https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2025.105873

Diese Gehirnprozesse und das Erinnerungsvermõgen

Ein Forschungs-Team des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Universität Bonn und des Universitätsklinikums Freiburg hat neue Erkenntnisse über die Gehirnprozesse gewonnen, die sich beim Speichern und Abrufen neuer Gedächtnisinhalte abspielen. 

Die Studie basiert auf der Messung einzelner Nervenzellen bei von Epilepsie betroffenen Personen und zeigt, wie diese einem inneren Rhythmus folgen. Die Arbeit ist jetzt in dem Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

„Ähnlich wie die Mitglieder in einem Orchester, die sich an einem gemeinsamen Takt orientieren, ist die Aktivität der Nervenzellen offenbar mit elektrischen Schwingungen – ein- bis zehnmal pro Sekunde – im Gehirn verknüpft. Dabei feuern die Zellen bevorzugt zu bestimmten Zeitpunkten innerhalb dieser Hirnwellen, ein Phänomen namens Theta-Phasenbindung“, sagt Erstautor und Postdoktorand der Universität Bonn Dr. Tim Guth, der kürzlich vom Universitätsklinikum Freiburg zur Arbeitsgruppe „Kognitive und Translationale Neurowissenschaften“ am UKB gewechselt ist.

Das Forschungsteam um Tim Guth und Lukas Kunz fand heraus, dass das Zusammenspiel von Nervenzellen und Hirnwellen sowohl beim Merken als auch beim Erinnern neuer Informationen aktiv ist – und zwar im medialen Schläfenlappen, einem zentralen Bereich für das menschliche Gedächtnis. In der durchgeführten Studie zum räumlichen Gedächtnis war die Stärke der Theta-Phasenbindung der Nervenzellen während der Gedächtnisbildung jedoch unabhängig davon, ob sich die Testpersonen später korrekt an die Gedächtnisinhalte erinnern konnten oder nicht.

 „Dies legt nahe, dass die Theta-Phasenbindung zwar ein generelles Phänomen des menschlichen Gedächtnissystems ist, jedoch nicht allein über das erfolgreiche Erinnern entscheidet“, sagt Korrespondenzautor Prof. Dr. Lukas Kunz, Leiter der Arbeitsgruppe „Kognitive und Translationale Neurowissenschaften“ an der Klinik für Epileptologie am UKB und Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn.

Interaktion von Nervenzellen und elektrischen Signalen

Während die meisten Nervenzellen immer um den gleichen Schwingungszeitpunkt feuerten, wechselten manche Nervenzellen spannenderweise ihren bevorzugten Taktzeitpunkt zwischen Lernen und Erinnern.

 „Dies unterstützt die Theorie, dass unser Gehirn Lern- und Abrufprozesse innerhalb einer Hirnwelle voneinander trennen kann, ähnlich wie Mitglieder eines Orchesters, die zu verschiedenen Taktzeitpunkten eines Musikstücks einsetzen“, sagt Guth.

 Die Studie liefert neue Hinweise darauf, wie Nervenzellen und elektrische Signale im Gehirn zusammenwirken, während sich neue Erinnerungen formen. Prof. Kunz zieht folgendes Fazit: „Ein besseres Verständnis dieser Prozesse könnte langfristig dabei helfen, Gedächtnisstörungen besser zu verstehen und gezielter zu behandeln.“

Das Forschungsteam konnte das Zusammenspiel von Nervenzellen und Hirnwellen während des Gedächtnisprozesses im Rahmen der Studie beobachten, indem es eine Besonderheit der Therapie von Epilepsie nutzte. Menschen mit besonders schwer behandelbarer Epilepsie werden zur Diagnostik Elektroden im Gehirn implantiert. Damit soll der Ursprung der epileptischen Anfälle genau bestimmt werden, um bessere chirurgische Ergebnisse zu erzielen. Unter Verwendung dieser implantierten Elektroden kann aber auch die menschliche Gehirnaktivität von einzelnen Zellen aufgezeichnet werden. Die Forschenden nutzten Messungen, die am Universitätsklinikum Freiburg durchgeführt wurden, und danken allen Betroffenen, die an dieser Studie teilgenommen haben.

Beteiligte Institutionen und Förderung:
Neben dem Universitätsklinikum Bonn (UKB), der Universität Bonn und dem Universitätsklinikum Freiburg war die Columbia University (New York, USA) beteiligt. Die Forschungsarbeiten wurden durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), die US-amerikanische Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH), die US-amerikanische National Science Foundation (NSF), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie durch das Rückkehrprogramm des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

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Dr. Tim Guth
Postdoktorand der Universität Bonn
Arbeitsgruppe „Kognitive und Translationale Neurowissenschaften“
Klinik für Epileptologie, Universitätsklinikum Bonn
E-Mail: Tim.Guth@ukbonn.de

Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Lukas Kunz
Arbeitsgruppenleiter „Kognitive und Translationale Neurowissenschaften“
Klinik für Epileptologie, Universitätsklinikum Bonn (UKB)
TRA „Life & Health“, Universität Bonn
E-Mail: Lukas.kunz@ukbonn.de

Originalpublikation:
Guth et al.: Theta-phase locking of single neurons during human spatial memory; Nature Communications; DOI: 10.1038/s41467-025-62553-9