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Brustkrebs und die Zähne und der Kiefer

 

Brustkrebs: Studie der Medizin Uni Innsbruck bringt neue Erkenntnisse zur Therapie bei Knochenmetastasen

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Wird Brustkrebs erst in einem späten Stadium entdeckt, kann es zur Entwicklung von Knochenmetastasen kommen. Die Patientinnen erhalten dann eine Therapie, um die weitere Ausbreitung zu verzögern. Im Zuge der Behandlung kann es zum Absterben von Kieferknochen-Gewebe kommen. Eine einzigartige Langzeitstudie der Medizin Uni Innsbruck belegt nun, dass diese Nebenwirkung häufiger auftritt, als bisher angenommen. Die Ergebnisse sprechen für eine zahnmedizinische Vorbehandlung der Betroffenen.


Innsbruck, 22. August 2024: Um das Fortschreiten von Knochenmetastasen sowie einhergehende Folgen wie Schmerzen und Brüche zu verhindern, erhalten Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen Medikamente wie Bisphosphonat oder Denosumab. Diese Substanzen beeinflussen den Knochenstoffwechsel, können aber eine sogenannte Medikamenten-assoziierte Kiefernekrose auslösen. Bei derartigen Kiefernekrosen kommt es zum Absterben des Kieferknochens. Aber wie häufig tritt diese gefürchtete Nebenwirkung auf? Antworten auf diese Frage liefert eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck, die im renommierten Journal of Clinical Oncology (Impact Faktor 42,1) veröffentlicht worden ist.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung von Oberärztin Christine Brunner von der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe (Direktor: Christian Marth) und dem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Johannes Laimer hat nun wichtige Erkenntnisse zu dieser bisher als sehr seltene Nebenwirkung eingestuften Erkrankung gewonnen. Dafür wurden Daten von Tiroler Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen aus den Jahren 2000 bis 2020 analysiert. Es konnten die Patientinnen aller neun Tiroler Krankenanstalten erfasst werden. Die Ergebnisse der statistischen Auswertung lieferten wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Häufigkeit des Auftretens dieser Nebenwirkung, sodass in der Folge neue Standards zur Prävention und Früherkennung definiert werden konnten. „Wir haben hier interdisziplinär gearbeitet und konnten so zeigen, dass es durchschnittlich bei 8,8 Prozent der Brustkrebspatientinnen zur Entwicklung einer Kiefernekrose kam. Dieser Prozentsatz ist deutlich höher als die bisher in der internationalen Literatur angegebenen Werte. Durchschnittlich dauerte es 4,6 Jahre bis Patientinnen mit Denosumab eine Kiefernekrose entwickelten, im Gegensatz zu 5,1 Jahren bei der Einnahme nach Bisphosphonaten,“ erklärt Erstautorin Christine Brunner.

Fortgeschrittener Brustkrebs: Erhaltung der Lebensqualität im Fokus

Aktuell erhalten in Tirol rund 540 Frauen pro Jahr die Diagnose Brustkrebs. Werden bei Erstdiagnose bereits Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, diagnostiziert, ist die Erkrankung derzeit nicht mehr heilbar. „Allerdings zeigen die Ergebnisse dieser aktuellen Studie, dass Patientinnen nach Diagnose der Knochenmetastasen durch den Einsatz hoch effektiver Therapien durchschnittlich bis zu zehn Jahre überlebten, sodass wir inzwischen auch von einem chronischen Krankheitsverlauf sprechen. Das bedeutet aber auch, dass die Erhaltung der Lebensqualität einen sehr wichtigen Aspekt bei der Behandlung darstellt, und wir besonderes Augenmerk auf mögliche Nebenwirkungen bei einer Langzeitbehandlung dieser Krebspatientinnen legen müssen“, sagt Christine Brunner.

Kiefernekrosen beeinträchtigen Lebensqualität

Die spezielle Behandlung mit Bisphosphonat oder Denosumab, die eine Ausbreitung der Knochenmetastasen verlangsamen und über Jahre stabil erhalten sollen, erfolgt zielgerichtet. „Das ist eine sehr effektive Therapie und erhöht die Lebensqualität der betroffenen Patientinnen“, erklärt Christine Brunner. Dass es nach Einnahme solcher Medikamente zu Infektionen des Kieferknochens bis hin zum Zahn- und Knochenverlust im Kieferbereich mit potentiell schwerwiegender Beeinträchtigung der Lebensqualität kommen kann, ist schon seit vielen Jahren bekannt. Vor diesem Hintergrund wurde an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bereits 2016 eine Spezialambulanz für diese Medikamenten-assoziierte Kiefernekrosen eingerichtet.

Erste flächendeckende Erhebung einer Erkrankung von Brustkrebspatientinnen

Bei der vorliegenden Analyse handelt es sich um die erste, flächendeckende Erhebung einer Nebenwirkung der Langzeittherapie bei Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen über eine Zeitspanne von 20 Jahren. „Deshalb wurden die Tiroler Ergebnisse auch von einem so namhaften wissenschaftlichen Organ wie dem Journal of Clinical Oncology veröffentlicht“, erklärt Christian Marth, Direktor der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. Die vorliegenden Ergebnisse streichen die Wichtigkeit einer zahnmedizinischen Vorbehandlung von Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs vor Beginn der Therapie heraus. Darüber hinaus sollten zahnärztliche Nachuntersuchungen regelmäßig eingehalten werden, um eine angepasste Zahnpflege zu gewährleisten und erste Anzeichen und Symptome einer Kiefernekrose bereits frühzeitig zu erkennen. Weitere Studien über Diagnose und Therapie der Medikamenten-assoziierten Kiefernekrose sind bereits in Ausarbeitung und werden demnächst folgen.

Originalpublikation:
Incidence of Medication-Related Osteonecrosis of the Jaw in Patients With Breast Cancer During a 20-Year Follow-Up: A Population-Based Multicenter Retrospective Study. C. Brunner, et al., Journal of Clinical Oncology, August 20, 2024
https://doi.org/10.1200/JCO.24.00171

Fastenkuren bei Krebserkrankungen

 

Studie zur Krebsforschung in Nature veröffentlicht: Fasten verändert den Stoffwechsel in Krebszellen

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Seit mehr als einem Jahrhundert zeigen Fastenkuren bei verschiedenen Organismen, einschließlich des Menschen, eine positive Wirkung auf die Gesundheit, die Lebensdauer und die Geweberegeneration. Jedoch sind die metabolischen Auswirkungen des Fastens und der anschließenden Nahrungsaufnahme auf die Tumorentstehung noch weitgehend unerforscht. Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Massachusetts Institute of Technology/USA haben das genauer untersucht. Sie zeigen in ihrer kürzlich in Nature* veröffentlichten Studie: Fasten verändert den Darm auf Stoffwechselebene – positiv und negativ.


„Wir konnten zeigen, dass das Wachstum von Darmstammzellen nach einer Fastenkur zunimmt. 

Dabei passen aber auch die Tumorvorläuferzellen ihren Stoffwechsel sehr schnell an die neue Situation an“, erklärt Prof. Dr. Dr. Alpaslan Tasdogan, Professor für Tumormetabolismus in der Klinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Essen. „Gleichzeitig wird auch ein Tumorsuppressor-Gen inaktiviert – ein Gen, das eigentlich dafür sorgen soll, dass Krebszellen schon im Entstehungsprozess bekämpft werden. Das ist ein eher ungünstiger Effekt.“

Tatsächlich konnten die Forschenden im Mausmodell beobachten, dass Tumore im Darm kurz nach der erneuten Nahrungsaufnahme häufiger auftreten. Diese Erkenntnis ist zunächst rein grundlagenwissenschaftlich, betonen die Autor:innen der Studie. „Als Krebspatient:in sollten Fastenkuren idealerweise im Vorfeld immer mit dem medizinischen Personal abgestimmt werden“, betonen die Autor:innen.

Die Ursache für die beobachteten Effekte liegt der Studie zufolge im Metabolismus (Stoffwechsel), genauer im Polyamin-Stoffwechsel. Polyamine sind Moleküle, die Zellen zum Überleben und zum Wachsen benötigen. Sie entstehen beispielsweise beim Abbau von Aminosäuren im Körper und werden auch von Darmbakterien gebildet. Bei Krebserkrankungen ist der Polyamin-Stoffwechsel häufig gestört. Die Aktivierung dieses Stoffwechselwegs dient in Stammzellen dazu, die Regenerationsfähigkeit zu steigern – und bei Krebsvorläuferzellen erhöht es die Fähigkeit, Tumore wachsen zu lassen.

„Wir vermuten, dass der Polyamin-Stoffwechsel nicht nur bei Darmkrebs, sondern auch bei anderen Tumorerkrankungen eine Rolle spielt. Im Fokus steht der schwarze Hautkrebs während der Metastasierung. Wir erhoffen uns von dieser Arbeit weitere klinische Erkenntnisse, die uns helfen können, Patient:innen mit Krebs noch besser zu behandeln“, sagt Prof. Dr. Dr. Tasdogan.

* Link zur Originalveröffentlichung: https://www.nature.com/articles/s41586-024-07840-z

Im Bild (v.li.n.re.): Gabriele Allies, Dr. Luiza M. Nascentes Melo, Jonathan Krystkiewicz, Prof. Dr. Dr. Alpaslan Tasdogan, Feyza Cansiz, Dr. Natalie Wagner, Jonas Rösler und Isa Westedt

Dr. Milena Hänisch Tel. 0201/723-1615, milena.haenisch@uk-essen.de

MaAB - Fortbildungen:
Prof. Dr. Dr. Alpaslan Tasdogan, Institut für Tumor Metabolismus, Klinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Essen, Tel. 0201/723-85356, alpaslan.tasdogan@uk-essen.de

Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41586-024-07840-z

Der Darminfekt mit Chlamydien

 

Chlamydien können sich im Darm einnisten

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Chlamydien sind sexuell übertragbare Krankheitserreger, die offenbar längere Zeit im Darm des Menschen überdauern können. Das berichten Forschende aus Würzburg und Berlin im Journal PLOS Pathogens.


Ist ein Mensch mit Chlamydien infiziert, kann er diese Bakterien beim ungeschützten Geschlechtsverkehr auf andere Menschen übertragen. 

Die Erreger verursachen anfangs meist keine oder nur leichte Symptome, wie einen Juckreiz an Vagina, Penis oder Anus. Wird die Infektion bemerkt, lässt sie sich gut mit Antibiotika behandeln. Passiert das nicht, können die Bakterien gravierende Probleme verursachen, bis hin zu Unfruchtbarkeit und Krebs.

Aus dem klinischen Alltag ist ein Phänomen bekannt, das nach einer erfolgreichen Antibiotika-Therapie auftreten kann: Wenn bereits behandelte Menschen mit einer erneuten Chlamydien-Infektion zum Arzt kommen, sind sie oft von genau denselben Bakterienstämmen befallen wie bei der vorherigen Infektion.

„Der Verdacht liegt darum nahe, dass die Bakterien im Körper eine Nische finden, in der sie bislang nicht angreifbar sind, dass sie dort ein dauerhaftes Reservoir bilden und später wieder aktiv werden können“, sagt Professor Thomas Rudel, Chlamydien-Experte und Leiter des Lehrstuhls für Mikrobiologie am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Dieses Phänomen nennt sich Persistenz. Es ist problematisch, weil die im Körper überdauernden Chlamydien im Lauf der Zeit immer resistenter gegen Antibiotika werden.

Darm-Organoide experimentell mit Chlamydien infiziert

In welcher Nische persistieren die Bakterien? Von Experimenten an Mausmodellen ist bekannt, dass die Chlamydien im Darm der Tiere überdauern können. Und auch beim Menschen scheinen es sich die Bakterien an genau dieser Stelle bequem zu machen. Das berichten die Arbeitsgruppen von Thomas Rudel und Sina Bartfeld im Journal PLOS Pathogens. Die Professorin war bis 2021 an der JMU tätig; nun leitet sie das Fachgebiet für Medizinische Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin.

Den Darm als Nische identifizierten die Forschenden mit Hilfe künstlicher Organe im Mini-Format, sogenannter Organoide. Das sind im Labor hergestellte Strukturen aus menschlichen Darmzellen, die dem Vorbild-Organ in Aufbau und Funktion stark ähneln.

Die Teams aus Würzburg und Berlin versuchten, die Darm-Organoide mit Chlamydien zu infizieren. Dabei stellten sie zum einen fest, dass die innere Zellschicht der Organoide sehr resistent gegen die Bakterien ist: Die Erreger konnten dort nur eindringen, wenn das Zellepithel beschädigt war. Von der Blutseite her aber gelang den Chlamydien eine hoch effiziente Infektion. „In diesem Fall fanden wir immer wieder die persistenten Formen der Bakterien, die mit ihrer typischen Gestalt unter dem Elektronenmikroskop deutlich zu identifizieren sind“, sagt JMU-Forscher Pargev Hovhannisyan, Erstautor der Publikation.

Klinische Studien und weitere Experimente müssen folgen

Übertragen auf den menschlichen Organismus würde das bedeuten: Eine Chlamydien-Infektion mit nachfolgender Persistenz kann über das Darminnere nur schwer, über das Blut dagegen sehr leicht erfolgen. Ob das im Körper des Menschen tatsächlich so passiert, müsse aber in klinischen Studien noch bestätigt werden, wie Thomas Rudel sagt.

Die experimentell arbeitenden Teams um Thomas Rudel und Sina Bartfeld möchten als nächstes klären, ob die Chlamydien für ihre Persistenz bestimmte Zelltypen wählen – keine einfache Aufgabe, schließlich besteht der Darm aus Hunderten von unterschiedlichen Zellarten. Vielleicht sind es aber auch Faktoren aus dem umliegenden Gewebe, die eine Persistenz auslösen. Diese und weitere Details sollen nun untersucht werden.

Förderer

Gefördert werden diese Arbeiten vom Europäischen Forschungsrat, der Thomas Rudel 2019 einen ERC Advanced Grant über rund 2,5 Millionen Euro zur Erforschung von Chlamydien bewilligt hat. Weitere Fördermittel stammen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

MaAB-Fortbildungen Team:
Prof. Dr. Thomas Rudel, Lehrstuhl für Mikrobiologie, Biozentrum der Universität Würzburg, T +49 931 31-84401, thomas.rudel@uni-wuerzburg.de

Originalpublikation:
Infection of human organoids supports an intestinal niche for Chlamydia trachomatis. PLOS Pathogens, 22. August 2024, https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1012144