Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neuer Schnelltest zum Nachweis von Corona-Antikörpern entwickelt
Ergebnis in nur zwölf Minuten – Neues Testverfahren übertrifft ELISA-Methode – „Meilenstein in der Entwicklung der immunologischen Diagnostik“
Ein internationales Forschungsteam der Universitäten Paraná (Brasilien) und Tübingen hat einen Schnelltest entwickelt, der innerhalb von Minuten Antikörper gegen den Covid-19 Erreger SARS-Cov2 im Blut zuverlässig nachweisen kann.
Wie die Forscherinnen und Forscher in der Fachzeitschrift ACS Sensors berichteten, lässt sich das neue Verfahren aufgrund eines einfachen Messprinzips ohne teure Instrumente durchführen und ist daher auch für mobile Teststationen oder für Labore in wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen geeignet.
Die neue
Diagnosemethode sei zudem deutlich schneller als das sogenannte
ELISA-Verfahren, das in der Labordiagnose von Antikörpern seit
Jahrzehnten als Goldstandard gilt.
„Nur eine kleine Probenmenge wird für den Test benötigt:
Gerade mal ein Tropfen reicht aus, der zwei Mikroliter Serum enthält“, sagte der Erstautor der Studie, Professor Luciano F. Huergo von der Universität Paraná: „Zudem ist es möglich, Vollblut einzusetzen, das heißt die normalerweise notwendige Abtrennung der löslichen Blutbestandteil kann für die Diagnose entfallen.“
Das ermögliche den Einsatz des Tests an Pflege- und Teststationen vor Ort.
„Ein ausgestattetes Labor sowie der
Einsatz spezieller Geräte ist für die Durchführung nicht unbedingt
erforderlich“ Darüber hinaus sei die Gesamtreaktionszeit 15-mal kürzer
als die des klassischen ELISA-Tests, wie Huergo erläutet: „Dadurch
können Hunderte von Proben in wenigen Stunden getestet werden.“
Das neue Testverfahren basiert auf magnetischen Nanopartikeln, die mit
viralen Antigenen beschichtet sind. Zur Durchführung des Tests wird
Blutserum oder Blut auf die Testoberfläche aufgetragen. Nach ungefähr
zwei Minuten werden die Nanopartikel gewaschen und mit einer
Entwickler-Reagenz behandelt. Weist die Blutprobe Antikörper gegen das
Coronavirus auf, kommt es zu einem Farbumschlag.
- Während beim traditionellen ELISA-Test das Ergebnis nach etwa drei Stunden vorliegt, benötigt die neue Methode nach den Ergebnissen der Studie nur zwölf Minuten.
Einsatz bei akut Erkrankten und bei Genesenen möglich
- Antikörper gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bilden sich im Allgemeinen elf bis 16 Tage nach Auftreten der Symptome aus.
- Einige Patienten produzieren jedoch bereits zwei bis vier Tage nach den ersten Krankheitssymptomen Antikörper in nachweisbaren Konzentrationen.
Immunologische Tests können daher als zusätzliche Instrumente zur
Identifizierung von Patienten in der akuten Phase der
Covid-19-Erkrankung beitragen oder von Patienten, die in der
PCR-Untersuchung als falsch negativ getestet wurden.
„Unser Test schnitt insbesondere bei Proben mit niedrigen
Antikörpertitern besser ab als das ELISA-Verfahren.“, sagte Professor
Karl Forchhammer vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und
Infektionsmedizin der Universität Tübingen. „Die Methode arbeitete mit
einer Sensitivität von 87 Prozent sowie einer Spezifität von 99 Prozent
der getesteten Covid-19-Proben.“ Bereits mit dem bloßen Auge könnten
positive und negative Ergebnisse festgestellt werden. Durch den Einsatz
zusätzlicher Instrumente, wie eines Microplate-Readers, könne die
Präzision des Tests weiter gesteigert werden. „Ein weiterer Vorteil
gegenüber dem ELISA-Verfahren besteht darin, dass das Farbergebnis
unseres neuen Verfahrens direkt proportional zur Antikörperkonzentration
ist“, sagte Huergo.
- „Mit anderen Worten, die neue Methode liefert Daten über die Menge an Antikörpern und nicht nur über ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein.“
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die neue Technologie auch auf die
serologische Diagnose anderer Krankheiten angepasst werden kann.
Professor Huergo sagte, das neue Verfahren habe das Potenzial, den seit
den 1970er Jahren verwendeten ELISA-Test zu ersetzen:
„Wir glauben, dass diese Technik einen Meilenstein in der Entwicklung der immunologischen Diagnostik darstellt.“
In der Forschungsliteratur gebe es keine Berichte
über einen immunologischen Test für Covid-19, der so schnell, mit so
hoher Genauigkeit und vor allem so geringen Kosten Daten liefere.
Die Autorinnen und Autoren der Studie gehen davon aus, dass das neue
Verfahren künftig zu vergleichbaren Kosten für jeweils eine Diagnose wie
der ELISA-Test angeboten werden kann.
„Der Test erfordert nur minimale Instrumentierung in allen Produktionsphasen und soll nun mit einer größeren Anzahl von Proben sowie für die Massenproduktion evaluiert werden“, sagt Dr. Khaled Selim, der Leiter des deutschen Teams an der Universität Tübingen.
„Wir glauben, dass unsere schnelle und quantitative Methode zum Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern dabei helfen kann, Fälle von Covid-19 zu verfolgen, insbesondere in Entwicklungsländern wie Brasilien, die nicht den Luxus haben, regelmäßige PCR-basierte Tests im Rahmen der Krankenversorgung durchzuführen.“
Die Technologie steht für Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationspartnerschaften über die Innovationsagentur der Universität Paraná zur Verfügung, die über die gesetzlichen und Patentrechte verfügt.
Antje Karbe Eberhard Karls Universität Tübingen
Professor Dr. Luciano F. Huergo
Universidade Federal do Paraná
Telefon: +55 41996765856
luciano.huergo@gmail.com
Professor Dr. Karl Forchhammer
Universität Tübingen
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin
Telefon: +49 7071 29-72096
karl.forchhammer@uni-tuebingen.de
Dr. Khaled Selim
Universität Tübingen
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin
Telefon: +49 7071 29-72096
khaled.selim@uni-tuebingen.de
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Antje Karbe
Telefon: 07071-29-76789
E-Mail-Adresse: antje.karbe@uni-tuebingen.de
Originalpublikation:
Luciano F. Huergo, Khaled A.
Selim, Marcelo S. Conzentino, Edileusa C. M. Gerhardt, Adrian R. S.
Santos, Berenike Wagner, Janette T. Alford, Nelli Deobald, Fabio O.
Pedrosa, Emanuel M. de Souza, Meri B. Nogueira, Sônia M. Raboni, Dênio
Souto, Fabiane G. M. Rego, Dalila L. Zanette, Mateus N. Aoki, Jeanine M.
Nardin, Bruna Fornazari, Hugo M. P. Morales, Vânia A. Borges, Annika
Nelde, Juliane S. Walz, Matthias Becker, Nicole Schneiderhan-Marra,
Ulrich Rothbauer, Rodrigo A. Reis, and Karl Forchhammer. Magnetic
Bead-Based Immunoassay Allows Rapid, Inexpensive, and Quantitative
Detection of Human SARS-CoV-2 Antibodies.
ACS Sens, January 26, 2021; https://doi.org/10.1021/acssensors.0c02544