Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Luftverschmutzung ist eines der weltweit führenden Gesundheitsrisiken
Forscher berechnen: Die Folgen der Luftverschmutzung verkürzen das
Leben der Menschen weltweit statistisch um durchschnittlich fast drei
Jahre
Eine Studie des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin
Mainz und des Max-Planck-Instituts für Chemie belegt negative
Auswirkungen von Luftverschmutzung
Peter Pulkowski (Universitätsmedizin Mainz)
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Verschmutzte Luft ist gesundheitsschädlich und erhöht das Risiko für
Herz-Kreislauf- und Atemwegs-Erkrankungen.
Wissenschaftler des
Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universitätsmedizin Mainz haben
in einer neuen Studie berechnet, dass
Luftverschmutzung die
Lebenserwartung der Menschen im globalen Durchschnitt stärker verringert
als Infektionskrankheiten oder andere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie
beispielsweise Rauchen.
Danach verursachte Luftverschmutzung im Jahr 2015 weltweit 8,8 Millionen
vorzeitige Todesfälle.
Dies entspricht einer durchschnittlichen
Verkürzung der Pro-Kopf-Lebenserwartung von 2,9 Jahren.
- Im Vergleich
dazu reduziert Rauchen die Lebenserwartung um durchschnittlich 2,2 Jahre
(7,2 Millionen Todesfälle), HIV / Aids um 0,7 Jahre (1 Million
Todesfälle), parasitäre und durch Vektoren – also durch Lebewesen wie
Stechmücken oder Läuse – verursachte Krankheiten wie Malaria um 0,6
Jahre (600.000 Todesfälle).
„Luftverschmutzung übersteigt Malaria als Ursache für vorzeitigen Tod um
den Faktor 19 und HIV / Aids um den Faktor 9. Da die Auswirkungen auf
die Gesundheit so enorm sind und die Bevölkerung weltweit betreffen,
könnte man sagen, dass unsere Ergebnisse auf eine
Luftverschmutzungspandemie hindeuten“, sagt Prof. Dr. Jos Lelieveld,
Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und Erstautor der Studie.
Diese Studie ist die erste, die globale Auswirkungen von
Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Menschen im Vergleich zu
anderen Risikofaktoren weltweit untersucht.
„Unser Vergleich zeigt, dass
Luftverschmutzung eine der Hauptursachen für vorzeitige Todesfälle und
den Verlust an Lebensjahren ist. Die frühere Sterbewahrscheinlichkeit
wird insbesondere durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht“, sagt
Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor am Zentrum für Kardiologie der
Universitätsmedizin Mainz und Mitautor der Studie.
Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen einer
Schadstoff-Exposition und dem Auftreten von Krankheiten. Um die
weltweite Belastung mit Schadstoffen, wozu vor allem
Feinstaub und Ozon
zählen, zu berechnen, verwendeten die Forscher ein atmosphärenchemisches
Modell: Dann kombinierten sie die daraus resultierenden
Expositionsdaten mit dem Global Exposure – Mortality Model, das auf
epidemiologischen Kohortenstudien basiert. Mithilfe dieser Daten wurden
die Auswirkungen verschiedener Verschmutzungsquellen kalkuliert.
Dabei
differenzierten die Wissenschaftler zwischen Emissionen natürlichen
Ursprungs, wie beispielsweise durch Waldbrände oder Wüstenstaub, und
anthropogenen – das heißt, von Menschen verursachten – Quellen wie
beispielsweise der intensiven Nutzung fossiler Brennstoffe.
Basierend
auf diesen Ergebnissen haben die Wissenschaftler dann eine
krankheitsspezifische Sterberate und den Verlust der Lebensjahre in
allen Ländern der Welt berechnet.
Die Studienergebnisse zeigen: Die durch die Luftverschmutzung
verursachte vorzeitige Sterblichkeit ist in Ostasien und Südasien am
höchsten (35 Prozent bzw. 32 Prozent), gefolgt von Afrika (11 Prozent),
Europa (9 Prozent), Nord- und Südamerika (6 Prozent). Australien hat mit
1,5 Prozent die niedrigste Sterblichkeitsrate – und die strengsten
Luftreinhaltungsstandards.
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„Wir verstehen mehr und mehr, dass Feinstaub in erster Linie
Gefäßschäden und damit Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall,
Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche begünstigt.
Daher erachten wir es
als äußerst wichtig, dass Luftverschmutzung als
kardiovaskulärer
Risikofaktor sehr ernst genommen wird und in den Richtlinien der
Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zu den Bereichen Prävention
des
akuten und chronischen koronaren Syndroms sowie
Herzinsuffizienz
ausreichend Niederschlag findet“, ergänzt der Kardiologe Münzel.
Fast zwei Drittel der durch Luftverschmutzung verursachten Sterbefälle,
nämlich rund 5,5 Millionen pro Jahr, sind den Erkenntnissen der Studie
zufolge grundsätzlich vermeidbar,
denn der Großteil verschmutzter Luft
stammt aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe.
So schätzen die Forscher
auch, dass die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit um etwas mehr
als ein Jahr steigen würde, wenn die Emissionen aus der Nutzung fossiler
Brennstoffe wegfallen würden.
Die Forscher der Universitätsmedizin Mainz und des Max-Planck-Instituts
für Chemie haben im vergangenen Jahr eine ähnliche Studie
veröffentlicht, die sich mit den Folgen der Luftverschmutzung in Europa
befasste: Danach sterben jedes Jahr fast 800.000 Europäer vorzeitig an
Krankheiten, die durch Luftverschmutzung mit verursacht werden.
Verschmutzte Luft verkürzt die Lebensdauer der Europäer im Schnitt um
mehr als zwei Jahre.
Weitere Informationen:
Originalpublikation:
Loss of life expectancy from air pollution compared to other risk
factors by country; Jos Lelieveld, Andrea Pozzer, Ulrich Pöschl,
Mohammed Fnais, Andy Haines, Thomas Münzel; Cardiovascular Research 2020
DOI: 10.1093/cvr/cvaa025
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Über das Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Die Forschung am Max-Planck-Institut für Chemie zielt auf das
Verständnis der chemischen Prozesse im Erdsystem, insbesondere in der
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zwischen Luft, Wasser, Boden, Leben und Klima im Verlauf der
Erdgeschichte bis zum heutigen durch Menschen geprägten Zeitalter, dem
Anthropozän. Zu Ehren des früheren Direktors und Präsidenten der
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Beinamen Otto-Hahn-Institut. Weitere Informationen unter www.mpic.de.
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der
Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400
Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit
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Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und
ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im
Internet unter www.unimedizin-mainz.de.