Medizin am Abend Berlin Fazit: Dresdner Uniklinikum startet neues Beratungsangebot für Schlaganfallpatienten
Durch ein zusätzliches Beratungsangebot zu sozialrechtlichen und
psychosozialen Fragen erweitert das Universitätsklinikum Carl Gustav
Carus Dresden sein Versorgungsangebot für Schlaganfallpatienten:
Damit
sichern nicht nur drei unter dem Dach des Dresdner Neurovaskulären
Centrums (DNVC) verbundene Kliniken des Uniklinikums die Akutversorgung
der Patienten ab und kooperieren mit externen Krankenhäusern, sondern
begleiten mit dem Projekt SOS-Care Schlaganfallpatienten in der
Nachsorge.
- Um mehr Betroffenen und Angehörigen auch zu Themen, die nicht
unmittelbar medizinischer oder pflegerischer Natur sind, beratend zur
Seite zu stehen, hat das DNVC dieses weitere Angebot auf den Weg
gebracht.
Ab 6. November sitzt Schlaganfallhelfer Colin Geipel an der Hotline für Schlaganfallpatienten und deren Angehörige. Foto: Uniklinikum Dresden / Holger Ostermeyer
Durch ein zusätzliches Beratungsangebot zu sozialrechtlichen und
psychosozialen Fragen erweitert das Universitätsklinikum Carl Gustav
Carus Dresden sein Versorgungsangebot für Schlaganfallpatienten:
- Damit
sichern nicht nur drei unter dem Dach des Dresdner Neurovaskulären
Centrums (DNVC) verbundene Kliniken des Uniklinikums die Akutversorgung
der Patienten ab und kooperieren mit externen Krankenhäusern im Rahmen
des neurovaskulären Netzwerks SOS-NET, sondern begleiten mit dem Projekt
SOS-Care Schlaganfallpatienten jeweils ein Jahr lang in der Nachsorge.
Um mehr Betroffenen und deren Angehörigen auch zu Themen, die nicht
unmittelbar medizinischer oder pflegerischer Natur sind, beratend zur
Seite zu stehen, hat das DNVC ein weiteres Angebot auf den Weg gebracht.
Die telefonisch unter 0351 / 458 33 30 sowie online per
sos-helfer@ukdd.de nutzbare Hotline wird im Vorfeld des am Montag (29.
Oktober) stattfindenden Welt-Schlaganfalltags der Öffentlichkeit
vorgestellt.
Ab Dienstag, dem 6. November, wird Colin Geipel im Auftrag des DNVC
zweimal die Woche an einem für ihn eingerichteten Schreibtisch sitzen
und am Telefon sowie am Computer für Schlaganfallpatienten
beziehungsweise deren Angehörige da sein.
Es ist ein ganz besonderer
Experte der dort Fragen beantwortet:
Der Dresdner kennt die Folgen eines
Schlaganfalls und die vielen sich daraus ergebenen Fragen und Probleme
aus eigener Erfahrung:
Colin Geipel ist ebenfalls Betroffener, dessen
Lebensweg sich vor nunmehr 16 Jahren von einem Tag auf den anderen
komplett geändert hat.
Doch der heute 48-Jährige hat die
Herausforderungen angenommen und bis heute vieles angeschoben, um weiter
aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und andere
Schlaganfallpatienten zu ermutigen, sich auch selbst zu helfen.
„Für die
Betroffenen ist es wichtig, nicht im Bett oder dem Sofa zu bleiben und
sich bedienen zu lassen“, bringt es Colin Geipel auf den Punkt.
Denn
sein Leben wieder in die Hand zu nehmen und aktiv zu werden ist nicht
nur gut für die Seele, sondern auch für den Körper.
Sich regelmäßig zu
bewegen, schützt auch Schlaganfallpatienten vor den
Zivilisationskrankheiten wie starkes Übergewicht, verkalkte Gefäße oder
Herzprobleme.
„Ein selbst Betroffener kann Schlaganfallpatienten viel
besser motivieren als ein Experte dies auf professioneller Ebene
vermag“, sagt Uwe Helbig.
Als erster Schlaganfall-Lotse Deutschlands hat
er am Dresdner Uniklinikum das Nachsorgeprojekt „SOS-Care – Hilfe nach
Schlaganfall“ mit aufgebaut und betreut seit sieben Jahren jeweils für
gut ein Jahr Hirninfarkt-Patienten nachdem sie aus dem Krankenhaus
entlassen worden sind.
Schlaganfallhelfer Colin Geipel besetzt die Hotline und ergänzt damit
das Angebot des DNVC, für das unter anderem PD Dr. Jessica Barlinn,
Nastasja Pfaff und Uwe Helbig (v.l.n.r.) verantwortlich sind. Foto: Uniklinikum Dresden / Holger Ostermeyer
Das Schicksal des Schlaganfallhelfers Colin Geipel, der ab dem 6.
November zweimal die Woche ins Klinikum kommt, um Betroffene zu beraten,
ist auf vielfache Weise mit der Hochschulmedizin Dresden verknüpft.
Bis
2002 hat er im Experimentellen Zentrum der Medizinischen Fakultät der
TU Dresden gearbeitet. Dann traf sein Gehirn ein Schlag, der ihn in
Lebensgefahr brachte: Eine krankhaft erweiterte Arterie war im Kopf
geplatzt. Das dabei austretende Blut erhöhte den Schädelinnendruck und
zog so sein Gehirn in Mitleidenschaft. Neurochirurgen des Uniklinikums
konnten das dabei entstandene Hämatom entfernen und retteten ihm das
Leben ebenso wie die Intensivmediziner, die ihn danach wochenlang
versorgen mussten. Was zurückblieb, war eine linksseitige Lähmung des
Körpers. Glücklicherweise ist sie nicht komplett, so dass Colin Geipel
Potenzial blieb, einen Teil der Beweglichkeit wiederzugewinnen. „Ich
wurde im Rollstuhl in die Rehaklinik geschoben und habe sie gehend
wieder verlassen“, erzählt er. „Das verdanke ich nicht nur den Ärzten,
sondern auch meiner Familie.“
Trotzdem hat der Hirninfarkt beim heute 48-Jährigen seinen Tribut
gefordert.
Er ist
Erwerbsunfähigkeitsrentner und sagt dennoch: „mich hat
nie die Lebenslust verlassen.“ Colin Geipel erzählt von den vielen
Initiativen die die er gestartet hat, um sich ein Stück des Lebens
wieder zu erkämpfen, das er vor dem
Hirninfarkt gelebt hatte. Dazu
gehört auch das Musizieren. Nach ärztlicher Beratung kam er über den
verwundenen Pfad von Schlagzeug und Euphonium schließlich wieder zu dem
größten aller Blechblasinstrumente, das er nun im Posaunenchor der
Kirchgemeinde Dresden-Bühlau spielt. Diese musikalische Rückeroberung
hat in seinem Musiker-Freundeskreis große Bewunderung ausgelöst und gab
ihm einmal mehr den Anstoß, sich intensiver in Selbsthilfegruppen zu
engagieren. – Weniger, um davon unmittelbar selbst zu profitieren,
sondern um andere Betroffene zu motivieren und zu zeigen, dass da noch
viel geht. „Meine Familie hat mich ermutigt und unterstützt, dass ich
nun auch anderen Betroffenen helfe“, sagt er. Parallel hat der Dresdner
auch begonnen, das Projekt SOS-Care zu begleiten. Um als Vorbild,
Ratgeber und Motivator zusätzliche Kompetenzen zu erwerben, absolvierte
Colin Geipel eine von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ins Leben
gerufene Schulung zum „Schlaganfallhelfer“. Diese Kenntnisse kommen ihm
bei seiner beratenden Tätigkeit nun zugute.
Darüber hinaus kann er die vielen eigenen Erfahrungen weitergeben – etwa
bei dem Kampf um die Finanzierung seines Therapierades, das sein
linksseitiges Handicap ausgleicht.
Eigentlich ist es nichts anderes als
ein Liegerad, dass zusätzlich über einen Motor verfügt, wie er auch in
E-Bikes eingebaut wird.
Erst wollte seine Krankenkasse diese Anschaffung
überhaupt nicht unterstützen – wohl aber einen Rollstuhl mit
Elektromotor.
Das Argument, dass ihm das Fahrrad anders als ein Rolli
dabei hilft, fit zu bleiben, verfing nicht.
Seine Erfahrungen, Anträge
zu schreiben und Widersprüche zu formulieren, gibt Colin Geipel nun
künftig auch am Telefon des Uniklinikums weiter. Auch den Tipp, in aller
Konsequenz auch eine Klage beim Sozialgericht einzureichen – so kam der
48-Jährige über einen Vergleich schließlich doch an Geld für das teure
Liegerad.
Für Colin Geipel ist das Fahrrad ein weiteres Stück Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben, auf das jeder Behinderte ein Recht hat.
Dank
des Sozialgesetzbuches IX gibt es finanzielle Unterstützung von
Initiativen, die Betroffenen wie dem 48-Jährigen auch die Teilhabe am
Arbeitsleben ermöglichen.
So arbeitet er seit Jahresbeginn bei der Gut
Leben gGmbH in Zscheckwitz bei Kreischa.
Die Gut Leben bietet Maßnahmen
zur Teilhabe am Arbeitsleben speziell für Menschen mit erworbenen
Hirnschädigungen an.
Das gemeinnützige Unternehmen war sofort damit
einverstanden, Colin Geipel für die Beratungstätigkeit am Dresdner
Neurovaskulären Centrum zu unterstützen.
Hotline für Schlaganfallpatienten und ihre Angehörigen
Telefon: 0351 / 458 33 30
(jeweils dienstags von 10 bis 12 Uhr; donnerstags von 13 bis 15 Uhr)
E-Mail: sos-helfer@ukdd.de
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