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GenderMedizin: Stammzelltransplantation und Leukämie, speziell bei Schwangeren

Medizin am Abend Fazit: Spenderzellen im Kampf gegen Leukämie

Nach einer Stammzelltransplantation können mitübertragene Abwehrzellen des Spenders Leukämiezellen des Empfängers angreifen und vernichten. Wie sie das tun, haben Wissenschaftler des Würzburger Universitätsklinikums untersucht. Ihr Interesse galt dabei vor allem schwangeren Frauen. 

Meine Haut: http://www.praxisvita.de/was-weiss-meine-haut-ueber-meinen-koerper
 
Das Immunsystem des Menschen ist prinzipiell in der Lage, Leukämiezellen zu erkennen und zu vernichten. Als Erkennungssignal für die Immunzellen dienen dabei spezielle Strukturen auf der Oberfläche der Leukämiezellen – zum Beispiel sogenannte tumorassoziierte Antigene (TAAs). Doch nicht jeder Mensch verfügt über diese Immunantwort. Warum das so ist, hat ein interdisziplinäres Team des Universitätsklinikums unter der Federführung von Professor Stephan Mielke, Geschäftsführender Oberarzt der Medizinischen Klinik und Poliklinik II und Direktor des Stammzelltransplantationsprogramms für Erwachsene, und Professor Christoph Otto, Leiter der Experimentellen Chirurgie an der Chirurgischen Klinik I, untersucht. Ihr Verdacht:

Die Fähigkeit zur Immunantwort könnte sich unter anderem während der Schwangerschaft ausbilden. In der renommierten Fachzeitschrift Blood haben sie vor kurzem ihre Ergebnisse veröffentlicht.

Der Transplantat-gegen-Leukämie-Effekt

„Wir wissen bereits seit Langem, dass bei der Übertragung von Blutstammzellen von einem Menschen auf einen anderen nicht nur Stammzellen, sondern auch Abwehrzellen des Spenders mittransplantiert werden“, erklärt Stephan Mielke. Diese Zellen sind bisweilen in der Lage, sich im Körper des Patienten gegen verbliebene bösartige Zellen zu richten und diese zu zerstören. „Transplantat-gegen-Leukämie-Effekt“ heißt dieser Vorgang in der Fachsprache. Die Hintergründe dieses Effektes sind jedoch noch nicht gänzlich erforscht. „Wir haben untersucht, inwieweit die Schwangerschaft einen möglichen Ursprung dieser Immunantworten darstellt“, erklärt Mielke. Ausgangspunkt dieser Idee war die Beobachtung, dass bestimmte TAAs sowohl auf der Oberfläche von Leukämiezellen als auch von Zellen der Plazenta ausgebildet werden.

Studie mit 158 Teilnehmern

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler zwei Hauptgruppen von Probanden gebildet. Die erste Gruppe bestand aus Frauen, die noch nie eine Geburt hatten, Frauen mit mindestens einem Kind und Männern. Insgesamt 114 Teilnehmer waren es dort. In die zweite Gruppe nahmen die Forscher 44 erstmalig schwangere Frauen auf. Allen Teilnehmern wurde eine geringe Menge Blut abgenommen – den schwangeren Frauen allerdings an bis zu vier Zeitpunkten während und nach ihrer Schwangerschaft. Anschließend isolierten die Forscher bestimmte Abwehrzellen – die T-Lymphozyten – aus den gewonnenen Blutproben und untersuchten diese auf ihre Fähigkeit, vier bekannte TAAs zu erkennen und anzugreifen.

Die Ergebnisse: Männer zeigen stärkere Reaktion

Das Ergebnis: „In der ersten Gruppe konnten wir Immunantworten gegen alle vier TAAs nachweisen. Interessanterweise wiesen dabei Männer teilweise signifikant stärkere Immunantworten auf als Frauen“, erklärt Mathias Lutz, Arzt und als medizinischer Doktorand von Mielke an dem Projekt beteiligt. Keine Unterschiede zeigten sich hingegen zwischen Frauen ohne beziehungsweise mit Kindern. Differenzierter fielen die Ergebnisse in der Gruppe der Schwangeren aus: In den Blutproben, die während des zweiten Drittels der Schwangerschaft entnommen worden waren, war die Immunantwort gegen die untersuchten TAAs deutlich erhöht. Danach ging sie ebenso deutlich zurück und unterschied sich nach dem Abstillen nicht mehr von den Werten von Frauen ohne Kinder.

Die Interpretation der Ergebnisse

Geht es um die Interpretation dieser Ergebnisse, ist ein Befund also klar: „Bei einem Teil von gesunden Spendern sind positive Immunantworten gegen die untersuchten TAAs nachweisbar“, sagt Mathias Lutz. Allerdings fallen die Immunantworten bei Männern höher aus, verglichen mit denen von Frauen. „Das hängt vermutlich damit zusammen, dass diese TAAs bei Männern auch in den Hoden ausgebildet werden. So muss sich das männliche Immunsystem immer wieder mit ihnen auseinandersetzen“, erklärt Stephan Mielke.

Ähnlich dürfte es sich bei den Schwangeren verhalten: Für den Anstieg der Werte verantwortlich ist die Plazenta, die ebenfalls TAAs bildet und damit das Immunsystem zu einer Antwort anregt. Dass die Werte nach der Geburt wieder zurückgehen, sodass nach dem Abstillen kaum mehr Immunantworten nachweisbar sind, liegt nach Ansicht der Wissenschaftler wahrscheinlich daran, dass die Plazenta dann nicht mehr vorhanden ist – neben weiteren Effekten, die der Tatsache geschuldet sind, dass das Immunsystem von Frauen während einer Schwangerschaft teilweise „gedrosselt“ wird.

Ansatz für bessere Auswahl der Spender

„Die Erkenntnisse dieser Studie könnten dazu beitragen, die Stammzelltherapie weiter zu optimieren und dadurch eine bessere Kontrolle der bösartigen Grunderkrankung zu erreichen“, hofft Mielke. Denkbar sei es beispielsweise, die gegen TAAs gerichteten Immunantworten zu verstärken. Entweder mit einer Art Impfung oder durch steuernde Eingriffe in das System, das eine effektive Immunantwort unterdrückt. Ob allerdings die in dieser Studie bei gesunden Spendern gezeigte Immunantwort gegen TAAs die Heilungschancen von den Empfängern einer Stammzelltherapie verbessert, sei noch ungeklärt und müsse in weiteren Studien untersucht werden.

Das Projekt wurde vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) der Universität Würzburg gefördert. Daneben erhielt Mathias Lutz ein Stipendium von „Hilfe im Kampf gegen Krebs“, Andrea Worschech vom „Deutschen Akademischen Austausch Dienst“.

„Boost and loss of immune responses against tumor-associated antigens in the course of pregnancy as a model for allogeneic immunotherapy.” Mathias Lutz, Andrea Worschech, Miriam Alb, Sabine Gahn, Laura Bernhard, Michael Schwab, Stefanie Obermeier, Hermann Einsele, Ulrike Kämmerer, Peter Heuschmann, Erdwine Klinker, Christoph Otto, Stephan Mielke (2015): Blood. 125(2):261-72. doi: 10.1182/blood-2014-09-601302.

Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. Stephan Mielke, T: (0931) 201-40141, Mielke_S@ukw.de
Gunnar Bartsch Julius-Maximilians-Universität Würzburg


Weitere Informationen:
http://www.medizin2.ukw.de/forschungsgruppen/ag-stephan-mielke.html
Zur Homepage von Stephan Mielke

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