Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Gesundheit verschlechtert sich in ersten Jahren der Mutterschaft
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Bekommt eine Frau ein Kind, kann sich das negativ auf ihre Gesundheit auswirken.
Während die Schwangerschaft und die Zeit unmittelbar nach der Geburt durchschnittlich von guter mentaler Gesundheit gekennzeichnet sind, steigen in den ersten vier Jahren der Mutterschaft unter anderem Verschreibungen von Antidepressiva und die Anzahl von Psychotherapien an.
Ähnliche Muster gibt es bei der Verschreibung von Schmerzmitteln.
- Bei Frauen ohne weitere Schwangerschaft übersteigt die Verschreibung von Antidepressiva das Niveau vor der Schwangerschaft um durchschnittlich 44 Prozent.
Das Wichtigste in Kürze:
• Abrechnungsdaten von Krankenkassen zeigen, dass in der Zeit kurz vor
und unmittelbar nach der Geburt relativ wenige Depressionen, andere
psychische Störungen sowie Schlafstörungen und damit einhergehende
Behandlung kodiert (von Ärztinnen und Ärzten zu Abrechnungszwecken als
Diagnose angegeben) werden. Dies lässt auf eine Phase guter psychischer
Gesundheit schließen. Auch Umfrageergebnisse belegen, dass sich Frauen
während der Schwangerschaft im Durchschnitt in guter gesundheitlicher
Verfassung befinden, was sich im psychischen Wohlbefinden widerspiegelt.
• In den ersten vier Jahren nach der Geburt treten in den
Abrechnungsdaten der Krankenkassen häufiger psychische Erkrankungen auf.
Auch die Einnahme von Antidepressiva und Psychotherapien nimmt in
dieser Zeit zu.
Ähnliche Muster sind bei der Einnahme von Schmerzmitteln
und der Kodierung von Kopfschmerzen und anderen potenziell
stressbedingten körperlichen Erkrankungen festzustellen. Auch Umfragen
zum Wohlbefinden deuten auf eine Verschlechterung der psychischen
Gesundheit hin.
• Vier Jahre nach der Geburt liegt die Verschreibung von Antidepressiva
bei Frauen, die während dieser Zeit kein weiteres Kind bekommen haben,
um 44 Prozent über dem Niveau vor der Schwangerschaft und steigt von ca.
2,6 auf etwa 3,7 Prozent. Auswirkungen des Alters und ein
grundsätzlicher Anstieg von psychischen Erkrankungen im
Beobachtungszeitraum wurden in der Studie herausgerechnet. Die
Wahrscheinlichkeit der Kodierung einer Depression steigt im Vergleich
zur Schwangerschaft um acht Prozent (von ca. 6,3 auf 6,8 Prozent) und
die Wahrscheinlichkeit einer kodierten Schlafstörung um 18 Prozent (von
ca. 0,78 auf 0,9 Prozent).
• Im Vergleich zu Psychotherapien nimmt die Bedeutung von Antidepressiva
zu. Befragungsdaten zu Glücksgefühlen und Traurigkeit, die das gesamte
Spektrum der Emotionen und nicht nur psychische Erkrankungen abdecken,
liefern trotz der geringen Stichprobengröße auffallend ähnliche
Ergebnisse wie die Ergebnisse auf Basis der Krankenkassendaten.
• Zusätzliche Umfrageergebnisse zum Alltag der Mütter deuten darauf hin,
dass dauerhaft weniger Schlaf, Sport und andere Freizeitaktivitäten –
zusammen mit umfangreichen Kinderbetreuungsaufgaben und potenziellen
psychosozialen Belastungen – wesentlich zu einer schlechteren
psychischen Gesundheit beitragen.
• Die Auswirkungen der Mutterschaft auf die psychische Gesundheit
unterscheiden sich kaum nach Bildungsgrad der Mutter und sind für ost-
und westdeutsche Mütter ähnlich. Das bedeutet: Die gesundheitlichen
Folgen nach der Geburt sind für eine große soziale Gruppe von Müttern
relevant.
• Die Studie von RWI-Wissenschaftler Fabian T. Dehos, Marie Paul und
Karolin Süß von der Universität Duisburg-Essen sowie Wiebke Schäfer vom
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS
basiert auf Daten der pharmakoepidemiologischen Forschungsdatenbank
(GePaRD) für die Jahre 2004 bis 2019 sowie auf Umfragedaten des
Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Beziehungs- und Familienpanels
Pairfam, die subjektive Einschätzungen zu Stimmung, psychischer
Gesundheit und Lebenszufriedenheit liefern.
„Unsere Studie bestätigt Eindrücke aus den sozialen Medien und
öffentlichen Debatten, dass viele Frauen mit Erschöpfung leben, was
gemeinhin als ‚Mütter-Burnout‘ bezeichnet wird“, sagt
RWI-Wissenschaftler Fabian T. Dehos und hebt hervor: „Zwar ist die
Gesundheit um den Zeitpunkt der Geburt im Durchschnitt besonders gut, in
den ersten Jahren der Mutterschaft zeigen sich jedoch deutliche
Verschlechterungen.“
„Wir brauchen deswegen Maßnahmen zur Entlastung von Müttern. Sie sollten
darauf hinwirken, den guten Gesundheitszustand der Frauen vor der
Mutterschaft zu erhalten“, führt RWI-Research Fellow Marie Paul aus und
ergänzt:
„Zur notwendigen Entlastung könnten bessere und verlässlichere
Kinderbetreuung, Elternzeitregelungen mit stärkeren Anreizen für Väter,
sowie ein einfacherer Zugang zu psychologischer Beratung und anderen
Hilfestellungen beitragen.“
„Entlastung ist wichtig. Denn: Gesundheitliche Probleme in dieser
kritischen Lebensphase können die Gesundheit langfristig negativ
beeinflussen – und dadurch die allgemeine Lebenszufriedenheit der
Betroffenen und das Wohlergehen des Kindes beeinträchtigen“, so Karolin
Süß von der Universität Duisburg-Essen.
Dr. Fabian T. Dehos
Hohenzollernstraße 1-3
45128 Essen
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
E-Mail-Adresse: rwi@rwi-essen.de
Alexander Bartel
Telefon: 0201 8149-354
E-Mail-Adresse: alexander.bartel@rwi-essen.de
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