Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Weltweit erste wiederherstellende Operation am zentralen Lymphsystem mit einem Mikrochirurgie-Roboter am USZ
Weil eine schwer erreichbare Aussackung am zentralen Lymphsystem nicht entfernt werden konnte, legte ein Ärzteteam der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Universitätsspital Zürich (USZ) einen neuen Abfluss, um den quälenden Lymphstau der Patientin zu beheben.
Medizin am Abend Berlin ZusatzLink: Labor Lymphknoten-(LK)-schwellungen
Zum ersten Mal kam bei einem solchen Eingriff ein mikrochirurgisches Operationssystem zum Einsatz.
Nicole Lindenblatt operiert am zentralen Lymphsystem mit dem Mikrochirugie-Roboter Symani USZ
Als die Patientin in die Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des USZ kam, hatte sie bereits einen langen Leidens- und Behandlungsweg hinter sich. Die 47-jährige Frau litt seit langer Zeit unter quälenden Schmerzen im linken Unterleib, die sich nach körperlicher Aktivität noch verstärkten.
Begleitet wurden die Schmerzen von starken Kreislaufstörungen, sodass die Patientin kaum 100 Meter am Stück gehen konnte. Da die Symptome zunahmen, war eine dynamische MR-Lymphangiographie durchgeführt worden, mittels der die Lymphbahnen und Lymphknoten dargestellt werden können.
- Die Lymphangiographie zeigte eine etwa birnengrosse zystische Erweiterung der linken Beckenlymphgefässe, in der sich immer wieder Lymphflüssigkeit staute.
- Dies führte zu den massiven Schmerzen und verursachte wahrscheinlich durch eine Beeinflussung des vegetativen Nervensystems neben der Wirbelsäule die Kreislaufbeschwerden.
Grosser Leidensdruck, aber wenig Therapiemöglichkeiten
Solche Erkrankungen am zentralen Lymphsystem sind selten, für Betroffene
jedoch schwerwiegend, weil sie deren Lebensqualität stark
beeinträchtigen.
Angeborene Fehlbildungen des Lymphsystems kommen auch typischerweise bei Säuglingen und Kindern vor, was zu massiven Problemen wie chronischen Ergüssen um die Lunge und im Bauch mit Proteinverlust sowie ausgedehnten Lymphödemen führt.
Die Behandlung beschränkt sich jedoch häufig auf die medikamentöse Therapie und eine spezielle Diät, um den Lymphfluss zu reduzieren, bei Leckagen wird versucht, diese zu veröden.
- Operativ behandelt werden diese Lymphgefässfehlbildungen selten, weil das Operationsgebiet tief im Körperinneren schwer erreichbar ist und die Lymphgefässe teilweise nur 0.5-1 mm gross sind.
Der Versuch in einem anderen Spital, die Erweiterung zu veröden, war bei
der Patientin denn auch gescheitert.
Der Roboter könnte zu der Ausbuchtung gelangen
Nach eingehenden Abklärungen bei den Spezialistinnen und Spezialisten
mehrerer Fachbereiche wurde ein weiterer Versuch der Verödung verworfen,
weil die Gefahr bestand, dabei auch die Lymphgefässe zu verschliessen,
die in die Erweiterung führten. «Dies hätte zur Folge gehabt, dass sich
bei der Patientin ein Lymphstau der unteren Körperhälfte hätte
entwickeln können», so Nicole Lindenblatt, stellvertretende Direktorin
der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie und Spezialistin
für mikro- und supermikrochirurgische Eingriffe. Stattdessen schlug das
Behandlungsteam um Nicole Lindenblatt der Patientin einen
rekonstruktiven mikrochirurgischen Eingriff vor, bei dem eine neue
Verbindung zwischen der Erweiterung und der linken Ovarialvene gelegt
wird, worüber die Lymphflüssigkeit wieder in das zentrale Venensystem
abfliessen kann. Die Patientin entschied sich für die Operation. Die
Planung des Eingriffs erfolgte zusammen mit einem etablierten
Behandlungsteam aus Fachspezialistinnen und -spezialisten der
Viszeralchirurgie und der Interventionellen Radiologie am USZ.
Kurz nach der Operation verschwanden die quälenden Schmerzen
Die Operation wurde mittels des robotischen Operationssystems Symani
durchgeführt.
Das mikrochirurgische System kann dabei zum ersten Mal weltweit bei einem Eingriff am zentralen Lymphsystem eines Menschen zum Einsatz.
Und der mikrochirurgische Eingriff gelang.
Fast unmittelbar nach der Operation verschwanden die Schmerzen der Patientin.
Drei Monate
nach der Operation spürte sie kaum Symptome mehr und hatte sich so gut
erholt, dass sie problemlos mehrere Stunden ohne Schwäche oder
Kreislaufreaktionen gehen konnte und im Alltag nicht mehr eingeschränkt
war.
Einziges Zentrum für zentrale Lymphchirurgie in Europa
Nicole Lindenblatt nutzt das System seit 2021 und gehörten zu dessen
ersten Anwendern:
«Wir können damit in tiefere Lagen vordringen und feinste Gefässe mit hoher Präzision operieren und Eingriffe durchführen, die mit den herkömmlichen Instrumenten sehr schwierig sind.
Dank unserer Erfahrung mit dem System wussten wir, dass uns damit auch ein solche Operation am zentralen Lymphsystem gelingen könnte.»
Zugleich war
dies für die Patientin die einzige Behandlungsmöglichkeit. «Mit dem
Eingriff konnten wir der Patientin helfen», so Lindenblatt,
«gleichzeitig konnten wir neue Anwendungen und Möglichkeiten des Geräts
aufzeigen, die bisher nicht genutzt wurden.»
Das von Nicole Lindenblatt geleitete zertifizierte Center of Excellence für lymphatische Erkrankungen des USZ ist das einzige Zentrum in Europa, das zentrale Lymphchirurgie anbietet.
Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen des zentralen Lymphsystems steht in dem Zentrum nun eine weitere Behandlungsmöglichkeit offen.
Nicole Lindenblatt, Prof. Dr. med.
Leitende Ärztin, Stv. Klinikdirektorin, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie
Nathalie Plüss Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich
Schweiz
Zürich
Telefon: +41 44 255 86 60
E-Mail-Adresse: nathalie.pluess@usz.ch
Originalpublikation:
https://journals.lww.com/prsgo/fulltext/2023/12000/first_in_human_use_of_a_micro...
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