Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Trotz mechanischer Herz-Kreislauf-Unterstützung hohe Sterblichkeit bei Herzversagen
Weltweit gibt es eine starke Zunahme bei der Verwendung mechanischer, aktiver Herz-Kreislauf-Unterstützung.
Die Hoffnung ist, mit diesen Hilfsmitteln die Überlebenschance nach der schwersten Form des akuten Herzversagens, dem kardiogenen Schock, zu verbessern.
- Eine klinische Studie, geleitet von Herzspezialist Prof. Holger Thiele, hat gezeigt, dass die Sterblichkeit nach kardiogenem Schock innerhalb von 30 Tagen damit nicht gesenkt werden kann.
Die Studie wurde auf der Jahrestagung der europäischen Gesellschaft für Kardiologie vorgestellt sowie mit einer zusätzlichen Metaanalyse zeitgleich in den renommiertesten Medizinjournalen The Lancet und dem New England Journal of Medicine publiziert.
Bei Patient:innen mit akutem Herzinfarkt und anschließendem kardiogenen Schock wurde die VA-ECMO-Therapie plus der medikamentösen Therapie auf der Intensivstation mit der medikamentösen Therapie auf der Intensivstation alleine verglichen.
- Der kardiogene Schock wird durch ein Pumpversagen des Herzens und oft durch einen Herzinfarkt ausgelöst.
- Das Herz schafft es dann nicht mehr, den Kreislauf aufrechtzuerhalten.
Nach einem akuten Herzinfarkt mit kardiogenem Schock haben Betroffene innerhalb von 30 Tagen ein Risiko von fast 50 Prozent zu versterben.
Seit über zehn Jahren werden Patient:innen oft mit einer sogenannten venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung, kurz VA-ECMO oder ECLS, therapiert.
Unter dieser mechanischen Kreislaufunterstützung versteht man den Einsatz von Systemen, die dem erkrankten Herz dabei helfen, das Blut durch den Körper zu pumpen.
- Eine VA-ECMO kann theoretisch die Funktion des Herzens als auch der Lunge für eine gewisse Zeit übernehmen.
Allerdings führt
diese Therapieform auch zu möglichen Komplikationen, wie Blutungen oder
Beinischämien, einer plötzlichen Unterbrechung der Blutversorgung im
Bein, durch die großen verwendeten Kanülen.
Herzspezialist Prof. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für
Kardiologie am Herzzentrum Leipzig, HELIOS Stiftungsprofessor an der
Universität Leipzig und Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie, hat nun eine große klinische Studie durchgeführt, an der
insgesamt 420 Patient:innen an 44 Zentren in Deutschland und Slowenien
teilgenommen haben.
Bei Patient:innen mit akutem Herzinfarkt und
anschließendem kardiogenen Schock wurde die VA-ECMO-Therapie plus der
medikamentösen Therapie auf der Intensivstation mit der medikamentösen
Therapie auf der Intensivstation alleine verglichen.
CAVE: „Die VA-ECMO senkt entgegen unserer Studienhypothese die
30-Tage-Sterblichkeit nicht.
Im Gegensatz zur Standardtherapie war die Sterblichkeit mit 47,8 Prozent versus 49 Prozent statistisch nicht signifikant unterschiedlich.
Die VA-ECMO Gruppe hatte sogar mehr Komplikationen wie schwere Blutungen oder Beinischämien.
Wir müssen also umdenken und die durch die mechanischen Systeme induzierten Blutungen als auch den zusätzlichen Inflammationsreiz reduzieren.
Vermutlich ist weniger mehr im kardiogenen Schock“, erklärt Prof. Thiele die Hauptergebnisse der Studie.
Die Resultate konnten zusätzlich mit einer patientenbasierten Metaanalyse bestätigt werden, die die Ergebnisse aller bisherigen vier Studien zur mechanischen Herz-Kreislauf-Unterstützung mit VA-ECMO versus Kontrolltherapie verglichen hat.
Auch hier zeigte sich kein Überlebensvorteil durch die
VA-ECMO bei gleichzeitig mehr Komplikationen.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass wir die Häufigkeit der Therapie mit VA-ECMOs in Deutschland und international reduzieren müssen.
- Das werden die zukünftigen Leitlinien sicherlich auch bald aufgreifen und die Therapie mit aktiven mechanischen Herz-Kreislaufunterstützungssystemen in der Empfehlung herabstufen beziehungsweise sogar generell in der Routine nicht mehr empfehlen“, sagt Prof. Thiele.
- Medizin am Abend Berlin ZusatzLink: ARDS
Der Herzspezialist plant noch viele Folgestudien, unter anderem eine einjährige Nachbetrachtung, um gegebenenfalls Unterschiede im längeren zeitlichen Verlauf zu erkennen.
„Auch weiterhin ist es unser Ziel, die sehr hohe Sterblichkeit im kardiogenen Schock zu senken.
Das können wir nur durch
innovative Studien zeigen“, so Prof. Thiele.
Prof. Dr. Holger Thiele ist seit 2017 Direktor der Universitätsklinik
für Kardiologie – HELIOS Stiftungsprofessur am Herzzentrum Leipzig.
Neben seiner klinischen Tätigkeit am Herzzentrum Leipzig ist Professor Thiele im Rahmen der HELIOS Stiftungsprofessur mit seinem Team intensiv in die Forschung und Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig eingebunden.
Studienleiter Prof. Dr. Holger Thiele. Dominik Wolf
Prof. Dr. Holger Thiele
Herzzentrum Leipzig
holger.thiele@medizin.uni-leipzig.de
Tel: +49 341 865 1428
Medizinische Fakultät Anne Grimm Universität Leipzig
Telefon: 0341 97 15 790
E-Mail-Adresse: anne.grimm@medizin.uni-leipzig.de
Goethestraße 6
04109 Leipzig
Deutschland
Sachsen
Originalpublikation:
New England Journal of Medicine: Extracorporeal Life Support in Infarct-Related Cardiogenic Shock. DOI: 10.1056/NEJMoa2307227, https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2307227?query=featured_home
The Lancet: Venoarterial extracorporeal membrane oxygenation in patients
with infarct-related cardiogenic shock: An individual patient data
meta-analysis of randomised trials. DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)01607-0
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