Medizin am Abend Berlin - MaAB - Fazit: „Wollen Risiko von Schlaganfällen um 20 Prozent senken“
- Herzrhythmusstörungen nach einem Schlaganfall sind besonders gefährlich, denn sie können leicht eine erneute Attacke auslösen.
- Das Vorhofflimmern erhöht das Risiko für Schlaganfälle um das Fünffache.
- Um durch eine verbesserte Diagnose der Herzrhythmusstörungen neue Schlaganfälle zu verhindern, untersuchen Wissenschaftler:innen aus Leipzig, Mainz und Göttingen in einer der größten klinischen Studien Deutschlands mehr als 5.000 Patient:innen mit einem kürzlich erlittenen Schlaganfall.
Studienleiter Rolf Wachter, Professor für Klinische und Interventionelle Kardiologie an der Universität Leipzig und Stellvertretender Klinikdirektor der Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig, im Interview.
Eine häufige Ursache des Schlaganfalls, vor allem bei älteren Menschen, ist die im Elektrokardiogramm einfach zu erkennende Herzrhytmusstörung Vorhofflimmern. Foto: Colourbox
Herr Professor Wachter, Ihr aktuelles Forschungsprojekt zur
Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern wird von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft weitere drei Jahre und nun mit insgesamt 13,8
Millionen Euro unterstützt. Sie ist damit die aktuell höchst von der DFG
geförderte klinische Studie in Deutschland. Warum ist das Thema so
relevant für die Bevölkerung?
„Keine Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems fürchten die Menschen so wie
den Schlaganfall.
Der wesentliche Grund ist vermutlich, dass danach das Leben oft ein völlig anderes als vorher ist und man in seinen körperlichen Funktionen sehr eingeschränkt sein kann oder dauerhaft auf Hilfe anderer angewiesen ist.
Wir wissen, dass ein Viertel der Schlaganfälle durch die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern hervorgerufen werden.
- Bei diesen Patientinnen und Patienten bilden sich Blutgerinnsel im linken Herzvorhof.
Durch eine Blutverdünnung, die sogenannte
Antikoagulation, kann das Risiko um etwa Zweidrittel gesenkt werden.“
Warum gibt es dann immer noch viele Schlaganfälle bei Patient:innen mit
Vorhofflimmern, obwohl man weiß, wie sie verhindert werden können?
„Die Erkrankung Vorhofflimmern ist oftmals tückisch. Sie tritt nämlich
nicht dauerhaft auf, sondern nur ab und zu.
Es kann also passieren, dass
man bei einer Patientin oder einem Patienten ein Elektrokardiogramm
(EKG) schreibt, das kein Vorhofflimmern zeigt, und trotzdem kann dieser
Mensch ein paar Stunden, ein paar Tage oder auch ein paar Monate davor
oder danach Vorhofflimmern haben.“
Sie forschen seit 15 Jahren in diesem Themengebiet und führen seit vier
Jahren die eingangs erwähnte große klinische Schlaganfallstudie durch.
Wie genau läuft diese ab?
„Die Studie heißt Find-AF 2, Finding Atrial Fibrillation in Stroke
Patients 2. Insgesamt 5.200 Patientinnen und Patienten, die innerhalb
der letzten 30 Tage einen Schlaganfall erlitten haben, werden an dieser
Studie teilnehmen.
Die eine Hälfte bekommt eine verlängerte, verbesserte und intensivierte Herzrhythmusüberwachung, die andere Hälfte der Patientinnen und Patienten die aktuell übliche Standardversorgung.
- Die Herzrhythmusüberwachung findet sowohl mit Langzeit-EKG-Geräten, die allerdings über eine Woche und mindestens einmal im Jahr angelegt werden, sowie mit kleinen implantierbaren Ereignisrekordern statt, die den Herzrhythmus dauerhaft aufzeichnen.
Innerhalb von drei Jahren sind trotz Corona-Pandemie über drei Viertel der benötigten Patientinnen und Patienten an 51 Studienzentren in ganz Deutschland gefunden worden.
Wenn durch diese Maßnahmen Vorhofflimmern gefunden wird, bekommen die Betroffenen nach einem Schlaganfall nahezu immer Blutverdünner verschrieben.
Wir glauben, dass wir durch diese intensivierte Suche bei
vielen Patientinnen und Patienten das Vorhofflimmern so früh finden,
dass wir etwa jeden fünften erneuten Schlaganfall verhindern können.“
Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich am Ende dieses groß angelegten und bundesweiten Forschungsprojekts?
„Wir werden vermutlich im Frühjahr nächsten Jahres alle 5.200
Patientinnen und Patienten gefunden haben.
Die Teilnehmenden der Studie werden dann noch für zwei Jahre nachverfolgt.
In der zweiten Jahreshälfte 2026 werden wir wissen, ob unser Ansatz in der Lage ist, das Risiko erneuter Schlaganfälle in Deutschland um 20 Prozent zu senken.“
Prof. Dr. med. Rolf Wachter Foto: Herzzentrum | Al Mhethawi Universitätsmedizin Göttingen
Wollen Risiko von Schlaganfällen um 20 Prozent senken“
Prof. Dr. med. Rolf Wachter
Professor für Klinische und Interventionelle Kardiologie, Universität Leipzig
Stellvertretender Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie, Universitätsklinikum Leipzig
Mail: rolf.wachter@medizin.uni-leipzig.de
Tel: 0341-97-12825
Medizinische Fakultät Anne Grimm Universität Leipzig
Goethestraße 6
04109 Leipzig
Deutschland
Sachsen
Telefon: 0341 97 15 790
E-Mail-Adresse: anne.grimm@medizin.uni-leipzig.de
www.find-af2.com/ Website der Studie
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen