Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: "Die Verschreibungshoheit bei immunsuppressiven Therapien muss in ärztlicher Hand bleiben"
Apothekerinnen und Apotheker dürfen nun transplantierte Menschen beraten und ihre Medikation umstellen.
Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) warnen ausdrücklich davor und befürchten, dass es zu Komplikationen und Transplantatverlusten kommen kann.
Nur die behandelnden Ärztinnen und Ärzte kennen die persönliche Krankengeschichte, erwartbare Komplikationen, individuelle Therapieresistenzen oder Gegenanzeigen aufgrund von Komorbiditäten.
- Auch immunologische Untersuchungen des Blutserums, die vor jeder Dosisänderung oder Medikamentenumstellung erfolgen sollten, können in Apotheken nicht gemacht werden.
- Transplantierte Patientinnen und Patienten dürfen seit Kurzem eine erweiterte Medikationsberatung in Apotheken bei Immunsuppression in Anspruch nehmen.
- Sinn ist die detaillierte Prüfung der gesamten Medikation, bei der im Rahmen der Beratung der Hintergrund der immunsuppressiven Therapie sowie Handhabungs- und Anwendungsprobleme erörtert werden sollen.
Ebenso sollen Bedenken und Sorgen bezüglich der
Therapie mit den versicherten Personen besprochen und einer Lösung
zugeführt werden.
Die Deutsche Transplantationsgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft
für Nephrologie nehmen die Aufnahme dieser Dienstleistungen in den
Katalog der pharmazeutischen Dienstleistungen mit der Möglichkeit, die
Leistung zu Lasten der Krankenversicherung abzurechnen, mit
Unverständnis und großer Sorge zur Kenntnis.
Medikationsberatung im Rahmen der Therapie und Nachsorge von
Organtransplantierten gehört aus Sicht beider Fachgesellschaften
alleinig in die Verantwortung der betreuenden ärztlichen Kolleginnen und
Kollegen.
Die immunsuppressive Therapie nach Organtransplantation ist
hochkomplex und erfordert neben der profunden Kenntnis der
Krankengeschichte der Betroffenen, ihrer Komorbiditäten und der
individuellen Transplantationshistorie fachärztliche Kenntnis im Rahmen
der Nachsorge. „Es gibt einen eklatanten Mangel an Spenderorganen, die
Betroffenen warten oft viele Jahre auf eine Transplantation. Daher
sollte keine Abstoßungsreaktion riskiert werden. Diese kann aber bereits
durch kleinere Wirkstoffschwankungen entstehen, erst recht durch eine
leichtfertige Umstellung der Immunsuppression. Die optimale Einstellung
von transplantierten Patientinnen und Patienten ist höchst individuell,
um die Balance zwischen ausreichender Immunsuppression und
Nebenwirkungen perfekt auszutarieren, bedarf es immunologischer,
laborchemischer Untersuchungen, die in Apotheken nicht geleistet werden
können“, erklärt Prof. Julia Weinmann-Menke, DGfN.
„Aus unserer Sicht kann daher eine Medikationsberatung in diesem
sensiblen Patientenkollektiv nicht von einer Apothekerin oder einem
Apotheker erbracht werden, selbst wenn die dafür erforderlichen
Kenntnisse auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer erworben
wurden“, ergänzt Prof. Dr. Mario Schiffer, DTG.
„Eine Veränderung des therapeutischen Regimes, das von den
Transplantationszentren festgelegt wurde, ist gefährdend für den
erfolgreichen Transplantaterhalt. Abgesehen von einer unnötigen
Verunsicherung der Betroffenen, wenn Arzt und Apotheker unterschiedliche
Empfehlungen geben, erwarten wir durch diese Neuregelung in den
Transplantationszentren erhöhte Komplikationsraten durch die nicht
ärztliche Umstellung der Medikation transplantierter Menschen.“
Erschwerend komme hinzu, dass es keine digitalen Schnittstellen zwischen
Transplantationszentren und Apotheken gibt wie in anderen europäischen
Ländern, die ähnliche Mitberatungsmodelle durch Apotheken etabliert
haben. Diese wäre aber aus Sicht der DTG und DGfN eine zwingend
erforderliche Grundvoraussetzung. „Eine Veränderung der medikamentösen
Therapie darf nicht ohne Einbindung des Transplantationszentrums und
ohne Absprache mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten erfolgen. Nur
sie kennen die persönliche Krankengeschichte, erwartbare Komplikationen,
individuelle Therapieresistenzen oder Gegenanzeigen aufgrund von
Komorbiditäten. Wir schätzen unsere pharmakologischen Kolleginnen und
Kollegen und wünschen uns eine verstärkte Zusammenarbeit, z.B. im
Bereich der Ahärenzschulung oder bei der Beratung von
Arneimittelinteraktionen. Eine Einbindung und Vergütung qualifizierter
Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in den jeweiligen
Transplantationszentren ist daher absolut wünschenswert. Die
Verschreibungshoheit bei immunsuppressiven Therapien muss aber in
ärztlicher Hand bleiben, wir riskieren sonst Transplantatverluste“, so
Schiffer.
DTG-Sekreteriat
Frau Schlauderer
Abteilung für Nephrologie
Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93042 Regensburg
Tel.: 0941/944 7324
Pressestelle der DGfN
Dr. Bettina Albers
presse@dgfn.eu
Tel. 03643/ 776423
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