Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Lungenfibrose nach COVID-19 trotz dafür untypischem Krankheitsverlauf
- Anhaltende Atemprobleme nach einer COVID-19-Erkrankung können ein Hinweis auf eine Lungenfibrose sein, auch wenn der Krankheitsverlauf dafür keine Anzeichen gab.
Pneumologen und Thoraxchirurgen des Universitätsspitals Zürich haben eine neue Form von Lungenfibrose bei COVID-19 als erste beschrieben und empfehlen, andauernde Atembeschwerden abzuklären.
Seit dem ersten Auftreten von COVID-19 gehört ein akutes Lungenversagen mitunter schon wenige Tage nach den ersten Symptomen zu den bekannten und schwerwiegendsten Komplikationen bei einem schweren Krankheitsverlauf.
Um zu überleben, benötigen diese Patientinnen und
Patienten intensivmedizinische Behandlung und müssen beatmet werden, bei
vielen ist der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine nötig.
- Ursache des akuten Lungenversagens ist in vielen Fällen eine Lungenfibrose, also überflüssiges Bindegewebe, das sich häufig infolge einer viralen Infektion zwischen den Lungenbläschen und rund um die Blutgefässe bildet.
- Diese Veränderungen beeinträchtigen den Gasaustausch und den Kreislauf in der Lunge.
- Sichtbar werden diese Veränderungen im Röntgenbild oder in einer Computertomographie (CT) als glasige, wabenartige Verschattungen in den Lungen.
- Die Schäden im Lungengewebe können sich bei den Patienten langfristig zurückbilden, bei vielen entwickelt sich daraus aber eine fortschreitende Lungenfibrose:
Die Gewebeverdichtung nimmt zu und die Lungenkapazität schwindet, bis nur noch eine Transplantation den Patienten retten kann.
Früh erkannt, kann
eine Lungenfibrose jedoch in einigen Fällen medikamentös verlangsamt
oder sogar zum Stillstand gebracht werden.
Die übersehene Lungenfibrose
Im Verlauf der COVID-19-Pandemie beobachteten Ärzte am USZ nun bei
COVID-19-Patienten eine neue Form von Lungenfibrose, die sie post-COVID
pulmonary fibrosis (PCPF) nannten.
Festgestellt wurde sie bei Patientinnen und Patienten, die aufgrund von COVID-19 zwar hospitalisiert wurden, aber nicht immer so schwer erkrankten, dass sie beatmet werden mussten oder ein Lungenversagen erlitten – zwei bekannte Risiken für die Entwicklung einer Lungenfibrose.
Diese Patienten zeigten dennoch grössere Einbussen bei der Atemleistung als die schwersterkrankten Patienten und bei der Laboruntersuchung unter anderem höhere CRP-Werte, ein Indikator für Entzündungen.
Auch bei diesen Patientinnen und Patienten wurden im Röntgen- und im CT-Bild Gewebeveränderungen sichtbar.
Auffallend war jedoch, dass eine Wabenstruktur zwischen den Verschattungen nicht oder kaum mehr erkennbar war:
für Pneumologen ein Hinweis darauf, dass eine Lungenfibrose mit
einer bereits irreversiblen Schädigung des Lungengewebes vorliegt.
Untypischer Krankheitsverlauf für Lungenfibrose
Für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte war dies ein überraschendes
Bild:
«Die Patientinnen und Patienten, bei denen wir diese Lungenfibrose feststellten, zeigten damit eine für ihren Krankheitsverlauf untypische, aber schwerwiegende Folgeerkrankung», so René Hage, Lungenspezialist in der Klinik für Pneumologie.
- Die Gewebeveränderungen zeigten sich zudem erst vier bis zwölf Wochen nach der Infektion mit SARS-CoV-2, ein Zeitraum, in dem sie typischerweise nicht mehr auftreten und deshalb auch nicht vermutet werden.
«Damit diese
Gewebeveränderungen und möglicherweise eine Lungenfibrose frühzeitig
erkannt werden, sollten COVID-19-Patienten, die nach einigen Wochen noch
immer eine Einschränkung ihrer Atemtätigkeit haben und keine
Verbesserung verspüren, deshalb sorgfältig mit Lungentests überwacht und
fallweise mit einer Computertomographie der Lunge abgeklärt werden», so
Hage.
Ihre Beobachtungen und eine erste Übersicht zu den beiden
Patientengruppen hat ein Ärzteteam der Klinik für Pneumologie und der
Klinik für Thoraxchirurgie des Universitätsspitals Zürich in den Annals
of Medicine publiziert, auch wenn die Beschreibung dieser neuartigen
Lungenfibrose noch nicht abgeschlossen ist.
«Wir müssen den Zusammenhang mit SARS-CoV-2 noch genauer verstehen und untersuchen, ob die Behandlung in der akuten Krankheitsphase einen Einfluss auf die Entwicklung dieser Fibrosen hat», so Hage.
»Zudem laufen schon Studien dazu, welche der verfügbaren fibrosehemmenden Medikamente bei dieser Form am wirksamsten sind.»
Originalpublikation:
Kostantinos Kostopanagiotou,
Macé M. Schuurmans, Ilhan Inci & René Hage (2022) COVID-19-related
end stage lung disease: two distinct phenotypes, Annals of Medicine,
54:1, 588-590, DOI: 10.1080/07853890.2022.2039954
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/07853890.2022.2039954
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