Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: MHH-Notaufnahme jetzt auch Anlaufstelle des Netzwerks ProBeweis
Vertrauliche Hilfe: Medizinisches Personal sichert Spuren von häuslicher und sexueller Gewalt
- Jede dritte Frau in Deutschland erlebt mindestens einmal im Leben körperliche und/oder sexualisierte Gewalt.
- Doch nur selten kommt es
direkt nach der Tat zu einer Anzeige bei der Polizei.
Das Netzwerk ProBeweis kann den Betroffenen trotzdem helfen.
In den Anlaufstellen
sichern und dokumentieren geschulte Ärztinnen und Ärzte die Spuren der
Gewalt – auch wenn zunächst keine Anzeige erfolgt. 39 dieser
Anlaufstellen gab es bisher in ganz Niedersachsen. Jetzt kommt eine
weitere hinzu: die Zentrale Notaufnahme (ZNA) der Medizinischen
Hochschule Hannover (MHH). Die ZNA gehört zur Klinik für
Unfallchirurgie. Neben dem Institut für Rechtsmedizin und der Klinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie der Außenstelle der
Rechtsmedizin in Oldenburg ist in der Zentralen Notaufnahme nun die
vierte Anlaufstelle der MHH zu finden.
Fallzahlen häuslicher Gewalt auf hohem Niveau
„Die stetig steigenden Fallzahlen häuslicher Gewalt im Hellfeld
unterstreichen den Bedarf an Unterstützung für Betroffene“, stellt
Professorin Dr. Anette S. Debertin vom Institut für Rechtsmedizin fest.
Sie leitet das Netzwerk ProBeweis. 2020 registrierte die Polizei in
Niedersachsen rund 21.500 häusliche Gewalttaten. In den meisten Fällen
werden diese von dem (Ex)-Partner ausgeübt.
„Viele Betroffene kommen nach erlebter Gewalt zuerst in die Notaufnahme
einer Klinik, um ihre Verletzungen behandeln zu lassen“, berichtet
Professor Dr. Stephan Sehmisch, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie.
Oft sprechen die betroffenen Frauen und Männer die erlittene Gewalt
nicht von sich aus an. „Wir sehen aber, dass die beschriebenen
Unfallhergänge nicht zu den Verletzungen passen“, erklärt der
Unfallchirurg. „Die Grauzone häuslicher Gewalt ist groß. Als
Anlaufstelle des Netzwerks ProBeweis möchten wir den Betroffenen hier in
der Zentralen Notaufnahme professionell helfen.“
Gerichtsfeste Spurensicherung
Viele Frauen und Männer erstatten direkt nach der Tat keine Anzeige,
weil sie sich schämen, bedroht werden oder Angst haben, das belastende
Gerichtsverfahren eventuell nicht durchstehen zu können. „Für ein
mögliches späteres Gerichtsverfahren ist es aber wichtig, sofort nach
der Tat fachgerecht und gerichtsfest Spuren wie Würgemale, Hämatome oder
DNA-Material zu sichern und medizinische Befunde exakt zu
dokumentieren“, erklärt Professorin Debertin. In der MHH-Notaufnahme ist
das ab sofort möglich. Auf die neue Aufgabe wurden die Ärztinnen und
Ärzte in rechtsmedizinischen Schulungen vorbereitet.
ProBeweis arbeitet absolut vertraulich
Die Beweismittel werden mindestens drei Jahre aufbewahrt.
Die schriftliche Dokumentation wird 30 Jahre archiviert.
Das Vorgehen im Netzwerk ProBeweis ist vertraulich.
- „Erst wenn eine Anzeige erstattet wird und wir von unserer Schweigepflicht entbunden werden, werden der Polizei Befunde ausgehändigt und bei Beauftragung ein prozessrelevantes Gutachten erstellt“, erläutert Rechtsmedizinerin Sarah Stockhausen vom ProBeweis-Team.
Im Jahr 2021 dokumentierte das Netzwerk 215 Fälle
Im vergangenen Jahr dokumentierte das Netzwerk ProBeweis in seinen
Anlaufstellen in Kliniken in ganz Niedersachsen insgesamt 215 Fälle von
häuslicher und/oder sexuelle Gewalt.
In etwa 50 Prozent der Fälle wurde körperliche und in 40 Prozent sexuelle Gewalt ausgeübt.
Bei etwa zehn Prozent handelte es sich um kombinierte Taten.
Von den 215 Gesamtfällen
wurden etwa 80 in den Anlaufstellen der MHH untersucht und dokumentiert.
SERVICE:
Weitere Informationen erhalten Sie bei
Professorin Dr. Anette S. Debertin, debertin.anette@mh-hannover.de
Telefon (0511) 532-5533
und bei
Professor Dr. Stephan Sehmisch, sehmisch.stephan@mh-hannover.de
Telefon (0511) 532-2026.
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
Postfach Hannover
30623 Hannover
Deutschland
Niedersachsen
Stefan Zorn
Telefon: 0511 / 532-6773
Fax: 0511 / 532-3852
E-Mail-Adresse: zorn.stefan@mh-hannover.de
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen