Medizin am Abend Berlin Fazit: Meningokokken: Studie belegt gravierende regionale Unterschiede bei den Impfquoten der Klein
In Deutschland sind 80 Prozent der Kleinkinder gegen Meningokokken C geimpft, diebakteriellen Erreger von Hirnhautentzündungen und Blutvergiftungen.
Eine neue Studie der Wissenschaftler vom Versorgungsatlas zeigt jedoch signifikante regionale Unterschiede der Impfquoten auf der Ebene der Landkreise. Schlusslicht ist Bad Tölz-Wolfratshausen in Bayern, wo laut der jüngsten Daten nur knapp 32 Prozent der Kleinkinder bis zum Ende des 2. Lebensjahres geimpft wurden. Spitzenreiter ist Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt mit einer Impfquote von 93 Prozent.
Die Studie ist auf dem frei zugänglichen Portal www.versorgungsatlas.de veröffentlicht.
Acht Jahre nach ihrer Aufnahme in den Empfehlungskatalog der Ständigen Impfkommission (STIKO) im Jahr 2006 bescheinigen die Wissenschaftler des Versorgungsatlas der Impfung gegen Meningokokken generell eine gute Akzeptanz. Im zweiten Lebensjahr sind 80,2 Prozent der Kinder geimpft. „Dies ist sehr erfreulich, da eine Infektion mit Meningokokken C trotz moderner Therapien bei knapp neun Prozent der Patienten auch heute noch tödlich endet“, erklärt Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, der Leiter des Versorgungsatlas. Gefährdet sind vor allem Säuglinge und Kleinkinder sowie junge Erwachsene.
Die Studie der Forscher vom Versorgungsatlas, bei der ärztliche Abrechnungsdaten der Jahre 2009 bis 2014 ausgewertet wurden, belegt jedoch regionale Unterschiede. Auf der Ebene der Bundesländer schwankten die Impfquoten des Geburtsjahrgangs 2009 zwischen knapp 70 Prozent in Bayern und 82 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Untersuchung des Jahrgangs 2013 war dieser Abstand geschrumpft. In Bayern lag die Quote bei rund 75 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern um zehn Prozentpunkte darüber. Deutlich geringer sind inzwischen auch die Unterschiede zwischen den neuen und alten Bundesländern. Hier bestehe eine Tendenz zur Angleichung, schreiben die Experten.
Deutliche Unterschiede auf Kreisebene.
Auf der Ebene der Landkreise variieren die Impfquoten hingegen weiterhin deutlich. Die Impfquoten des Jahrgangs 2009 lagen im Kreis Dessau- Roßlau (Sachsen-Anhalt) bei knapp 95 Prozent, gefolgt von Peine in Niedersachen mit knapp 93 Prozent und Zweibrücken in Rheinland-Pfalz mit 91 Prozent. Am anderen Ende der Quoten-Skala drängelten sich die bayerischen Landkreise Rosenheim mit 39 Prozent, Miesbach mit 37 Prozent und dem bundesweiten Schlusslicht Bad Tölz-Wolfratshausen mit 22 Prozent. Bei der Untersuchung des Geburtsjahrgangs 2013 waren die Quoten in diesen Landkreisen zwar gestiegen – auf 32 Prozent in Bad Tölz-Wolfratshausen, 50 Prozent in Rosenheim und sogar 55 Prozent in Miesbach. Doch bei einer Differenz von über 60 Prozentpunkten bleibt der Abstand zu den Spitzenreitern jenseits der Mainlinie erheblich und macht den Freistaat zum Schlusslicht auf Länderebene. Daran können auch respektable Werte um oder sogar über 90 Prozent in nordbayerischen Landkreisen oder Städten wie Wunsiedel, Schweinfurt und Erlangen wenig ändern.
Insgesamt ein positiver Trend.
Dennoch betonen die Wissenschaftler, dass insgesamt ein positiver Trend zu beobachten sei: Im Beobachtungszeitraum zwischen 2009 und 2014 sank die Zahl der Landkreise mit Impfquoten unter 70 Prozent von 83 auf 51, während die Zahl der Landkreise mit Quoten über 80 Prozent von 161 auf 241 stieg.
Suche nach den Ursachen.
Welche Faktoren für die regionalen Unterschiede verantwortlich sind, können die Wissenschaftler aus ihren Daten nicht ableiten. Wahrscheinlich spielt eine Vielzahl von Einflussgrößen eine Rolle – angefangen von gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen über besondere historische und regionale Entwicklungen bis hin zur Skepsis gegen Impfungen oder deren genereller Ablehnung. Umfragen zufolge sind 35 Prozent der Eltern Impfskeptiker und etwa ein Prozent der Eltern lassen ihre Kinder grundsätzlich nicht impfen. Auch wenn Eltern ihre Kinder bei Heilpraktikern oder mit homöopathischen Medikamenten behandeln lassen, besteht gleichzeitig eine geringere Impfbereitschaft. In Bayern lehnten bei einer Untersuchung sogar 1,8 Prozent der Eltern Impfungen generell ab, mit einem Schwerpunkt in Südbayern – dort, wo auch in der vorliegenden Studie die Forscher des Versorgungsatlas die geringsten Impfquoten gefunden hatten.
DIE STUDIE.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben bei ihrer Studie die pseudonymisierten Abrechnungsdaten aus Arztpraxen der Jahre 2009 bis 2014 ausgewertet. Eingeschlossen in die Studienpopulation wurden alle Kinder, die in den Jahren 2009 bis 2013 geboren wurden und eine U6-Früherkennungsuntersuchung erhielten. Diese Untersuchung erfolgt regelhaft zwischen dem 10. und 12. Lebensmonat. Aufgrund der hohen Beteiligung von über 96 Prozent umfasst diese Untersuchung fast alle gesetzlich krankenversicherten Kleinkinder.
Lamego Greiner M, Goffrier B, Schulz Mandy, Schulz Maike, Bätzing-Feigenbaum J.
Grundimmunisierung gegen Meningokokken C - Analyse zur Umsetzung der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission im Zeitraum 2009 - 2014.
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi).
Versorgungsatlas-Bericht Nr. 16/05. Berlin 2016
DOI: 10.20364/VA-16.05
http://www.versorgungsatlas.de/themen/alle-analysen-nach-datum-sortiert/?tab=6&a...
DIE ERREGER: MENINGOKOKKEN. Das Bakterium Neisseria medingitidis kann schwere Infektionen bis hin zu Todesfällen verursachen. Gefährdet sind vor allem Säuglinge und Kleinkinder im ersten Lebensjahr, sowie junge Erwachsene. Die Erreger verursachen meistens eine Blutvergiftung (Sepsis) oder Hirnhautentzündung (Meningitis). Die Sterblichkeitsrate liegt bei neun Prozent. Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt darum eine Grundimmunisierung für Säuglinge und Kleinkinder zum frühestmöglichen Zeitpunkt im zweiten Lebensjahr.
DER VERSORGUNGSATLAS. www.versorgungsatlas.de ist eine Einrichtung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Er wurde institutionalisiert als öffentlich zugängliche Informationsquelle mit Studien zur medizinischen Versorgung in Deutschland. Schwerpunkt der Studien sind regionale Unterschiede in der Versorgung sowie deren unterschiedliche Strukturen und Abläufe. Die Analysen sollen Anhaltspunkte liefern, wie die Versorgung verbessert werden kann. Die Studien der Wissenschaftler des Versorgungsatlas basieren auf den bundesweiten Abrechnungsdaten der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland. Zuschriften von Nutzern zu den Beiträgen sind ausdrücklich erwünscht. Die Internet-Plattform steht auch anderen Forschergruppen zur Verfügung, die vorzugsweise regionalisierte Untersuchungsergebnisse nach einem Peer-Review veröffentlichen wollen
Medizin am Abend Berlin Berlin
www.medizin-am-abend.blogspot.com
Über Google: Medizin am Abend Berlin
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw -
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen