Medizin am Abend Berlin Fazit: Jahresbericht: TraumaRegister DGU® erfasst über 30.000 Schwerverletzte 2015
Das TraumaRegister DGU® (TR-DGU) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU) verzeichnet 30.557 Schwerverletzte für das Jahr 2015. Sie mussten nach einem schweren Unfall intensivmedizinisch behandelt werden. Am TR-DGU beteiligen sich aktuell 615 deutsche Traumazentren der Initiative TraumaNetzwerk DGU®. 11 Prozent der erfassten Patienten stammen aus internationalen Kliniken, die sich am TR-DGU beteiligen, beispielsweise aus Österreich und der Schweiz. Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen TraumaRegister-Jahresbericht für den Behandlungszeitraum 2015 hervor.
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU) stellt die bundesweiten Zahlen zur Versorgung Schwerverletzter am 9. September 2016 auf dem Jahrestreffen der Unfallchirurgen in Dortmund vor.
„Die Bilanz zeigt, dass der Anteil schwerverletzter Senioren kontinuierlich zunimmt.
Diese Entwicklung im weltweit größten klinischen Schwerverletztenregister unterstreicht unsere Bemühungen, die Alterstraumatologie für die Zukunft gut aufzustellen“, sagt DGU-Generalsekretär Professor Dr. Reinhard Hoffmann im Vorfeld des Jahrestreffens – eine gemeinsame Veranstaltung vom TraumaRegister DGU®, der DGU-Sektion Notfall- und Intensivmedizin, Schwerverletztenversorgung (NIS) und dem TraumaNetzwerk DGU®.
72 Prozent der erfassten Schwerverletzten im TR-DGU waren Männer. Dieser Wert ist international vergleichbar. Der Altersdurchschnitt betrug 51 Jahre und ist gegenüber den vorhergehenden Jahren erneut gestiegen. 26 Prozent waren älter als 70 Jahre – vor zehn Jahren war dieser Wert halb so hoch. Von dieser Personengruppe zogen sich 54 Prozent bei einem Sturz aus niedriger Höhe (höchstens 3 Meter, beispielsweise Treppensturz oder Stolpern) eine schwere Verletzung zu. Sonst war der Sturz aus niedriger Höhe in nur 26 Prozent der Fälle die Unfallursache. Knapp die Hälfte der Gesamtunfälle ereignete sich im Straßenverkehr. 66 Prozent der Patienten erlitten eine oder mehrere lebensgefährliche Verletzungen. Der Kopf und der Brustkorb waren die am häufigsten verletzten Körperregionen (jeweils 45 Prozent der Patienten).
- In der Regel wurden die Patienten innerhalb von 62 Minuten nach dem Unfall im Schockraum einer Klinik versorgt.
- Innerhalb von durchschnittlich 23 Minuten lag bereits ein Ganzkörper-CT vor – vor zehn Jahren dauerte das noch über eine halbe Stunde.
„Die Daten aus dem TraumaRegister DGU® zeigen eindrücklich, dass es uns mit der Initiative TraumaNetzwerk DGU® gelungen ist, die Diagnostikzeiten kontinuierlich zu minimieren“, sagt Professor Dr. Rolf Lefering, Leiter des Arbeitskreises TraumaRegister DGU®. Denn nach den Vorgaben aus dem Weißbuch Schwerverletztenversorgung muss sich das CT-Gerät in unmittelbarer Nähe zum Schockraum befinden. Dieses Kriterium erfüllt jedes zertifizierte Traumazentrum.
- Bei zwei Dritteln der Patienten war nach ihrer Kreislaufstabilisierung eine sofortige Operation notwendig.
- Im Anschluss an die Erstversorgung folgten durchschnittlich mindestens drei Operationen. Die Schwerverletzten lagen circa sieben Tage auf der Intensivstation. Insgesamt betrug die Liegedauer im Krankenhaus knapp 16 Tage – das sind mehr als 2 Tage weniger als im letzten 10-Jahres-Durchschnitt. Bei 11,3 Prozent der Patienten waren die Verletzungen hingegen so schwer, dass sie im Krankenhaus verstarben.
„In den letzten Jahren sind viele Maßnahmen, die einen Überlebensvorteil verschaffen, direkt in die Versorgung eingeflossen. Die Erkenntnisse darüber gehen ganz wesentlich auf Studien aus dem TraumaRegister DGU® zurück. Das ist also ein äußerst wertvolles Instrument für unsere Arbeit“, sagt Professor Dr. Stefan Huber-Wagner, Unfallchirurg aus München und ebenfalls Leiter des Arbeitskreises TraumaRegister DGU®.
Die Zahlen aus dem TraumaRegister DGU® liefern zudem wichtige Erkenntnisse, um den zukünftigen Versorgungsbedarf optimal steuern zu können. Schon jetzt zeigt sich eine deutliche Zunahme des Anteils schwer verletzter Senioren: Mittlerweile ist jeder vierte Schwerverletzte über 70 Jahre alt; in den 1990er-Jahren war dies nur jeder Zwölfte. Aufgrund des demografischen Wandels erwartet die DGU einen stetigen Anstieg von Alterstrauma-Patienten bis zum Jahr 2050.
Die hochbetagten Sturz-Patienten weisen in der Regel zwei schwere Verletzungen auf:
- Häufig erleiden sie einen Oberschenkelhalsbruch. Viele sind so ungünstig gefallen, dass beispielsweise eine schwere Kopf- oder Brustkorbverletzung hinzukommt. Aber auch der oft ohnehin gebrechliche Allgemeinzustand führt zusammen mit der Verletzung am Oberschenkel zu einer oftmals lebensbedrohlichen Situation.
Um eine optimale unfallchirurgische Versorgung älterer Menschen zu ermöglichen, hat die DGU 2014 die Initiative AltersTraumaZentrum DGU® gegründet. Sie ergänzt die bereits seit 2006 bestehende Initiative TraumaNetzwerk DGU®, deren Ziel die flächendeckende leistungsstarke Versorgung Schwerverletzter ist – 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr.
Hintergrund:
Das TraumaRegister DGU® (TR-DGU) wurde 1993 gegründet. Aufgrund seiner langen Laufzeit verfügt es über eine erhebliche Datenmenge: Über 200.000 Fälle aus über 600 Kliniken aus weltweit 11 Ländern sind im TR-DGU dokumentiert. Mit mehr als 30.000 Fällen pro Jahr ist es eines der weltweit größten klinischen Schwerverletztenregister. Das Register ermöglicht Wissenschaftlern zahlreiche Analysen: beispielsweise zu verschiedenen Verletzungsmustern, zu Unfallmechanismen, zu Versorgungsstrukturen, zur Fehlervermeidung, zur Erhöhung der Patientensicherheit sowie zu internationalen Vergleichen. Ergebnisse aus dem TR-DGU nahmen bereits vielfach wegweisenden Einfluss auf die Weiterentwicklung von Behandlungskonzepten. Jede Klinik, die an der Initiative TraumaNetzwerk DGU® teilnimmt, gibt ihre pseudonymisierten Patientendaten obligatorisch in das TR-DGU ein. Einmal jährlich erhalten die zertifizierten Traumazentren einen Jahresbericht, der die Daten der individuellen Klinik mit den Ergebnissen des TR-DGU vergleicht. Damit ist das TraumaRegister DGU® ein wichtiges Instrument einer systematischen Qualitätserfassung und -verbesserung.
Referenzen:
1) B. Bouillon, R. Lefering, T. Paffrath, J. Sturm, R. Hoffmann (Juni 2016) Versorgung Schwerverletzter in Deutschland – Einfluss des TraumaRegister DGU® Unfallchirurg 119:469-474
Zusendung der Publikation auf Anfrage möglich (Erlaubnis des Verlages liegt vor)
Weitere Informationen:
www.dgu-online.de
www.traumaregister-dgu.de
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