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Neugeborenenscreening und Stoffwechselmedizin

Medizin am Abend Fazit: Dietmar Hopp Stiftung: 3,9 Millionen Euro für Neugeborenenscreening und Stoffwechselmedizin

Dem dreijährigen Tim hat der Bluttest nach der Geburt das Leben gerettet /
Neugeborenenscreening soll auf weitere angeborene Stoffwechselkrankheiten
ausgedehnt werden / Neue Langzeitstudie zur Entwicklung der betroffenen
Kinder im Schulalter / Innovative Analysetechnologie für Forschung und
Diagnose

Die Dietmar Hopp Stiftung fördert die Weiterentwicklung des
Neugeborenenscreenings und Forschungsarbeiten in der Stoffwechselmedizin
am Universitätsklinikum Heidelberg mit 3,9 Millionen Euro. Diese gute
Nachricht gab Dietmar Hopp, SAP-Gründer und Mäzen, bei einer
Pressekonferenz am 27. Februar 2015 bekannt. Darüber freute sich auch
Familie Seiwerth mit ihrem dreijährigen Sohn Tim, die aus dem
saarländischen St. Wendel zur Pressekonferenz im Dietmar-Hopp-
Stoffwechselzentrum angereist war. „Das Neugeborenenscreening, dieser
einfache Bluttest, hat unserem Jungen wenige Tage nach der Geburt das
Leben gerettet. Dafür sind wir unendlich dankbar“, sagten die Eltern Sarah
und Wilfried Seiwerth. Bei Tim wurde eine seltene Stoffwechselkrankheit
diagnostiziert, die unbehandelt zum Tod führen würde. Dank einer
Spezialdiät geht es dem Jungen gut. „Kinder wie Tim zu sehen und zu
wissen, dass meine Stiftung einen Teil dazu beigetragen hat, ihnen und
ihren Familien zu helfen, macht mich sehr glücklich“, erklärte Dietmar
Hopp, der für den Jungen auch einen Fußball im Gepäck hatte.

„Unser Dank gilt Dietmar Hopp und seiner Stiftung für sein beispielloses
Engagement für die Heidelberger Stoffwechselmedizin“, betonte Professor
Dr. Guido Adler, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums
Heidelberg. In den letzten Jahren habe die Stiftung 2 Millionen Euro für
Forschungsarbeiten zum Neugeborenenscreening zur Verfügung gestellt und
2014 mit 9 Millionen Euro Bau und Ausstattung des Dietmar-Hopp-
Stoffwechselzentrums im neuen Analysezentrum III ermöglicht. „Damit sorgt
Ihre Stiftung für europaweit herausragende Untersuchungs- und
Forschungsmöglichkeiten, auch auf dem Gebiet seltener Erkrankungen“, so
Professor Adler.

„Dank der aktuellen Fördergelder können wir drei sehr wichtige Projekte
starten“, erklärte Professor Dr. Georg Hoffmann, Ärztlicher Direktor des
Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg: Im Rahmen einer
Pilotstudie erweitern die Wissenschaftler das Neugeborenenscreening von
derzeit 15 auf 31 Krankheiten. Eine ergänzende Studie widmet sich der
Langzeitbeobachtung der betroffenen Kinder bis ins Schulalter. Neue
Labortechnologien sollen dazu beitragen, Stoffwechselstörungen zukünftig
effizienter und umfassender zu diagnostizieren und weiter zu erforschen.

Dank strenger Diät entwickelt sich Tim gut

Fünf Tage nach der Geburt bringen Sarah und Wilfried Seiwerth stolz und
glücklich den kleinen Tim in sein Zuhause. „Alles schien normal, in
unseren Familien gab es bislang keine angeborenen Erkrankungen“, erklärt
der Vater. Dann geht alles sehr schnell. Gegen 18 Uhr kommt der Anruf von
Professor Hoffmann: „Kommen Sie sofort, bei Ihrem Jungen stimmen die
Blutwerte nicht“, so erinnern sich die Seiwerths. Rund zwei Stunden später
wird Tim in der Heidelberger Kinderklinik umfassend versorgt und
untersucht, nachts dann das Gespräch mit einem Arzt. „Wir hatten vorher
noch nie etwas von der Ahornsirupkrankheit gehört. Da bricht erst einmal
die Welt zusammen.“ Die Eltern erfahren, dass bei Tim aufgrund eines
Enzymdefekts bestimmte Nahrungsbestandteile nicht abgebaut werden und sich
im Körper als Giftstoffe ansammeln.

In den folgenden zwei Wochen stabilisieren die Ärzte Tims Stoffwechsel, er
erhält eine speziell hergestellte Milch ohne die Aminosäuren Leucin, Valin
und Isoleucin. „Diese Stoffe sind in den Konzentrationen, in denen sie in
natürlichen Nahrungsmitteln enthalten sind, sehr gefährlich für Tim und
können das Gehirn schwer schädigen. Heute wissen wir: Einen Tag länger und
Tim hätte tot sein können“, sagt Sarah Seiwerth. Die Eltern lernen von
Ärzten und Ernährungsberaterinnen, wie sie mit der Erkrankung umgehen
können. So muss Tim sein Leben lang eine strikte Diät einhalten,
eiweißreiche Lebensmittel sind tabu. „Ein Stück Wurst oder ein Ei und Tim
könnte ins Koma fallen.“ Familie Seiwerth bestellt im Internet speziell
hergestellte Nahrungsmittel wie Brot, Reis und Nudeln. „Diese
Nahrungsmittel sind sehr teuer und die Zusatzkosten werden nicht
übernommen“, so die Eltern. Jede Zutat muss abgewogen und die
Inhaltsstoffe müssen berechnet werden. Bestimmte Aminosäuren,
Spurenelemente, Nährstoffe und Vitamine erhält der Junge täglich als
Pulver. Einmal pro Woche entnehmen die Eltern eine Blutprobe aus Tims
Finger und senden sie nach Heidelberg, denn die aktuellen Werte haben
Auswirkungen auf den Diätplan. Eine starke Erkältung oder andere Infekte
können Tims Stoffwechsel durcheinanderbringen. Manchmal muss Tim dann
stationär in die Klinik nach Heidelberg. Trotz aller Umstände im Alltag
entwickelt sich Tim prächtig und geht gerne in den Kindergarten. Er tobt
und spielt wie seine Freunde – dank des Neugeborenenscreenings und den
Möglichkeiten der modernen Stoffwechselmedizin.

Pilotstudie: Können 16 weitere Krankheiten zuverlässig im
Neugeborenenscreening entdeckt werden?

Wie bei Tim, stellen die Mitarbeiter des Dietmar-Hopp-Stoffwechselzent-
rums in den Blutproben von ca. 150 Neugeborenen – pro Jahr werden 150.000
Neugeborene untersucht – eine Krankheit fest. Das Screening umfasst
aktuell 15 Krankheiten, davon zwölf Stoffwechselkrankheiten. „Dies ist
jedoch nur ein Bruchteil aller bekannten Stoffwechselkrankheiten. Unser
Ziel ist es, das Neugeborenenscreening im Jahr 2020 flächendeckend um
zusätzliche Krankheiten zu erweitern“, erklärt Professor Dr. Georg
Hoffmann. Die Heidelberger Wissenschaftler haben bereits 16
Stoffwechselstörungen als erfolgversprechende Kandidaten für die Aufnahme
in das Screening identifiziert. Nun soll eine Pilotstudie zeigen, ob die
Tests die Krankheiten zuverlässig nachweisen und die von diesen
Erkrankungen betroffenen Kinder von der Früherkennung profitieren. Da die
Krankheiten nur sehr selten vorkommen, wollen die Forscher in den nächsten
fünf Jahren 500.000 Neugeborene in die Studie einschließen.

Vom Kindergarten in die Schule: Wie meistern die Kinder ihre Entwicklung?

Wie sich Kinder mit Stoffwechselkrankheiten, die durch das
Neugeborenenscreening entdeckt wurden, entwickeln, untersuchen die
Heidelberger Wissenschaftler schon seit mehreren Jahren. Die Studien
deckten bislang die ersten drei Lebensjahre ab, jetzt wird der
Beobachtungszeitraum ausgedehnt. „Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen,
dass sich die Kinder im Alter von drei Jahren sowohl geistig als auch
körperlich weitestgehend normal entwickelt haben – das ist ein riesiger
Erfolg“, so Hoffmann. „In den nächsten fünf Jahren stehen für diese Kinder
wichtige Entwicklungsaufgaben an, wie der Eintritt in die Schule. Auf
diesem Weg wollen wir die Kinder und ihre Familien begleiten.“ Für die
Wissenschaftler zählen dabei nicht nur medizinische Verlaufsdaten und
Laborwerte, sondern vor allem die Teilhabe und das Wohlbefinden im Alltag.
Die Langzeitbeobachtung hilft medizinische Maßnahmen zu steuern und auch
die psychosoziale Betreuung der Familien zu verbessern.

Die Technik von morgen: Wie lässt sich der menschliche Stoffwechsel
ganzheitlich untersuchen?

Im dritten Projekt testen die Wissenschaftler zwei innovative
Analysegeräte im Vergleich zu bisher verwendeten Methoden. Die sogenannte
duale hochauflösende Flüssigkeitschromatographie mit Massenspektrometrie-
Kopplung untersucht die unterschiedlichen Stoffwechselprodukte aus der
Blutprobe des Kindes in einem Arbeitsschritt. Bislang mussten die Proben
in zehn zeit- und kostenaufwendigen Arbeitsschritten analysiert werden.
Auch Stoffwechselkrankheiten, die nicht mit dem Screening erfasst werden,
sollen mit der neuen Technik untersucht werden. Dazu gehören
Verlaufskontrollen und damit Therapieempfehlungen für die Patienten.
„Diese zwei neuen Geräte, die wir dank der Dietmar Hopp Stiftung
anschaffen können, bieten außerdem erstmals die Voraussetzung für eine
umfassende Stoffwechselanalytik“, erklärt Professor Hoffmann. „Wir hoffen
mit diesen neuen Geräten und ihren Möglichkeiten die
Stoffwechseldiagnostik einen wesentlichen Schritt voranzubringen.“

Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Georg F. Hoffmann
Geschäftsführender Direktor Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Ärztlicher Direktor Kinderheilkunde I: Allg. Pädiatrie, Neuropädiatrie,
Stoffwechsel, Gastroenterologie, Nephrologie
Telefon: 06221 56 4101
E-Mail: georg.hoffmann@med.uni-heidelberg.de

Über die Dietmar Hopp Stiftung

Die Dietmar Hopp Stiftung wurde 1995 gegründet, um die Umsetzung
gemeinnütziger Projekte zu ermöglichen. Das Stiftungsvermögen besteht
überwiegend aus SAP-Aktien, die Dietmar Hopp aus seinem privaten Besitz
eingebracht hat. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung, die zu den größten
Privatstiftungen Europas zählt, über 410 Millionen Euro ausgeschüttet. Der
Schwerpunkt der Förderaktivitäten liegt in der Metropolregion Rhein-
Neckar, mit der sich der Stifter besonders verbunden fühlt. Auf Antrag
fördert die Stiftung Projekte gemeinnütziger Organisationen in den
Bereichen Jugendsport, Medizin, Soziales und Bildung. Darüber hinaus setzt
die Dietmar Hopp Stiftung ihre satzungsgemäßen Zwecke durch eigene
Förderaktionen um. Die neueste Aktion will unter dem Titel „alla hopp!“
alle Generationen für mehr Bewegung begeistern. Daher spendet die Stiftung
Bewegungs- und Begegnungsanlagen an 18 Kommunen der Region im Gesamtwert
von 40 Millionen Euro. Die Dietmar Hopp Stiftung ist Mitglied im
Bundesverband Deutscher Stiftungen, im Verein Zukunft Metropolregion
Rhein-Neckar und in der Sportregion Rhein-Neckar e.V.

Dietmar Hopp Stiftung
Raiffeisenstraße 51
68789 St. Leon-Rot
T: 06227 8608550
F: 06227 8608571
info@dietmar-hopp-stiftung.de
www.dietmar-hopp-stiftung.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten
medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der
Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten
biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist
die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche
Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund
12.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung
und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca.
1.900 Betten werden jährlich rund 66.000 Patienten voll- bzw.
teilstationär und mehr als 1.000.000-mal Patienten ambulant behandelt. Das
Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der
medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500
angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Julia Bird
des Universitätsklinikums Heidelberg und der
Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56-7170
Fax: 06221 56-4544
E-Mail: julia.bird@med.uni-heidelberg.de

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