Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neuer Therapieansatz gegen Lungenhochdruck
Schon jetzt gehört die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) zu den häufigsten Todesursachen.
Rund vier Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen,
ihre Zahl wächst.
- In vielen Fällen verursacht die Herzschwäche auch krankhaft erhöhten Blutdruck in den Lungengefäßen.
- Diese „pulmonale Hypertonie“ beschleunigt wiederum oft drastisch den Verlauf der Herzschwäche, mit häufig tödlicher Folge.
In „Nature Communications“ dokumentieren Wissenschaftler:innen der Berliner Charité nun entscheidende Fortschritte beim Verständnis dieser Begleiterkrankung – und weisen den Weg hin zu einer möglichen Therapie für weltweit Millionen Betroffene.
Auf dem Bild v.l.: Prof. Dr. med. Christoph Knosalla, Dr. Mariya Kucherenko, Prof. Dr. med. Wolfgang Kübler © C.Maier / DHZC
Von Lungenhochdruck oder pulmonaler Hypertonie sprechen
Mediziner:innen, wenn der Druck in den Gefäßen vom Herzen zur Lunge
dauerhaft erhöht ist.
Die Erkrankung kann unterschiedliche Ursachen haben, bei rund der Hälfte
aller Betroffenen liegt der pulmonalen Hypertonie allerdings eine
Linksherz-Insuffizienz zugrunde.
- Dabei ist der Herzmuskel zu schwach, das sauerstoffreiche Blut aus der linken Herzkammer in den Körper zu pumpen, das Blut staut sich deshalb zurück in den Lungenkreislauf.
- Der chronisch erhöhte Blutdruck im Lungenkreislauf belastet wiederum die rechte Herzhälfte, die das sauerstoffarme Blut aus dem Körper in die Lungenarterie pumpt.
- Langfristig kann diese Belastung bis zum Herzversagen führen.
Ungeklärte Fragen beim Verständnis einer Volkskrankheit
Welche strukturellen Veränderungen weisen die Pulmonalarterien von
Patient:innen mit Lungenhochdruck im Zusammenhang mit Erkrankungen des
linken Herzens (PH-LHD) auf, welche Rolle spielen diese Veränderungen
beim Verlauf der Krankheit und: Wie lassen sie sich gegebenenfalls
aufhalten?
Diesen Fragen ist ein internationales Forschungsteam um Prof. Dr. med.
Christoph Knosalla vom Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) und
Prof. Dr. med. Wolfgang Kübler vom Institut für Physiologie der Charité –
Universitätsmedizin Berlin nachgegangen, gefördert vom Deutschen
Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK).
Ihre Ergebnisse haben die Charité- und DHZC-Wissenschaftler:innen jetzt
in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert. Erstautorin
ist Dr. Mariya Kucherenko.
„Gestörtes Gleichgewicht“ in den Gefäßwänden
Die „extrazelluläre Matrix“, also das „Gerüst“ der Gefäßwände von
Pulmonalarterien besteht im Wesentlichen aus Kollagen- und
Elastinfasern.
- Vereinfacht gesagt sorgen dabei die Kollagenfasern für die Festigkeit der Gefäßwand, die Elastinfasern dagegen für die Flexibilität – gleichsam wie ein Gewebe aus festen Tauen und elastischen Gummibändern.
- Ist dieses Gleichgewicht aus Elastizität und Festigkeit gestört, kann es zu einer Versteifung der Gefäßwände kommen.
Bei der Pulmonal-Arteriellen Hypertonie, einer seltenen, aber
schwerwiegenden Form des Lungenhochdrucks, sind diese krankhaften
Umbauvorgänge in der Gefäßwand von verschiedenen Forschungsgruppen
bereits detailliert beschrieben worden; weit weniger dagegen ist bisher
über die Veränderungen bei Patent:innen mit Lungenhochdruck in Folge
einer Linksherzschwäche (Pulmonary Hypertension-Left Heart Diesease,
PH-LHD) bekannt.
- Diese Form der Erkrankung ist allerdings wesentlich häufiger, insbesondere bei älteren Menschen: Schätzungen zufolge sind 10% der über 65-Jährigen betroffen.
Wegweisende Erkenntnisse
Anhand der Gewebeproben von PH-LHD Patient:innen konnte das
Forschungsteam um Christoph Knosalla und Wolfgang Kübler nun – mithilfe
hochmoderner Mikroskopieverfahren – umfangreiche Umbildungen der
extrazellulären Matrix nachweisen und die zugrundeliegenden zellulären
Vorgänge analysieren.
- Demnach ist die Versteifung der Pulmonalarterie zunächst das Ergebnis eines fortschreitenden Abbaus elastischer Fasern, gefolgt von der Anhäufung fibrillärer Kollagenen innerhalb der Gefäßwand.
- Die Forscher:innen stellten insbesondere fest, dass der Abbau der elastischen Fasern schon früh im Krankheitsverlauf einsetzt – sogar noch bevor die Veränderungen des Blutdrucks im Lungenkreislauf und die Versteifung der Arterienwand bei den Patient:innen nachweisbar sind.
Erster Schritt zum Medikament
Darüber hinaus gelang bereits der vielversprechende Nachweis einer
möglichen Therapie: Mit Hilfe der chemischen Verbindung
Pentagalloyl-Glukose (PGG; ein natürlich vorkommender Zuckerester) ließ
sich im Labor der Abbau des Elastins entscheidend vermindern und die
Versteifung der Arterie entsprechend aufhalten oder sogar rückgängig
machen.
Im Tiermodell konnten die Forscher:innen ihre Ergebnisse aus dem Labor
bestätigen: Gezielt verabreichte PGG-Nanopartikel normalisierten den
Lungendruck, verhinderten den Fortschritt der pulmonalen Hypertonie und
entlasteten entsprechend die rechte Herzkammer.
„Wir sind mit dieser Studie einen großen Schritt zum Verständnis des
Lungenhochdrucks bei Linksherzschwäche weitergekommen und weisen
zugleich einen Weg hin zur Entwicklung einer frühzeitigen Therapie“,
fasst Co-Studienleiter Christoph Knosalla zusammen.
„Diese ermutigenden Erkenntnisse wollen wir nun weiter vertiefen und schnellstmöglich in Diagnose- und Therapieverfahren umsetzen.“
Insbesondere wolle man noch besser verstehen, inwieweit die Umbauvorgänge in der Lungenarterie gleichsam zur „Vorhersage“ des Schweregrades und des Verlaufs der Erkrankung genutzt werden können, so Knosalla.
„Angesichts der ständig wachsenden Zahl von Betroffenen gehört die frühe und optimale Behandlung der Herzinsuffizienz zu den größten Herausforderungen für die Herz-Kreislauf-Medizin.
Wir freuen uns, dass wir hier mit unserer Studie einen nicht unerheblichen Beitrag dazu leisten können“, bilanziert Wolfgang Kübler:
„Allen Mitwirkenden und Unterstützer:innen gilt dafür unser herzlicher Dank.“
Originalpublikation:
“Elastin stabilization prevents impaired biomechanics in human pulmonary arteries and pulmonary hypertension in rats with left heart disease”; Nature Communications 14: https://www.nature.com/articles/s41467-023-39934-z
Neuer Therapieansatz gegen Lungenhochdruck
Christian Maier Deutsches Herzzentrum der Charité
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Berlin
Telefon: 493045931211
Fax: 493045932100
E-Mail-Adresse: christian.maier@dhzc-charite.de
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