Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Patienten mit Vorhofflimmern und Herzschwäche profitieren von einer frühen rhythmuserhaltenden Behandlung
Eine Subgruppen-Analyse der EAST – AFNET 4 Studienpopulation hat gezeigt:
Eine frühzeitig begonnene rhythmuserhaltende Behandlung ist vorteilhaft für Patienten mit Herzschwäche und kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern.
Dr. Andreas Rillig, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum UKE Hamburg, präsentierte die Ergebnisse am 30.07.2021 beim Kongress der US-amerikanischen Heart Rhythm Society (HRS) [1], [2].
- Vorhofflimmern und Herzschwäche sind zwei kardiovaskuläre Volkskrankheiten, die häufig gemeinsam auftreten.
- Ungefähr 30 Prozent aller Patienten mit Vorhofflimmern leiden an Herzschwäche.
- Patienten mit beiden Erkrankungen tragen ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen wie Tod, Schlaganfall oder Verschlechterung einer bestehenden Herzschwäche.
Aktuelle Studien legen nahe:
Bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzschwäche kann eine rhythmuserhaltende Therapie mittels Katheterablation die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF), ein Maß für die Pumpfunktion des Herzens, verbessern.
Allerdings sind
weitere wissenschaftliche Daten notwendig, um diese Effekte für
unterschiedliche Schweregrade der Herzschwäche zu klären.
Die EAST – AFNET 4 Studie hat untersucht, ob eine rhythmuserhaltende
Therapie mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation, wenn sie im
ersten Jahr nach der Diagnosestellung Vorhofflimmern begonnen wird, den
Zustand der Patienten verbessert.
Das Hauptergebnis der Studie, welche im vorigen Jahr publiziert wurde [3], zeigte einen Nutzen des frühen Rhythmuserhalts für alle Patienten:
Eine frühzeitige rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten und/oder Ablation führte im Vergleich zur üblichen Behandlung zu weniger Todesfällen, Schlaganfällen und Krankenhausaufenthalten wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom.
In der EAST – AFNET 4 Studie wurden 2789
Patienten mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern (innerhalb eines
Jahres nach Diagnose) und kardiovaskulären Risikofaktoren in den beiden
Studiengruppen „früher Rhythmuserhalt“ und „übliche Behandlung“ über
einen Zeitraum von fünf Jahren behandelt und beobachtet.
Jetzt analysierten die EAST – AFNET 4 Wissenschaftler, ob die
vorteilhaften Auswirkungen des frühen Rhythmuserhalts auch auf die
Subgruppe der Patienten mit Herzschwäche übertragen werden können.
Studienleiter Prof. Paulus Kirchhof vom Universitären Herz- und
Gefäßzentrum UKE Hamburg, erklärt:
„Rhythmuserhalt ist ein wichtiger
Bestandteil der Vorhofflimmertherapie bei Patienten mit Herzschwäche.
Allerdings ist bisher unklar, ob eine rhythmuserhaltende Behandlung auch
den Patienten nützt, deren linksventrikuläre Funktion noch erhalten
oder nur geringfügig eingeschränkt ist. Um diese Frage zu beantworten,
haben wir bei allen EAST – AFNET 4 Studienpatienten mit Herzschwäche die
Wirkung des frühen Rhythmuserhalts untersucht.“
Die Analyse umfasst 798 Patienten mit Herzschwäche (785 mit bekannter
LVEF bei Studieneinschluss). Die Mehrheit, 442 Patienten, hatte eine
Herzschwäche mit erhaltener linksventrikulärer Funktion (LVEF ≥50%), 211
eine Herzschwäche mit mäßig beeinträchtigter Pumpfunktion (LVEF
40-49%), und 132 eine Herzschwäche mit reduzierter linksventrikulärer
Funktion (LVEF <40%). 396 Patienten gehörten der Studiengruppe
„früher Rhythmuserhalt“ an, 402 der Gruppe „übliche Behandlung“.
Während des medianen Beobachtungszeitraums von 5,1 Jahren ereignete sich
der primäre Studienendpunkt (kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall oder
Krankenhausaufenthalt wegen Verschlechterung der Herzschwäche oder
akutem Koronarsyndrom) bei Patienten mit Herzschwäche in der Gruppe
„früher Rhythmuserhalt“ (94/396) weniger häufig als bei Patienten mit
Herzschwäche in der Gruppe „übliche Behandlung“ (130/402).
Die frühe rhythmuserhaltende Therapie bei Patienten mit Herzschwäche
erwies sich als sicher.
Der primäre Sicherheitsendpunkt (Tod,
Schlaganfall oder Komplikationen der rhythmuserhaltenden Therapie)
ereignete sich bei 71 von 396 Patienten der Gruppe „früher
Rhythmuserhalt“ (17,9%) und bei 87 von 402 Patienten der Gruppe „übliche
Behandlung“ (21,6%). In beiden Gruppen verbesserte sich die
linksventrikuläre Funktion.
Dr. Rillig fasst zusammen: „Die Ergebnisse dieser Analyse verdeutlichen
den Nutzen einer frühen rhythmuserhaltenden Behandlung für alle
Patienten mit Herzschwäche der EAST – AFNET 4 Studie.
Früher
Rhythmuserhalt entweder mit antiarrhythmischen Medikamenten oder durch
Katheterablation sollte allen Patienten mit Vorhofflimmern angeboten
werden, die Symptome einer Herzschwäche oder eine eingeschränkte
linksventrikuläre Funktion haben.“
Literatur
[1] Rillig A, Ozga A, Magnussen C, Brandes A, Breithardt G, Camm AJ,
Crijns HJGM, Eckardt L, Elvan A, Gulizia M, Haegeli LM, Heidbuchel H,
Kuck KH, Ng GA, Szumowski L, van Gelder IC, Wegscheider K, Kirchhof P.
Early rhythm control therapy in patients with atrial fibrillation and
heart failure. Abstract HRS congress 2021
[2] Rillig A, Magnussen C, Ozga, Suling A, Brandes A, Breithardt G, Camm
AJ, Crijns HJGM, Eckardt L, Elvan A, Goette A, Gulizia M, Haegeli LM,
Heidbuchel H, Kuck KH, Ng GA, Szumowski L, van Gelder IC, Wegscheider K,
Kirchhof P. Early rhythm control therapy in patients with heart
failure. Circulation. 2021; (published ahead of print). DOI:
10.1161/CIRCULATIONAHA.121.056323
[3] Kirchhof P, Camm AJ, Goette A, Brandes A, Eckardt L, Elvan A, Fetsch
T, van Gelder IC, Haase D, Haegeli LM, Hamann F, Heidbüchel H,
Hindricks G, Kautzner J, Kuck K-H, Mont L, Ng GA, Rekosz J, Schön N,
Schotten U, Suling A, Taggeselle J, Themistoclakis S, Vettorazzi E,
Vardas P, Wegscheider K, Willems S, Crijns HJGM, Breithardt G, for the
EAST–AFNET 4 trial investigators. Early rhythm control therapy in
patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2020; 383:1305-1316.
DOI: 10.1056/NEJMoa2019422
Twitter: @afnet_ev, hashtag #EASTtrial. @AndreasRillig
Finanzielle Unterstützung: AFNET, BMBF, DZHK, EHRA, Deutsche Herzstiftung, Abbott, Sanofi
EAST – AFNET 4 Studie
EAST – AFNET 4 ist eine wissenschaftsinitiierte Studie, in der zwei
unterschiedliche Behandlungsstrategien bei Vorhofflimmern verglichen
wurden. Die EAST – AFNET 4 Studie testete, ob eine frühe und umfassende
rhythmuserhaltende Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern
kardiovaskuläre Komplikationen besser verhindern kann als die übliche
Behandlung.
Insgesamt 2789 Patienten mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern
(weniger als ein Jahr nach der ersten Diagnose) nahmen an der EAST –
AFNET 4 Studie teil. Sie wurden von 2011 bis 2016 in 135 Kliniken und
Praxen in elf europäischen Ländern in die Studie eingeschlossen. Die
Studienteilnehmer wurden einer der beiden Behandlungsgruppen „früher
Rhythmuserhalt“ oder „übliche Behandlung“ nach dem Zufallsprinzip
zugeordnet (Randomisierung). Die Patienten in beiden Gruppen erhielten
eine leitlinienkonforme Therapie, bestehend aus der Behandlung ihrer
kardiovaskulären Begleiterkrankungen, Blutgerinnungshemmung und
Frequenzregulierung.
Alle Patienten der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ erhielten nach der
Randomisierung zusätzlich Antiarrhythmika oder eine Katheterablation.
Sobald bei einem Patienten dieser Gruppe Vorhofflimmern erneut auftrat,
wurde die Therapie intensiviert mit dem Ziel, den normalen Sinusrhythmus
durch eine Katheterablation und/oder antiarrhythmische Medikamente
wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu erhalten.
Patienten der Gruppe „übliche Behandlung“ erhielten nur dann eine
rhythmuserhaltende Therapie, wenn diese notwendig war, um durch
Vorhofflimmern verursachte Symptome zu bessern, die trotz
leitlinienkonformer frequenzregulierender Behandlung auftraten.
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres
Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und
Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die
Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in
Deutschland, Europa und weltweit durch koordinierte Forschung zu
verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V.
wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials
= IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der
Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit
Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom
Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Mendelstraße 11
48149 Münster
Tel.: 0251 9801330
info@kompetenznetz-vorhofflimmern.de
Dr. Angelika Leute
Tel: 0202 2623395
a.leute@t-online.de
Originalpublikation:
Rillig A, Magnussen C, Ozga,
Suling A, Brandes A, Breithardt G, Camm AJ, Crijns HJGM, Eckardt L,
Elvan A, Goette A, Gulizia M, Haegeli LM, Heidbuchel H, Kuck KH, Ng GA,
Szumowski L, van Gelder IC, Wegscheider K, Kirchhof P. Early rhythm
control therapy in patients with heart failure. Circulation. 2021;
(published ahead of print).
DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.056323
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de
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