Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Herzkrankheiten im Blick
Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke hat an der Universität Würzburg eine Professur für molekulare Pharmakologie übernommen.
- Sie ist Expertin für Erkrankungen des Herzmuskels, die Kardiomyopathien.
Katrin Streckfuß-Bömeke privat
Wie und wo wirken Herzmedikamente?
Wie werden sie in den Körper aufgenommen, verteilt und verstoffwechselt?
Wann wirken sie toxisch?
Diese und ähnliche Fragen werden bei den Vorlesungen der neuen
Professorin Katrin Streckfuß-Bömeke zur allgemeinen Pharmakologie der
Herzkrankheiten im Mittelpunkt stehen.
Dazu kommen Lehrveranstaltungen zu ihren Spezialgebieten: zur
translationalen Stammzellforschung und zu den molekularen Ursachen von
Herzkrankheiten. Die Ergebnisse dieser Forschungen kommen direkt den
Patientinnen und Patienten zu Gute. Interessierten Studierenden steht
ihr Labor für Praktika und Doktorarbeiten offen.
Hautzellen werden zu Stamm- und dann zu Herzmuskelzellen
Ein Schwerpunkt von Katrin Streckfuß-Bömeke liegt auf sogenannten
Kardiomyopathien.
- Das ist eine Gruppe unterschiedlicher Erkrankungen, bei denen die Struktur des Herzmuskelgewebes defekt ist. Oft kommt es zu einer Erweiterung oder zu einer Verdickung einer Herzkammer. Die Pumpkraft des Herzens ist dadurch eingeschränkt, die Betroffenen sind nicht mehr so leistungsfähig und haben typische Beschwerden einer Herzschwäche. An Kardiomyopathien erkranken Menschen jedes Alters, und häufig liegen genetische Ursachen vor.
Um diese genetischen Ursachen der Kardiomyopathien zu klären, setzt die
Biologin auf Stammzellen: Sie verwendet Blut- oder Hautzellen, die
Patienten entnommen wurden, und programmiert sie zu pluripotenten
Stammzellen um. Bei diesem Verfahren werden die Zellen in ein sehr
frühes Stadium ihrer Entwicklung zurückversetzt. Sie lassen sich dann so
steuern, dass sie sich zu verschiedenen Zelltypen des Körpers
weiterentwickeln können.
Solche Stammzellen werden im Labor der Professorin zu Herzmuskel-,
Blutgefäß-, und Bindegewebszellen, aber auch zu Neuronen umgewandelt,
die genau dieselbe genetische Ausstattung und damit auch genau dieselben
Mutationen haben wie die Patienten.
Die Zellen lassen sich dann zu kleinen Geweben vereinigen oder zu
organähnlichen Strukturen, sogenannten Organoiden, die über Wochen
intakt bleiben. An ihnen lässt sich studieren, welche Ursachen für die
Krankheit verantwortlich sind.
Verbesserung der individuellen Therapie
Bei ihrer Forschung hat Katrin Streckfuß-Bömeke immer die Patientinnen
und Patienten im Blick. Ihr Team untersucht darum an den Geweben und
Organoiden unter anderem, welche Medikamente im Einzelfall die besten
Effekte bringen.
- Wenn sie beispielsweise im Labor erkennt, dass sich die kardiomyopathischen Herzmuskelzellen durch Kalziumkanal-Hemmstoffe besser regulieren lassen als durch Betablocker, wie sie eigentlich in der Klinik verwendet werden, könnten die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Medikation umstellen.
Die Biologin erforscht auch, ob man die genetischen Defekte der
Kardiomyopathie mit der Genschere CRISPR/Cas beseitigen kann. Bislang
lassen sich nur die Symptome der Krankheit behandeln. Langfristiges Ziel
dieser Arbeiten ist es, den Betroffenen eine echte Chance auf Heilung
zu eröffnen.
Ursache für das Broken-Heart-Syndrom gefunden
Neue Erkenntnisse hat die Professorin an ihrem früheren Standort in
Göttingen (Niedersachsen) unter anderem über die
Takotsubo-Kardiomyopathie gewonnen, die auch als Broken-Heart-Syndrom
bekannt ist. Der Hintergrund: Starke emotionale oder körperliche
Belastungen können das Herz tatsächlich „brechen“. Es kontrahieren dann
nur noch bestimmte Areale des Herzmuskels, die anderen bleiben
bewegungslos.
„Wir haben herausgefunden, dass die Herzmuskelzellen von Betroffenen
viel empfindlicher auf Adrenalin reagieren“, erklärt Streckfuß-Bömeke.
Außerdem funktioniere die Desensibilisierung nicht mehr – dieser
Selbstschutz-Mechanismus mache die Herzmuskelzellen im Normalfall
unempfindlich gegen Adrenalin, wenn dieses Stresshormon längere Zeit in
hohen Mengen auf sie einwirke.
Für diese Arbeiten wurde die Wissenschaftlerin mit dem
Franz-Maximilian-Groedel-Preis 2018 der Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie ausgezeichnet. Zum Broken-Heart-Syndrom gebe es aber
weiterhin Forschungsbedarf, sagt die Neu-Würzburgerin: „Ich bin sicher,
dass bei jedem einzelnen Patienten eine andere Ursache vorliegt.“
Werdegang der neuen Professorin
Katrin Streckfuß-Bömeke, Jahrgang 1976, hat Biologie an der Universität
Göttingen studiert. An der dortigen Universitätsmedizin absolvierte sie
auch ihre weitere akademische Laufbahn. Die Promotion schloss sie 2006
ab. Die Habilitation in Molekularer Medizin folgte 2018. Dafür erhielt
sie den Habilitationspreis der Universitätsmedizin Göttingen.
In Göttingen leitete die Biologin ab 2013 eine eigene Arbeitsgruppe für
translationale Stammzellforschung am Institut für Kardiologie und
Pneumologie. Dem Ruf auf die Professur für molekulare Pharmakologie an
der Universität Würzburg folgte sie zum 1. April 2021.
Prof. Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke
Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universität Würzburg
T: +49 931 31-84618
katrin.streckfuss-boemeke@uni-wuerzburg.de
Sanderring 2
97070 Würzburg
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