Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Warum wollen Menschen sich selbst töten?
- Ein Projektteam an Universitätsklinikum Jena und Sainte-Anne Hospital in Paris untersucht die neuronalen und kognitiven Veränderungen bei Menschen, die einen Suizidversuch unternommen haben.
Dabei sollen Methoden der kognitiven Neurowissenschaften, die Analyse genetischer Faktoren und KI-basierte Methoden zur Datenmodellierung eingesetzt werden.
Die Studie zielt auf ein besseres Verständnis suizidalen Verhaltens und wird von der American Foundation for Suicide Prevention gefördert.
PD Dr. Gerd Wagner (Universitätsklinikum Jena, li.) und Prof. Fabrice
Jollant (Université de Paris, re.) untersuchen die neuronalen und
kognitiven Veränderungen bei Menschen, die einen Suizidversuch
unternommen haben. Heiko Hellmann Universitätsklinikum Jena
- Jedes Jahr begehen in Deutschland ungefähr 10.000 Menschen Suizid; Thüringen ist dabei das Bundesland mit einer der höchsten Suizidraten.
- Damit sterben in Deutschland mehr Menschen durch Selbsttötung als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen zusammen.
- Die Zahl der Suizidversuche liegt um ein Vielfaches höher.
Psychiatrische, psychotherapeutische und psychosoziale Netzwerke entwickeln spezielle Präventionsangebote und versuchen, enge Bezugspersonen suizidgefährdeter Menschen zu sensibilisieren.
Jedoch bleiben Suizid und Suizidversuche
als denkbar größte seelische Notfälle bislang wenig verstandene
Handlungen und die Möglichkeiten einer Vorhersage unbefriedigend.
Psychologen und Psychiaterinnen des Universitätsklinikums Jena und des
Sainte-Anne Hospitals in Paris wollen neue Untersuchungsinstrumente
einsetzen und Erklärungsmodelle entwickeln, um dieses komplexe und
multifaktoriell bedingte Verhalten besser zu verstehen.
Das jetzt startende Kooperationsprojekt wurde von der American Foundation for Suicide Prevention für die Förderung ausgewählt und wird mit 300.000 US-Dollar unterstützt.
„Wir wollen untersuchen, welche kognitiven bzw. neuronalen Prozesse bei Patientinnen und Patienten mit einem Suizidversuch verändert sind, insbesondere, wenn dafür ‚harte᾽, also nichtmedikamentöse Suizidmethoden gewählt wurden“, so Projektleiter PD Dr. Gerd Wagner von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena.
„Uns interessiert vor allem, welche
Strukturen im Gehirn für die veränderten Entscheidungsprozesse
verantwortlich sind und wie diese mit spezifischen genetischen
Ausprägungen zusammenhängen.“
Ursachen des suizidalen Verhaltens besser verstehen
- Menschen, die „harte“ Suizidmethoden wählen, haben ein viel höheres Risiko für den zukünftigen Suizid.
Bestimmte kognitive Prozesse, wie riskantere Entscheidungen und eine eingeschränkte Kontrolle des Verhaltens, können zu einem erhöhten Suizidrisiko beitragen.
Mithilfe funktioneller Magnetresonanzbildgebung und neuropsychologischer Testungen wollen die Wissenschaftler diese neurokognitiven Funktionen, insbesondere das Entscheidungsverhalten, und die damit assoziierten Hirnfunktionen bzw. Hirnstrukturen untersuchen.
Dabei werden für die
Datenmodellierung Methoden des maschinellen Lernens zum Einsatz kommen.
Das Projektteam analysiert auch, ob beim suizidalen Verhalten
spezifische genetische Faktoren mit veränderten Entscheidungsprozessen,
sowie mit veränderter Gehirnstruktur und Funktion assoziiert sind.
Hierzu werden anhand von Blut bestimmte Varianten des genetischen Codes
erfasst und mit den neurokognitiven Daten sowie neuronalen Parametern
verglichen.
Bestandteil des Projektes sind auch Gastaufenthalte am jeweiligen
Partnerstandort. Im Rahmen dessen arbeitet der renommierte
Suizid-Forscher Prof. Fabrice Jollant von der Université Paris Descartes
seit April als Gastwissenschaftler in Jena. Gerd Wagner: „Wir freuen
uns, in dieser anspruchsvollen Studie mit den französischen Kollegen
zusammenarbeiten zu können. Das Projekt soll uns helfen, die komplexen
und multifaktoriellen Ursachen des suizidalen Verhaltens besser zu
verstehen und spezifische Parameter für eine verbesserte Vorhersage von
Suizidversuchen zu identifizieren. Unsere Kooperation soll auch Weichen
für eine größere internationale wissenschaftliche Strategie stellen, um
die Neurobiologie des suizidalen Verhaltens besser zu verstehen und
damit auch besser zu behandeln. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur
Suizidprävention.“
Priv.-Doz. Dr. Gerd Wagner
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Jena
E-Mail: wagner.gerd@uni-jena.de
Tel.: +49 3641 9390421
Dr. Uta von der Gönna Universitätsklinikum Jena
Bachstraße 18
07743 Jena
Deutschland
Thüringen
Fax: 03641/ 9391102
E-Mail-Adresse: pr-dekanat@med.uni-jena.de
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://afsp.org/ American Foundation for Suicide Prevention
https://afsp.org/grant/the-choice-of-a-violent-suicidal-means-a-mri-study-with-c... Project homepage
http://www.nest-thueringen.de Netzwerk für Suizidprävention in Thüringen
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen