Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Abwehrschwäche im Nervensystem kann zu schwerem COVID-Verlauf führen
Patienten, die an COVID-19 erkranken, können Begleit- und Folgeerscheinungen entwickeln, die das Nervensystem betreffen.
Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Medizinischen Fakultäten der Universitäten Münster und Duisburg-Essen hat dies als Neuro-COVID bezeichnete Phänomen nun genauer analysiert.
Die im hochrangigen Fachjournal Immunity veröffentlichte Studie zeigt eine deutlich geschwächte Immun- und Interferonantwort bei den COVID-19-Patienten.
Die standortübergreifende Arbeitsgruppe machte sich die moderne Methode der Einzelzell-Transkriptomik zunutze.
Mit ihr wird die Expression tausender Gene auf Einzelzellebene gleichzeitig untersucht.
Priv.-Doz. Dr-Gerd Meyer zu Hörste (l.) und Dr. Michael Heming aus der münsterschen Uniklinik für Neurologie waren maßgeblich an der neuen Studie beteiligt. David Schafflick WWU - Medizinische Fakultät
Patienten, die an COVID-19 erkranken, können Begleit- und Folgeerscheinungen entwickeln, die das Nervensystem betreffen.
Am bekanntesten ist der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns, aber auch schwere Komplikationen, wie Schlaganfälle, Krampfanfälle oder Hirnhautentzündung, sind möglich.
Ein Team von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern der Medizinischen Fakultäten der Universitäten Münster
und Duisburg-Essen hat dies als Neuro-COVID bezeichnete Phänomen nun
genauer analysiert. Die im hochrangigen Fachjournal Immunity
veröffentlichte Studie zeigt eine deutlich geschwächte Immun- und
Interferonantwort bei den COVID-19-Patienten.
Die standortübergreifende Arbeitsgruppe machte sich die moderne Methode
der Einzelzell-Transkriptomik zunutze. Mit ihr wird die Expression
tausender Gene auf Einzelzellebene gleichzeitig untersucht.
„So konnten wir die Immunantwort von Neuro-COVID im Nervenwasser in unmittelbarer Nähe zum Gehirn im Detail charakterisieren“, erläutert Privatdozent Dr. Gerd Meyer zu Hörste, Oberarzt in der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Münster und Letztautor der neuen Studie.
„Wir haben
in einer Gruppe von 102 COVID-19-Patienten diejenigen identifiziert,
die neurologische Symptome entwickelten und die aus diagnostischer Sicht
eine Nervenwasserentnahme benötigten“, so Privatdozent Dr. Dr. Mark
Stettner, Oberarzt der neurologischen Universitätsklinik in Essen, der
zusammen mit Meyer zu Hörste die Studie leitete.
Proben der acht Neuro-COVID-Patienten wurden gesammelt und nach Münster
zur Analyse geschickt.
„Gemeinsam konnten wir in diesen Untersuchungen feststellen, dass sich im Nervenwasser der Patienten vermehrt T-Zellen fanden, die erschöpft wirkten“, umreißt Dr. Michael Heming, Erstautor der Studie und Assistenzarzt in der münsterschen Uni-Neurologie das Arbeitsergebnis.
- Auch die Interferonantwort von Neuro-COVID-Patienten war im Vergleich zur viralen Gehirnentzündung abgeschwächt.
- Interferone sind der wichtigste frühe Abwehrmechanismus bei Viruserkrankungen.
Zudem
wies die Forschungsgruppe im Nervenwasser der Untersuchten vermehrt
entdifferenzierte Vorläufer von Fresszellen nach.
„Diese Funde deuten auf eine eingeschränkte antivirale Immunantwort bei
Neuro-COVID-Patienten hin“, interpretiert Prof. Christoph Kleinschnitz,
Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen, die
Erkenntnisse.
Ein detailliertes Verständnis des Phänomens Neuro-COVID ist die Grundlage, um die Krankheit schneller zu erkennen und gezielter zu behandeln.
„Dass die Studie nun im hochkarätigen Journal Immunity publiziert werden konnte, ist das Ergebnis einer intensiven und harten Arbeit, die in kürzester Zeit zu beeindruckenden Ergebnissen geführt hat“, freut sich Prof. Heinz Wiendl, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Münster.
Privatdozent Dr. Gerd Meyer zu Hörste
Fachbereich 05 Medizinische Fakultät,
Zentrum für Nervenheilkunde,
Klinik für Allgemeine Neurologie
E-Mail: gerd.mzh@uni-muenster.de
Tel.: +49 251 83-44428
Jana Haack Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Telefon: +49 251 83-24775
E-Mail-Adresse: jana.haack@uni-muenster.de
Schlossplatz 2
48149 Münster
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
Originalpublikation:
Heming M, Li X, Räuber S, Mausberg AK, Börsch AL, Hartlehnert M, Singhal A, Lu IN, Fleischer M, Szepanowski F, Witzke O, Brenner T, Dittmer U, Yosef N, Kleinschnitz C, Wiendl H, Stettner M, Meyer Zu Hörste G: Neurological Manifestations of COVID-19 Feature T Cell Exhaustion and Dedifferentiated Monocytes in Cerebrospinal Fluid. Immunity. 2020 Dec 23: S1074-7613(20)30539-2. Doi: 10.1016/j.immuni.2020.12.011. Epub ahead of print. PMID: 33382973.
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33382973/ Originalpublikation
https://www.medizin.uni-muenster.de/neurologie/forschung/arbeitsgruppe-meyer-zu-... Arbeitsgruppe Meyer zu Hörste an der Universität Münster
https://neurologie.uk-essen.de/ Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen
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