Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Strahlentherapie zu Zeiten von Corona? Empfohlen wird eine individuelle Risikoabwägung
Krebspatienten sind vermutlich anfälliger für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung und haben daher Angst vor einer Ansteckung während einer onkologischen Behandlung.
Demgegenüber steht das Risiko, die Chance auf Heilung zu verspielen, wenn man onkologische Behandlungen über Wochen oder gar Monate hinausschiebt.
Grundsätzlich sollte nach Ansicht der DEGRO die Versorgung von Krebspatienten mit notwendigen, unter Umständen lebensrettenden Therapien aufrechterhalten werden.
In einigen Fällen kann aber überlegt werden, durch Änderung der Fraktionierung oder Verkürzung der Therapie die Zahl der Sitzungen zu reduzieren.
Wichtig ist, eine individuelle Risikobewertung vorzunehmen.
Viele Krebspatienten sind in Zeiten der Corona-Krise stark verunsichert. Zu Recht hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn appeliert, nicht notwendige medizinische Eingriffe und elektive Therapien nach Möglichkeit zu verschieben. Aber Patienten, die eine onkologische Behandlung wie z.B. eine Operation, medikamentöse Tumortherapie oder Strahlentherapie erhalten, können dies nicht ohne Weiteres tun:
Eine Krebstherapie abzubrechen oder aufzuschieben, kann u.U. bedeuten, einen Rückfall der Tumorerkrankung zu riskieren. Auch sind die Sorgen der Patienten im Hinblick auf die Coronavirus-Pandemie und eine mögliche Infektion durchaus berechtigt.
Das Virus löst die
Erkrankung Covid-19 aus, die bei Menschen mit Vorerkrankungen, also auch
Krebspatienten, häufiger einen schweren Verlauf nimmt.
„Dennoch dürfen Patientinnen und Patienten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Bei allem Verständnis für die Sorge vor Ansteckung muss eine kühle Risikoabwägung zusammen mit dem behandelnden Radioonkologen erfolgen. Die onkologische Versorgung hat eine hohe Priorität und zählt prinzipiell nicht zu den elektiven Eingriffen. Eine auf Heilung ausgerichtete onkologische Therapie lässt sich bis auf wenige Ausnahmen nicht um mehrere Wochen oder gar Monate verschieben“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).
„Dennoch dürfen Patientinnen und Patienten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Bei allem Verständnis für die Sorge vor Ansteckung muss eine kühle Risikoabwägung zusammen mit dem behandelnden Radioonkologen erfolgen. Die onkologische Versorgung hat eine hohe Priorität und zählt prinzipiell nicht zu den elektiven Eingriffen. Eine auf Heilung ausgerichtete onkologische Therapie lässt sich bis auf wenige Ausnahmen nicht um mehrere Wochen oder gar Monate verschieben“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).
- Manchmal gäbe es aber die Möglichkeit, das Therapieregime umzustellen.
- Beispielsweise sei es bei Patienten mit Prostatakarzinom möglich, eine medikamentöse Hormontherapie vorzuschalten und den Tumor dann erst später zu bestrahlen.
Die veränderte Therapiereihenfolge führe nicht zu Überlebenseinbußen und könne in der jetzigen Situation sinnvoll sein, damit die Patienten seltener zur Behandlung gehen müssen.
Eine zweite Möglichkeit ist, das sogenannte Fraktionierungsschema zu ändern:
Statt häufiger mit geringeren Dosen zu bestrahlen, könne die Strahlentherapie auch mit weniger Sitzungen, aber höheren Dosen erfolgen.
„Bei der Tumorbekämpfung kommt es am Ende auf die verabreichte Gesamtdosis an“, so die Expertin.
Gibt es die Möglichkeit einer Therapieumstellung oder veränderten Fraktionierung nicht, rät die DEGRO dazu, die Strahlentherapie zwar weiter fortzusetzen, aber erhöhte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
„Die Strahlentherapie selbst ist nicht mit einem Ansteckungsrisiko behaftet, das Material und die Liegen werden desinfiziert und das medizinische Fachpersonal arbeitet nach höchsten Hygienestandards.“
Wichtig sei, dass die Empfehlungen des RKI und der lokalen Hygienekommissionen befolgt werden, z.B. dass die Patienten den notwendigen Abstand von 1,5-2 m zu anderen Menschen einhalten, die Händehygiene ernst genommen wird. Desinfektionsspender befinden sich in fast allen Wartebereichen und Fluren onkologischer Einwichtungen. Auch kann es unter Umständen sinnvoll sein, dass die Patienten Schutzmasken tragen. Selbstredend sei, dass gerade Krebspatienten physische Kontakte mit anderen Personen möglichst ganz meiden und auch außerhalb der onkologischen Praxis oder Klinik keinerlei Risiken eingehen sollten, um sich selbst zu schützen. Bei Fieber, Husten grippeähnlichen Symptomen oder Kontakt mit einem Covid-19-Patienten sollte unbedingt telefonisch Kontakt mit dem betreuenden Arzt aufgenommen werden, damit dieser mit dem Patienten das weitere Vorgehen besprechen kann. Dabei steht der Schutz des Patienten, aber auch der Mitarbeiter im Vordergrund.
Selbst wenn ein Patienten positiv auf das Coronavirus getestet wurde, heißt das nicht zwangsläufig, dass die Therapie sofort abgebrochen werden muss. Risiko und Nutzen müssten dann patientenindividuell abgewogen werden. Fragen, die in die Risikobewertung eingehen, sind, ob der Patient Covid-19-Symptome hat, wie lange er schon infiziert ist oder ob er am Anfang oder Ende der Strahlentherapie steht – oder ob die Krebstherapie das Ziel der Heilung oder Symptomlinderung verfolgt. Individuell muss dann über Veränderungen des Therapiekonzeptes (z.B. der Fraktionierung) nachgedacht werden, um eine Therapieverkürzung zu erreichen.
„Die notwendige Behandlung von Tumorpatienten sollte auch in den schweren Zeiten der Covid-19-Pandemie solange wie möglich aufrechterhalten werden.
Dabei stehen der Schutz des Patienten sowie der Mitarbeiter vor Ansteckung im Vordergrund; ressourcensparendes Vorgehen ist angezeigt, damit die freigesetzten Kräfte zur Behandlung von Covid-19-Patienten zur Verfügung stehen.
Die lebensnotwendige Behandlung von Covid- und Tumorpatienten sollte nicht gegeneinander ausgespielt werden“, erklärt DEGRO-Präsident Prof. Rainer Fietkau, Erlangen.
„Daher ist es wichtig, mit den Tumorpatienten über das Risiko einer Coronavirusinfektion zu sprechen, gemeinsam die bestmögliche Behandlung mit dem gleichzeitig geringsten Risiko auszuwählen und die Patienten umfassend über Hygienemaßnahmen und andere Sicherheitsvorkehrungen zu beraten.“
Radioonkologen stehen zur einer telefonischen Beratung bereit, aber auch persönliche Gespräche sollten weiter möglich sein.
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