Medizin am Abend Berlin Fazit: Leidenschaft, Arbeitsbelastung, Zukunftssorgen
Eine Studie der Universität Freiburg zeigt die Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft
Wie können Politikerinnen und Politiker zukünftige Förderprogramme so gestalten, dass die Tätigkeit in der Landwirtschaft ein attraktives Arbeitsfeld bleibt und zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums beiträgt?
Um darauf Antworten zu finden, befragte ein Team um Prof. Dr. Heiner Schanz vom Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz rund 2.400 Frauen mit einem Bezug zu einem der landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg.
Die Ergebnisse dieser Studie liegen vor und dienen als Basis dafür, Theorien der nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums zu entwickeln.
Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Weniger Arbeit mehr Freitzeit
„Damit haben wir erstmals eine breite, flächendeckende Datenbasis zur Lebens- und Arbeitswirklichkeit der Frauen in der Landwirtschaft“, erklärt Minister Peter Hauk.
Trotz zeitlicher Belastung verspüren die befragten Frauen eine große Verbundenheit mit dem ländlichen Raum. Foto: Manuel Schönfeld/stock.adobe.com
„Es zeigt sich, dass die Bildungsexpansion der letzten Jahrzehnte auch vor dem ländlichen Raum nicht haltgemacht hat“, sagt Schanz. Die jüngeren Befragten verfügen insgesamt über einen hohen formalen Ausbildungsstand: In der Gruppe der unter 30-Jährigen gaben 33 Prozent der Teilnehmerinnen an, einen Hochschulabschluss zu haben, während dies in der Gruppe der zwischen 31- bis 60-Jährigen für 17 Prozent und bei den über 61-Jährigen nur auf acht Prozent zutrifft. „Doch die Anforderungen in den landwirtschaftlichen Betrieben bergen die Gefahr, als ‚Karrierebremse‚ für den eigentlich erlernten Beruf zu wirken“, erklärt der Freiburger Professor.
- Daraus resultiere ein entsprechend durchschnittlich geringeres Brutto-Einkommen, das die Frauen außerhalb der Landwirtschaft erzielen.
- Gleichzeitig leiste dieses Einkommen aber einen wichtigen Beitrag zum Gesamteinkommen der Familienbetriebe.
Zudem wird in der Studie deutlich, dass die Situation der Frauen in der Landwirtschaft trotz gestiegenem Ausbildungsniveau nach wie vor durch ein traditionelles Rollenverständnis geprägt ist.
So ist Haushaltsführung weitgehend Frauensache, jeder dritte Partner beteilige sich nie daran — ein Wandel hinsichtlich einer gleichmäßigeren Aufteilung ist auch bei den jüngeren Befragten nicht zu erkennen.
Daraus resultieren eine starke zeitliche Belastung der Frauen und eine unausgewogene Work-Life-Balance. Trotzdem sei die große Mehrheit überwiegend zufrieden mit ihrer Tätigkeit und betreibe die „Landwirtschaft mit Leidenschaft“, sagt Schanz.
Während die Teilnehmerinnen die kurzfristigen Zukunftsperspektiven ihrer Betriebe für die nächsten fünf Jahre überwiegend noch als gut einschätzen, sorgt sich eine Mehrheit mit Blick auf die kommenden zehn Jahre um deren Existenz.
Die von den Frauen genannten Gründe hängen nicht in erster Linie mit der Wirtschaftlichkeit zusammen, sondern beziehen sich auf die zunehmenden gesetzlichen Vorgaben und bürokratischen Hürden.
Diese Gefahr sehen die Teilnehmerinnen der Studie zusätzlich verstärkt durch negative Bilder, die in der Öffentlichkeit von der Landwirtschaft vorherrschen würden.
Insgesamt spüren die Frauen eine große Verbundenheit und Verwurzelung im und mit dem ländlichen Raum.
Über 80 Prozent bewertet es positiv, wie sich ihre Region, vor allem die mit guter sozioökonomischer Lage, in den zurückliegenden Jahren entwickelt habe.
- Handlungsbedarf wird vorrangig im Bereich Internet und Telekommunikation, aber auch in der Verkehrsanbindung gesehen.
Deutlich wird das unternehmerische Potenzial der Frauen für die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums:
Ämter mit politischer Verantwortung nehmen sie hingegen aus Zeitmangel nur zurückhaltend wahr.
„Es ist ein wichtiges Ergebnis unserer Studie“, erklärt der Freiburger Professor, „dass die Frauen die Zukunft ihrer Region gerne mitgestalten würden, dafür aber keine Möglichkeiten und nicht die nötige Zeit sehen.“
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