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Totgeburten, neurologische Störungen, Gehirnmissbildungen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Langzeitschäden durch Zikaviren

Klinisch unauffällige Nachkommen infizierter Mütter können unter Spätfolgen leiden. 
 
Totgeburten, neurologische Störungen, Gehirnmissbildungen – wenn Zikaviren Schwangere infizieren, kann das für ihre Nachkommen schwere Folgen haben.

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Personalausstattung  

In Gebieten, in denen Zikaviren in der Bevölkerung weit verbreitet sind, wie beispielsweise in Südamerika, sind jedoch mehr als neunzig Prozent aller Neugeborenen klinisch unauffällig.

Ob bei diesen vermeintlich gesunden Neugeborenen infizierter Mütter im Laufe ihres Lebens doch noch gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten, untersuchte nun ein internationales Forscher-Team um Professorin Dr. Gülsah Gabriel, Leiterin der Abteilung „Virale Zoonosen – One Health“ am Heinrich-Pette-Institut (HPI) und an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo). Dazu studierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem das Verhalten, die Gedächtnisleistung und die Gewebeveränderungen von Mäusen, deren Mütter während der Trächtigkeit eine milde Infektion mit dem Zikavirus durchlebt hatten.

Medizin am Abend Berlin ZusatzThema: Grundsicherung  

Das Ergebnis: 

Scheinbar gesunde Nachkommen zeigten ein erhöhtes Risiko, im Erwachsenenalter neurologische Störungen zu entwickeln. Dies galt insbesondere für die männlichen Mäuse. Die Studie erschienen nun im renommierten Fachmagazin Nature Microbiology.

Über das Zikavirus

Meist durch Mücken von Mensch zu Mensch übertragen, löst das Zikavirus bei Erwachsenen vorübergehend leichte unspezifische Symptome wie Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen oder Fieber aus. Infektionen während der Schwangerschaft können zu Fehlgeburten oder neurologischen Störungen bei den Neugeborenen führen. 

Über die Langzeiteffekte bei vermeintlich gesunden Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft mit dem Zikavirus infiziert waren, war bislang wenig bekannt. Mithilfe eines Schwangerschaftsmodells in der Maus, das Gabriel mit ihrem Team etablierte, konnten verschiedene Arbeitsgruppen die Nachkommen infizierter Muttertiere hinsichtlich zahlreicher Gesichtspunkte untersuchen.

Gewebeveränderungen und Gedächtnisstörungen

Die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Wolfgang Baumgärtner, Leiter des Instituts für Pathologie der TiHo, untersuchte Gewebeproben aus den Gebärmuttern der trächtigen infizierten Mäuse sowie aus dem Gehirn der Nachkommen infizierter Muttertiere und verglich die Gewebeveränderungen mit denen nicht infizierter Tiere. „So konnten wir beispielsweise zeigen, dass Zikaviren insbesondere in Zellen vorkamen, die in der Grenzzone zwischen mütterlichem Gewebe und Embryo liegen. Zudem stellten wir in den virusinfizierten Regionen der Gebärmutter ausgedehnte Zelluntergänge fest“, berichtet Baumgärtner. Diese Veränderungen könnten dazu führen, dass der Fetus während der Trächtigkeit nicht ausreichend versorgt wird und dadurch entweder geschädigt wird oder sogar abstirbt.

Auch bei den Nachkommen konnten die Pathologinnen und Pathologen der TiHo Veränderungen identifizieren: „Wir konnten Zikaviren im Gehirn der Neugeborenen nachweisen und vermuten, dass diese dort auch Schäden anrichten“, so Baumgärtner. Denn das Forscher-Team stellte fest: Am Tag ihrer Geburt wiesen infizierte Mäuse mehr zerstörte Gehirnzellen auf als ihre nicht infizierten Artgenossen. „Insbesondere die für die Gedächtnisbildung zuständige Region des Hippocampus schien betroffen zu sein“, berichtet Baumgärtner. Da weitere Untersuchungen zeigten, dass männliche Nachkommen infizierter Mütter deutlich höhere Werte des Sexualhormons Testosteron aufwiesen als Nachkommen von nicht infizierten Müttern, suchten die Forscherinnen und Forscher auch nach geschlechtsspezifischen Unterschieden – und wurden fündig: 

  •  „Testosteron spielt eine wichtige Rolle in der embryonalen Entwicklung des Nervensystems. 

Daher konnten wir bei den männlichen Nachkommen infizierter Mütter stärkere pathologische Veränderungen im Hippocampus nachweisen als bei den weiblichen Tieren“, so Baumgärtner.

Ob die genannten Gewebeveränderungen das Verhalten sowie die Lernstrategien bei den ausgewachsenen Nachkommen beeinträchtigen können, untersuchte Professor Dr. Wolfgang Löscher, Leiter des Instituts für Pharmakologie, mit seinem Team. Er berichtet: „Wir konnten zeigen, dass vor allem bei männlichen Mäusen die Lern- und Gedächtnisleistung eingeschränkt war. Um Probleme zu lösen, nutzten die Tiere Strategien, die darauf hinweisen, dass sie auf die Funktionen des Hippocampus nicht zurückgreifen konnten.“

Fazit

  1. Die Ergebnisse aller beteiligten Arbeitsgruppen unterstützen die Annahme, dass eine milde mütterliche Zikavirus-Infektion während der frühen Embryonalentwicklung die Entwicklung des Fetus im Uterus beeinflusst. 
  2. Nachkommen, die bei der Geburt klinisch unauffällig erscheinen, können infolgedessen im Erwachsenenalter an neuronalen Anomalien sowie an Lern- und Gedächtnisschwächen leiden. 
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es gerade bei zunächst unauffälligen Kindern von mit dem Zikavirus infizierten Müttern ist, ein gezieltes und geschlechtsspezifisches Monitoring durchzuführen“, erklärt Gabriel.

 Klinisch unauffällige Nachkommen infizierter Mütter können unter Spätfolgen leiden.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
















Über Google: Medizin am Abend Berlin 
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Prof. Dr. Gülsah Gabriel
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Research Center for Emerging Infections and Zoonoses
guelsah.gabriel@tiho-hannover.de

Prof. Dr. Wolfgang Baumgärtner
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Institut für Pathologie
Tel.: +49 511 953-8620
wolfgang.baumgaertner@tiho-hannover.de

Prof. Dr. Wolfgang Löscher
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie
Tel.: +49 511 953-8720
wolfgang.loescher@tiho-hannover.de

Bünteweg 2
30559 Hannover
Postfach 71 11 80
30545 Hannover
Deutschland
Niedersachsen


Sonja von Brethorst
Telefon: 0511 / 953-8002
Fax: 0511 / 953-82-8002
E-Mail-Adresse: sonja.von.brethorst@tiho-hannover.de
Originalpublikation:
Male offspring born to mildly ZIKV-infected mice are at risk of developing neurocognitive disorders in adulthood.
Stephanie Stanelle-Bertram, Kerstin Walendy-Gnirß, Thomas Speiseder, Swantje Thiele, Ivy Asantewaa Asante, Carola Dreier, Nancy Mounogou Kouassi, Annette Preuß, Gundula Pilnitz-Stolze, Ursula Müller, Stefanie Thanisch, Melanie Richter, Robin Scharrenberg, Vanessa Kraus, Ronja Dörk, Lynn Schau, Vanessa Herder, Ingo Gerhauser, Vanessa Maria Pfankuche, Christopher Käufer, Inken Waltl, Thais Moraes, Julie Sellau, Stefan Hoenow, Jonas Schmidt-Chanasit, Stephanie Jansen, Benjamin Schattling, Harald Ittrich, Udo Bartsch, Thomas Renné, Ralf Bartenschlager, Petra Arck, Daniel Cadar, Manuel A. Friese, Olli Vapalahti, Hanna Lotter, Sany Benites, Lane Rolling, Martin Gabriel, Wolfgang Baumgärtner, Fabio Morellini, Sabine M. Hölter, Oana Amarie, Helmut Fuchs, Martin Hrabe de Angelis, Wolfgang Löscher, Froylan Calderon de Anda and Gülsah Gabriel
Nature Microbiology (2018), DOI: 10.1038/s41564-018-0236-1

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://www.nature.com/articles/s41564-018-0236-1

 

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