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Tumorentstehung: Chronische Lebererkrankung

Medizin am Abend Berlin Fazit: Chronischer Zelltod begünstigt Leberkrebs

Leberzellkrebs entsteht besonders häufig, nachdem die Leber durch chronische Krankheit geschädigt worden ist. 

Unklar war bisher, wie diese Ereignisse auf molekularer Ebene zusammenhängen. 

Ein internationales Team von Wissenschaftlern vom Deutschen Krebsforschungszentrum und von der Universität Zürich hat jetzt gezeigt, dass chronischer Zelltod die Tumorentstehung begünstigt. 

Je mehr Zellen absterben, desto stärker müssen sich die verbliebenen Zellen teilen. 
  • Bei diesen Teilungen häufen sie Mutationen an: ein Nährboden für Leberzellkrebs.  
In Deutschland galt Leberzellkrebs bislang als eher selten, doch seit einigen Jahrzehnten erkranken auch hierzulande immer mehr Menschen daran.

Wer an einer Leberzirrhose, Hepatitis B oder C, Fettleibigkeit und Typ-2 Diabetes mellitus leidet, ist besonders gefährdet.

  • Leberzellkrebs entwickelt sich meist aus einer chronischen Lebererkrankung heraus und diese Krankheiten werden hierzulande immer häufiger.

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Mathias Heikenwälder und seinem Kooperationspartner Achim Weber von der Universität Zürich hat jetzt herausgefunden, dass das Enzym Caspase 8 bei diesem Prozess eine wichtige Doppelfunktion einnimmt. Die Untersuchungen fanden zunächst an Mäusen statt. Patientendaten zeigen, dass die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2017/bilder/Mcl1_liver.jpg

Ein Modell für chronische Lebererkrankung: Die Leberzellen der Maus sind genetisch so modifiziert, dass sie besonders häufig an Apoptose sterben. Apoptotische Zellen sind durch Pfeile gekennzeichnet, im Kreis sind teilende Zellen zu sehen. Quelle: Heikenwälder/DKFZ“


Einerseits ist Caspase 8 wichtig für den programmierten Zelltod, Apoptose genannt.

  • Durch Apoptose schützen entartete Zellen den Organismus, indem sie sich selbst eliminieren. 

Lange Zeit galt deshalb das Motto: Apoptose schützt vor Krebs. Die aktuelle Studie zeigt, dass das nur für jede einzelne Zelle gilt, nicht aber für das gesamte Gewebe der Leber.

Unterlaufen zu viele Zellen gleichzeitig eine Apoptose, begünstigt das die Krebsentstehung.

Der Grund:

Die verbleibenden Leberzellen müssen sich dann viel stärker teilen, um den Gewebeverlust auszugleichen. 

„Leberzellen sind so hohe Teilungsraten über einen längeren Zeitraum nicht gewöhnt, sie sind damit überfordert und machen Fehler“, erklärt Mathias Heikenwälder vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Patienten mit einer chronischen Leberentzündung akkumulieren daher zahlreiche DNA-Schäden – den Nährboden für Krebs. Denn je mehr Mutationen sich in die DNA einschleichen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Zelle aus ihrem normalen Lebenszyklus ausbricht und sich ungehindert teilt und wächst.

Caspase 8 hat jedoch noch eine ganz andere Funktion.

Das Molekül ist als Teil eines neu identifizierten, größeren Komplexes daran beteiligt, Schäden an der DNA zu erkennen und deren Reparatur einzuleiten. 

Die Apoptose- und die Reparatur-Funktion arbeiten unabhängig voneinander. 

lassen sich also auch getrennt voneinander beeinflussen.

Das ist besonders wichtig für die Behandlung von Leberkrebs oder chronischen Lebererkrankungen. 

Eliminierte man das Enzym Caspase 8 komplett, dann würde man zwar den programmierten Zelltod und die Entstehung von Krebs verhindern. Gleichzeitig würde man die Zelle jedoch auch eines DNA-Reparaturmechanismus berauben. Das gilt es zu vermeiden.
Als nächstes möchten die Wissenschaftler prüfen, ob es ähnliche Vorgänge auch bei anderen Krebsarten gibt und die Dynamik des Mechanismus genauer untersuchen. „Wir wissen bisher nicht, wann und warum Caspase 8 und die anderen Moleküle sich zusammentun und nach DNA-Schäden suchen“, sagt Heikenwälder. „Da sind noch viele Fragen offen.“

Yannick Boege, Mohsen Malehmir, Marc E. Healy, Kira Bettermann, Anna Lorentzen, Mihael Vucur, Akshay K. Ahuja, Friederike Böhm, Joachim Mertens, Yutaka Shimizu, Lukas Frick, Caroline Remouchamps, Karun Mutreja, Thilo Kähne, Devakumar Sundaravinayagam, Monika Wolf, Hubert Rehrauer, Christiane Koppe, Tobias Speicher, Susagna Padrissa-Altés, Renaud Maire, Jörn M. Schattenberg, Juseong Jeong, Lei Liu, Stefan Zwirner, Regina Boger, Norbert Hüser, Roger J. Davis, Beat Müllhaupt, Holger Moch, Henning Schulze-Bergkamen, Pierre-Alain Clavien, Sabine Werner, Lubor Borsig, Sanjiv A. Luther, Philipp Jost, Ricardo Weinlich, Kristian Unger, Axel Behrens, Laura Hillert, Christopher Dillon,, Michela Di Virgilio, David Wallach, Emmanuel Dejardin, Lars Zender, Michael Naumann, Henning Walczak, Douglas R. Green, Massimo Lopes, Inna Lavrik, Tom Luedde, Mathias Heikenwalder, Achim Weber: A dual role of caspase 8 in triggering and sensing proliferation-associated DNA damage, a key determinant of liver cancer development.
Cancer Cell 2017, DOI: 10.1016/j.ccell.2017.08.010

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

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