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Vier Grundtypen von verspielten Erwachsenen - Ihre Vorteile - auch beim Schachhspielen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Psychologie: Verspielte Menschen haben Vorteile

Erwachsene können ihren Hang zur Verspieltheit in vielen Situationen positiv nutzen. 

  • Sie sind gut im Beobachten, nehmen leicht neue Perspektiven ein und gestalten monotone Aufgaben für sich interessant. 

Gleichzeitig ist Verspieltheit aber nicht gleichzusetzen mit Humor. 

Stattdessen brauche es dafür neue Begriffe, schreiben Psychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in der aktuellen Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift "Personality and Individual Differences". 
 
Anders als bei Kindern ist Verspieltheit bei Erwachsenen bisher nur wenig erforscht.

"Modelle der Verspieltheit im Kindesalter wurden oft auf Erwachsene übertragen. Dadurch gehen aber viele Aspekte verloren, zum Beispiel solche, die sich auf romantische Beziehungen oder intellektuelle Leistungen beziehen", sagt PD Dr. René Proyer vom Institut für Psychologie an der MLU.

  • Verspielte Menschen seien dazu in der Lage, Situationen aus ihrem Leben so umzudeuten, sodass sie diese zum Beispiel als unterhaltsam erleben oder sich das Stresslevel reduziert.

In mehreren Studien und Befragungen mit rund 3.000 Teilnehmern ist Proyer dem Phänomen bei Erwachsenen weiter auf den Grund gegangen.

Er fand heraus: 

Verspieltheit lässt sich nicht anhand der fünf großen Persönlichkeitsmerkmale beschreiben, die häufig zur Beschreibung der Persönlichkeit herangezogen werden. 

  • Zu diesen zählen Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Offenheit und emotionale Stabilität.

"Verspieltheit ist eine eigenständige Komponente, die Anteile dieser fünf globalen Dimensionen hat, aber nicht mit ihnen austauschbar ist", so Proyer weiter. 

Die Studie zeige auch, dass Menschen, die sich selbst als verspielt beschreiben, auch von anderen so eingeschätzt werden. Und: Verspielte Menschen leben ihre Neigung auch in vielen alltäglichen Situationen aus.

Insgesamt identifiziert der Psychologe vier Grundtypen von verspielten Erwachsenen: 

"Es gibt Menschen, die gern mit Freunden und Bekannten herumalbern. Das beschreiben wir mit der auf andere ausgerichteten Verspieltheit.

Leichtherzig verspielte Menschen dagegen sehen ihr ganzes Leben eher als Spiel", so Proyer. 

Eine weitere Kategorie sind die Menschen, die gerne mit Ideen und Gedanken spielen - das beschreibt die intellektuelle Verspieltheit. Die Menschen könnten auch eintönige Aufgaben für sich interessant gestalten. 

Die letzte Gruppe beschreibt der Psychologe als extravagant Verspielte: "Menschen mit dieser Tendenz interessieren sich für seltsame und groteske Dinge und können sich an kleinen Beobachtungen im Alltag amüsieren."

Die Studien zeigen, dass Verspieltheit bei Erwachsenen ganz unterschiedlich zum Ausdruck kommt und auch positiv zu bewerten ist. 

  • Gerade im deutschen Sprachraum ist sie aber eher negativ besetzt: 

Verspielte Menschen werden mitunter nicht ernst genommen oder als unzuverlässig eingeschätzt. Zu Unrecht, wie Proyer sagt:

"Wenn es etwa um das Lösen komplexer Problemstellungen geht, können sie leicht die Perspektive wechseln. Dadurch finden sie ungewöhnliche und neue Lösungen."

Die aktuelle Studie gebe auch Anreize für weitere Forschungsbereiche, wie der Evolutionspsychologie:

  • Zwar hat Verspieltheit keinen direkten Überlebensvorteil, könnte aber bei der Partnerwahl und in Liebesbeziehungen eine wichtige Rolle spielen. 

Mit diesem Thema werden sich die halleschen Psychologen in den kommenden Monaten beschäftigen.

Zur Publikation:

Proyer, René T. A new structural model for the study of adult playfulness: Assessment and exploration of an understudied individual differences variable. Personality and Individual Differences 108 (2017) DOI: 10.1016/j.paid.2016.12.011

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Warum Schach-Profis gewinnen

Universität Bielefeld analysiert Spielverhalten

Schach gilt als eines der ältesten und zugleich beliebtesten Gesellschaftsspiele. An Heiligabend ist der Spieleklassiker wieder hundertausendfach verschenkt worden – als Brettspiel, PC-Spiel oder als Schachcomputer. Doch was ist das Geheimnis erfolgreicher Schachspielerinnen und -spieler? Das untersuchen Kognitionswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler des Exzellenzclusters Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld seit einem Jahr in dem Projekt „Ceege“. 

 
  • Für das Projekt erfassen die Forscher zum Beispiel Blickbewegungen und Gesichtsausdrücke. 

Jetzt berichten sie über erste Ergebnisse und erklären, warum der Norweger Magnus Carlsen in diesem Jahr erneut Schachweltmeister wurde.

„Es gibt zahlreiche Theorien dazu, wie das Gehirn die Aufmerksamkeit steuert und Probleme in Alltags- und Spielsituation löst“, sagt Professor Dr. Thomas Schack. Der Sportwissenschaftler und Kognitionspsychologe leitet die CITEC-Forschungsgruppe „Neurokognition und Bewegung – Biomechanik“ und das Schach-Forschungsprojekt. „Das Schachspiel ist ein ideales Untersuchungsfeld, um diese Theorien zu überprüfen. Denn Schachspieler müssen besonders aufmerksam sein und in rascher Folge entscheiden, wie sie vorgehen.“

Für „Ceege“ kooperiert Schacks Forschungsgruppe mit dem Forschungsinstitut Inria Grenoble Rhones-Alpes in Frankreich. Der Projektname steht für: Chess Expertise from Eye Gaze and Emotion (Schach-Expertise auf Grundlage von Augenbewegungen und Emotionen).


„Wir untersuchen individuelle Spieltaktiken, das Verhalten von Schachspielern untereinander und ihre Körpersprache“, sagt Dr. Kai Essig, der am CITEC zusammen mit Thomas Küchelmann in dem Projekt forscht. „Mit den Erkenntnissen aus dem Projekt können wir künftig vorhersagen, wie stark einzelne Schachspieler sind und wie hoch die Chance ist, dass ein Spieler eine Partie gewinnt. Wir können voraussichtlich sogar eine Reihe von optimalen Spielzügen erkennen, die die Wahrscheinlichkeit zu siegen erhöhen.“

Um Spieler und ihre Aktionen möglichst umfassend zu erfassen, arbeiten die Bielefelder Forscher mit unterschiedlichsten Techniken. Eyetracking-Brillen registrieren, wohin die Schachspieler ihren Blick richten. Videokameras nehmen die Gesichtsausdrücke und die Körpersprache auf. Professor Dr. James Crowley vom Inria-Institut und sein Team widem sich den Emotionen von Schachspielern. 

Sie erfassen dafür zum Beispiel Mikroexpressionen – Gesichtsausdrücke, die nur für einige Millisekunden erkennbar sind – sowie Gestik, Herzfrequenz, Atemfrequenz und Schweißbildung.

Mehr als 120 Versuchspersonen haben sich bislang für die Untersuchung und ihre Vorstudie beim Schachspiel beobachten lassen, davon ein Drittel Experten und Fortgeschrittene und zwei Drittel Anfänger. „Die laufende Untersuchung und die Vorstudien zeigen schon jetzt, dass Profis und Laien sich deutlich in ihren Blickbewegungen unterscheiden“, sagt Kai Essig.  

„Schachexperten konzentrieren sich die meiste Zeit auf Schlüsselfiguren, die in jeweiligen Situation spielentscheidend sein können. Die Experten steuern ihre Aufmerksamkeit effizienter als Anfänger.“ Laien springen laut Essig mit ihrem Blick sehr oft von einer Figur zu nächsten und schauen sich so fast alle Figuren auf dem Brett an, unabhängig davon, ob sie in der jeweiligen Situation eine zentrale Rolle spielen.

 
Mit dem Wissen aus ihrem Projekt haben die Forscher die Schach-Weltmeisterschaft im November besonders verfolgt. „Schon früh im Turnier war zu erkennen, dass Magnus Carlsen gewinnt. Er hatte in den ersten sechs Partien mehr Initiative gezeigt. Seinem Gegner Sergej Karjakin ist es kaum gelungen, das Spiel zu dominieren“ sagt Thomas Küchelmann. Aus der Ferne lassen sich laut dem Physiker nur begrenzt Schlüsse ziehen. „Um konkrete Vorhersagen machen zu können, müssten wir tatsächlich Carlsens und Karjakins Spiel mit unserer Technik messen“, sagt Küchelmann. „Interessant wären dabei zum Beispiel Carlsens emotionale Reaktionen auf seine verpassten Siegzüge, sein Fehler in der verlorenen achten Partie und im Tie-Break Karjakins emotionale Reaktionen auf seine Zeitnot.“

Mit ihren Erkenntnissen wollen die Forscher einen elektronischen Schachassistenten entwickeln. Er analysiert die Schwächen von Schachanfängern und -profis zum Beispiel über Blickerfassung und trainiert mit Hinweisen und Erklärungen. So empfiehlt er, welcher Zug in der jeweiligen Situation optimal ist. „Langfristig wäre es auch denkbar, dieses Assistenzsystem in Roboter einzubauen. Durch ihre räumliche Anwesenheit könnten Roboter die Spieler anders motivieren als ein Assistent, der zum Beispiel über ein Tablet nur sprachlich agiert“, sagt Thomas Schack.

Das Forschungsprojekt „Ceege“ läuft über drei Jahre bis Februar 2019. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der französische Forschungsförderer „Agence Nationale de la Recherche“ (ANR) unterstützen des Projekt. Die Universität Bielefeld erhält 300.000 Euro für die Forschung.

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