Medizin am Abend Berlin Fazit: Atemtherapie kann die Prognose bei systolischer Herzinsuffizienz verschlechtern
Atemstörungen im Schlaf belasten die Prognose bei Herzschwäche. Kommen die Störungen häufig vor, können sie hohen Blutdruck, Herzrhythmusstörungen und Minderdurchblutung des Herzmuskels hervorrufen und das schwache Herz weiter belasten. Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) untersuchte, ob die maschinell assistierte Atemhilfe mittels sogenannter adaptiver Servo-Ventilation (ASV) bei Patienten, die an Herzinsuffizienz und zentraler Schlafapnoe leiden, geholfen werden kann.
Leider nicht, wie sie im renommierten New England Journal of Medicine publizieren.
In klinischen Studien kann das Ausmaß der Schlafapnoe bei Herzschwäche mit Geräten, wie diesem in Langzeit gemessen werden. DZHI
- Herzschwäche ist eine häufige Erkrankung meist älterer Patienten, die mit Folge- und Begleiterkrankungen einhergeht.
Nicht selten besteht gleichzeitig eine Schlafapnoe, also schlafbezogene Atemaussetzer, die in zwei Formen auftreten können, der zentralen und der obstruktiven Form. Bei der zentralen Schlafapnoe kommt es während der Schlafphase häufig zur sogenannten Cheyne-Stokes Atmung, die durch verminderte Atemtiefe (Hypopnoe) und Atemstillstände (Apnoe) gekennzeichnet ist.
- Infolge dieser Abnormität verringert sich der Sauerstoffgehalt im Blut und Herzrhythmusstörungen, hoher Blutdruck und Minderdurchblutung des Herzmuskels können die Folge sein.Treten diese Vorgänge häufig auf, sind sie für Herzschwäche prognostisch ungünstig.
Eine Behandlung, die Apnoe und Hypopnoe wirksam beseitigt, ist die sogenannte adaptive Servo-Ventilationstherapie (ASV-Therapie).
Dabei trägt der Patient nachts eine bequeme Atemmaske, die über ein rechnergestütztes Gerät die Atemtätigkeit überwacht, unterstützt und anpasst. Die Idee war daher, dass durch solch eine Behandlung die Prognose der Herzschwäche verbessern würde.
Völlig unerwartet ergab die internationale randomisierte SERVE-HF jedoch, dass die ASV-Therapie keine positive Wirkung auf das Krankheitsgeschehen hat. Die Würzburger Kardiologin Christiane Angermann (DZHI) erklärt: „Wir haben untersucht, wie sich die regelmäßige nächtliche Behandlung mit ASV-Therapie auf den kombinierten Endpunkt aus Tod jeder Ursache, lebensrettender kardiovaskulärer Maßnahmen (z.B. Häufigkeit von ICD-Schocks) oder aber ungeplante Hospitalisierung wegen verschlechterter Herzinsuffizienz auswirkte. Dabei fanden wir keinen Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen. Im Gegenteil traten aber der Tod aus jeder und speziell aus kardi-ovaskulärer Ursache bei unseren Patienten mit einer Herzpumpleistung von 45 Prozent oder weniger, signifikant häufiger auf, wenn sie mit ASV-Therapie behandelt wurden.
Unsere Studie hat also genau das Gegenteil von dem belegt, was wir vor Studienbeginn dachten: Nämlich dass die ASV-Therapie bei Herzschwäche mit eingeschränkter Pumpfunktion und zentraler Schlafapnoe die Prognose bessert.“
- Die Mediziner empfehlen daher, die ASV-Therapie weiter nur im Rahmen klinischer Studien anzuwenden. Bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz sollte sich nicht eingesetzt werden, wenn die Pumpleistung der linken Herzkammer nur 45% oder weniger beträgt.
Das überraschende Ergebnis wirft weitere Fragen auf. Christiane Angermann: „Wir wollen jetzt verstehen, was durch die Behandlung im Körper passiert. So könnten wir wertvolle Hinweise für die Entwicklung erfolgreicherer Therapieformen für beide Erkrankungen, also Herzschwäche wie auch Atemstörung, bekommen.“ Die Wissenschaftler stehen vor vielen Fragen:
Ist es der zugefügte Atemdruck, der negative Auswirkungen auf Herzfunktion und Regulationsmechanismen im Kreislauf hat?
Und gilt das für alle Patientengruppen in gleicher Weise? Oder verhält es sich vielleicht sogar so, dass die Cheyne-Stokes Atmung kompensierende Effekte hat und damit eine Form der Anpassung an die Herzschwäche und einen körpereigenen Schutzmechanismus darstellt, der durch die Behandlung weggenommen wird?
„Es gibt noch viel zu tun“, sagt die Wissenschaftlerin. „Wir beginnen erst langsam die Herzschwäche, die leider viele Organe und Körperfunktionen in Mitleidenschaft zieht, zu verstehen.“
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Sabine Kluge Universitätsklinikum Würzburg
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