Medizin am Abend Fazit: Würdevolles Sterben: Wenn die Technik am Lebensende zum Problem wird
Die immer besseren Möglichkeiten der Medizintechnik können sich am Lebensende gegen den Menschen wenden. Zum Beispiel dann, wenn implantierbare Devices verhindern, dass das Herz eines Sterbenden aufhören kann zu schlagen. Dieses Problem beschäftigt die Arbeitsgruppe „Ethik in der Kardiologie“ der DGK.
„Implantierbare Defibrillatoren (ICDs) leisten in der Kardiologie sehr wertvolle Dienste, sie verhindern bei Hochrisiko-Patienten den plötzlichen Herztod. Das ist ein enormer Fortschritt und ermöglicht vielen herzkranken Menschen ein weitgehend normales Leben. Allerdings gibt es bei zunehmendem Alter des Patienten und fortschreitender Krankheit einen Punkt, an dem diese automatische Wiederbelebung mehr schadet als sie nützt“, so Prof. Dr. Georg Ertl (Würzburg) auf der 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, bei der vom 8. bis 11. April in Mannheim 8.500 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern zusammentreffen.
Denn das Kammerflimmern, also sehr schnelle, chaotische Bewegungen der linken Herzkammer, ist Teil des natürlichen Sterbens – unabhängig davon, an welcher Krankheit der Mensch stirbt. Das Herz wird durch den ICD mit elektrischen Schocks immer wieder in den normalen Rhythmus gebracht – unabhängig vom Gesamtzustand des Patienten. Das ist am Lebensende völlig kontraproduktiv.
Prof. Ertl: „Ein friedliches Sterben ist so lange nicht möglich, bis der ICD deaktiviert wird oder die Batterie leeDenn ein Abschalten eines potentiell lebenserhaltenden Geräts ist zumindest passive r ist. Doch das Deaktivieren eines ICD ist nicht so einfach. Sterbehilfe. In manchen Fällen, nämlich wenn der ICD zugleich auch als Herzschrittmacher agiert, handelt es sich um aktive Sterbehilfe – und ist somit verboten. Das alles wirft massive ethische Probleme auf.“
ICD-Träger sollten eine Patientenverfügung treffen
Menschen, die einen ICD bekommen, sollte man – so sehen es die
internationalen Leitlinien zu diesem Thema vor – unbedingt empfehlen,
eine Patientenverfügung zu treffen, die den Ärzten am Sterbebett
erlaubt, das Gerät abzuschalten. Das geschieht allerdings viel zu
selten. „Das hat mehrere Gründe, wie eine Auswertung internationaler
Umfragen zu diesem Thema zeigt“, berichtet Dr. Maike Bestehorn
(Ebenhausen), die für die DGK verschiedene Untersuchungen zum Thema
ausgewertet hat. „Einerseits wird das Problem von den behandelnden
Kardiologen, die nur den lebensrettenden Aspekt des ICD sehen, nicht
angesprochen. Andererseits zeigt die Erfahrung aber auch, dass viele
Patienten darüber nicht sprechen wollen. Die meisten bekommen den ICD
ja, weil sie gerade noch einen Herzstillstand überlebt haben. Das ist
traumatisierend und viele Betroffene verweigern das Thema Tod. Das ist
eine sehr schwierige Situation und es sind dabei noch die richtigen
Kommunikationsstrategien zu finden.“ Ärzte fühlen sich aus juristischen
und medizinischen Gründen unwohl, ICDs zu deaktivieren und sind auch auf
die entsprechenden Gespräche nicht gut vorbereitet.
„Es ist aber allen Beteiligten zu empfehlen, sich möglichst früh um eine Patientenverfügung zu kümmern, was mit dem ICD am Lebensende passieren soll. Das betrifft nicht zuletzt die Betreuung im Hospiz“, so Prof. Ertl.
„Es ist aber allen Beteiligten zu empfehlen, sich möglichst früh um eine Patientenverfügung zu kümmern, was mit dem ICD am Lebensende passieren soll. Das betrifft nicht zuletzt die Betreuung im Hospiz“, so Prof. Ertl.
„Dort sollte man ICD-Patienten identifizieren und mit ihnen das
Gespräch suchen. Am besten wäre es, wenn das schon viel früher,
idealerweise vor der Implantation, geschieht. Kontrollen des ICD und
Servicetermine könnten als Gelegenheiten genützt werden, dieses Gespräch
nachzuholen.“
Mit der Frage der ICD-Deaktivierung am Lebensende beschäftigt sich die interdisziplinäre DGK-Projektgruppe „Ethik in der Kardiologie” unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Waltenberger (Münster). Ziel der Gruppe ist die Thematisierung relevanter ethischer Herausforderungen.
Mit der Frage der ICD-Deaktivierung am Lebensende beschäftigt sich die interdisziplinäre DGK-Projektgruppe „Ethik in der Kardiologie” unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Waltenberger (Münster). Ziel der Gruppe ist die Thematisierung relevanter ethischer Herausforderungen.
Es sollen
Standpunkte generiert, Empfehlungen erarbeitet und diese breit
kommuniziert werden. Prof. Waltenberger: „Dabei legen wir besonders
großen Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit beispielweise mit
Philosophen, Juristen und Moraltheologen. Auch Palliativmediziner,
Psychiater und Vertreter von Patientenorganisationen sind aktive
Mitglieder dieser Projektgruppe.“
Medizin am Abend DirektKontakt
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Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin)
Büro während des Kongresses: 0621 4106-5002; 0621 4106-5005
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 9000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nau-heim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org.
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