Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Beeinflussbare Risikofaktoren verantwortlich für die Hälfte der kardiovaskulären Erkrankungen
Wissenschaftler:innen des Global Cardiovascular Risk Consortium unter Federführung der Klinik für Kardiologie im Universitären Herz- und Gefäßzentrum des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) konnten nachweisen, dass die fünf klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Rauchen und Diabetes mellitus weltweit im direkten Zusammenhang mit mehr als der Hälfte aller kardiovaskulären Erkrankungen stehen.
- Ein erhöhter Blutdruck hat dabei die größte Bedeutung für das Auftreten von Herzinfarkten und Schlaganfällen.
Erstautorin Priv. Doz. Dr. Christina Magnussen, Oberärztin Klinik für Kardiologie mit Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Ärztlicher Leiter Universitäres Herz- und Gefäßzentrum des UKE Axel Kirchhof | UKE
Die Studienergebnisse, basierend auf Daten von 1,5 Millionen
Menschen aus 34 Ländern, wurden im New England Journal of Medicine
veröffentlicht.
Gut ein Drittel aller weltweiten Todesfälle gehen auf kardiovaskuläre
Erkrankungen zurück.
Diese entwickeln sich oft schleichend über Jahrzehnte:
Häufig unbemerkt, verändern sich die Gefäßwände und es entsteht eine Arteriosklerose, in deren Folge es zur koronaren Herzkrankheit und deren Komplikationen wie dem Herzinfarkt, akutem Herztod oder einem Schlaganfall kommen kann.
„Unsere Studie zeigt
deutlich, dass über die Hälfte aller Herzinfarkte und Schlaganfälle
durch die Kontrolle und Behandlung der klassischen Risikofaktoren
vermeidbar sind.
Diese Ergebnisse haben höchste Bedeutung, wenn wir die Prävention in
diesem Bereich stärken wollen. Gleichzeitig sind rund 45 Prozent der
weltweiten kardiovaskulären Erkrankungen nicht durch diese
Risikofaktoren erklärt und sollten uns und die akademischen
Fördermittelgeber zu weiteren Forschungsanstrengungen motivieren“, sagt
Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Ärztlicher Leiter des Universitären Herz-
und Gefäßzentrums des UKE.
Das Global Cardiovascular Risk Consortium wertete die individuellen
Daten von 1,5 Millionen Menschen aus 112 Kohortenstudien aus, die aus 34
Ländern der acht geographischen Regionen Nordamerika, Lateinamerika,
Westeuropa, Osteuropa und Russland, Nordafrika und Mittlerer Osten,
Subsahara-Afrika, Asien und Australien stammen. Ziel der Studie war es,
ein besseres Verständnis für die weltweite Verteilung, die Bedeutsamkeit
der einzelnen Risikofaktoren und deren Auswirkungen auf kardiovaskuläre
Erkrankungen und die Gesamtsterblichkeit zu erhalten, um daraus
gezielte präventive Maßnahmen abzuleiten.
„Die untersuchten fünf klassischen Risikofaktoren sind prinzipiell modifizierbar und damit zugänglich für präventive Maßnahmen.
Bisher gab es widersprüchliche Studienergebnisse, welcher Anteil der kardiovaskulären Erkrankungen durch diese Risikofaktoren tatsächlich erklärt ist“, so die Erstautorin Priv.-Doz. Dr. Christina Magnussen, Klinik für Kardiologie im Universitären Herz- und Gefäßzentrum des UKE.Regionale Unterschiede bei den Risikofaktoren
Die Studie zeigte Unterschiede in den acht globalen Regionen hinsichtlich der Häufigkeit der Risikofaktoren.
- Höchste Werte für Übergewicht sahen die Wissenschaftler:innen in Lateinamerika, für Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte in Europa.
- Der Risikofaktor Rauchen ist besonders in Lateinamerika und Osteuropa ausschlaggebend, Diabetes mellitus in Nordafrika und im Mittleren Osten.
Alle fünf
Risikofaktoren (Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte,
Rauchen und Diabetes mellitus) zusammen erklären 57,2 Prozent des
kardiovaskulären Risikos bei Frauen und 52,6 Prozent des
kardiovaskulären Risikos bei Männern. Damit ist ein erheblicher Anteil
des kardiovaskulären Risikos weiterhin nicht geklärt. Im Vergleich dazu
erklären die fünf Risikofaktoren lediglich rund 20 Prozent des Risikos
zu versterben (Gesamtsterblichkeit).
Die Studie macht außerdem deutlich, dass erhöhter Blutdruck oder erhöhte
Cholesterinwerte linear mit dem Auftreten von kardiovaskulären
Erkrankungen zusammenhängen:
Je höher die Werte sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen.
Dieses Ergebnis gilt für alle untersuchten weltweiten Regionen.
Einen bemerkenswerten Zusammenhang stellten die Wissenschaftler:innen zudem zwischen dem Cholesterinspiegel und der Gesamtsterblichkeit fest:
Sowohl sehr niedrige wie auch hohe Cholesterinwerte bedingen eine erhöhte Gesamtsterblichkeit.Die Bedeutung aller Risikofaktoren nimmt über das Alter ab, beispielsweise ist ein erhöhter Blutdruck für 40-Jährige schädlicher als für 80-Jährige.
CAVE: Einzige Ausnahme bildet dabei der Body-Mass-Index (BMI), der in jedem Alter gleichermaßen bedeutsam ist.
„Dies wirft die
Frage auf, inwieweit die Zielwerte zur Behandlung der kardiovaskulären
Risikofaktoren im höchsten Lebensalter identisch mit denjenigen im
mittleren bis höheren Lebensalter sein sollten“, sagt Prof. Blankenberg.
Studie liefert umfangreiche Ansatzpunkte für präventive Maßnahmen
Die Studie liefert einen umfangreichen Datensatz, um bei Menschen mit kardiovaskulärem Risiko oder Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen durch Verbesserung des Lebensstils und durch Senkung erhöhter Blutdruck- oder Cholesterinwerte die kardiovaskulären Erkrankungen zu vermeiden oder ihre Folgen zu verringern.
CAVE: „Ein erhöhter systolischer Blutdruck erklärte den größten Teil des kardiovaskulären Risikos.
Wir sollten besonderes Augenmerk auf die Therapie von Patient:innen mit erhöhtem Blutdruck legen, um kardiovaskuläre Erkrankungen soweit wie möglich zu vermeiden“, sagt Priv.-Doz. Dr. Magnussen.
Beeinflussbare Risikofaktoren verantwortlich für die Hälfte der kardiovaskulären Erkrankungen
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Prof. Dr. Stefan Blankenberg
Universitäres Herz- und Gefäßzentrum
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Priv.-Doz. Dr. Christina Magnussen
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Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
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Originalpublikation:
Magnussen C. et al., Global Impact of Modifiable Risk Factors on Cardiovascular Disease and Mortality, New England Journal of Medicine, 2023. DOI: 10.1056/NEJMoa2206916.
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