Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: In Kombination noch besser: Therapien gegen Muskelabbau im Alter
Jeder möchte auch im Alter fit und gesund bleiben.
Doch mit dem Alter baut unser Körper ab, die Muskeln schwinden und die Kraft lässt nach.
Einige ältere Menschen leiden an einem übermässig starken Muskelabbau, man spricht dabei von Sarkopenie.
Eine Kombinationstherapie könnte die Sarkopenie hinauszögern.
Darüber berichten Forschende der Universität Basel.
Querschnitt eines Muskels: Eine reduzierte Kalorienzufuhr erhöht den Anteil an altersresistenten Muskelfasern (gelb und blau). Universität Basel, Biozentrum
Wir leben heute länger als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit.
Um diese zusätzlichen Lebensjahre geniessen zu können, müssen wir gesund, mobil und unabhängig bleiben.
Mit dem Alter jedoch büssen unsere Muskeln unausweichlich an Masse und Kraft ein.
Dieser altersbedingte Muskelabbau setzt einem selbstbestimmten Leben oftmals ein Ende.
Viele betagte Menschen sind im Alltag daher auf die
Unterstützung ihrer Familien oder des Gesundheitssystems angewiesen.
Muskelabbau im Alter verlangsamen
«Der altersbedingte Muskelabbau beginnt bereits mit etwa 30 Jahren und
beschleunigt sich mit etwa 60 Jahren. Im Alter von 80 haben wir etwa ein
Drittel unserer Muskelmasse verloren», sagt Dr. Daniel Ham, einer der
Hauptautoren der neuen Studie, die im Fachjournal «Nature
Communications» erscheint. «Aufhalten lässt sich dieser Alterungsprozess
zwar nicht, aber man kann ihn verlangsamen zum Beispiel durch
sportliche Betätigung.»
Forschende unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Rüegg vom Biozentrum
der Universität Basel haben bei Mäusen herausgefunden, dass die
Skelettmuskulatur bei einer kalorienreduzierten Diät und dem Medikament
Rapamycin weniger schnell altert. «Wenn wir verstehen, was im älter
werdenden Muskel passiert, können wir Konzepte entwickeln, die dem
Alterungsprozess entgegenwirken und einer Sarkopenie vorbeugen.»
«Sowohl eine verringerte Kalorienaufnahme als auch Rapamycin werden als
Anti-Aging-Massnahmen propagiert. Womit wir nicht gerechnet haben ist,
dass beide Massnahmen zusammen noch besser wirken», erklärt Dr. Nitish
Mittal, ein weiterer Hauptautor.
- Bisher vermutete man, dass moderates Fasten und Rapamycin über unterschiedliche Wege dasselbe bewirken: die Hemmung des Proteinkomplexes mTORC1.
- Bei einer erhöhten Aktivität beschleunigt mTORC1 Alterungsprozesse im Körper.
Positive Effekte beider Therapien kumulieren sich
«Anders als angenommen laufen die Fäden nicht bei mTORC1 zusammen»,
betont Ham. «Uns war bewusst, dass eine kalorienarme Diät über die
Hemmung von mTORC1 hinaus weitere positive Effekte nach sich ziehen
würde. Für uns völlig unerwartet alterten die Muskeln bei fastenden
Mäusen, die zusätzlich Rapamycin erhielten, noch langsamer.» Die
positiven Effekte addieren sich, wenn die Mäuse auf Diät sind und
gleichzeitig Rapamycin bekommen. Ihre Muskelfunktion ist deutlich besser
als bei ihren Artgenossen, die nur eine Therapie erhalten haben. «Sie
sind aktiver und körperlich leistungsfähiger, weil ihre Muskeln länger
gesund bleiben», sagt Ham.
Gesunde Muskeln für ein selbstbestimmtes Leben
«Gesunde Muskeln sind ein wertvolles Gut. Über die Bewegung unseres
Körpers hinaus, spielen sie im Stoffwechsel und für die Funktion anderer
Organe eine wichtige Rolle», ergänzt Mittal. Die positive Wirkung von
Diät und Rapamycin auf die Muskelalterung führt zu der spannenden Frage,
ob betagte Menschen, die an Sarkopenie leiden, von einer kombinierten
Therapie profitieren würden. Diese bestünde aus einem mTORC1-Inhibitor,
einem Wirkstoff, der wie eine Diät wirkt, sowie Sport.
«Von kräftigen und gesunden Muskeln profitieren alte Menschen,
eigentlich jeder von uns, auf vielfältige Weise», sagt Ham. «Wir können
länger ein aktives und selbstbestimmtes Leben führen, sei es nun
Wandern, Reisen oder die Enkel betreuen.» Dies spielt für die
Lebensqualität und ‑zufriedenheit im Alter eine grosse Rolle und
entlastet zudem das Gesundheitswesen.
Prof. Dr. Markus Rüegg, Universität Basel, Biozentrum, Tel. +41 61 207 22 23, E-Mail: markus-a.ruegg@unibas.ch
Dr. Angelika Jacobs Universität Basel
Petersgraben 35
Basel
Postfach
4001 Basel
Schweiz
Basel-Stadt
Originalpublikation:
Daniel J. Ham et al.
Distinct and additive effects of calorie restriction and rapamycin in aging skeletal muscle
Nature Communications (2022), doi: 10.1038/s41467-022-29714-6
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