Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Übergewicht in jungen Jahren – Risikofaktor für frühe Darmkrebserkrankungen
Die Zahl der Darmkrebserkrankungen im jungen Erwachsenenalter nimmt zu.
Gleichzeitig steigt auch der Anteil übergewichtiger und fettleibiger junger Menschen.
Ob es einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Beobachtungen gibt, war allerdings bislang nicht bekannt.
Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) zeigten nun, dass das Risiko einer frühen Darmkrebserkrankung bei übergewichtigen jungen Menschen im Vergleich zu normalgewichtigen Altersgenossen deutlich erhöht ist.
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen, in Deutschland wird die Diagnose jedes Jahr bei ca. 60.000 Menschen gestellt.
Betroffen sind meist Ältere ab dem 50. Lebensjahr.
Doch in vielen
Ländern nimmt in den letzten Jahren die Zahl der Darmkrebserkrankungen
bei jüngeren Erwachsenen zu.
Seit längerem ist bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen einem
hohen Body-Mass-Index (BMI) und dem Darmkrebsrisiko gibt. Welchen
Einfluss dabei das Alter spielt, wurde bisher nicht untersucht. Da aber
Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) gerade in der jüngeren
Generation an Häufigkeit zunehmen, liegt die Vermutung nahe, dass diese
Entwicklung eine der Hauptursachen für das häufigere Auftreten von
Darmkrebs bereits im jüngeren Lebensalter sein könnte.
Um zu prüfen, ob diese Vermutung stimmt, führten Wissenschaftler um
Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nun
umfassende statistische Analysen durch. „Mit Blick auf die Prävention
von Darmkrebs ist es wichtig, die Risikofaktoren für eine frühe
Erkrankung genau zu kennen“, erklärt der Epidemiologe Brenner. „Da trotz
der steigenden Neuerkrankungsraten Darmkrebs bei jungen Erwachsenen
selten ist, sind Analysen an großen Patientenkohorten nötig, um einen
Zusammenhang zeigen zu können.“
Die Forscherinnen und Forscher griffen daher auf Daten aus der laufenden
Fall-Kontroll-Studie DACHS (Darmkrebs: Chancen der Verhütung durch
Screening) zurück, einer der weltweit größten Studien zu Darmkrebs, die
sie seit dem Jahr 2003 am Deutschen Krebsforschungszentrum durchführen.
An dieser Studie nahmen zwischen 2003 und 2020 insgesamt 6.602
Patientinnen und Patienten mit Darmkrebs sowie 7.950 Menschen ohne
Darmkrebs teil. In der Gruppe der Betroffenen waren 747 und in der
Kontrollgruppe 621 Personen jünger als 55 Jahre. Die Wissenschaftler
befragten die Teilnehmer zu ihrem Gewicht im Alter von 20 und 30 Jahren
sowie etwa 10 Jahre vor der Krebsdiagnose beziehungsweise vor der
Befragung. Aus den Daten ermittelten sie das Risiko einer frühzeitigen
Erkrankung an Darmkrebs bei übergewichtigen (BMI 25 bis <30 kg/m2)
und fettleibigen (BMI ≥30 kg/m2, Adipositas) Menschen im Vergleich zu
Normalgewichtigen (BMI <25 kg/m2).
Dabei fand das Team heraus, dass das Risiko einer frühen
Darmkrebserkrankung bei fettleibigen Menschen etwa doppelt so hoch war
wie bei den Normalgewichtigen.
Lag bereits im Alter von 20 Jahren eine Adipositas vor, betrug ihr Risiko sogar das 2,6-fache.
Auch
Übergewichtige mit einem BMI von 25 bis 30 kg/m2 hatten ein erhöhtes
Risiko, früh an Darmkrebs zu erkranken.
Die Ergebnisse der Forschergruppe untermauern die Vermutung, dass die
Zunahme des Übergewichts und der Adipositas in der jüngeren Generation
einer der Hauptgründe für das häufigere Auftreten früher
Darmkrebserkrankungen darstellt.
„Die Ergebnisse lassen darauf
schließen, dass Maßnahmen zur Prävention von Übergewicht und Adipositas
gerade in jüngeren Generationen für die Darmkrebsprävention ebenso
wichtig sind wie zur Vorbeugung anderer Volkskrankheiten“, so Brenners
Fazit.
Hengjing Li, Daniel Boakye, Xuechen Chen, Lina Jansen, Jenny
Chang-Claude, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner. Associations of body
mass index at different ages with early-onset colorectal cancer.
Gastroenterology 2021; DOI: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2021.12.239
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern,
dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit
denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher
behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene,
interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle
Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ
das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten
Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das
Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines
Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger
Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu
verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg
finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren.
Dr. Sibylle Kohlstädt
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de
Originalpublikation:
Hengjing Li, Daniel Boakye,
Xuechen Chen, Lina Jansen, Jenny Chang-Claude, Michael Hoffmeister,
Hermann Brenner. Associations of body mass index at different ages with
early-onset colorectal cancer.
Gastroenterology 2021; DOI: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2021.12.239
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