Medizin am Abend Berlin - MaAB: An COVID-19 erkrankte Menschen haben ein fast dreifach erhöhtes Dialyse-Risiko
Alarmierende Zahlen:
Patientinnen und Patienten, die COVID-19 überstanden haben, sind laut einer neuen Studie [1] mit über 1,5 Millionen US-Veteranen stark gefährdet, eine chronische Nierenerkrankung (CKD) zu erleiden.
Gegenüber nicht erkrankten Menschen ist ihr Lebenszeitrisiko, Dialysepatientin/Dialysepatient zu werden, sogar fast dreimal so hoch.
Bei allen ehemals Erkrankten wurde im Verlauf ein sigifikant erhöhter, jährlicher Verlust der glomerulären Filtrationsrate (eGFR) beobachtet:
Wichtig für die Nachsorge:
- Die typischen „Long-COVID-Symptome“ wie Fatigue oder Kopfschmerzen können auch auf eine Nierenschädigung hindeuten.
Langzeitfolgen einer symptomatischen SARS-CoV-2-Infektion können die Lunge und verschiedene andere Organe betreffen.
Darunter sind auch die
Nieren, jedoch waren bisher detaillierte Analysen zum renalen
Post-COVID-Outcome nicht verfügbar. Nun wurde eine Studie veröffentlicht
[1], die eine Kohorte von 1.726.683 US-Veteranen untersuchte. Darunter
waren fast 100.000 (n=89.216) ehemalige COVID-19-Patientinnen und
-Patienten („30-Tage-Überlebende“ nach postivem Testergebnis im Zeitraum
von März 2020 bis März 2021, Erkrankte, die binnen der ersten 30 Tage
der Erkrankung verstarben, waren in dieser Erhebung nicht eingeschlossen
worden) und 1.637.467 nicht-infizierte Kontrollen. Die mediane
Nachbeobachtungszeit der Betroffenen (90,1% waren männlich) betrug 164
(127-268) Tage, bei den Kontroll-Veteranen (91,4% waren männlich) 172
(133-282) Tage. Analysiert wurden das Risiko einer AKI (akute
Nierenschädigung), eine Abnahme der glomerulären Filtrationsrate (eGFR),
Notwendigkeit einer chronischen Dialysebehandlung und schwere renale
Ereignisse (MAKE „major adverse kidney events“). MAKE waren definiert
als eGFR-Verlust von mindestens 50%, chronische Dialysepflicht oder
Todesfälle. Die Daten wurden für präspezifizierte demografische und
gesundheitsbezogene Merkmale wie Begleiterkrankungen, Medikamente und
paraklinische Befunde statistisch adjustiert.
Die Ergebnisse zeigten, dass die COVID-Überlebenden gegenüber
nicht-infizierten Veteranen auch nach der akuten Erkrankungsphase ein
erhöhtes MAKE-Risiko (adj. HR 1,66) hatten. Das Risiko für eine akute
Nierenschädigung (AKI) war fast doppelt so hoch (adj. HR 1,94), das
Risiko für einen chronischen eGFR-Verlust von mindestens 50% war
ebenfalls erhöht (adj. HR 1,62) und eine Dialysepflicht trat fast
dreimal so häufig auf (adj. HR 2,96). COVID-Überlebende hatten einen
deutlich über das zu erwartende Maß hinausgehenden
Nierenfunktionsverlust gegenüber den Kontroll-Veteranen, bei denen der
jährliche eGFR-Rückgang bei ungefähr 0,5 ml/min/1,73 m2 lag. Der
eGFR-„Exzess-Verlust“ (= der eGFR-Verlust zusätzlich zu den 0,5
ml/min/1,73 m2, den auch die Kontrollpatientinnen/-patienten erlitten)
betrug bei ambulant behandelten COVID-19-Patientinnen und -Patienten
3,26 ml/min/1,73 m2, nach Hospitalisierung 5,2 ml/min/1,73 m2 und bei
ehemals intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten sogar 7,69
ml/min/1,73 m2. Wer in der akuten COVID-19-Erkrankungsphase ein akutes
Nierenversagen (AKI) erlitten hatte,wies sogar einen Exzess-Verlust von
8,41 ml/min/1,73 m2 auf.
Der Anstieg des Risikos von Post-COVID-Nierenschäden war somit zwar
abhängig vom Schweregrad der akuten COVID-19-Erkrankung, doch
festzuhalten ist, dass bereits bei den Erkrankten, die nur ambulant
behandelt werden mussten, das renale Risiko deutlich erhöht war. Bei
ihnen war der jährliche Rückgang der eGFR im vergleich zu den
Kontrollpatientinnen/-patienten fast um das Siebenfache erhöht (3,26
ml/min/1,73 m2 gegenüber 0,5 ml/min/1,73 m2).
„Diese Daten sind alarmierend – nach jeder überstandenen
COVID-19-Erkrankung, insbesondere aber nach schwereren Verläufen, muss
bei der Nachbetreuung die Nierenfunktion im Auge behalten werden.
Bei bereits eingeschränkter Nierenfunktion oder auffälligen Urinbefunden
sollte unbedingt eine nephrologische Mitbetreuung und nephroprotektive
Therapie durchgeführt werden“, kommentiert Frau Prof. Dr. Julia
Weinmann-Menke, Pressesprecherin der DGfN, auf der Pressekonferenz der
13. DGfN-Jahrestagung in Rostock.
Wie die Expertin hervorhebt, können die „typischen“ Symptome eines
sogenannten Long-COVID-Syndroms – wie Müdigkeit, verminderte
Belastbarkeit, Konzentrationsschwäche oder Kopfschmerzen – auch Symptome
einer chronischen Nierenerkrankung sein. „Bei entsprechenden
Long-COVID-Symptomen muss also auch an eine chronische Nierenerkrankung
gedacht werden. Die Abklärung der Nierenwerte ist also von besonderer
Bedeutung in der Nachsorge von COVID-19-Patientinnen und -Patienten.“
[1] W Bowe B, Xie Y, Xu E et al. Kidney Outcomes in Long COVID. J Am Soc
Nephrol 2021 Sep 1; ASN.2021060734. doi: 10.1681/ASN.2021060734. Online
ahead of print.
[2] Yende S, Parikh CR. Long COVID and kidney disease. Nature Reviews Nephrology. Published: 09 September 2021. https://www.nature.com/articles/s41581-021-00487-3
DGfN
Dr. Bettina Albers
presse@dgfn.eu
Tel. 03643/ 776423 / Mobil 0174/ 2165629
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen